• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Denkinhalt und Denkform

Jacques schrieb:
Es bleibt nichts anderes übrig, als den Text, den sie uns darbietet, poetisch (soll heissen: im Prozess des Hervorbringens, transitiv und intransitiv) zu hinterfragen, was bedeutet, dass die Aufgabe des Übersetzens wahrzunehmen ist
Ich lasse mich von einer Kosten-Nutzen-Erwartung leiten, auch in der Diskussion: Ich steige in eine anstrengende Textanalyse ein, wenn ich eine entsprechende Erkenntniserwartung habe. Wenn ich keine habe, sondern mich im Gegenteil ein wenig an der Nase herum geführt fühle und/oder nur das Opfer von Eitelkeiten werden soll, dann gehe ich eben frohen Mutes in einen anderen Thread. :)

Gysi
 
Werbung:
Hallo!

Ich will mal versuchen, vom Allgemeinen aufs Spezielle zu kommen, ohne Gewähr:
Jaques postuliert einen Primat der Form über den Inhalt, wenn ich es recht verstehe. Desweiteren schiebt er das Problem dem Rezipienten zu: Seine Forderung nach Verständlichkeit verneint das Primat der Form und streitet ab, dass im Endeffekt ALLES Überreden, alles Rhetorik ist (Etwas vereinfachende Gleichsetzung von Rhetorik und Überreden jetzt mal angenommen.)
Dazu ergänzt die Systemtheorie: Der Sinn von Kommunikation ist in der Tat die Anschlussfähigkeit. Die Vermittlung von Inhalten ist sozusagen ein Spezialfall und einiges davon entfernt, was die Funktion von Kommunikation in "Urzeiten" sozusagen war; nämlich zu vermeiden, dass jemand ausgeschlossen würde.
Und ganz wichtig: Kommunikation funktioniert auch ohne gegenseitiges Verstehen (ganz unironisch gesagt...)
DIe Forderung nach Verständlichkeit könnte also ein typisch moderne wenn nicht postmodernes Phänomen sein, mindestens in dem Sinn, dass von Politkern, Wissenschaftlern usw. gefordert wird, sie sollen sich verständlich ausdrücken, Klartext reden. So etwas kann in einer noch geschichteten, vormodernen Gesellschaft kaum vorgekommen sein, denn da sorgten Schichtgrenzen dafür, dass man von Verständnis ausgeschlossen wurde. Man musste höchstens Anordnungen und Befehle verstehen.
In unserer Zeit schlägt nun der Spezialdiskurs der Philosophie sozusagen in den Alltag bis in dieses Forum hinein. Auch die mediale Präsenz von Intellektuellen und Politkern fordert Ärger und Verständnisforderungen heraus.

@Coeur froid: Ich kann mir die von dir beschriebenen Phänomene gut vorstellen. Das Dilemma ist aber nicht aufzulösen. Das Funktionssystem der Wissenschaft definiert sich laut Systemtheorie über die Grunddifferenz Wahrheit/Nicht-Wahrheit. Um dies Differenz herum hat die Wissenschaft (und die Philosphie) Programme und Codes gebaut. Nicht nur, um der Wahrheit immer besser gerecht zu werden; sondern auch, um sich selbst als System zu legitimieren (dass der Wahrheit damit dennoch nicht grundsätzlich auf die Spur gekommen werden kann, wissen auch die meisten WIssenschaftler), also abzugrenzen. Wenn dieser Abgrenzung nun ein Vorrang eingeräumt wird (Abgrenzung auf Exklusivität komm raus), ähnelt Wissenschagft plötzlich der Religion; man mystifiziert durch Komplexität, geheimnisvolle Sprache usw, nur damit man weiterhin zur wissenschaftlichen Priesterschaft gehört. Witzig, dass bei Gysis Beitrag auch der Begriff "Predigt" dann auftaucht. Sehr interessant.
Man kann gegen die Wissenschaftspriester schlecht angehen, denn wenn man dies thematisiert, können sie leicht behaupten, es diene der Wahrheit oder man wolle das eigene Eingeständnis des Nicht-Verstehens (siehe Jacques) durch persönliche Angriffe umgehen. Und das Schlimme: Sie könnten Recht haben...

Soweit erstmal. Im Alltäglichen kann man den Primat der Anschlussfähigkeit natürlich so übersetzen, wie bei Jérôme: Ich versuche auch, mich auf den Gesprächspartner, bzw, auf den in einer Diskussion vorherrschenden "Code" einzustellen; auch will ich dabei stilistisch ab und zu glänzen, aus Eitelkeit oder Identität auch wenn ich riskiere, dann mal niocht verstanden zu werden. Aber es hilft schon, wenn das Bemühen um Verständlichkeit erkennbar ist (Was ja auch wieder eine Art Code ist).

So, ich muss arbeiten, Fortsetzung folgt vielleicht...
 
Zurück
Oben