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Euer Umgang mit Suizidgedanken

Glücklichsein ist der Schlüssel

Ich finde es auf jeden Fall wichtig, dass man auch über dieses Thema ganz offen spricht. Nicht wie Guido meint, sich unbedingt an "Experten" wenden. So kann ich aus eigener Erfahrung wie die von Freunden und Verwandtschaft sagen, dass gewisse "Experten" keine Ahnung von nichts haben.
Diese scharfe Kritik will ich ganz öffentlich für Nervenkliniken aussprechen.

Ich habe mit Selbstmordgedanken schon echt ernste Erfahrungen gemacht.
Kenne ich z.B. die innere Zerrissenheit, wo man sich einerseits umbringen will andererseits nicht. Eine Zerrissenheit, die so enorm wird, dass man meint gleich verrückt zu werden oder schon zu sein.
Bei mir war es so, dass ich mich manchmal nicht mehr im obersten Zimmer unseres Hauses aufhalten konnte, weil immer wieder der Gedanke kam: "Mach einfach das Fenster auf und spring."
Das Problem war eben, dass dieser Gedanke wirklich Überhand gewinnen kann, wenn man schwer depressiv ist. Ich z.B. hatte wahnsinnig Angst vorm Selbstmord und wollte ihn niemals wirklich durchführen. Aber oft kamen Gedanken, die ich nicht kontrollieren konnte. Sie können so stark werden, dass man dann Dinge tut, die man gar nicht tun will. Im schlimmsten Fall tut man dann sich oder jemand anderen etwas an.
Diese gedankliche Zerrissen ist genau das, was man als "innere Stimmen" bezeichnet. (Es gibt aber auch noch andere Arten.)
Ich selbst hatte auch oft schon das Gefühl gar nicht mehr ich selbst zu sein, so als wären meine Gedanken gegen mich. Dieses Gefühl ist dermaßen schrecklich, dass ich es nicht annähernd in Worte fassen könnte. (Ich hab darüber auch schon was im Thread "Positive und negative Erfahrungsberichte/Psychologie" geschrieben.)

Wenn so etwas erst einmal geschieht, dann ist das immer ein ernstes Zeichen dafür, dass die Dinge schon viel zu weit gegangen sind oder besser gesagt, dass man selbst zu weit gegangen ist.

Suizidgedanken dieser Art sind nicht mehr so leicht unter Kontrolle zu halten. Ein Umgang im gewöhnlichen Sinne ist nicht möglich. Und geht man mit solchem Problem zum Arzt, wird man gleich einmal an einen Facharzt dafür überwiesen, höchst wahrscheinlich auch in eine Nervenklinik.
Dort wird man sofort mit Medikamenten voll gestopft. Das ist kein Scherz oder eine Übertreibung. Suizidgefährdete dieser Art bekommen sofort Beruhigungsmittel oder ähnliches (meist schon stärkere Sachen).

An dieser Stelle will ich festhalten, dass meiner Meinung nach, und ich habe schließlich auch persönliche Erfahrungen damit gemacht, jegliche Medikamente nicht nötig sind.

Suizidgedanken in dem oben geschilderten Ausmaß treten immer nur dann auf, wenn man zutiefst unglücklich ist. Und genau hier findet sich die Lösung des Problems. Man muss das Leben wieder glücklich schaukeln um entsprechende Gedanken unter Kontrolle zu halten. Und glücklich sein kann jeder, egal wie schlimm die äußeren Umstände sein mögen.

Bei mir z.B. ist es heute so, dass ich diese Gedanken nicht nur unter Kontrolle habe. Sie kommen von selbst sogut wie gar nicht mehr. Sie langweilen mich richtig. Es gibt so viel schönere Gedanken wie Beschäftigungen, die es Wert sind, erlebt zu werden.
Warum dann Energie an Suizidgedanken verschwenden?

mit Mut zum Leben
Ben
 
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Noch zum obigen:

Nicht glauben, dass es nur unfähige Ärzte gibt, die keine Ahnung von schwer Depressiven haben! Es gibt auch kompetente Ärzte.
Am besten sollte man einen Arzt aufsuchen, dem man persönlich vertraut.
 
Suggestion statt Heilung?

