Eines fehlt mir. Du unterschlägst die der Umgangssprache inhärente Logik, die schon lange vor dem bewussten Planen vorhanden sein muss. Sprache und Grammatik funktionieren nicht ohne Logik.
Es kommt natürlich darauf an, wie man den Begriff "Logik" definiert. Man kann es aber auch anders herum sehen: Es gibt keine Logik ohne Sprache und Grammatik. Und genau das ist es doch, was Du mit "der Umgangssprache inhärente Logik" aussagst.
Es gab Zeiten, da wollte ich mich als interessierter Laie mit der klassischen und modernen Philosophie auseinandersetzen. Ich quälte mich durch etliche Texte, darunter Kant oder moderne Autoren, die seitenweise Texte in Altgriechisch zitierten, natürlich, ohne sie zu übersetzen ... was, Du willst Dich mit Philosophie beschäftigen, und kannst kein Altgriechisch? Dein Problem, du Depp.
Das war mir alles zu langatmig, zu schwierig und auch zu sperrig - wenn nicht geschwätzig.
In der Schule war ich in der Mathematik nur durchschnittlich, aber irgendwann begann ich, mich mit der Mathematik zu beschäftigen. Teilweise verband ich es mit meinem Hobby, dem Programmieren, teilweise las ich populärwissenschaftliche Bücher zu mathematischen Themen, vor allem zu Georg Cantor.
Ich begriff, dass alles, was ich in der Schule als Mathematik gelehrt wurde, mehr Rechnen als Mathematik gewesen war. Und dass die Mathematik eine Philosophie ist. Nicht unbedingt eine schöne, romantische und sprachliche Philosophie und eine, die ausschließlich auf die binäre Logik begrenzt ist. Dafür aber ist sie in sich schlüssig, folgerichtig und logisch.
Mathematiker (und Philosophen) wie Bertrand Russel versuchten zu Anfang des 20. Jh., die Mathematik auf eine rein logische Basis zu stellen. Sein Werk Principia Mathematica war der Versuch, dieses Ziel zu erreichen. Am Ende scheiterte er, auch wenn es sich nach wie vor um ein bedeutendes und grundlegendes Werk handelt. Die in meinen Augen maßgeblichne Arbeiten der ersten Hälfte des 20. Jh. sind die von dem österreichischen Mathematiker und Logiker Kurt Gödel.
Kurt Gödel bewies im Wesentlichen (für die Mathematik und die Logik), und auf einfache Worte reduziert:
1. Ist ein logisches System widerspruchsfrei, dann ist es nicht vollständig.
2. Ist ein logisches System vollständig, dann ist es nicht widerspruchsfrei.
In der Konsequenz bedeutet das: Es gibt kein logisches System
ohne Axiome (was Hr. Russell anstrebte). Ein Axiom ist bekanntlich eine Art Postulat, eine Grundannahme, die wir als wahr voraussetzen und weder begründen wollen noch können.
Wenn diese Aussagen bereits für die Mathematik gelten - die abstrakteste und somit auch eingeschränkteste Philosophie von allen - dann gilt sie auch für alle. Sofern man die Grundlagen der binären Logik und die Kategorien "wahr" und "falsch" akzeptiert.
Und allein mit den zwei Kategorien hat man genug zu tun.
Als junger Mann programmierte ich die 8-Bit-Home-Computer, die wir uns damals gerade so eben leisten konnten. Zuerst in Basic, aber das war langsam, und schon bald landeten wir bei der ursprünglichen Sprache: Assembler, einem kryptischen Code, für "Bit-Pfriemler" ... sehr abstrakt, aber wie ich damals schnell feststellte: rund 200x so schnell. Oder schneller. Nebenbei erfuhr ich, das sich alle Rechenvorgänge auf Funktionen aus Null (= falsch) und Eins (= wahr) reduzieren ließen und alle höheren Funktionen und Zahlendarstellungen letztlich nur komplexere Anwendungen dieses Prinzips waren.
In einem anderen Forum, in dem ich gelegentlich bin, propagiert ein Fan eine andere Art von Logik, er nennt sie "Stufenlogik". Sie weicht von dem binären Prinzip ab - und ist sehr wenig anschaulich. Ich vermute, nur er selbst versteht sie, vllt. aber auch nicht einmal er selbst.
Ich machte mir ein paar grundlegende Aspekte seiner Logik zu eigen und rechnete ein wenig damit herum.
Verknüpft man in der binären Logik zwei Aussagen miteinander, dann erhält man 4 mögliche Zustände (2 Bit). Sind es drei Aussagen, dann 8 mögliche Zustände (3 Bit), sind es vier Aussagen, dann sind es 16 mögliche Zustände (4 Bit). 16 mögliche Zustände - damit hat man soeben das überschritten, was ein durchschnittlicher menschlicher Verstand ohne technische Hilfe einigermaßen überblicken kann.
In meiner Jugend gab es diese Quizsendung mit Rudi Carell, die hieß "Am laufenden Band". Höhepunkt der Show war, dass man für den Gewinner ein Fließband laufen ließ, auf dem verschiedene Gegenstände vorbei liefen: Eine Kaffeemaschine, ein Fernseher, dies, das.
Dann hatte er aus dem Gedächtnis zu sagen, was er gesehen hatte, und das gewann er auch.
Kein Kandidat hat mehr als 12-13 Dinge aus dem Gedächtnis nennen können. Der Beste lag bei 14, das ist die mentale Grenze, was ein Mensch überblicken kann. Im Übrigen: Die Grenze dessen, was ein Mensch "intuitiv" überblicken kann, liegt bei max. 6 Objekten. Jenseits dessen muss er sie abzählen.
Die Stufenlogik des Fans anderen Forums ergab (genau weiß ich es nicht mehr, aber ich hatte das berechnet), bereits bei vier Aussagen > 20.000 mögliche Zustände. Kein Mensch kann solche Größenordnungen an Möglichkeiten auch nur im Ansatz überblicken.
Die Frage also, ob es eine Logik jenseits der binären Logik geben kann - sie ist, für den menschlichen Geist, ohne Bedeutung. Denn selbst wenn es sie gibt, dann ist sie für den menschlichen Verstand um viele Größenordnungen zu komplex, als das eine Art Verständnis, auch nur ansatzweise rationale oder intuitive Form des Verständnisses, überhaupt nur möglich ist.
Was den zweiten Teil betrifft, so habe ich selten eine so knappe und präzise Zusammenfassung gelesen. Interessant wird es dann nochmal ganz am Schluss, wenn du die intuitionistische Logik und ihre Kritik am indirekten Beweis ins Spiel bringst. Das ist ein großes Thema, dem wir hier auf jeden Fall nachgehen sollten. Die Zweiwertigkeit, die dort angezweifelt wird, habe ich übrigens selbst schon untergraben durch meine Differenzierung des Wahrheitsbegriffs in faktische und logische Wahrheit. Keine von diesen beiden ist zweiwertig, nur ihr gemeinsames Dach. Die Frage ist nun, ob die intuitionistische Logik mit ihrer Ablehnung des Gesetzes der doppelten Verneinung wirklich den Punkt trifft.
Danke für Dein Lob, endlich mal ein Teilnehmer, der ...
Vor Jahren hatte ich so einen Kneipenkumpel, der seines Zeichens selbst Mathematiker war ... und auch als Versicherungsmathematiker arbeitete.
Ich stellte ihn vor das Problem der Logik - oder Nicht-Logik - der Cantorschen Kontinuumshypothese und der Frage der Gültigkeit der seit der Antike angewandten Beweisführung durch das ausgeschlossene Dritte.
Seine Antwort fand ich ziemlich interessant. Sie lautete etwa so in dem Sinne, dass die Beweisführung möglicherweise nicht für Cantors Zahlentheorien geltend gemacht werden könne, wohl aber für einfacher gestrickte Probleme, so eben die Diagonale im Quadrat.
Zumal der Begriff der Zahl als solcher bis heute nicht abschließend geklärt, geschweige denn definiert ist. Was ist denn überhaupt eine Zahl?
Es handelt sich um eine reine Abstraktion ... die anscheinend aber nicht ohne eine weitere Kategorie auskommt.
Lege ich Dir 3 Äpfel auf den Tisch, dann sind es 3 Äpfel. Lege ich noch eine Birne hinzu, dann kann ich die reine Anzahl nur durch 4 Früchte o.ä. darstellen, dabei habe ich die Kategorie der Objekte aber bereits verändert. Also gibt es - in der Realität - keinen Zahlbegriff ohne eine zusätzliche Kategorie, ob sie nun Früchte, Objekte oder Kategorien heissen.