@giacomo. Was Du schreibst, ist wirklich der ganz normale Wahnsinn. Du glaubst, Menschen, die an Allergien und/oder Lebensmittelunverträglichkeiten leiden bilden sich das nur ein, oder sind "Hipster", die einem Trend nachlaufen. Dass Studien aber beweisen, dass mittlerweile jeder 3. daran leidet, blendest Du aus. Genau so wie die Tatsache, das die Fleischproduktion mehr zum Klimawandel "beiträgt", als z.B. das Auto fahren.
Der ernährungswissenschaftlichen Literatur zufolge haben, mit Ausnahme der Laktoseintoleranz (Deutschland: Etwa 15%), 3-5% aller Erwachsenen eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, was alles mit einschließt, auch Allergien. Eine Lebensmittelallergie haben 2% aller Erwachsenen - und sie lassen sich medizinisch beweisen, denn eine Allergie provoziert eine Immunantwort des Körpers. (1)
Also: Jeder 50. und nicht jeder 3. Keine Ahnung woher Du Deine Zahlen hast, für seriös halte ich sie jedenfalls nicht.
Dem stehen 20% gegenüber, die nach Umfragen
glauben, sie hätten eine Nahrungsmittelunverträglichkeit. (1)
Oder anders gesagt: Rund 3/4 aller Kandidaten bilden sich ihre Nahrungsmittelunverträglichkeit ein, genauso wie 90% aller Lebensmittel"allergiker".
Oder sie ernähren sich falsch, auch vegetarisch falsch, das gibt es nämlich auch.
Vor wenigen Jahren berichtete ein Chefarzt einer ernährungsmedizinischen Klinik (der Link steht mir leider gerade nicht zur Verfügung), dass die meisten Patienten, die von ihrem Hausarzt wegen Verdacht auf Laktoseintoleranz zu ihm geschickt werden, überhaupt keine Laktoseintoleranz haben. Das Hauptproblem scheint eher zu sein, dass die Patienten zu viele Ballaststoffe zu sich nehmen, und das verträgt auch nicht jeder.
Und wenn Du sagst, Veganismus ist eine "Kopfgeburt", dann hast Du recht. Denn sie benutzten ihren Kopf, bzw. den Inhalt, zum Denken und kamen zu dem Schluss, dass es ethisch und ernährungsmäßig unsinnig ist, Aas zu essen. Über diesen Entwicklungsprozess ist das Säugetier homo sapiens schon längst heraus. Aber so wie's scheint, kapiert das Dein Kopf nicht. Also kann er es auch nicht "gebären". Du hast noch nicht einmal Wehen.
Sich vegetarisch zu ernähren kann Sinn ergeben, vegan ergibt keinen.
Gleich eine ganze Reihe von essentiellen Nährstoffen sind vegan schwach oder gleich gar nicht besetzt: Die Vitamine A, B12 und D, Eisen, Zink und Kalium - um nur die wichtigsten zu nennen. Als Proteinlieferant bleibt im Prinzip nur die Sojabohne übrig, überhaupt Hülsenfrüchte, aber die Proteine sind minderwertig und verfügen nicht über die geignete Kombination essentieller Aminosäuren. Ein Ausgleich durch die Kombination verschiedener pflanzlicher Proteinlieferanten ist schwierig, die essentielle Aminosäure Lysin findet sich in nennenswerter Menge in nur wenigen pfanzlichen Lebensmitteln.
Proteine in Nüssen sind eine Milchmädchenrechnung, denn zum einen haben sie nur eine Wertigkeit von maximal 50%, vor allem aber gehen sie einher mit einem exorbitanten Fettgehalt von Nüssen (48% Cashewnuss - 73% Macadamianuss). Entweder erhält man aus Nüssen nicht viel Protein, oder man gibt sich eine Fettbombe.
An das Fehlen essentieller Nährstoffe kann sich der menschliche Körper nicht anpassen, es gibt keine "Stoffwechselanpassung".
Fehlen essentielle Nährstoffe, dann folgt immer dasselbe Schema:
1. Die Körperwerte verändern sich.
2. Es wird pathologisch.
3. Der Tod tritt ein. (1)
Man kann aber auch einfach mal die Probe auf's Exempel machen und in einem Vegetarierforum in der Suchfunktion die Stichworte "Haarausfall", "Hautprobleme" o.ä. eingeben. Man erhält mit einem Schlag ein paar Dutzend Threads, die sich genau darauf beziehen. Die Beteiligten reden es sich mit so einem medizinischen Unsinn wie "Entgiftung" oder "Stoffwechselanpassung" schön, tatsächlich handelt es sich aber um Mangelerscheinungen, die bereits auf dem Level 2 angekommen sind.
Zu geringe Aufnahmen an essentiellen Nährstoffen verteilt der Körper nicht mit der Gießkanne. Vielmehr geht der Körper in einen Überlebensmodus, er schaltet zunächst weniger wichtige Funktionen ab, Haare, Haut, Sexualfunktionen, schließlich die inneren Organe und zum Schluss die Nerven und das Gehirn. Die letzten zwei Schaltkreise sind dann übrigens irreversibel geschädigt.
Und wenn Du keinen ordentlichen Job als Koch findest, sind nicht die "Hipster" daran schuld, sondern Dein scheinbares Unvermögen neue Erkenntnisse anzunehmen und schmackhafte, ernährungswissenschaftlich wertvolle vegane Gerichte zu kochen.
Ich habe einen ordentlichen Job als Koch. In einem Restaurant - und das ist keine Diätklinik und auch kein Institut zur Verbesserung der Welt.
Und auch keine Nervenklinik.
Vegetarische Speisen, täglich wechselnd und etwa die Hälfte, bieten wir ohnehin im Standard an. Manchmal sind sie auch vegan, aber das ist dann mehr zufällig so.
Tatsächlich könnte ich auch spontan vegane Speisen anbieten, dann stelle ich eben etwas zusammen und zaubere. Kein Problem, dafür bin ich Koch. Es kommt nur nie dazu, denn die veganen Gäste im Mittagsgeschäft lassen mich ein solches individuelles Gericht gar nicht erst vorschlagen. Sie machen einfach auf dem Absatz kehrt und sind bockig.
Es geht mir auch nicht primär um vegan oder nicht vegan.
Sondern vielmehr darum, dass heutzutage ein
jeder meint, aus ganz unterschiedlichen weltanschaulichen, medizinischen oder religiösen Gründen eine Art Rechtsanspruch auf ein bestimmtes Speisenangebot zu haben. Eine Speisenkarte lässt sich aber nicht endlos ausweiten, respektive ist das dann qualitätsmindernd, und man kann auch nicht für jeden seine Extrawurst kochen. Zumal dann nicht, wenn in einer Gruppe von Gästen jeder mit seinen eigenen Befindlichkeiten daher kommt und auf sein persönliches Ding pocht.
Ein gastronomisches Angebot ist immer von einer Art Konsens abhängig, und wenn ein jeder Gast meint, dies und das und jenes nicht essen zu können und jeder hat dann sein persönliches Ding: Dann bleibt leider nichts mehr übrig, was in den Speisen noch enthalten sein kann.
Die Unverträglichkeit von Gluten, die Zöliakie, hat lt. der ernährungswissenschaftlichen Literatur einen Umfang von 0.5-1% der Bevölkerung. (1)
Das ist dann jeder 100-200. Gast ... das entspricht aber nicht dem Eiertanz, den viele Gäste heutzutage ums Gluten zu machen. Vielmehr handelt es sich um Hirnfürze um einen an sich ganz normalen und wertvollen Lebensmittelinhalt, Weizenprotein eben.
Die Laktoseintoleranz betrifft an sich nur Frischmilch oder Sahne. Sauermilchprodukte, Käse usw. enthalten das zur Verdauung notwendige Enzym Laktase (die Milchsäurebakterien produzieren es) und es kommt auch genau da an, wo es der Körper braucht, im Dünndarm. Daher werden diese Lebensmittel auch bei Laktoseintoleranz i.d.R. problemlos vertragen.
Es gibt das alles, das gab's schon immer - aber nicht in der Zahl und Dimension, wie die Leute schauspielern, bei weitem nicht.
Bei religiösen Befindlichkeiten ist es im Grunde ähnlich.
In meinen Augen ist das reine Erbsenzählerei, denn beschäftigt man sich mal mit dem Islam, dann gibt diese Religion diese gelebte Absolutheit des Schweinefleischverbots gar nicht her. In bestimmten Situationen ist es aufgehoben, Notsituationen, aber auch: Man ist als Muslim bei Schriftbesitzern (Juden, Christen) eingeladen.
Es gibt die "5 Säulen des Islam", die Dinge, die jeder Muslim tun muss (Almosen geben, 5x am Tag beten, Freitags Moscheebesuch, Pilgerfahrt nach Mekka, Ramadan). Man sieht: Da sind etwaige Speisenge- oder -verbote noch gar nicht enthalten ... und, macht er das alles, der ach so gläubige muslimische Gast?
Tatsächlich hatte ich in einer Bedürftigenspeisung Mittags während des Ramadan muslimische Gäste, die auf ihnen konforme Speisen bestanden. Okay: Da befindet sich jemand in einer Notsituation (sonst wäre er nicht da), ist bei Christen eingeladen, alles also gleich 2x aufgehoben. Und isst tagsüber während des Ramadan, was der an sich wichtigere Aspekt ist, was er eigentlich gar nicht darf. Und besteht, unter Bezugnahme auf seine Religion, an die er sich nicht hält, auf ein halal Essen.
Scheinheiliger geht's nimmer!
Die Leute übertragen im Grunde gesellschaftliche Probleme und Fragen auf das Essen - und das sind dann die Hirnfürze, die dabei heraus kommen. Und meistens werden sie dabei zu Erbsenzählern und Dogmatikern und oft ohne Sinn und Verstand. Da diskutieren Muslime in einschlägigen Foren darüber, ob Weinessig Alkohol enthält (nein, dafür enthält jede Banane von Natur aus Alkohol) und Veganer, ob es eine Antibabypille ohne Milchzucker gibt. Leder ist die Haut von Tieren, aber niemand züchtet Tiere nur wegen des Leders (es mag Ausnahmen geben). Vielmehr ist Leder ein "Abfallprodukt" der Fleischproduktion. Der Dogmatiker vermeidet also Leder, weil
andere Fleisch essen, denn das Tier wird weder für das Leder gezüchtet noch dafür getötet.
Veganer meiden Honig als tierisches Produkt, doch die Nachfrage nach der Mandel steigt. Die kommt aus den USA (Kalifornien, 85% der Welternte) und zur Bestäubung der Mandelplantagen werden jährlich gleich 1.5 Millionen Bienenvölker regelrecht verheizt. Nur zur Bestäubung im Übrigen, denn reiner Mandelhonig ist unergiebig und ungenießbar. Deutscher Honig hingegen kommt meist von kleineren Imkern, die sich liebevoll um ihre Völker kümmern. Ach so?
Der Imker, der ist dann der Bienenausbeuter, aber die Mandel, für deren Produktion man Bienenvölker eigens züchtet, verheizt und das dann noch im großen Stil: Das ist dann vegan!
(1) Elmadfa/Leitzmann, Ernährung des Menschen, 6. Auflage, 2019