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Die Metapher

AW: Die Metapher

Sprachwissenschaftlich handelt es sich bei Metaphern nicht nur um eine oberflächliche Verwendung von verständlichen Bildern, sondern um ein fundamentales Prinzip der Kognition, das sich durch die gesamte Geistes- und Sprachtätigkeit breitet.

Hallöchen!

EIne Frage:
Gibt es dann auch Klassifizierungen von Metaphern? Ich meine, wenn ich die Computermaus sage, wo ich nur ganz oberflächlich auf eine Formähnlichkeit referiere, oder oder Netz, wo es eine strukturelle und funktionale Ähnlichkeit gibt, oder mir gar eine künstlerische Metapher einfallen lasse (seine Augen waren wie zwei glühende Kohlen), sind das doch Metaphern ganz unterschiedlicher Güte, ne woahr?

Noch ne Frage:
Die Internetmetaphernwelt hat eine mnemotechnische Funktion, ein Sich-vertraut-fühlen-Funktion - aber auch auf der Kehrseite die Funktion: Die völlig neue Dimension virtueller Realtitäten und Beziehungen abzuschwächen und zu verdecken, stimmst du mir da zu?
 
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AW: Die Metapher

Ich erlaube mir zum Thema der Arten der Metapher auch etwas zu sagen – auch wenn die Frage nur an Jérôme gerichtet ist.
Falls aber du Jérôme auch nochmals hier vorbei schaust, würde es mich sehr freuen – deinen Beitrag fand ich sehr interessant.
Außer den verschiedenen Kategorien von Metaphern, erscheint mir noch ein Aspekt wichtig: die Art in der die Metapher von unterschiedlichen philosophischen Richtungen bewertet wird – doch darüber erst später – besser gesagt in einem anderen Beitrag.

Vielen Kategorien der Metaphern ist vielleicht eines gemeinsam, ich erwähnte es auch schon früher: sie übertragen konkrete Eigenschaften auf Begriffe die eher abstrakter Natur sind: ein solides Argument oder das Fundament unserer Denkweise, das seelische Hoch oder ein Hundeleben, das Ziel des Lebens, ein Mensch als Zielscheibe, etc…. Es werden dabei immer Eigenschaften übertragen von einem Begriff der als Quelle dient und oft sehr konkret ist, auf einem anderen, auf einen Zielbegriff bei dem nun ähnliche Eigenschaften suggeriert werden. Auch der Sargnagel des Kapitalismus spielt ja mit dem Wechsel von einem sehr konkreten Begriff auf einen der ein System bezeichnet. Also gehört der Zielbegriff dabei einer ganz anderen Kategorie als die Quelle dessen Eigenschaften eigentlich gemeint sind.

Übertragen wird im Grunde genommen nicht das Quellwort, sondern seine Funktion oder seine Eigenschaft. Deswegen ist die Metapher weit mehr als nur ein Vergleich durch dem man ja nur eine Annäherung, eine Ähnlichkeit meint.

Die Metapher übernimmt dadurch im Grunde genommen ein allgemein gültiges Muster: denn unser abstraktes Denken hat ihren Ursprung in konkreten Gegebenheiten, stützt sich auf konkrete Erlebnisse bzw. Schlüße die wir daraus ziehen.

Es gibt sehr unterschiedliche Arten die Metaphern in Kategorien aufzuteilen. Die von mir oben erwähnten Beispiele zählen zu den so genannten konventionellen Metaphern – dabei wären auch die so genannten toten Metaphern vielleicht noch zu erwähnen, das heißt diejenigen die uns gar nicht mehr als Metapher bewusst sind: z.B. Tischbein.
Eine zweite Kategorie wären die Bildmetaphern – dieser Begriff ist aber insofern missverständlich, da er sowohl ein verbal wiedergegebenes Bild bedeutet, z.B. Wespennest oder auch Wespentaille, oder auch immer wieder Farben die als Metapher eingebaut werden blutrot, himmelblau – andererseits gibt es die so genannte Bildmetapher auch in der Malerei.

Eine dritte Art wären die verallgemeinernden Metaphern – die eigentlich ein oft beobachtetes Phänomen auf ein vereinzeltes Ereignis übertragen. Meist sind das schon Redewendungen wie mit dem Feuer spielen oder das Recht mit Füßen treten.

Schon während ich dies schreibe bemerke ich wie leicht einzelne Metaphern nicht nur einer dieser Kategorien zugeordnet werden könnten.

Ich hoffe das nächste Mal endlich über ein Kapitel schreiben zu können welches mir besonders am Herzen liegt: die Metapher bei Marcel Proust.

Liebe Grüße

Miriam


 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Die Metapher

Ich hoffe das nächste Mal endlich über ein Kapitel schreiben zu können welches mir besonders am Herzen liegt: die Metapher bei Marcel Proust.

Pardon chère Miriam, erst jetzt wurde mir klar, warum Du das Thema unter Philosophie eingestellt hast und bin schon sehr gespannt.
Keine einfache Aufgabe, befassen sich doch Vorlesungen, Seminare, Kolloquien, zahlreiche Aufsätze, Essays etc. sowie auch die Marcel Proust-Gesellschaft und nicht zuletzt auch Fachliteratur immer wieder eingehend mit den Proust'schen Metaphern, die gar so untypisch sind und Literaturwissenschaftler, Philosophen und Linguisten immer noch beschäftigen.
Pardon deshalb, weil ich nach Deiner Einführung in das Thema hier nur das Allgemeine der Metapher sah und sie so behandelte, brutal allgemein -grins.

Robin schrieb:
Gibt es dann auch Klassifizierungen von Metaphern? Ich meine, wenn ich die Computermaus sage, wo ich nur ganz oberflächlich auf eine Formähnlichkeit referiere, oder oder Netz, wo es eine strukturelle und funktionale Ähnlichkeit gibt, oder mir gar eine künstlerische Metapher einfallen lasse (seine Augen waren wie zwei glühende Kohlen), sind das doch Metaphern ganz unterschiedlicher Güte, ne woahr?

Salut!

Es gibt sogar eine Menge Klassifizierungen von Metaphern. Seit sie von Aristoteles als eine rhetorische Figur definiert wurde, gibt die Metapher zu denken und stellt ein Problem dar -grins. Auf die Unterteilungen kann ich näher eingehen, sofern es Dich interessiert. Leider muss ich Dich zunächst enttäuschen, eine Unterscheidung nach Qualität gibt es nicht. Dem Linguisten ist es vollkommen gleichgültig (natürlich nur auf die Güte bezogen), ob Tischbein, Computermaus oder Augen wie glühende Kohlen, am Fusse des Berges etc. In der neueren Linguistik wurden zahlreiche Versuche unternommen, Metaphern in literarische und ausserliterarische zu unterteilen, doch erweisen sich solche immer als wenig sinnvoll.

Robin schrieb:
Die Internetmetaphernwelt hat eine mnemotechnische Funktion, ein Sich-vertraut-fühlen-Funktion - aber auch auf der Kehrseite die Funktion: Die völlig neue Dimension virtueller Realtitäten und Beziehungen abzuschwächen und zu verdecken, stimmst du mir da zu?

Dieses Metaphernfeld im 'Endprodukt' bzw. in seiner manipulativen Weiterentwicklung kann ich durchaus so wie Du sehen, aber als Primäres würde ich es ausschliessen. Es ging nicht nur um die Funktionen, die Du erwähnst, die Funktion des globalen Verständnisses, d.h. einer globalen 'Sprache' stand im Vordergrund (die meisten Übersetzungen, sofern es sie gibt, sind enge Anlehnungen oder wörtliche Übersetzungen als Vorbeugung möglicher Missverständnisse).

Metaphern erweisen sich oft genug als gefährliche Instrumente, wir könnten uns z.B. auch mit Metaphern bei Journalisten befassen. Nicht der Boulevardjournalismus habe ich im Sinn, sondern den politischen und wissenschaftlichen, die manchmal seltsame bis gefährliche Blüten treiben.

Auch die Schwierigkeiten beim Übersetzen literarischer Metaphern sind nicht uninteressant, die Kritik an der Metapher oder ihre Förderung in den einzelnen Epochen, die Ablehnung oder Annahme bei verschiedenen Philosophen etc.

À bientôt!
 
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AW: Die Metapher

Nun, das von mir angestrebte Thema, die Metapher bei Marcel Proust, verschiebe ich nochmals, weil ich deine nicht ganz so deutlich ausgesprochen Frage, Jérôme, nach der Einordnung des Themas unter Philosophie, gerne versuchen möchte zu beantworten.

Doch in erster Linie möchte ich dir für deinen Beitrag danken und werde auch einiges zu deiner Feststellung sagen:
Metaphern erweisen sich oft genug als gefährliche Instrumente

Es ist eigentlich primär nicht Marcel Proust der mich veranlasst hat nur sehr en passant, also immer wieder sporadisch über das Thema nachzudenken, sondern die Naturwissenschaften die einerseits sich sehr oft der Metaphern bedienen – aber auch Quelle für Metaphern sind die ausgeliehen, auf andere Bereiche übertragen werden.

Ich erwähnte am Anfang das Virus welches so häufig in der Metaphorisierung benutzt wird – eigentlich eher seit den 11.9 bzw. dem Verschicken von Umschlägen mit dem Anthrax-Erreger.
Hauptsächlich ist es die Politik die sich so häufig der naturwissenschaftlichen Terminologie bedient um u.a. Bedrohungen und terroristischen Szenarien ein besonderes Gewicht zu verleihen. Natürlich wäre da auch über den Anteil nachzudenken die den Journalisten zuzuschreiben ist, wie es Jérôme schon erwähnte wäre auch die Metapher im Journalismus ein interessanter Aspekt. Dabei wird das Virus durch die häufige Thematisierung und auch Ausschmückung eine Art Konstrukt, bekommt Eigenschaften die das Wort dann wieder mehr oder weniger verfremden.

Doch jetzt zu diesem zweiten Aspekt der Metapher und den Naturwissenschaften – denn seinerseits bedienen sich auch diese gerne dieses Mittels – und man fragt sich warum das so ist.
Vielleicht geschieht dies um überhaupt schwer zugängliche Bereiche einem breiten Publikum eher verständlich zu machen? Denn es sind insbesondere die Genetik bzw. die Molekularbiologie die sich oft Metaphern bedienen, naturwissenschaftliche Gebiete die sich erst im letzten Jahrzehnt so rasant entwickelt haben und so speziell sind, dass sie oft nicht leicht verständlich sind - vielleicht ist dies der Grund so oft zur Metapher zu greifen.

Ein schönes Beispiel ist diese Differenzierung zwischen "entziffert" und "entschlüsselt" – etwas präziser erklärt:
Es wurde darauf hingewiesen seitens der Genetiker, dass das Genom als "entziffert" betrachtet werden kann weil die chemische Struktur nun bekannt sei, aber erst wenn auch alle Funktionen vollständig erforscht wären, könnte man sagen, dass das Genom auch "entschlüsselt" sei.

Wir denken über solche Begriffe zu wenig nach, wissen eigentlich dadurch was gemeint ist und bemerken erst später, dass es sich dabei um übertragene Begriffe handelt und zwar Metaphern - und diese Worte dadurch mehr bedeuten als ein einfacher Vergleich.

Aus anderen Bereichen bedient sich die Genetik auch wenn sie über genetischen Code oder Codierung spricht, oder über Translatieren und Transkribieren.

(Aus Wikipedie: Als Transkription wird in der Genetik die Synthese von RNA anhand einer DNA als Vorlage bezeichnet).
In diesem Falle handelt es sich um Ausdrücke deren Herkunft einerseits in der Nachrichtentechnik zu finden ist - zum Teil auch intermenschliche Kommunikation allgemein bezeichnen.

Ein anderer schöner Begriff der Biologie ist die Chimäre. Der Mythologie entnommen, bezeichnet die Chimäre in den Naturwissenschaften einen Organismus, dessen Zellen sich von mindestens zwei genetisch verschiedenen Zelllinien herleiten lassen.

Das sind nur einige wenige der vielen Metaphern die in den Naturwissenschaften heute völlig integriert sind.

Nun zur Frage ob unter diesem Aspekt das Thema unter Philosophie tatsächlich seinen richtigen Platz hat. Am Anfang war ich mir darüber auch nicht ganz sicher, aber je mehr ich darüber gelesen und manchmal sogar nachgedacht(!) habe, findet die Metapher tatsächlich hier ihren Platz.
Denn die häufige Benutzung der Metaphern - nun speziell über Naturwissenschaften sprechend, hat auch einen philosophischen Aspekt.
Man warf einerseits den Naturwissenschaftlern nun vor, dass der Gebrauch dieser Art von Sprache die eigentlichen Inhalte zum Teil verfälscht oder vernachlässigt und sich zu sehr auf die Terminologie, auf das Phänomen der Sprache konzentriert. Als Folge wurde aufgezeigt, dass sogar aus fachwissenschaftlicher Sicht Missverständnisse bzw. Fehler entstehen.
Also könnte man auch sagen, dass für viele dieser Missverständnisse die Metapher als Transportmittel diente.

Doch zweitens – und das scheint mir der gravierende Punkt zu sein – entstanden dadurch auch moralische Bedenken gegen die Inhalte der Gentechnik. Und so kehrt man mehr oder weniger zu dieser überholten Ansicht zurück, dass der Mensch in den Naturwissenschaften nur das Vorhandene zu entziffern, zu entdecken hat – und nicht auch zu entschlüsseln oder zu erfinden.
Bedenklich und gefährlich scheint diese Auffassung weil dahinter leicht eine andere Aussage zu erkennen ist: die Welt und der Mensch sind Gottes Schöpfungen und der Mensch habe nicht das zu entschlüsseln was Gott verschlüsselt hat.

Doch nicht nur die Gegner, sondern auch die Befürworter der Gentechnik-mit-jedem-Preis denken an Hand ihrer Vergleiche die bis zu ungültigen Metaphern reichen, oft erstaunlich ungenau also unwissenschaftlich.

Wieder ein viel zu langer Beitrag - mir fehlt nun die Metapher dafür - vielleicht Lindwurm?

Salutations

Miriam


 
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