Man kann natürlich Suizidgefahren schnell mit Medikamenten oder mit suggestiven Techniken (wie positiv denken, sich glücklich schaukeln, Suizid ist feige...) zu Leibe rücken, aber damit ist eigentlich eine Chance vertan, dem Symptom wirklich heilend zu begegnen. Die Schmerzen, die Verzweiflung die das Leben eines Menschen, der mit Suizidproblemen konfrontiert wird, bis zum Lebensüberdruss plagen, sind doch vor allem Zeichen und Hinweise auf seelische Probleme, so ähnlich wie somatische Schmerzen, die einen auch zur Verzweiflung treiben können, Hinweise auf somatische Erkrankungen sind. Ist es da nicht naheliegender, in der eigenen Seele nach dem Krankheitsherd zu suchen und ihn mit psychologischen Methoden zu therapieren, als sich mit einer rein symptomatischen Bearbeitung - seien es nun Medikamente oder Suggestion - zu begnügen? Besteht nicht die Gefahr, dass die den Lebensüberdruss verursachende seelische Erkrankung mindestens chronisch und damit latent zu einer ständigen - wenn auch unterdrückten - Lebensgefahr wird?

manni
 
Mit "glücklich schaukeln", meinte ich nicht, dass man sich "glücklich sein" suggerieren soll, sondern dass man sich bemühen sollte Heilung zuzulassen und auch bereit sein sollte, etwas dafür zu tun.
 
Heilung zulassen

Benjamin, hast du Lust zu erklären, worin dieses Heilung zulassen im Wesentlichen besteht?

gruß manni
 
Die Macht der Gewohnheit kann sehr groß sein. Das heißt, Menschen sind oft nicht bereit Dinge loszulassen und anders zu machen.
"Heilung zulassen" bedeutet, würde ich sagen, bereit sein, Dinge vollkommen anders zu machen. Wir Menschen tun in vielen Fällen Dinge, die uns in keiner Weise erfüllen, uns oft sogar unglücklich machen. Diese Art von Handlungen ist selbstzerstörersicher Art und dennoch neigen wir dazu diese Handlungen fortzusetzen.
Aus verschiedenen Gründen.
Manchmal aus Unwissenheit, manchmal aus Angst von neuen Dingen und oft auch aus Sturheit.

Wenn man unglücklich ist - und in hohem Ausmaß führt das zum Wunsch nicht mehr zu leben - dann sollte man bereit sein, Dinge vollkommen anders zu machen, wirklich ganz anders.
Aber viele Menschen lassen das eben nicht zu. Sie bleiben ihren alten Prinzipien und Gewohnheiten treu und machen sich oftmals damit unglücklich. Oft schleicht sich diese Unglücklichkeit ganz langsam heran. Sie wird durch Handlungen über Jahre hinweg aufgebaut. Das kann so langsam gehen, dass man es gar nicht merkt,
bis man eines Tages mit dem Wunsch nicht mehr zu leben aufwacht. Oftmals bricht dieser Wunsch durch ein gewisses Ereignis über uns hinein, glaubend dass das Ereignis schuld ist. Stimmt aber meist gar nicht.

Niemals macht uns das Leben selbst unglücklich. Es kann immer nur die Art sein, wie wir unser Leben leben. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man in Depressionen bevorzugt in der Welt oder in irgendwelchen Umständen den Auslöser sieht. Aber nicht die sind verantwortlich für unser Leben und unser Wohlbefinden, sondern wir selbst.

liebe Grüße
Ben
 
Lieber Ben,

danke für deine Antwort. Ich glaube, ich verstehe jetzt besser, was du mit Heilung zulassen meinst. Der von dir beschriebene enge Zusammenhang zwischen Unglück und Selbstmordgedanken macht dies noch nachvollziehbarer.

Mit freundlichen Grüßen
manni
 
hallo liebes forum,
ich habe euch heute im www entdeckt und bin gleich auf dieses thema gestoßen, das in meiner familie ziemlich konkret vorhanden ist.
mein bruder hat vor zwei jahren selbstmord begangen, mein sohn fällt seit ein paar jahren immer wieder in schwere depressionen mit selbstmordgedanken, auch mir sind solche überlegungen nicht fremd.

meine erfahrungen bisher sind sehr unterschiedlich. ich selbst bin derzeit weit weg davon, mein leben beenden zu wollen, allerdings musste ich durch eine sehr schmerzliche phase durch, wo ich mich mehr oder weniger selbst gezwungen habe, hinzuschauen und zu akzeptieren, dass es allein meine entscheidung ist, ob ich leben oder sterben will. vorher versuchte ich, von allen menschen, mit denen ich zu tun hatte, hilfe zu erhalten, so lange, bis es keiner von denen mehr ertragen konnte. ich war ein opfer meines schicksals, ich fühlte mich hilflos und handlungsunfähig, alle ratschläge waren für mich mehr schläge als rat. erst als ich wirklich allein übrigblieb, meine freunde keine kraft oder auch keine lust mehr hatten, sich mit meiner depression zu beschäftigen, stand ich vor dieser entscheidung. denn da ging es auf einmal für mich ans eingemachte und ich musste mich entscheiden - leben oder tod.

ich habe seither für mich eine art notfalls-paket gepackt. es ist ein text, den ich selbst geschrieben habe, ergänzt durch ein gedicht von hermann hesse, in dem ich immer ein bisschen trost gefunden hatte. der text handelt von meinem selbstmord. ich habe mir bis ins kleinste detail ausgemalt, wie ich diesen selbstmord durchführen wollte. ich habe alle gründe, warum ich nicht mehr leben will, genau aufgeschrieben. zum schluß habe ich mir die frage gestellt, werde ich es nun tun oder nicht. ich weiß noch genau, wie ich mich fühlte, damals, als ich den text schrieb. denn dieser letzte satz war eine echte entscheidung. ich schrieb hin, dass ich den letzten schritt in den abgrund tat.

das hinschreiben, die entscheidung, mich umzubringen konkret zu formulieren, war meine befreiung. niemals wieder, auch in den schwärzesten depressionen nicht, kam ich dem selbstmordgedanken wieder so nahe. denn eigentlich hatte ich diesen schritt ja schon gemacht.

das kann natürlich kein allheilmittel sein.
denn ich sehe bei meinem sohn, dass er ganz andere gründe hat, sich so schlecht zu fühlen, wie ich. aber in vielen gesprächen mit ihm merke ich doch, dass es hilfreich ist, den selbstmordgedanken zuzulassen, sich genau anzuschauen, was ihn auslöst, sich auszumalen, wie man es machen würde. es geht auch darum, es ernst zu nehmen, dass da viel angst ist, dass er mit seiner angst nicht allein ist, dass es vielen so geht, dass angst haben zum leben gehört, aber kein grund sein sollte, nicht mehr leben zu wollen.

die überlegung, dass das leben auch schöne seiten hat, ist in manchen situationen oft nur eine verstärkung des eigenen unglücks. jeder weiß doch, dass das schöne irgendwo ist, in der depression kann man das aber für sich selbst nicht erkennen.

für mich hat mit dieser intensiven auseinandersetzung mit dem tod etwas sehr wichtiges bewirkt, ich habe keine angst mehr vor ihm. ich lebe jetzt viel intensiver, weil ich spüre, dass der tod sowieso immer da ist. keiner weiß wann er sterben wird. vielleicht ist das auch ein grund, warum manche mit selbstmordgedanken zu tun haben. wenn ich schon sonst fremdbestimmt leben muss (=opferhaltung), dann will ich wenigstens den zeitpunkt meines todes selbst bestimmen.

liebe grüße
lilith51
 
Ist Angst lebensnotwendig?

Liebe lilith51,

gehört Angst wirklich zum Leben?

Viele Menschen leiden an Angst. Mal mehr oder weniger. Manchen hat sie sogar im Griff, ohne dass es ihm bewusst ist. Weil sie schon so lange von vielen erlebt und geteilt wird, kann leicht der Eindruck entstehen, der Mensch müsse sich im Leben ängstigen.

Wer selber unter Angst leidet, wird nachvollziehen können, dass die unbestimmte Angst vor allem und jedem das Leben verleidet. Und nicht wenige, die unter Angst litten, haben sie eines Tages nicht mehr ertragen können und haben in ihrer Not, diesem Leben ein Ende gesetzt. Dass man der Angst und dem Wunsch nach Selbsttötung ein Stück weit durch das Aufschreiben und das Sich-Vorstellen der Tat selbst begegnen kann, scheint mir überzeugend. Doch vermute ich, dass wirklich tiefsitzende Angst so nicht zu aufzulösen ist und damit die Gefahr eines Selbstmordes nicht wirklich gebannt ist. Nach meiner Erfahrung hilft nur, der Angst auf den Grund zu gehen. Sie ist in aller Regel eine krankmachende Störung und verhindert deshalb ein gesundes, reiches und erfülltes Leben. Die Angst trübt den Blick. Doch gelingt es dahinter zu kommen, was sich in oder hinter ihr verbirgt, so ist Angst auch eine große Chance zu einem reicheren Leben. Denn nur dann kann man sich auch fragen, ob es überhaupt einen Grund gibt, sich das Leben zu nehmen. Allerdings glaube ich, dass man einen kundigen Führer braucht, um durch die verzwickten Wirrungen der Angst zum Guten durch zu kommen.

Ich wünsche dir und deinem Sohn alles Gute!

Mit freundlichen Grüßen
manni

PS: Danke für deinen offenherzigen Beitrag!
 
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Suizid Gedanken hatte ich noch nie. Eher habe ich immer den Gedanken, in den nächsten Zug zu steigen, irgendwo hinzufahren, alles hinter mir zu lassen und mal was anderes zu erleben.
Oft werde ich auch von Homizid Gedanken verfolgt. Aber nicht in dem Sinne, jemanden aus Hass zu töten, sondern, jemanden auszuschalten, um dadurch an Geld zu kommen. Oft denke ich mir dann Vorgehensweisen aus, und spiel sie im Gedanken durch. Aber letztendlich fehlt mir leider immer der Mut das durchzuziehen, obwohl es wahrscheinlich klappen würden.
 
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