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Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo Windreiter !

Deiner Interpretation mit der "Menschheit Schnitzel" kann ich mich anschließen.

Hallo allerseits !

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 84.
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Wagner:
Ach Gott ! die Kunst ist lang !
Und kurz ist unser Leben.
Mir wird, bei meinem kritischen Bestreben,
Doch oft um Kopf und Busen bang.
Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,
Durch die man zu den Quellen steigt !
Und eh man nur den halben Weg erreicht,
Muss wohl ein armer Teufel sterben.​
Faust:
Das Pergament ist das der heil'ge Bronnen,
Woraus ein Trunk den Durst auf ewig stillt ?
Erquickung hast du nicht gewonnen,
Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt.
Wagner:
Verzeiht ! es ist ein groß Ergetzen
Sich in den Geist der Zeiten zu versetzen,
Zu schauen wie vor uns ein weiser Mann gedacht,
Und wie wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht.
Faust:
O ja, bis an die Sterne weit !
Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln;
Was ihr den Geist der Zeiten heißt,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.
Da ist's denn wahrlich oft ein Jammer !
Man läuft euch bei dem ersten Blick davon.
Ein Kehrrichtfass und eine Rumpelkammer,
Und höchstens eine Haupt- und Staatsaktion,
Mit trefflichen pragmatischen Maximen,
Wie sie den Puppen wohl im Munde ziemen.
Wagner:
Allein die Welt ! des Menschen Herz und Geist !
Möcht jeglicher doch was davon erkennen.​
Faust:
Ja was man so erkennen heißt !
Wer darf das Kind beim rechten Namen nennen ?
Die wenigen, die was davon erkannt,
Die töricht g'nug ihr volles Herz nicht wahrten,
Dem Pöbel ihr Gefühl, ihr Schauen offenbarten,
Hat man von je gekreuzigt und verbrannt.
Ich bitt Euch, Freund, es ist tief in der Nacht,
Wir müssen's diesmal unterbrechen.
Wagner:
Ich hätte gern nur immer fortgewacht,
Um so gelehrt mit Euch mich zu besprechen.
Doch morgen, als am ersten Ostertage,
Erlaubt mir ein' und andre Frage.
Mit Eifer hab ich mich der Studien beflissen;
Zwar weiß ich viel, doch möcht ich alles wissen.​
(Ab.)
--------------------------------------------
Faust:
Das Pergament ist das der heil'ge Bronnen,
Woraus ein Trunk den Durst auf ewig stillt ?
Erquickung hast du nicht gewonnen,
Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt.
Faust plädiert gegen die Fixiertheit auf eine Ausdrucksweise. Aktuell - fixierte Menschen, die nicht und nicht über den Tellerrand schauen wollen, gibt es auch heute noch, vielleicht sogar (verhältnismäßig) mehr als damals. Es hat heute allerdings auch einen guten Grund: im Berufsleben wird immer mehr verlangt, dass man seine Arbeit auch schnell macht, da ist oft eine gewisse Fachidiotie gar nicht zu vermeiden.

Faust:
O ja, bis an die Sterne weit !
Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln;
Was ihr den Geist der Zeiten heißt,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.
Mit heutigen Maßstäben gemessen, sind die ersten 3 Zeilen wohl nicht mehr gerechtfertigt; da ist mMn nach schon einiges geklärt worden.

Wagner:
...
...
...
Zwar weiß ich viel, doch möcht ich alles wissen.
Diesen - oft zitierten - Satz hatte ich bis heute Faust zugemessen und wohl auch im Denkforum einmal irrtümlich so dargestellt.

Liebe Grüße

Zeili

PS.: Das nächste Mal kommt der erste Teil eines - relativ langen - Monologs von Faust.
 
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AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Anscheinend alles nachvollziehbar und aktuell.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 91.

Es folgt jetzt ein 135-zeiliger Monolog von Faust, den ich in zwei Teilen bringen werde.
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Faust (allein):
Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
Mit gier'ger Hand nach Schätzen gräbt,
Und froh ist wenn er Regenwürmer findet !

Darf eine solche Menschenstimme hier,
Wo Geisterfülle mich umgab, ertönen ?
Doch ach ! für diesmal dank ich dir,
Dem ärmlichsten von allen Erdensöhnen.
Du rissest mich von der Verzweiflung los,
Die mir die Sinne schon zerstören wollte.
Ach ! die Erscheinung war so riesengroß,
Dass ich mich recht als Zwerg empfinden sollte.

Ich, Ebenbild der Gottheit, das sich schon
Ganz nah gedünkt dem Spiegel ew'ger Wahrheit,
Sein selbst genoss in Himmelsglanz und Klarheit,
Und abgestreift den Erdensohn;
Ich, mehr als Cherub, dessen freie Kraft
Schon durch die Adern der Natur zu fließen
Und schaffend, Götterleben zu genießen
Sich ahnungsvoll vermaß, wie muss ich's büßen !
Ein Donnerwort hat mich hinweggerafft.

Nicht darf ich dir zu gleichen mich vermessen.
Hab ich die Kraft dich anzuziehn besessen;
So hatt ich dich zu halten keine Kraft.
In jenem sel'gen Augenblicke
Ich fühlte mich so klein, so groß;
Du stießest grausam mich zurücke,
Ins ungewisse Menschenlos.
Wer lehret mich ? was soll ich meiden ?
Soll ich gehorchen jenem Drang ?
Ach ! unsre Taten selbst, so gut als unsre Leiden,
Sie hemmen unsres Lebens Gang.

Dem Herrlichsten, was auch der Geist empfangen,
Drängt immer fremd und fremder Stoff sich;
Wenn wir zum Guten dieser Welt gelangen,
Dann heißt das Bessre Trug und Wahn.
Die uns das Leben gaben, herrliche Gefühle
Erstarren in dem irdischen Gewühle.

Wenn Phantasie sich sonst, mit kühnem Flug,
Und hoffnungsvoll zum Ewigen erweitert,
So ist ein kleiner Raum ihr nun genug,
Wenn Glück auf Glück im Zeitenstrudel scheitert.
Die Sorge nistet gleich im tiefen Herzen,
Dort wirket sie geheime Schmerzen,
Unruhig wiegt sie sich und störet Lust und Ruh;
Sie deckt sich stets mit neuen Masken zu,
Sie mag als Haus und Hof, als Weib und Kind erscheinen,
Als Feuer, Wasser, Dolch und Gift;
Du bebst vor allem was nicht trifft,
Und was du nie verlierst das musst du stets beweinen.

Den Göttern gleich ich nicht ! Zu tief ist es gefühlt;
Dem Wurme gleich ich, der den Staub durchwühlt;
Den, wie er sich im Staube nährend lebt,
Des Wandrers Tritt vernichtet und begräbt.

Ist es nicht Staub, was diese hohe Wand,
Aus hundert Fächern mir verenget;
Der Trödel, der mit tausendfachem Tand,
In dieser Mottenwelt mich dränget ?
Hier soll ich finden was mir fehlt ?
Soll ich vielleicht in tausend Büchern lesen,
Dass überall die Menschen sich gequält,
Dass hie und da ein Glücklicher gewesen ?
Was grinsest du mir hohler Schädel her ?
Als dass dein Hirn, wie meines, einst verwirret,
Den leichten Tag gesucht und in der Dämmrung schwer,
Mit Lust nach Wahrheit, jämmerlich geirret.
Ihr Instrumente freilich, spottet mein,
Mit Rad und Kämmen, Walz' und Bügel.
Ich stand am Tor, ihr solltet Schlüssel sein;
Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel.
Geheimnisvoll am lichten Tag
Lässt sich Natur des Schleiers nicht berauben,
Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,
Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben.
Du alt Geräte das ich nicht gebraucht,
Du stehst nur hier, weil dich mein Vater brauchte.
Du alte Rolle, du wirst angeraucht,
So lang an diesem Pult die trübe Lampe schmauchte.
Weit besser hätt ich doch mein Weniges verprasst,
Als mit dem Wenigen belastet hier zu schwitzen !
Was du ererbt von deinen Vätern hast
Erwirb es um es zu besitzen.
Was man nicht nützt ist eine schwere Last;
Nur was der Augenblick erschafft das kann er nützen.
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Faust spricht anfangs wohl mit dem (nicht körperlich anwesenden) Geist, oder ? Dass er ihn den "ärmlichsten aller Erdensöhne" nennt, kann ich nicht nachvollziehen.

