AW: Die Wahrheit nicht sehen wollen ....
Ich gehe nicht davon aus, dass Menschen DIE WAHRHEIT erkennen können. Dazu eine sinngemäße Äußerung meines derzeitigen Lieblingshirnforschers
Wolf Singer: „Die Evolution hat den Menschen mit einer Physis ausgestattet, die ihm lediglich einen eingeschränkten Zugang zur Welt ermöglicht. Dieser mesokopische Bereich stellt allenfalls einen Ausschnitt dar, ist niemals repräsentativ für das Ganze.“
Ich verbinde, etwas alltägliches damit. Vor kurzem meinte ich in einem Gespräch unter Freunden, indem es um Brandgefahr im Zusammenhang mit Rauchen ging: „Ich bin sehr vorsichtig beim Rauchen!“ Darauf meinte einer freundschaftlich: „Ich habe aber schon Asche vor Dir auf dem Fußboden gefunden.“ Und fuhr – weil ich verletzt reagierte – fort: „Ich sage Dir das, weil es mir wichtig ist, dass du Dich realistisch wahrnimmst.“
Ich halte derartige Gespräche zwischen Menschen für den gegebenen Anlass, wie das Reden über Wahrheit zwischen Menschen angefangen haben könnte. Da hat möglicherweise unter Höhlenmännern einer am Feuer gesagt: „Ich treffe jedes Tier mit meinem Pfeil!“ und ein anderer meinte: „Vor einiger Zeit hast Du den Bären verfehlt, dem wir tagelang auf der Spur gewesen sind.“
Auf den Unterschied zwischen Reden und Taten hingewiesen zu werden, kann schmerzlich sein. Die Fehleinschätzung des jagenden Höhlenmenschen und die meine beim Umgang mit brennenden Zigaretten, baut Scheinwirklichkeiten auf, das – und weitere Ungereimtheiten – ist m.E. das Thema von menschlichen Wahrheitsdiskussionen. Da aber in der Folge solcher Reden eine übermenschliche WAHRHEIT konstruiert wurde, möchte ich lieber die Eigenschaft ‚zutreffend’ verwenden.
Wenn es nicht zutreffend ist, dass ich vorsichtig beim Rauchen bin, dass der Höhlenjäger stets sicher trifft, dann hat dies Folgen für das Handeln. Ich könnte daran arbeiten, meinen Umgang mit brennenden Zigaretten zu optimieren, um Brände zu verhindern, der Höhlenjäger könnte seine Schützenkunst optimieren, um sicherer zum Schuss zu kommen.
Ich habe daher so abgestimmt: „Wahrheit tut weh und macht Angst ...“
Die Angst beziehe ich dabei auf das eigene Versagen: Wenn Menschen versagen, haben sie Angst ausgelacht, verurteilt oder gar sozial geächtet zu werden.
Das macht für mich Sinn. Darüber hinaus bleibt es m.E. jedem unbenommen, zu glauben, dass es DIE WAHREIT gibt, die derartige Ungereimtheiten, wie ich sie gerade erwähnte, nicht enthält. Ich allerdings bin ihr noch nicht mal annähernd begegnet.
manni