Sunnyboy
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- Registriert
- 10. März 2005
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AW: Eva Herman
Als ich von der Debatte um Eva (Eva- ausgerechnet Eva...) Hermann hörte, musste ich spontan an meine Großmutter denken. Die sollte nämlich das Mutterverdienstkreuz bekommen. Der Beamte, der es ihr überreichen sollte, lobte sie dafür, dass sie dem Führer bereits mehrere Kinder geschenkt hatte.
Meine Oma, die sich eigentlich während und nach dem Dritten Reich nicht gerade kritisch mit Hitlers Regierung auseinander gesetzt hatte, um es, mangels genaueren Wissens mal so vorsichtig auszudrücken, antwortete, dass sie ihre Kinder ihrem Mann und nicht dem Führer geschenkt habe- und so wurde aus der Empfängerin des Mutterverdienstkreuzes von einem Moment auf den anderen eine Insassin einer Polizeizelle- zumindest für eine Nacht.
Mein Großvater, der sie dann wieder rausholte, war wahrscheinlich trotz dieses, immerhin wagemutigen, Liebesgeständnisses nicht gerade begeistert- er war Sturmbannführer in der Waffen-SS (ich könnte mir gut vorstellen, dass das mit dazu beigetragen hat, dass meine Oma so glimpflich davon gekommen ist.) und dieser Vorfall hat seine "Karriere" zumindest mal nicht weitergebracht.
Was kann man aus dieser Anekdote über das Dritte Reich lernen?
Ich glaube, meine Oma, die, wenn ich meinem Vater glauben kann, im Zusammenhang mit dem Dritten Reich selten intelligente Dinge von sich gegeben hat, hat in dieser Situation genau richtig auf einen gängigen Mechanismus in totalitären Gesellschaften reagiert- sie hat sich nicht vom System vereinnahmen lassen, hat sich nicht zu einer Gebärmaschine für den "Führer" degradieren lassen. Ihre Kinder waren ein Ergebnis der Liebe zu ihrem Mann und kein Geschenk oder gar Opfer an "Führer und Volk".
Das ist es, was Eva Hermanns Aussage so dumm, so unüberlegt erscheinen lässt:
Die Nazis wollten Menschen, die ihre eigene Identität aufgeben:
Söhne, die ihr Leben später freudig an der Front wegschmeißen, für Führer und Vaterland.
Töchter, die ihre eigenen Interessen hinten anstellen, um später ihre an der Front kämpfenden Männer und deren Kameraden fürsorglich zu versorgen, damit das unmenschliche Morden weitergehen kann, bis zum "Endsieg."
Und Mütter, die all das mit ihren Kindern geschehen ließen, und noch freudig neue kleine, gesunde Arier produzierten, am besten am Fließband.
Wo ist denn da bitteschön die Wertschätzung der Mutter?
DAS war Sinn und Zweck nationalsozialistischer Bildungs- und Familienpolitik.
Ist das Gute immer noch gut, wenn es dazu dient, das absolut Böse zu vollbringen?
In dieser Diskussion ist mir noch etwas anderes aufgefallen:
Es wurde oft davon geredet, das man Geschichte sachlich betrachten soll.
Das stimmt, allerdings besteht eine große Gefahr, bei der sachlichen Betrachtung:
Das Abhandenkommen der Emotionen. Verbrechen und Gräueltaten werden immer nüchterner betrachtet und schließlich ganz außer Acht gelassen. Am Ende überwiegt dann gar das Positive- oder das vermeintlich Positive.
Das beste Beispiel aus der Geschichte: Karl der Große, den manche überschwänglich gar als "Vater Europas" bezeichnen.
Wer einmal nach Aachen fährt und vor dem (angeblichen?) Thron dieses (zweifelsohne)mächtigen Kaisers im Dom der Stadt steht, sollte, um nicht von der Verklärung der Geschichte in den Bann gezogen zu werden, nur einmal kurz an die Sachsen denken, die er 782 bei Verden (Niedersachsen) hat umbringen lassen.