Ich, Ebenbild der Gottheit, das sich schon
Ganz nah gedünkt dem Spiegel ew'ger Wahrheit,
Sein selbst genoss in Himmelsglanz und Klarheit,
Und abgestreift den Erdensohn;
Würde das heute jemand in der Öffentlichkeit sagen, man würde ihm wahrscheinlich eine Zwangsjacke verpassen.

Faust ist emotionell derart bewegt, dass er sich innerhalb kürzester Zeit sowohl als Gott als auch als Wurm fühlt.

Der Rest, mMn nach auch in die heutige Zeit übertragbar, in dem er sogar mit Dingen spricht, zeigt mMn wieder die tiefe, zermürbende Einsamkeit des Faust.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Anscheinend alles nachvollziehbar und aktuell.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 92.
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(2. Teil des Monologs von Faust)

Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle ?
Ist jenes Fläschchen dort den Augen ein Magnet ?
Warum wird mir auf einmal lieblich helle,
Als wenn im nächt'gen Wald uns Mondenglanz umweht ?

Ich grüße dich, du einzige Phiole !
Die ich mit Andacht nun herunterhole,
In dir verehr ich Menschenwitz und Kunst,
Du Inbegriff der holden Schlummersäfte,
Du Auszug aller tödlich feinen Kräfte,
Erweise deinem Meister Deine Gunst !
Ich sehe dich, es wird der Schmerz gelindert,
Ich fasse dich, das Streben wird gemindert,
Des Geistes Flutstrom ebbet nach und nach,
Ins hohe Meer werd ich hinausgewiesen,
Die Spiegelflut erglänzt zu meinen Füßen,
Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.

Ein Feuerwagen schwebt, auf leichten Schwingen,
An mich heran ! Ich fühle mich bereit
Auf neuer Bahn den Äther zu durchdringen,
Zu neuen Sphären reiner Tätigkeit.
Dies hohe Leben, diese Götterwonne !
Du, erst noch Wurm, und die verdienest du ?
Ja, kehre nur der holden Erdensonne
Entschlossen deinen Rücken zu !
Vermesse dich die Pforten aufzureißen,
Vor denen jeder gern vorüberschleicht.
Hier ist es Zeit durch Taten zu beweisen,
Dass Manneswürde nicht der Götterhöhe weicht,
Vor jener dunkeln Höhle nicht zu beben,
In der sich Phantasie zu eigner Qual verdammt,
Nach jenem Durchgang hinzustreben,
Um dessen engen Mund die ganze Hölle flammt;
Zu diesem Schritt sich heiter zu entschließen
Und, wär es mit Gefahr, ins Nichts dahin zu fließen.

Nun komm herab, kristallne reine Schale !
Hervor aus deinem alten Futterale,
An die ich viele Jahre nicht gedacht.
Du glänztest bei der Väter Freudenfeste,
Erheitertest die ernsten Gäste,
Wenn einer dich dem anderen zugebracht.
Der vielen Bilder künstlich reiche Pracht,
Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erklären,
Auf einen Zug die Höhlung auszuleeren,
Erinnert mich an manche Jugend-Nacht;
Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen;
Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht.
Mit brauner Flut erfüllt er deine Höhle.
Den ich bereitet, den ih wähle,
Der letzte Trunk sei nun, mit ganzer Seele,
Als festlich hoher Gruß, dem Morgen zugebracht !
(Er setzt die Schale an den Mund.)
------------------------------------------------
Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen;
Versteh' ich nicht, kann mir wer helfen ?

