AW: Das wachsende Problem des Welthungers - und die Biosprit-Pläne
Ich würde gerne wissen, chère Miriam, woher Du bzw. Heidemarie Wieczorek-Zeul weiss, dass 30 - 70% der Teuerung durch den Anbau der Pflanzen für Agrarkraftstoffe verursacht werden. Wieviel sind es? 30, 50, 70 oder ist es je nach Pflanze, je nach Land oder ganz einfach 'keine Ahnung', aber das schlechte oder fehlende Gewissen der westlichen Welt sollte sich wieder regen? -was ich nicht mal unbedingt negativ meine
(Agrarkraftstoffe deshalb, weil 'Bio-Sprit, Öko-Diesel etc. grösstenteils irreführende Bezeichnungen sind. Nur die Agrarkraftstoffe der 2. Generation verdienen diese Bezeichnung, wie man heute weiss.)
Ich frage danach, weil bei diesen Zahlen fast kein Spielraum mehr für andere sehr wesentliche Faktoren, dieser, wie Du selber sagst 'sehr komplexen Problematik' der Teuerung bleibt!
Die hohen und immer noch steigenden Ölpreise verteuern massgeblich die Produktion von Grundnahrungsmitteln. Die Ölpreise steigen u.a., weil der Dollarkurs so anhaltend geschwächt ist, was wieder auf die Banken- und Kreditsektorkrise zurückzuführen ist. (Auch die Unterstützung der armen Länder ist dadurch teuerer geworden. Das Welternährungsprogramm der UNO hat 50% mehr Kosten als noch vor einem Jahr.)
Der Möglichkeit, Grundnahrungsmittel auf den Börsen zu handeln, führt zu Spekulationen, u.a. auch zu Spekulationen mit Agrarkraftstoffen, was die Verknappung noch steigert.
Die staatlichen Lagerbestände sind weltweit auf einem Rekordtief, d.h. die Länder verfügen über zu wenig Reserven, um die Krise zu mildern, und die einheimischen Händler halten z.T. ihre Lagerbestände zurück, um noch höhere Preise zu erzielen.
China, Indien, Indonesien und Vietnam haben Export-Stopp verhängt bzw. Kürzungen der Exporte vorgenommen, um die Preise für ihre Bevölkerung stabiler zu halten. Dies führt aber z.B. zu Rekordpreisen für Reis und Mais auf dem Weltmarkt und sollte noch Ukraine einen Weizen-Export-Stopp beschliessen, würde sich die Lage noch wesentlich verschlechtern.
Man stelle sich nur vor, dass Haiti indonesischen Reis kauft, weil die Produktion im eigenen Land teuerer ist, sie wird nicht mehr gefördert. Indonesien setzt aber neben dem traditionellen Reis auf Anbau der Ölpalme für 'Öko'-Diesel, auf riesigen Flächen, für die es einerseits die Klein-Bauer(Selbstversorger) enteignet und andererseits die Torfwälder zerstört.
In Indonesien wird, u.a. dadurch, die Versorgung prekär, Export-Stopp folgt, in Haiti herrscht Hungersnot - etwas vereinfacht, entspricht aber den Tatsachen. Natürlich bedauere ich es sehr, lasse mir aber nicht mal ein schlechtes Gewissen einreden, weil ich kein besonders schlechtes Gewissen habe!
Der Westen ist natürlich nicht unschuldig, aber die Darstellung der übergrossen (Mit)Schuld des Agrarkraftstoffes, der EU-Agrarsubventionen und des Westens generell, impliziert automatisch unsere fehlende Moral oder fehlendes Gewissen und unsere Verantwortung ohne die Schwellenländer in die Pfllicht zu nehmen, ohne die generelle Frage der Unschuld der Betroffenen und ihrer Regierungen in Frage zu stellen, und ohne die heutigen Zustände etwas differenzierter in den strukturellen aber auch kulturellen Begebenheiten der einzelnen Länder zu suchen.
Pardon!, aber das alles ist noch sehr viel komplizierter. Der schon erwähnte Einfluss der multinationalen Konzerne auf die Agrarwirtschaft, die Abhängigkeit von Importen, die wachsende Nachfrage, die veränderten Ernährungsgewohnheiten, die zunehmende Verstädtung in den armen Ländern, unser Konsumverhalten und dann die Umsetzung der Forderung, lokale Märkte zu stärken und die Nähe vom Produzenten zum Konsumenten zu fördern - in einer globalisierten Welt (-grins) etc.
Zwar werden in den USA bereits auf ca. 16% der Agrarfläche Benzinersatzstoffe angebaut, aber es wird weiter nach sinnvolleren und ökologischern Energieformen gesucht, denn die Agrarstoffe können das Energieproblem nicht lösen und auch die in der EU beschlossene Zumischung ist wenig sinnvoll.
Es wird uns nicht erspart bleiben, weiter auf die Atomkraft zu setzen. Aber auch nicht ersprart bleiben, Energie zu sparen.
Da sitzen wir also alle bequem im Sessel vor dem PC oder/und Fernseher, empören uns und was lassen wir uns wegnehmen, um es den Hungernden zu geben? Etwa den PC?
Wäre schade, denn es könnte uns die Meldung entgehen, dass die 'verfluchten' USA eine Soforthilfe von 200 Mio. $ zur Verfügung stellten als UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zur Abwehr der Krise umfassende int. Anstrengungen verlangte und der Präsident der Weltbank, R. Zoellick, alle Regierungen aufforderte, bis zum 1. Mai für das UN-Ernährungsprogramm 500 Mio. $ bereitzustellen.
Grüsse
Jérôme
Was mich aber am meisten erbost hat bei dieser komplexen Problematik ist, dass man sich in der letzten Zeit so viel mit der Gewinnung von Biosprit befasst hat. Der Welthunger, das Hungersterben nimmt zu in Ländern die wir noch immer mit unserer Arroganz "die dritte Welt" nennen – aber man befasst sich weiterhin mit dem Anbau von Pflanzen die nur zur Gewinnung von Biosprit gedacht sind.
Man weiß mittlerweile, dass 30 bis 70 Prozent der Verteuerung der Nahrungsmitteln, durch den Anbau von Pflanzen für Kraftstoffe verursacht wird.
Dies also die Sorgen der Industrieländer – während in der Dritten Welt Menschen den grausamen Hungertod sterben!
Ich würde gerne wissen, chère Miriam, woher Du bzw. Heidemarie Wieczorek-Zeul weiss, dass 30 - 70% der Teuerung durch den Anbau der Pflanzen für Agrarkraftstoffe verursacht werden. Wieviel sind es? 30, 50, 70 oder ist es je nach Pflanze, je nach Land oder ganz einfach 'keine Ahnung', aber das schlechte oder fehlende Gewissen der westlichen Welt sollte sich wieder regen? -was ich nicht mal unbedingt negativ meine
(Agrarkraftstoffe deshalb, weil 'Bio-Sprit, Öko-Diesel etc. grösstenteils irreführende Bezeichnungen sind. Nur die Agrarkraftstoffe der 2. Generation verdienen diese Bezeichnung, wie man heute weiss.)
Ich frage danach, weil bei diesen Zahlen fast kein Spielraum mehr für andere sehr wesentliche Faktoren, dieser, wie Du selber sagst 'sehr komplexen Problematik' der Teuerung bleibt!
Die hohen und immer noch steigenden Ölpreise verteuern massgeblich die Produktion von Grundnahrungsmitteln. Die Ölpreise steigen u.a., weil der Dollarkurs so anhaltend geschwächt ist, was wieder auf die Banken- und Kreditsektorkrise zurückzuführen ist. (Auch die Unterstützung der armen Länder ist dadurch teuerer geworden. Das Welternährungsprogramm der UNO hat 50% mehr Kosten als noch vor einem Jahr.)
Der Möglichkeit, Grundnahrungsmittel auf den Börsen zu handeln, führt zu Spekulationen, u.a. auch zu Spekulationen mit Agrarkraftstoffen, was die Verknappung noch steigert.
Die staatlichen Lagerbestände sind weltweit auf einem Rekordtief, d.h. die Länder verfügen über zu wenig Reserven, um die Krise zu mildern, und die einheimischen Händler halten z.T. ihre Lagerbestände zurück, um noch höhere Preise zu erzielen.
China, Indien, Indonesien und Vietnam haben Export-Stopp verhängt bzw. Kürzungen der Exporte vorgenommen, um die Preise für ihre Bevölkerung stabiler zu halten. Dies führt aber z.B. zu Rekordpreisen für Reis und Mais auf dem Weltmarkt und sollte noch Ukraine einen Weizen-Export-Stopp beschliessen, würde sich die Lage noch wesentlich verschlechtern.
Man stelle sich nur vor, dass Haiti indonesischen Reis kauft, weil die Produktion im eigenen Land teuerer ist, sie wird nicht mehr gefördert. Indonesien setzt aber neben dem traditionellen Reis auf Anbau der Ölpalme für 'Öko'-Diesel, auf riesigen Flächen, für die es einerseits die Klein-Bauer(Selbstversorger) enteignet und andererseits die Torfwälder zerstört.
In Indonesien wird, u.a. dadurch, die Versorgung prekär, Export-Stopp folgt, in Haiti herrscht Hungersnot - etwas vereinfacht, entspricht aber den Tatsachen. Natürlich bedauere ich es sehr, lasse mir aber nicht mal ein schlechtes Gewissen einreden, weil ich kein besonders schlechtes Gewissen habe!
Der Westen ist natürlich nicht unschuldig, aber die Darstellung der übergrossen (Mit)Schuld des Agrarkraftstoffes, der EU-Agrarsubventionen und des Westens generell, impliziert automatisch unsere fehlende Moral oder fehlendes Gewissen und unsere Verantwortung ohne die Schwellenländer in die Pfllicht zu nehmen, ohne die generelle Frage der Unschuld der Betroffenen und ihrer Regierungen in Frage zu stellen, und ohne die heutigen Zustände etwas differenzierter in den strukturellen aber auch kulturellen Begebenheiten der einzelnen Länder zu suchen.
Pardon!, aber das alles ist noch sehr viel komplizierter. Der schon erwähnte Einfluss der multinationalen Konzerne auf die Agrarwirtschaft, die Abhängigkeit von Importen, die wachsende Nachfrage, die veränderten Ernährungsgewohnheiten, die zunehmende Verstädtung in den armen Ländern, unser Konsumverhalten und dann die Umsetzung der Forderung, lokale Märkte zu stärken und die Nähe vom Produzenten zum Konsumenten zu fördern - in einer globalisierten Welt (-grins) etc.
Zwar werden in den USA bereits auf ca. 16% der Agrarfläche Benzinersatzstoffe angebaut, aber es wird weiter nach sinnvolleren und ökologischern Energieformen gesucht, denn die Agrarstoffe können das Energieproblem nicht lösen und auch die in der EU beschlossene Zumischung ist wenig sinnvoll.
Es wird uns nicht erspart bleiben, weiter auf die Atomkraft zu setzen. Aber auch nicht ersprart bleiben, Energie zu sparen.
Da sitzen wir also alle bequem im Sessel vor dem PC oder/und Fernseher, empören uns und was lassen wir uns wegnehmen, um es den Hungernden zu geben? Etwa den PC?
Wäre schade, denn es könnte uns die Meldung entgehen, dass die 'verfluchten' USA eine Soforthilfe von 200 Mio. $ zur Verfügung stellten als UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zur Abwehr der Krise umfassende int. Anstrengungen verlangte und der Präsident der Weltbank, R. Zoellick, alle Regierungen aufforderte, bis zum 1. Mai für das UN-Ernährungsprogramm 500 Mio. $ bereitzustellen.
Grüsse
Jérôme
Zuletzt bearbeitet: