Für Heidegger ist der Weltbegriff gerade der Absprung von jener Welt, die er als durch die Dinge (Vereinzeltheit) alles Seienden repräsentiert sieht, er spannt über jener vermeintlichen (und natürlich rein so behaupteten) Dingwelt seine transzendentale Weltanalyse auf (wo dann nach und nach die bekannten Begriffe wie "Zuhandenheit", "Vorhandenheit", "welten von Welt", "Zeugganzheit" usf. auftreten).
Nun ist es ganz ähnlich wie schon beim Ethik-Begriff oder dem des Humanismus. Heidegger hebt sich hier ab von den - aus seiner Sicht - geläufigen und abgeleiteten Vorstellungen bzw. Zuständen, die er gedanklich gleichsam zu überholen/übersteigen vorgibt und jeweils eigentlicher/ursprünglicher zu denken meint.
So kann man freilich immer behaupten, Heidegger habe sich für die Gesamtheit der denkbaren Dinge/Begriffe interessiert, denn er hat sie ja immerhin erwähnt, ihre vermeintlichen Probleme aufgezeigt und diese handstreichartig einer Lösung zugeführt.
Wenn man jedoch genauer hinschaut, um zu prüfen, was Heidegger sich unter Welt, Menschen, Ethik, Humanismus, Technik etc. vorstellt, dann kommt da nicht sehr viel zum Vorschein, oft nur Zerrbilder und Plattheiten; jedenfalls hinten und vorne nicht ausreichend, um eine Wesensanalyse auch nur zu beginnen. Heidegger schließt sie aber - kaum begonnen - schon wieder ab und eröffnet sein transzendental-begriffliches Höhenballett.
Die uns vertrauten Begrifflichkeiten sind dabei nicht mehr als Marionetten, die hilflos an Heideggers Spinnfäden zucken und zappeln.
Gruß
Phil
Ja das findet man ja vor allem in Sein und Zeit behandelt, gerade §14 zeigt das (S.64):
"Aus der durchgeführten Erwägung und häufigen Verwendung des Wortes <Welt> springt seine Vieldeutigkeit in die Augen.(...)
1. Welt wird als ontischer Begriff verwendet und bedeutet dann das All des Seienden , das innerhalb der Welt vorhanden sein kann.
2. Welt fungiert als ontologischer Terminus und bedeutet das Sein des unter n.1. genannten Seienden. Und zwar kann <Welt< zum Titel der Region werden, die je eine Mannigfaltigkeit von Seiendem umspannt; z.B. bedeutet Welt soviel wie in der Rede von der <Welt> des Mathematikers die Region der möglichen Gegenstände der Mathematik.
3. Welt kann wiederum in einem ontischen Sinne verstanden werden , jetzt aber nicht als das Seiende, dass da Dasein wesenhaft nicht ist und das innerweltlich begegnen kann, sondern als das, <worin> ein faktisches Dasein als dieses <lebt>. Welt hat hier eine vorontologisch existenzielle Bedeutung. Hierbei bestehen wieder verschiedene Möglichkeiten: Welt meint die <öffentliche> Wir-Welt oder die <eigene> und nächste (häusliche) Umwelt.
4. Welt bezeichnet schließlich den ontologisch -existenzialen Begriff der Weltlichkeit. (...)
Die Abwandlung <weltlich> meint dann terminologisch eine Seinsart des Daseins und nie eine solche des <in> der Welt vorhandenen Seienden. Dieses nennen wir weltzugehörig oder innerweltlich".
Interessant sind dabei seine Fragen: "Ist <Welt> gar ein Seinscharakter des Daseins? Und hat dann <zunächst> jedes Dasein seine Welt? Wird so <Welt> nicht etwas >Subjektives>? Wie soll denn noch eine <gemeinsame> Welt möglich sein, <in> der wir doch sind? Und wenn die Frage nach der <Welt> gestellt wird, welche Welt ist gemeint?" > Das sind alles nach wie vor bedenkenswerte Fragen,.
Für Heidegger ist letztlich Welt ein "Charakter des Daseins" selbst (S.64).