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

hi!
es bringt mich dazu ,meinen ,obwohl verstaubten, zur hälfte aber noch jungfräulichen faust zur hand zu nehmen und ihn, traurigerweise mit mir alleine laut zu lesen!
es muss laut sein, denn sonst geht die magie dieser sprache nur zum teil auf!
wünsch dir noch einen langen atem...
lg
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Leider konnte mir meine Frage - trotz der vielen hier anwesenden Kenner des deutschen Wesens - niemand beantworten; nun irgendwann werde ich es auf österreichische Weise, heurigenmäßig-gemütlich aber trotzdem wirksam selbst deuten.

>westwind: Danke für Deine Begleitung und Ermutigung zum Weitermachen.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 93.
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Glockenklang und Chorgesang​

Chor der Engel:
Christ ist erstanden !
Freude dem Sterblichen,
Den die verderblichen,
Schleichenden, erblichen
Mängel umwandeln.
Faust:
Welch tiefes Summen, welch ein heller Ton,
Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde ?
Verkündiget ihr dumpfen Glocken schon
Des Osterfestes erste Feierstunde ?
Ihr Chöre singt ihr schon den tröstlichen Gesang
Der einst, um Grabes Nacht, von Engelslippen klang,
Gewissheit einem neuen Bunde ?
Chor der Weiber:
Mit Spezereien
hatten wir ihn gepflegt,
Wir seine Treuen
Hatten ihn hingelegt;
Tücher und Binden
Reinlich umwanden wir,
Ach ! und wir finden
Christ nicht mehr hier.
Chor der Engel:
Christ ist erstanden !
Selig der Liebende,
Der die betrübende,
Heilsam' und übende
Prüfung bestanden.
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Da meldet sich unwiderstehlich ein männliches Gen von mir - welch' eine paradiesische Zeit für Männer: man durfte noch "Chor der Weiber" sagen und schreiben. Heute würde man in manchen Kreisen gesteinigt werden, würde man nicht alle weiblichen Wesen von vornherein einmal als "Damen" bezeichnen.

Zum Chor: In einem Wiener katholischen Kirchenchor (ist es auf der übrigen Welt gleich ?) singen
die erste (und führende) Stimme die Frauen (Sopran)
die zweite Stimme (Alt) die Frauen und dann kommen erst
der (männliche) Tenor und
Bass.​

Liebe Grüße und bitte schreibt mir wenigstens einmal, dass ihr Goethe für schlecht haltet.

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Anscheinend alles nachvollziehbar und aktuell.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 92.
----------------------------------------------------------
(2. Teil des Monologs von Faust)

Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle ?
Ist jenes Fläschchen dort den Augen ein Magnet ?
Warum wird mir auf einmal lieblich helle,
Als wenn im nächt'gen Wald uns Mondenglanz umweht ?

Ich grüße dich, du einzige Phiole !
Die ich mit Andacht nun herunterhole,
In dir verehr ich Menschenwitz und Kunst,
Du Inbegriff der holden Schlummersäfte,
Du Auszug aller tödlich feinen Kräfte,
Erweise deinem Meister Deine Gunst !
Ich sehe dich, es wird der Schmerz gelindert,
Ich fasse dich, das Streben wird gemindert,
Des Geistes Flutstrom ebbet nach und nach,
Ins hohe Meer werd ich hinausgewiesen,
Die Spiegelflut erglänzt zu meinen Füßen,
Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.

