Chris M
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- 2. November 2014
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Ohne Fühlen will ich trauen.
Diese Worte hörte ich gestern in einem Vortrag bei YouTube. Ich fand sie sehr inspirierend, weil sie für mich persönlich und andere Menschen meines Schlages einen sehr praktischen Nutzen haben. Ich bin nämlich ein "Kontrollfreak" sowohl im alltäglichen Leben als auch bei den höheren Themen. Ich versuche immer, die Dinge ganz zu erfassen, sie verstandesmäßig so klar wie möglich einzuordnen, ich erstelle viele "gedankliche Listen" und ähnliches, mit denen ich arbeite.
Doch schon seit langem ist mir klar, dass diese verkrampfte Herangehensweise den natürlichen Flow des Universums nur unterbrechen und stören kann, dennoch ist es schwierig, davon abzulassen. Vielleicht ist die wahre Bedeutung des Worts Sünde, welches heute nicht mehr gerne gehört wird, dass man aus Eigensinn gegen die Gesetze des Universums handelt, obwohl man es besser weiß. Und obwohl man sich diese Eigenschaften gerne abgewöhnen würde, wird dies durch Trägheit und Vergesslichkeit immer weiter hinausgeschoben.
Jed McKenna ist einer der größten Skeptiker aller Zeiten. Und dennoch ist sein Skeptizismus für mich von Anfang an konstruktiv gewesen. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen McKenna und allen anderen Skeptikern, die ich gelesen habe (vor allem Emil Cioran), dass er trotz seines Hinterfragens immer konstruktiv bleibt, weil der rote Faden, der sich durch sein Zertrümmern zieht, am Ende zu einem goldenen Faden wird, der etwas neues errichtet.
Laut McKenna ist alles, was geschieht, richtig. Und seiner eigenen Aussage nach ist dies seine gefühlte Wirklichkeit. Da alles, was geschieht auch die abartigsten Verbrechen und ähnliches beinhaltet, kann ich die Aussage, dass alles, was geschieht, richtig sei, weder verstandesmäßig noch von meinem Gefühl her, unterschreiben. Im Gegenteil, sowohl Verstand als auch Gefühl lehnen sich gegen diese Ansicht auf.
Aber vielleicht sollte man einfach in einer kleineren Liga anfangen. Ich zitiere dazu aus meiner Erinnerung den großartigen österreichischen Schriftsteller Thomas Bernhard, der in einem Interview sinngemäß sagte, dass die Welt für ihn in Ordnung sei, solange er hier in einem Strandlokal sitzt und seinen Kaffee trinkt und Kuchen isst, aber:
"Zum Schluss kommt der Kellner und man muss die Rechnung zahlen, und dann regt man sich im Grunde schon wieder auf. Dann will man über die Straße gehen, aber es kommt ein Auto und man fragt sich: Muss da gerade jetzt, wenn ich über die Straße will, ein Auto kommen...".
Ich weiß nicht wie stark verbreitet eine solche Überempfindlichkeit gegen die kleinen Unannehmlichkeiten des alltäglichen Lebens ist, aber ich kenne sie definitiv von mir selber und anderen. Ich bin manchmal schon eine halbe Stunde nach dem Aufstehen am Limit, spätestens aber nach drei bis vier Stunden. Man verwendet den Ausdruck, dass einem etwas auf die Nerven geht, heutzutage eher als Redewendung, aber ich und viele andere wissen definitiv, wie es ist, wenn einem die Widrigkeiten des Daseins buchstäblich auf die Nerven gehen, weil man ein viel zu dünnes Nervenkostüm hat.
Hierbei stellt sich natürlich die Frage, inwieweit dieses spezielle Problem ein First World Problem ist. Aber generell neigen die Menschen doch dazu, ständig mit einem gesetzten So soll es sein im Kopf herumlaufen und einem gleichzeitigen Aber es ist nicht so, sondern anders.
Alle politischen und gesellschaftlichen Debatten kann man mit dem Argument beiseite wischen, dass man, wenn man Probleme aufzeigt, immer nur den normalen Zustand beschreibt, denn es wird immer Probleme geben und gäbe es keine Probleme mehr, dann wäre die Abwesenheit von Problemen das Problem, und die Menschen würden aus Langeweile neue Probleme erschaffen (was ja heute schon der Fall ist, siehe Streitsuche in Social Media und ähnlichem).
Also, zurück zum inspirierenden Anfangszitat:
Ohne Fühlen will ich trauen.
Ich glaube nicht, dass es für mich und ähnlich gestrickte Menschen jemals, oder zumindest nicht in absehbarer Zeit, möglich sein wird, ein gefühltes Vertrauen in die Richtigkeit der Dinge zu erlangen. Aber vielleicht sollte der neue Ansatz sein, dem Universum zu trauen, ohne es zu fühlen. Vielleicht schafft man auf diese Art langfristig eine Basis, auf der dann im Idealfall doch irgendwann ein gefühltes Vertrauen möglich sein wird.
Diese Worte hörte ich gestern in einem Vortrag bei YouTube. Ich fand sie sehr inspirierend, weil sie für mich persönlich und andere Menschen meines Schlages einen sehr praktischen Nutzen haben. Ich bin nämlich ein "Kontrollfreak" sowohl im alltäglichen Leben als auch bei den höheren Themen. Ich versuche immer, die Dinge ganz zu erfassen, sie verstandesmäßig so klar wie möglich einzuordnen, ich erstelle viele "gedankliche Listen" und ähnliches, mit denen ich arbeite.
Doch schon seit langem ist mir klar, dass diese verkrampfte Herangehensweise den natürlichen Flow des Universums nur unterbrechen und stören kann, dennoch ist es schwierig, davon abzulassen. Vielleicht ist die wahre Bedeutung des Worts Sünde, welches heute nicht mehr gerne gehört wird, dass man aus Eigensinn gegen die Gesetze des Universums handelt, obwohl man es besser weiß. Und obwohl man sich diese Eigenschaften gerne abgewöhnen würde, wird dies durch Trägheit und Vergesslichkeit immer weiter hinausgeschoben.
Jed McKenna ist einer der größten Skeptiker aller Zeiten. Und dennoch ist sein Skeptizismus für mich von Anfang an konstruktiv gewesen. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen McKenna und allen anderen Skeptikern, die ich gelesen habe (vor allem Emil Cioran), dass er trotz seines Hinterfragens immer konstruktiv bleibt, weil der rote Faden, der sich durch sein Zertrümmern zieht, am Ende zu einem goldenen Faden wird, der etwas neues errichtet.
Laut McKenna ist alles, was geschieht, richtig. Und seiner eigenen Aussage nach ist dies seine gefühlte Wirklichkeit. Da alles, was geschieht auch die abartigsten Verbrechen und ähnliches beinhaltet, kann ich die Aussage, dass alles, was geschieht, richtig sei, weder verstandesmäßig noch von meinem Gefühl her, unterschreiben. Im Gegenteil, sowohl Verstand als auch Gefühl lehnen sich gegen diese Ansicht auf.
Aber vielleicht sollte man einfach in einer kleineren Liga anfangen. Ich zitiere dazu aus meiner Erinnerung den großartigen österreichischen Schriftsteller Thomas Bernhard, der in einem Interview sinngemäß sagte, dass die Welt für ihn in Ordnung sei, solange er hier in einem Strandlokal sitzt und seinen Kaffee trinkt und Kuchen isst, aber:
"Zum Schluss kommt der Kellner und man muss die Rechnung zahlen, und dann regt man sich im Grunde schon wieder auf. Dann will man über die Straße gehen, aber es kommt ein Auto und man fragt sich: Muss da gerade jetzt, wenn ich über die Straße will, ein Auto kommen...".
Ich weiß nicht wie stark verbreitet eine solche Überempfindlichkeit gegen die kleinen Unannehmlichkeiten des alltäglichen Lebens ist, aber ich kenne sie definitiv von mir selber und anderen. Ich bin manchmal schon eine halbe Stunde nach dem Aufstehen am Limit, spätestens aber nach drei bis vier Stunden. Man verwendet den Ausdruck, dass einem etwas auf die Nerven geht, heutzutage eher als Redewendung, aber ich und viele andere wissen definitiv, wie es ist, wenn einem die Widrigkeiten des Daseins buchstäblich auf die Nerven gehen, weil man ein viel zu dünnes Nervenkostüm hat.
Hierbei stellt sich natürlich die Frage, inwieweit dieses spezielle Problem ein First World Problem ist. Aber generell neigen die Menschen doch dazu, ständig mit einem gesetzten So soll es sein im Kopf herumlaufen und einem gleichzeitigen Aber es ist nicht so, sondern anders.
Alle politischen und gesellschaftlichen Debatten kann man mit dem Argument beiseite wischen, dass man, wenn man Probleme aufzeigt, immer nur den normalen Zustand beschreibt, denn es wird immer Probleme geben und gäbe es keine Probleme mehr, dann wäre die Abwesenheit von Problemen das Problem, und die Menschen würden aus Langeweile neue Probleme erschaffen (was ja heute schon der Fall ist, siehe Streitsuche in Social Media und ähnlichem).
Also, zurück zum inspirierenden Anfangszitat:
Ohne Fühlen will ich trauen.
Ich glaube nicht, dass es für mich und ähnlich gestrickte Menschen jemals, oder zumindest nicht in absehbarer Zeit, möglich sein wird, ein gefühltes Vertrauen in die Richtigkeit der Dinge zu erlangen. Aber vielleicht sollte der neue Ansatz sein, dem Universum zu trauen, ohne es zu fühlen. Vielleicht schafft man auf diese Art langfristig eine Basis, auf der dann im Idealfall doch irgendwann ein gefühltes Vertrauen möglich sein wird.