Mfg,
Sunnyboy
Als ich von der Debatte um Eva (Eva- ausgerechnet Eva...) Hermann hörte, musste ich spontan an meine Großmutter denken. Die sollte nämlich das Mutterverdienstkreuz bekommen. Der Beamte, der es ihr überreichen sollte, lobte sie dafür, dass sie dem Führer bereits mehrere Kinder geschenkt hatte.
Meine Oma, die sich eigentlich während und nach dem Dritten Reich nicht gerade kritisch mit Hitlers Regierung auseinander gesetzt hatte, um es, mangels genaueren Wissens mal so vorsichtig auszudrücken, antwortete, dass sie ihre Kinder ihrem Mann und nicht dem Führer geschenkt habe- und so wurde aus der Empfängerin des Mutterverdienstkreuzes von einem Moment auf den anderen eine Insassin einer Polizeizelle- zumindest für eine Nacht.
Mein Großvater, der sie dann wieder rausholte, war wahrscheinlich trotz dieses, immerhin wagemutigen, Liebesgeständnisses nicht gerade begeistert- er war Sturmbannführer in der Waffen-SS (ich könnte mir gut vorstellen, dass das mit dazu beigetragen hat, dass meine Oma so glimpflich davon gekommen ist.) und dieser Vorfall hat seine "Karriere" zumindest mal nicht weitergebracht.
Was kann man aus dieser Anekdote über das Dritte Reich lernen?
Ich glaube, meine Oma, die, wenn ich meinem Vater glauben kann, im Zusammenhang mit dem Dritten Reich selten intelligente Dinge von sich gegeben hat, hat in dieser Situation genau richtig auf einen gängigen Mechanismus in totalitären Gesellschaften reagiert- sie hat sich nicht vom System vereinnahmen lassen, hat sich nicht zu einer Gebärmaschine für den "Führer" degradieren lassen. Ihre Kinder waren ein Ergebnis der Liebe zu ihrem Mann und kein Geschenk oder gar Opfer an "Führer und Volk".
Das ist es, was Eva Hermanns Aussage so dumm, so unüberlegt erscheinen lässt:
Die Nazis wollten Menschen, die ihre eigene Identität aufgeben:
Söhne, die ihr Leben später freudig an der Front wegschmeißen, für Führer und Vaterland.
Töchter, die ihre eigenen Interessen hinten anstellen, um später ihre an der Front kämpfenden Männer und deren Kameraden fürsorglich zu versorgen, damit das unmenschliche Morden weitergehen kann, bis zum "Endsieg."
Und Mütter, die all das mit ihren Kindern geschehen ließen, und noch freudig neue kleine, gesunde Arier produzierten, am besten am Fließband.
Wo ist denn da bitteschön die Wertschätzung der Mutter?
DAS war Sinn und Zweck nationalsozialistischer Bildungs- und Familienpolitik.
Ist das Gute immer noch gut, wenn es dazu dient, das absolut Böse zu vollbringen?
In dieser Diskussion ist mir noch etwas anderes aufgefallen:
Es wurde oft davon geredet, das man Geschichte sachlich betrachten soll.
Das stimmt, allerdings besteht eine große Gefahr, bei der sachlichen Betrachtung:
Das Abhandenkommen der Emotionen. Verbrechen und Gräueltaten werden immer nüchterner betrachtet und schließlich ganz außer Acht gelassen. Am Ende überwiegt dann gar das Positive- oder das vermeintlich Positive.
Das beste Beispiel aus der Geschichte: Karl der Große, den manche überschwänglich gar als "Vater Europas" bezeichnen.
Wer einmal nach Aachen fährt und vor dem (angeblichen?) Thron dieses (zweifelsohne)mächtigen Kaisers im Dom der Stadt steht, sollte, um nicht von der Verklärung der Geschichte in den Bann gezogen zu werden, nur einmal kurz an die Sachsen denken, die er 782 bei Verden (Niedersachsen) hat umbringen lassen.
Mfg,
Sunnyboy
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