Ein Feuerwagen schwebt, auf leichten Schwingen,
An mich heran ! Ich fühle mich bereit
Auf neuer Bahn den Äther zu durchdringen,
Zu neuen Sphären reiner Tätigkeit.
Dies hohe Leben, diese Götterwonne !
Du, erst noch Wurm, und die verdienest du ?
Ja, kehre nur der holden Erdensonne
Entschlossen deinen Rücken zu !
Vermesse dich die Pforten aufzureißen,
Vor denen jeder gern vorüberschleicht.
Hier ist es Zeit durch Taten zu beweisen,
Dass Manneswürde nicht der Götterhöhe weicht,
Vor jener dunkeln Höhle nicht zu beben,
In der sich Phantasie zu eigner Qual verdammt,
Nach jenem Durchgang hinzustreben,
Um dessen engen Mund die ganze Hölle flammt;
Zu diesem Schritt sich heiter zu entschließen
Und, wär es mit Gefahr, ins Nichts dahin zu fließen.

Nun komm herab, kristallne reine Schale !
Hervor aus deinem alten Futterale,
An die ich viele Jahre nicht gedacht.
Du glänztest bei der Väter Freudenfeste,
Erheitertest die ernsten Gäste,
Wenn einer dich dem anderen zugebracht.
Der vielen Bilder künstlich reiche Pracht,
Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erklären,
Auf einen Zug die Höhlung auszuleeren,
Erinnert mich an manche Jugend-Nacht;
Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen;
Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht.
Mit brauner Flut erfüllt er deine Höhle.
Den ich bereitet, den ih wähle,
Der letzte Trunk sei nun, mit ganzer Seele,
Als festlich hoher Gruß, dem Morgen zugebracht !
(Er setzt die Schale an den Mund.)
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Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen;


Versteh' ich nicht, kann mir wer helfen ?

Liebe Grüße

Zeili

Faust ist allein.
Er KANN den Becher nicht weiterreichen und würde er dazu witzige Trinksprüche zum Besten geben, wer würde die hören?

Faust dröhnt sich also allein zu, erinnert sich nur daran, wozu der Becher in Gesellschaft diente.
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Muss wohl reichen; ich bleibe trotzdem ein Fan dieses Werkes.

Liebe Grüße

Zeili

Es wäre doch schlimm, wenn du es deswegen nicht bliebest.

Jeder muss selber wissen was ihm gefällt und zusagt.

Sich da nach anderen richten zu wollen wäre fatal.
 
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AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 95.
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Faust:
Was sucht ihr, mächtig und gelind,
Ihr Himmelstöne, mich am Staube ?
Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.
Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;
Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
Zu jenen Sphären wag ich nicht zu streben,
Woher die holde Nachricht tönt;
Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt,
Ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben.
Sonst stürzte sich der Himmels-Liebe Kuss
Auf mich herab, in ernster Sabbatstille;
Da klang so ahnungsvoll des Glockentones Fülle,
Und ein Gebet war brünstiger Genuss;
Ein unbegreiflich holdes Sehnen
Trieb mich durch Wald und Wiesen hinzugehn,
Und unter tausend heißen Tränen,
Fühlt ich mir eine Welt entstehn,
Das Lied verkündete der Jugend muntre Spiele,
Der Frühlingsfeier freies Glück;
Erinnrung hält mich nun, mit kindlichem Gefühle,
Vom letzten ernsten Schritt zurück.
O tönet fort ihr süßen Himmelslieder !
Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder !
Chor der Jünger:
Hat der Begrabene
Schon sich nach oben,
Lebend Erhabene,
Herrlich erhoben;
ist er in Werdelust
Schaffender Freude nah;
Ach ! an der Erde Brust,
Sind wir zum Leide da.
Ließ er die Seinen
Schmachtend uns hier zurück;
Ach ! wir beweinen,
Meister dein Glück !
Chor der Engel:
Christ ist erstanden,
Aus der Verwesung Schoß.
Reißet von Banden
Freudig euch los !
Tätig ihn Preisenden,
Liebe beweisenden,
Brüderlich Speisenden,
Predigend Reisenden,
Wonne Verheißenden
Euch ist der Meister nah,
Euch ist der da !
-----------------------------------------
Etwas viel Chöre auf einmal.

Liebe Grüße

Zeili
 
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