Ich bezog mich nicht darauf, was wir davon halten, dass der Süchtige seine Sucht befriedigt, sondern auf die Beweggründe des Süchtigen. Deshalb sah ich keine Moral im Spiel.
Passt ja auch, ich sah nur seitens Soraya die Begriffe rational-irrational mit gut-schlecht im moralischen Kontext vermischt.
Dem Drogensüchtigen ist vermutlich seine Gesundheit genauso wichtig, wie jedem anderen auch, seine körperliche Abhängigkeit hindert ihn jedoch daran, auf seine Gesundheit Rücksicht zu nehmen. Er wäre gern vernünftig, aber er kann es nicht.
"Er wäre gerne vernünftig" bringt das Problem, das ich bei dir sehe, auf den Punkt.
Wieso ist es vernünftiger, lange und gesund zu leben als kurz und in Saus und Braus ?
Du magst es für vernünftiger halten, aber du wertest ja nach deinen persönlichen Maßstäben. Deine Maßstäbe müssen aber für niemand anderen Relevanz haben.
Und wie vernünftig wäre es, nach den Maßstäben eines anderen zu leben ?
Vernünftig ist ein Drogenfreies Leben, wenn man die Vorteile so eines Lebens höher bewertet als die Nachteile. Diese Abwägung muss aber ein jeder für sich selbst treffen.
Was vernünftig erscheint oder nicht, hängt von der Perspektive und von den Prioritäten ab.
Es kann sowohl vernünftig sein, sein ganzes Geld immer sofort auszugeben, aber es kann auch vernünftig sein, sparsam zu sein.
Beide Wege haben Vor- und Nachteile. Wer sein Geld immer gleich ausgibt hat den Vorteil, dass er kein Geld ungenutzt lässt. Aber er läuft Gefahr keines zu haben, wenn er mal dringend eines braucht. Wer spart hat zwar immer einen Sicherheitspolster läuft aber Gefahr, dass er eines Tages mal stirbt und daher nie dazu gekommen ist, das gesparte Geld auszugeben. Je nachdem, was einem wichtiger ist, ist mal das Eine, mal das Andere vernünftiger.
Wir sind aber in unserer egozentrischen Sicht dazu geneigt, lediglich die Sparsamkeit als vernünftig zu bezeichnen, weil uns weitgehend das Sicherheitspolster wichtiger ist als die Sicherheit, auch all sein Geld zeitlebens ausgegeb zu können. Aber, nur weil von der Mehrheit geteilt wird eine Ansicht dadurch noch nicht faktisch richtig. Und es handelt sich ja lediglich um eine Ansicht und nicht um ein Faktum.
Inhaltlich vielleicht nicht, aber um am Ziel auch als Vernunft dastehen zu können schon. Eine zunächst vernünftige Entscheidung braucht auch Glück, damit die Einflussfaktoren im Laufe ihrer Umsetzung zu ihrem Gunsten auftreten.
Hier vermischst du rational-irrational mit richtig-falsch. Aber, die Vernunft in der Entscheidung ein Lotterielos zu kaufen ist doch unabhängig davon, ob das Los gewinnt oder nicht !
Und doch sind Menschen dazu geneigt Entscheidungen, die sich nachfolgend durch Glück als vorteilhaft erwiesen haben, als "vernünftig" zu bezeichnen - und im Gegenzug Entscheidungen, die sich durch Pech nachfolgend als nachteilig erwiesen haben als "unvernünftig". Das halte ich aber für unzulässig.
Ich habe keine persönlichen Erfahrungen mit Drogensüchtigen, aber von dem, was ich von einem Apotheker in meinem Bekanntenkreis höre, diejenigen, die in seiner Apotheke auftauchen, machen keinen besonders arbeitstüchtigen Eindruck.
Ja, wie auch bei Alkoholikern gibt es Menschen, denen man ihre Sucht ansieht, und die auch arbeitsunfähig sind. Den meisten aber, so glaube ich, kennt man Ihre Sucht nicht an.
Auch halte ich die Süchtigen die in der Apotheke auftauchen, nicht für eine repräsentative Teilmenge aller Drogensüchtigen.
Früher gab es auch hier Kneipen, in denen ähnliche Luftverhältnisse herrschten. Heute muss man sehr weit fahren, um Suizid durch Atemhalten oder zehn Minuten tief einatmen zu begehen.
Es reicht der Versuch, einmal 10 Minuten den Atem anzuhalten. Unter ärztlicher Aufsicht, sodass in keinem Fall gesundheitliche Schäden auftreten können und in der Aussicht auf eine Milliarde Euro Belohnung, wenn man es schafft. Wäre also vernünftig, das zu tun. Und dennoch, jeder wird darin scheitern.
Stimmt. Das sind die Momente, wo er sagt: morgen höre ich auf.
Das sind die Momente, in denen die Prioritäten anders liegen und deinen ähnlich werden. Daher erscheinen sie dir vernünftig.
Ist ja gut! Der Punkt geht an dich, ich bin ja nicht so!
Das ist erfreulich, denn das ist ja meine Kernaussage.
Bettentzug geht ins Kreuz.
Pardon ?