Diethelm 27.04.04
Zu Deinem ersten Einwand, mavaho, vom 20.04: Es ist ein charmantes Lob, dass meine Sicht zumindest für eine Hochschulvorlesung interessant sei. Daher auch:
Völkerkunde gehört wohl zu den ältesten Wissenschaften und reicht zumindest bis in die Blütezeit der Antike (Herodot, 490-430 v.Ch.). Das Interesse daran ist aber so alt wie die Menschheit selbst. Wenn man so will, ist der erste Steinzeitmensch, der am Lagerfeuer das Gelächter seiner Stammesgenossen dadurch hervorrief, dass er von den komischen und unglaublichen oder auch erschreckenden Sitten der Nachbarhorde erzählte, einer der ersten von den vielen noch folgenden Amateur-Ethnographen.
In die unbändige Erheiterung über die Absonderlichkeiten der Nachbarn, worin sich das überaus wohltuende Bewusstsein der eigenen Überlegenheit Ausdruck verlieh, mischte sich gewöhnlich auch nicht unerhebliche Furchtsamkeit, denn, kam es zu Begegnungen, wusste man nicht so recht, was vom Verhalten der anderen zu erwarten, bzw. wie man sich darauf einzustellen hatte.
Nicht von ungefähr richteten schon die antiken Ethnographen in den „Beschreibungen“ der Völker, mit denen sie Kontakt hatten, das Hauptaugenmerk auf deren "Absonderlichkeiten" (von ihnen abweichende „Gebräuche und Sitten“ = „Sittenlosigkeit“), und zwar umso mehr, je auffallender ihr Abweichen von den eigenen (guten!) „Sitten und Gebräuchen“ (nómoi, éthe) zu sehen war. … .(aus dem Vorwort von Klaus E. Müller zu „Menschenbilder früher Gesellschaften“, political incorrect würde man heute sagen, von primitiven Gesellschaften).
Dem Egozentrismus des Einzelnen entspräche ein Ethnozentrismus der Naturvolkgesellschaft. Mit der Entfernung von den zentralen Erfahrungsbereichen (gewissermaßen den Dichtezentren des Orientierungsvermögens ), die umschließen, was einzig als gut, richtig und wahr gilt, schwindet dann die Verlässlichkeit, um an der Peripherie des vertrauten Wahrnehmungsfeldes vollends einen „Nullwert" zu erreichen. Jenseits davon hebt dementsprechend eine Un-Welt an, deren fremdartigen Erscheinungsformen werden, weil den Pluswerten der Eigenweltlichkeit bereits sehr widerstreitend, als Negativgrößen begriffen, wobei die Abwertung exakt in dem Maße wächst, in dem die Abweichung zur eigenen Erfahrungswelt zunimmt, bis hin zur totalen Umkehrung. In der Sicht dieser „frühen Gesellschaften erscheinen die Gebrauchsgüter der anderen absonderlich oder komisch, ihre Verhaltensformen übertrieben, oder ungehobelt bis anormal oder gar amoralisch, ihre Anschauungen abgeschmackt, verstiegen, absurd, usw. usf. Die Menschen der sie umgebenden Völker gelten als unterentwickelt, zurückgeblieben, degeneriert, als „Wilde“ oder gar als Tiere.
Wie schon gesagt, wir sprechen hier vom Menschen früher Gesellschaften, oder political incorrect ausgesprochen, von „Primitiven“.
lg, diethelm
Zu Deinem ersten Einwand, mavaho, vom 20.04: Es ist ein charmantes Lob, dass meine Sicht zumindest für eine Hochschulvorlesung interessant sei. Daher auch:
Völkerkunde gehört wohl zu den ältesten Wissenschaften und reicht zumindest bis in die Blütezeit der Antike (Herodot, 490-430 v.Ch.). Das Interesse daran ist aber so alt wie die Menschheit selbst. Wenn man so will, ist der erste Steinzeitmensch, der am Lagerfeuer das Gelächter seiner Stammesgenossen dadurch hervorrief, dass er von den komischen und unglaublichen oder auch erschreckenden Sitten der Nachbarhorde erzählte, einer der ersten von den vielen noch folgenden Amateur-Ethnographen.
In die unbändige Erheiterung über die Absonderlichkeiten der Nachbarn, worin sich das überaus wohltuende Bewusstsein der eigenen Überlegenheit Ausdruck verlieh, mischte sich gewöhnlich auch nicht unerhebliche Furchtsamkeit, denn, kam es zu Begegnungen, wusste man nicht so recht, was vom Verhalten der anderen zu erwarten, bzw. wie man sich darauf einzustellen hatte.
Nicht von ungefähr richteten schon die antiken Ethnographen in den „Beschreibungen“ der Völker, mit denen sie Kontakt hatten, das Hauptaugenmerk auf deren "Absonderlichkeiten" (von ihnen abweichende „Gebräuche und Sitten“ = „Sittenlosigkeit“), und zwar umso mehr, je auffallender ihr Abweichen von den eigenen (guten!) „Sitten und Gebräuchen“ (nómoi, éthe) zu sehen war. … .(aus dem Vorwort von Klaus E. Müller zu „Menschenbilder früher Gesellschaften“, political incorrect würde man heute sagen, von primitiven Gesellschaften).
Dem Egozentrismus des Einzelnen entspräche ein Ethnozentrismus der Naturvolkgesellschaft. Mit der Entfernung von den zentralen Erfahrungsbereichen (gewissermaßen den Dichtezentren des Orientierungsvermögens ), die umschließen, was einzig als gut, richtig und wahr gilt, schwindet dann die Verlässlichkeit, um an der Peripherie des vertrauten Wahrnehmungsfeldes vollends einen „Nullwert" zu erreichen. Jenseits davon hebt dementsprechend eine Un-Welt an, deren fremdartigen Erscheinungsformen werden, weil den Pluswerten der Eigenweltlichkeit bereits sehr widerstreitend, als Negativgrößen begriffen, wobei die Abwertung exakt in dem Maße wächst, in dem die Abweichung zur eigenen Erfahrungswelt zunimmt, bis hin zur totalen Umkehrung. In der Sicht dieser „frühen Gesellschaften erscheinen die Gebrauchsgüter der anderen absonderlich oder komisch, ihre Verhaltensformen übertrieben, oder ungehobelt bis anormal oder gar amoralisch, ihre Anschauungen abgeschmackt, verstiegen, absurd, usw. usf. Die Menschen der sie umgebenden Völker gelten als unterentwickelt, zurückgeblieben, degeneriert, als „Wilde“ oder gar als Tiere.
Wie schon gesagt, wir sprechen hier vom Menschen früher Gesellschaften, oder political incorrect ausgesprochen, von „Primitiven“.
lg, diethelm