Ich habe hier mal ausgeführt wie differenziert hier Heidegger den Weltbegriff diskutiert inn §14.
In den darauffolgenden Paragrafen kommt er dann auf die Dingwelt zu sprechen (§15), was als Zuhandendes begegnet. Der Begriff "Umwelt" taucht auf S. 66 auf : "Die nächste Welt des alltäglichen Daseins ist die Umwelt." (und in dieser findet man soweit ich sehe die "zuhandenden" Dinge/das Zeug.
Das ganze ist in Sein und Zeit auch mit einer Kritik an Descartes bzw. an der cartesischen Ontologie der Welt verbunden (siehe §21).
Heidegger kritisiert zudem die ontologische Tradition (hier Parmenides), welche aus seiner Sicht "das Phänomen der Welt " übersprungen hat (S.100).
Zum Begriff der Mitwelt (S.118): Die Welt des Daseins ist Mitwelt. Und in der begegnen "die Anderen": Sie begegnen aus der Welt her, in der das besorgend umsichtige Dasein sich wesenhaft aufhält."
Soweit zur Weltanalyse aus Sein und Zeit.
"In der Vorlesung Grundbegriffe der Metaphysik (etwas später nach SuZ) heißt es beispielsweise: Wir nennen die Weite dieses <im Ganzen> das sich in der tiefen Langeweile offenbart, Welt. Wir müssen im Sinne dessen , wovor und diese Grundstimmung stellt, fragen: Was ist die Welt?" (S.252)
Er kommt in dieser Vorlesung zu den Thesen : der Stein ist weltlos; das Tier ist weltarm und der Mensch ist weltbildend (2004, S.261).
Hat also hier die Begriffe der "Weltlosigkeit", der "Weltarmut" und der "Weltbildung".
Problematisch hierbei Heidegger ist, dass für ihn das Tier nicht wirklich eine Welt hat , also "weltarm" ist. Das ist im Übrigen ein Punkt, wo man Heidegger gut kritisieren kann wie ich finde. Also im Grunde hat nur der Mensch die/eine Welt, das Tier nicht und der Stein erst recht nicht. Aber Heidegger hat hier im Vergleich zu Sein und Zeit noch drei weitere Weltbegriffe geschaffen und damit sein begriffliches Instrumentarium ausdifferenziert. Ich habe das mal etwas weiter konkretisierten wollen indem ich hier Heideggers drei Hauptthesen genannt habe und eine Kritikmöglichkeit angedeutet habe.
Ich würde allerdings aber auch sagen, dass Heidegger Weltbegriff nicht ganz in einem Topf mit seinem Ethikbegriff geworfen werden sollte (und dem Humanismus), zwischen den einzelnen Begriffen Heideggers gibt es Unterschiede (auch von der philosophischen "Qualität" her).
Heidegger hebt sich auch mit seiner Auffassung von Welt von traditionellen Vorstellungen ab und provoziert dann eben auch mit seinen Thesen, welche auch angreifbar sind natürlich (so im Falle des Tieres).
Würdest du denn die "Mitwelt", in der Andere begegnen als "Plattheit" auffassen? Ich sehe es so, dass Heidegger hier eben das phänomenologisch analysiert, was man heutzutage die soziale Welt , oder um mit Husserl zu sprechen unsere "Lebenswelt" nennen (man denke hier besonders auch an Husserl). .
Aus meiner Sicht gibt ja Heidegger von den Phänomenen die er bespricht entsprechende phänomenologische Analysen , so in Sein und Zeit oder der genannten Vorlesung, welche ich mal recht knapp umrissen habe , hinsichtlich des Weltbegriffes.
Kann man dies denn wirklich "Zerrbilder" oder gar "Marionetten" nennen, was hier Heidegger als phänomenologische Analyse gibt bzw. phänomenologisch analysiert?
Es ist halt nicht einfach hier in diesem Punkt deiner Sichtweise zu folgen.
Aber soweit erstmal dazu , also ein paar Punkte von meiner Seite zu dem von dir davor Gesagten.
Gute Nacht!
Philosophist