AW: Garry Kasparov for President
April 07: Garri Kasparov, der Ex-Schachweltmeister war in Wien und schimpfte auf Putin und sein autoritäres Regime. Er hat sich vor Monaten aus der Schacharena als bester Spieler aller Zeiten (mMn) zurückgezogen, um fortan der Sache der Freiheit zu dienen und gründete – ausgerechnet in Russland! – eine liberale Partei. Da wird er sich fast so schwer tun wie das LIF in Österreich. Der Nährboden für Liberalismus scheint in Russland und Österreich ähnlich ausgetrocknet zu sein. Trotzdem verkündet Kasparov: „Es zahlt sich aus zu kämpfen!“, denn er glaube an die Überlegenheit des Geistes über die Macht.
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Starke Worte, für die wir dankbar sein sollten.
Ich bin für die Wiedereinführung der starken Worte. Wenn eine bestimmte fundamentalistische Strömung des Islam, den manche Dschihadismus nennen, sich das Abendland (und das Abendland ist überall, wo Menschenrechte und Grundfreiheiten gelebt werden) als Feind ausgesucht und den unheiligen Krieg angezettelt hat, finden unsere Politiker, schlimmer noch die angeblichen Intellektuellen entweder gar keine oder laue, maue, schlaue, aber immer politisch korrekte Beschwichtigungsworte, die eigentlich nichts anderes suggerieren als einen Appell an das abendländische Kaninchen, sich nur nicht zu rühren - vielleicht schläft die Schlange von selbst wieder ein. (Ich hab mal in einer Naturdoku gesehen, wie ein Kaninchen einem wie verrückt herumspringenden wieselartigen Tier zuschaute: Das zukünftige Opfer war so fasziniert vom Hüpfer, so paralysiert durch die Lächerlichkeit des herumwuselnden Kasperls, dass es nicht zu bemerken schien, dass das blutrünstige Frettchen immer näher hoppelte: Das Ende war dramatisch).
Bundespräsident Fischer sprach im Europaparlament, kurz nach dem Karikaturenstreit, und was sagte er? Er beschimpfte die frechen Künstler für ihre Unverschämtheit und Rücksichtlosigkeit, ansonsten übte er sich in Appeasement-Geträller. Ich halte diesen Kniefall vor den hasserfüllten Freiheitsvernichtern für eine Schande. Der Vergleich mit den wehleidigenm Wegschauern von damals, als Hitler unverfroren alle Versprechen und Verträge brach, um aufzurüsten für den final countdown, den clash of (un)cultures drängt sich in den Kopf - doch wenn der am und im Sand steckt, hört, sieht und denkt man sich nichts dabei.
Anderes Beispiel: Künstler schimpfen auf Künstler, die um für ihre von religiösen Fanatikern ermordeten Kollegen weinen. Auf die Frage, ob diese praktischen Verächter abendländischer Werte für Grundfreiheiten und Menschenrechte seien, antworten sie strukturell immer mit „JA! – aber alles andere ist noch wichtiger!“ An diesem weinerlichen inkonsistenten und geistinkontineten „Ja,aber!“-Gezeter zerbröselt die Freiheit.
Die Macht des Geistes besiegt irgendwann den Ungeist der Macht: Große Worte – gut so! In Zeiten der Not zeigt sich der Charakter, man müsste es fast bedauern, dass es uns zu gut geht. Eine Kultur ohne selbstbewusstes geistig-moralisches basales Rückgrat wird schwächeln, es beginnt mit schleimigen Rechtfertigungstiraden der Pseudotoleranten gegenüber fundamentalistischer Intoleranz, geht dann über zu einem zynischen Ignorieren oder pummelwitzigen Sich-lustig-machen über die, die zum Schutze des Abendlandes aufrufen, und wenn letztere nicht aufhören zu motzen, werden sie schnell mal noch ins rechte Eck gestellt. Schlussendlich werden Gesetze erlassen, die die Meinungsfreiheit einschränken im Namen der religiösen Gefühle. Ob jemand unsere freiheitslüsternen Gefühle mit Springerstiefeln tritt, ist den Fundis der Ignoranz egal, sie projizieren von sich auf andere: Und nachdem ihnen ihr Freiheitsdrang abhanden gekommen, bestenfalls noch als ferner Klang und wie eine freche Provokation aus der eigenen Hippievergangenheit tinnitös hörbar (!) geblieben ist, hauen sie mit dem moralischen Richterhammer auf den Tisch und erklären Freiheitsehnsüchte kurzerhand für dekadent, anmassend, (spät)pubertär hysterisch und unzeitgemäß.
Kasparov war da. Und er brachte uns starke Worte mit. Wir werden sie brauchen können.