Quantentheorie für schwäbische Hausfrauen.
Ellemaus schrieb:
Hier gehe ich aber lieber mit Hegel, Nietzsche, Wittgenstein
und C.F. v. Weizsäcker
...
Eine Physikerin aus dem CERN hat erst kürzlich in einer TV-Diskussion
erneut darauf hingewiesen, dass Esoterik-Scharlatane immer öfter versuchen,
ihre krausen Konzepte mit Begriffen aus der Quantentheorie auszuschmücken,
diese Begriffe dabei aber völlig falsch deuten.
Offenbar verbinden die Esoterik-Scharlatane damit die Hoffnung,
dass sich schwäbische Hausfrauen zu rund 99 Prozent von Ausdrücken wie
"Kollaps der Wellenfunktion" oder "Superposition" dermaßen stark beeindrucken
lassen, dass sie nicht weiter nachfragen, was das konkret bedeutet.
Deshalb möchte ich jetzt versuchen, am Beispiel des Würfelns
eine leichtverständliche Übersetzung für diese Begriffe zu bringen.
Ein Würfel hat bekanntlich 6 Flächen, deshalb ist die Wahrscheinlichkeit,
dass bei einem Wurf eine bestimmte Fläche oben zu liegen kommt,
bei einem homogenen Würfel genau 1/6.
Das gilt für jede der 6 Flächen, d.h.
vor dem Würfeln
sind die Wahrscheinlichkeiten für alle 6 Flächen gleich groß.
Sobald nun der Würfel gefallen ist, steht fest, welche der 6 Flächen oben liegt,
und die Wahrscheinlichkeiten für die restlichen 5 Flächen werden dadurch
bedeutungslos (bzw. nehmen den Wert Null an).
Diese Gegebenheiten kann auch ein Kind im Vorschulalter verstehen.
Bei vielen Spielen wird von Kindern ein Würfel benutzt.
Mit solchen Darstellungen kann man deshalb auch bei keiner schwäbischen Hausfrau
Eindruck schinden.
Die Chancen auf erfolgreiches Eindruckschinden stehen gleich deutlich besser,
wenn der Herr Prof Dr. Dr. Scharlatanius zur Beschreibung dieser Gegebenheiten
geheimnisvoll klingende lateinische / mathematische Bezeichnungen verwendet.
Etwa so:
Vor dem Experiment ist eine Superposition der Probabilitäten gegeben;
die Beobachtung bewirkt einen Kollaps der Wahrscheinlichkeitsfunktion.
Wie liegen nun die Verhältnisse bei der Quantentheorie?
Mit der von Erwin Schrödinger formulierten Wellengleichung für Materie-Wellen
kann für verschiedene Orte die Wahrscheinlichkeit dafür bestimmt werden,
dass sich ein betrachtetes Partikel zu einem bestimmten Zeitpunkt an diesem Ort
befindet.
Mit einem geeigneten Experiment wird dann festgestellt, an welchem Ort
sich das Partikel tatsächlich befindet;
dadurch werden die Wahrscheinlichkeiten für alle übrigen Orte bedeutungslos
(bzw. nehmen den Wert Null an).
Vor dem Experiment war eine Superposition aller Möglichkeiten gegeben;
durch das Experiment ist die Wahrscheinlichkeitsfunktion kollabiert.
Erinnert das nicht sehr stark an die Verhältnisse beim Würfeln?
Von den Esoterik-Scharlatanen wird häufig auch so getan, als hätte sich
das Partikel vor dem Experiment an mehreren Orten gleichzeitig befunden,
was natürlich ziemlich rätselhaft und geheimnisvoll wirkt,
aber eben eine falsche Deutung der Wellengleichung ist.
So wie bei einem Würfel die Wahrscheinlichkeit von 1/6 nicht bedeutet,
dass alle 6 Flächen gleichzeitig oben zu liegen kommen,
genauso bedeuten die von Schrödingers Wellengleichung ermittelten
Aufenthaltswahrscheinlichkeiten für verschiedene Orte nicht,
dass sich das Partikel gleichzeitig an verschiedenen Orten befindet.
Um das einzusehen,
muss man nur den Begriff einer Wahrscheinlichkeit richtig deuten.
Da unser Amöberl dem Carl Friedrich von Weizsäcker nichts mehr meldet,
muss jetzt halt ich kundtun, dass der CFvW (ganz zu Schweigen von
Erwin Schrödinger und Werner Heisenberg) vermutlich noch im Grabe
wie ein Ventilator rotieren würde, wenn man ihn mit diesen krausen
Deutungen der Esoterik-Scharlatane konfrontierte.
> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <