Differenzierte Betrachtung der Substanzen ist gefordert !
Blacksheep schrieb:
Mein Sohn hatte vor 4 Wochen einen Schlaganfall, nachdem er
zum ersten Mal von einem Freund, mit dem er ab und zu ein bisschen
Gras rauchte, eine sog. Partydroge (MDMA-Substanz) zum Ausprobieren bekam.
Bis zu diesem Zeitpunkt stand ich den Thema Drogen eher neutral bis liberal
gegenüber, obwohl ich selbst nur selten den Wunsch hatte, selbst Drogen zu nehmen.
Über ab und zu mal kiffen bin ich nie rausgekommen,
weil es mich nur müde machte.
Aber jetzt ist mir die Gelassenheit ein wenig abhanden gekommen.
Irgendwie kann ich allerdings nicht nachvollziehen,
dass hier in der Diskussion so schnell eine Frontenbildung entstand.
Man kann ja nicht alle Drogen in einen Topf schmeißen,
so wird aber hier (mit einigen kleinen Ausnahmen) gegeneinander argumentiert.
Als ob es da nicht auch den Markt gäbe, wo sich gewissenlose Produzenten
tummeln, die nur schnelles Geld machen wollen und irgendwelche Streckmittel
zu einer dubiosen Grundsubstanz mischen, oder die bunte Pillen
mit netten Bildern drauf an Kinder und Jugendliche verteilen.
Damit werden doch gerade diejenigen, die auf der Suche
"nach ein bisschen Leben im Leben" sind, zu Drogenkonsumenten angefüttert.
Würde das alles wegfallen, wenn es einen legalen Drogenmarkt gäbe? ...
Elisabeth,
du nimmst es mir hoffentlich nicht übel,
wenn ich deine Geschichte als Aufhänger für meine Überlegungen nutze.
Inwiefern hat die derzeit praktizierte Drogenpolitik zum beschriebenen Verlauf
beigetragen?
Oder anders herum gefragt, inwiefern hätte eine andere Drogenpolitik
in dem von dir skizzierten Fall den Verlauf positiv verändern können?
Dazu möchte ich zwei Problemfelder nennen:
1. Die pauschale Kriminalisierung diverser Substanzen.
2. Eine unwirksame oder überhaupt fehlende Vermittlung von Drogenkompetenz.
ad 1) Die pauschale, und völlig undifferenzierte Kriminalisierung des Konsums
bestimmter Substanzen hat unter anderem zur Folge,
dass Interessenten an einer als relativ ungefährlich eingeschätzten Substanz,
diese grundsätzlich nur bei kriminellen Lieferanten beziehen können.
Beispielsweise wird Cannabis von vielen als relativ ungefährlich eingeschätzt
(jedenfalls weniger gefährlich als die legale Droge Alkohol).
Wäre nun "Gras" genauso in jeder Apotheke zu beziehen wie Aspirin-Tabletten
oder die Wundsalbe Bepanthen, dann müssten Interessenten an "Gras"
zur Beschaffung nicht notwendigerweise mit kriminellen Anbietern in Kontakt
treten, die ihren Kunden dann auch ziemlich gefährliche Substanzen aufschwatzen.
Dass ein Teil der Kids selbst nach der Freigabe der relativ ungefährlichen
Substanzen dann trotzdem mit den gefährlichen Substanzen experimentieren will,
weil das Verbotene eben immer reizt, das müssste dann durch eine wirksame
Drogenaufklärung bekämpft werden.
ad 2) Eine Vermittlung von Drogenkompetenz an die Kids kann wohl nur gelingen,
wenn die Kids auch guten Grund haben, daran zu glauben,
dass die Substanzen, vor denen gewarnt wird, auch tatsächlich gefährlich sind.
Ein Warnsystem wird am effizientesten durch Fehl-Alarme unwirksam gemacht.
Deshalb sollte eine Liste verbotener Substanzen, wenn es denn eine solche
überhaupt geben muss, wirklich nur solche Substanzen enthalten, von denen
die überdurchschnittliche Gefährlichkeit weitestgehend unbestritten ist.
Von etlichen Experten aus dem medizinischen Bereich wird beispielsweise
die Gefährlichkeit von Cannabis deutlich geringer eingeschätzt,
als die Gefährlichkeit von Alkohol.
Bei der Vermittlung von Drogenkompetenz an die Kids muss dieser Sachverhalt
berücksichtigt werden.
Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden.