AW: Engel - warum?
Hallo joan, da das hier kein Feld ist, auf dem man argumentieren kann und ich andererseits im Moment nicht die Kraft für lange spekulative Dialoge verspüre, nur kurz ein paar Aussagen in Erwiderung Deiner Anmerkungen:
Dieser Aspekt des Denkens von Atheisten - wobei rein theoretisch auch Gottgläubige nicht zwangsläufig ewig "leben" müssten - ist für mich besonders interessant.
Ich kann mir beispielsweise auch nichts Schlimmeres vorstellen, als DIESES Leben ewig leben zu müssen oder aber immer und immer wieder in ein sehr ähnliches hineingeboren zu werden, ohne irgendwie ausbrechen zu können.
Trotzdem sehe ich ein Ende meines Seins nicht wirklich, allein schon deshalb, weil der Mensch im Grunde die Ewigkeit in sich trägt, indem er sich sein eigenes Nichtsein beim besten Willen nicht vorstellen kann.
Ein Nichtmehrsein nimmt dem jetzigen Sein außerdem jeden Wert und jede Bedeutung.
Dass Du Dir das Ende Deines Seins nicht vorstellen kannst, besagt nichts über die diesbezügliche Wirklichkeit.
Wenn Du andererseits sagst, ohne Weiterexistenz wäre Deine irdische Existenz ohne Wert und Bedutung, gibt es dazu gleich mehrere Einsprüche:
Zunächst ist nicht klar, ob es überhaupt einen höheren Sinn oder Wert gibt - das hatten wir ja im DF schon lange und ergebnislos diskutiert.
Weiterhin hast Du ja an der irdischen Geschichte mitgewirkt, Deine Spuren sind vorhanden (Kinder, Erfindungen, Erinnerungen bei anderen, Kunstwerke...).
Und letztlich eine Pi
-Spezialität:
Falls es ein Psi-Feld wirklich gibt (was ich für mindestens plausibel halte, wie Du weißt), ist darin Deine gesamte Biografie bis in atomare Details verewigt (bis zum Ende des Universums). Insofern würdest Du also weiterbestehen.
...gibt es für mich doch noch allerlei Möglichkeiten einer Weiterentwicklung nach diesem irdischen Leben, beispielsweise die Möglichkeit, Zugang zum großen Ganzen zu erhalten, Einblick in das Universum, in die Vergangenheit, in die Abläufe, über die wir heute nur spekulieren, oder ein Sein in einem großen, weiteren Kontext, einem allgemeinen Empfinden und Verstehen, oder auch eine weitere Stufe in einer noch lange nicht abgeschlossenen Entwicklung.
Na gut, das kann man nicht ausschließen - gewisse Berichte scheinen auf so eine Möglichkeit hinzuweisen, wobei man natürlich nicht weiß, wie es nach dem wirklich erfolgten Tod weiterginge. Und mir ist diese Ungewissheit einfach zu groß.
Ansonsten könnte natürlich das Psi-Feld dieses "Große, Ganze" sein, das man nach seinem Tode erkennt. Wer weiß.
Ob gottgegeben oder nicht, das Problem der menschlichen Moral liegt ja darin, dass sie eben NICHT dem genetischen Bio-System Mensch angeboren ist, sondern immer und immer wieder erlernt werden muss.
Gäbe es da keine Konstanten, dann würde sich die Menschheit nirgendwohin entwickeln, sondern nur im Kreis drehen.
Gibt es diese Konstanten, dann liegt das Problem eher in der Umsetzung, wäre also langfristig schon lösbar.
Es gibt sehr wohl grundlegende, aus der menschlichen Urgeschichte hervorgegangene "Verhaltensanlagen" der Menschen, die angeboren sind und die sich auch manifestieren, wenn man sie nicht durch extreme Biografien unterdrückt. Beispielsweise gibt es eine Tötungshemmung, die man einem Menschen nicht anerziehen muss. Diese ist in der durch die Spiegelneuronen möglichen Empathie zu anderen Menschen begründet, d.h. wir können uns vorstellen, was ein Anderer erlebt, wenn wir ihm wehtun.
Aber man kann einem Menschen diese Tötungshemmung aberziehen, das ja.
Fehler sind Verhaltensweisen, die dem Eigner und/oder seiner Umwelt schaden, beispielsweise Alkoholkonsum, Unzuverläßigkeit oder Fremdgehen.
Diese "Fehler" sind keine absoluten Fehler. Alle drei Beispiele sind schon in heutigen Gesellschaften nicht überall "Fehler". Monogamie z.B. ist eine sehr späte und nicht weltweit verbreitete "Erfindung" des Christentums (wenn ich recht weiß). Wie kann da Fremdgehen ein genereller Fehler sein (bzgl. einer absoluten Moral)?
Vorbilder braucht man, um die nächste Generation heranzuziehen. Man muss ihnen irgend eine Moralvorstellung zum Fraß vorlegen, ob sie diese nun annehmen oder nicht.
Sofern man als Eltern nicht selbst die Vorbildfunktion übernimmt, was wohl der häufigste Fall ist, wird jeder andere Vorbilder wählen, auch da gibt es keine Allgemeingültigkeit.
Uns fehlt die angeborene instinktive Struktur die uns sagt wie man das Leben lebt. Vielleicht sind wir einfach nur eine genetische Missbildung in der Natur?
Nein, wir sind nur nicht genetisch auf eine technische Zivilisation vorbereitet. Dazu haben wir aber als Ausgleich unsere Großhirnrinde, die bewundernswert anpassungsfähig ist.
Diesem Lebensbild konnte ich noch nie viel abgewinnen. Glück per Vergleich? Kann ich nicht selber für mich allein empfinden?
Eine ABSOLUTBEWERTUNG von Glück/Unglück ist nicht möglich.
Beispiel: Hätte im Mittelalter jemand gelebt, wie heute ein HartzIV-Empfänger, er wäre der glücklichste Mensch der Welt gewesen (zunächst jedenfalls).
Generell scheint mir, dass Menschen genau dann gücklich sind, wenn sie Neues erleben bzw. wenn es in ihrem Leben aufwärts geht. D.h., der Trend (die erste Ableitung der Lebenskurve nach der Zeit
) muss positiv sein.
Da ist das Märchen vom Fischer und seiner Frau sehr aussagekräftig:
Leben auf einem hohen, aber gleichen Niveau führt immer dazu, dass man zwar zunächst zufrieden (evtl. glücklich) ist, aber recht zügig Langeweiile aufkommt...
Deshalb ist in meinen Augen Glück IMMER nur in Momenten möglich, die sich sehr positiv vom Normal-Level unterscheiden. Es ist also VOLLKOMMEN RELATIV.
Aber joan: Alles was ich Dir hier aufgeschrieben habe, ist
meine Auffassung und nicht als Streitgegenstand geeignet. Ich habe nur mit einigen Argumenten versucht, meine Meinung auch plausiibel zu machen.
LG, pispezi