Was verstehst du daran nicht?
Du meinst damit vermutlich , dass sich dabei zwei Subjekte /Menschen hinsichtlich des Verstehens von Heidegger auf derselben "Eben" befinden oder? Kann man das vielleicht so formulieren?
Das, was ich nach mehrmaligem Lesen nachvollziehen kann, sind wirre Ideen, die sich stets um eine ursprüngliche Instanz drehen, die irgendwo zwischen Gott/Göttern und Menschen positioniert ist. Sehr gut verstehe ich auch, dass er das sogen. herkömmliche Denken (und also das Verstehen) als Gestell bezeichnet (vermutlich deshalb, weil "Gestell" auch "Stuhl" heißt und jener wiederum etymolog. auf "stehen" und also "verstehen" beziehbar ist), welches ich gerade betreibe (ich möchte ja sein Denken "stellen"), weshalb mir ein echtes Verstehen seiner Denkweise verwehrt bleibt - damit kann ich leben. Weniger gerne nehme ich es aber hin, wenn mir jemand weismachen möchte, ausgerechnet er könne Heidegger verstehen.
Vielleicht kann man folgende Beobachtung /Bemerkung machen: es gibt Leser die mit Heidegger auch nach mehrmaligen Lesen ihre Schwierigkeiten hinsichtlich des Verstehens haben und es gibt aber auch Leser , die zu einem besseren Verständnis von Heidegger nach einer gewissen Zeit und mehrmaligen Lesen gekommen ist (wobei ich mich aber zugeben muss, dass ich vermutlich noch nicht "alles" zu 100 Prozent dieser Philosophie "verstehe", aber wenigstens jetzt nicht mehr im Dunkeln tappe so wie früher, insofern habe ich gewisses Verständnis dieser Philosophie entwickelt...und wenn man einen Philosophen versteht -mag dies Hegel, Nietzsche oder Heidegger oder Platon usw. sein- dann ist dies doch zunächst einmal eine positive Sache oder? Statt weiterhin im Dunkeln/im Unverständnis zu tappen. Für mich sind das nicht so einfach "wirre Ideen" und ich glaube, dass ich nicht der einzige bin, der so über Heidegger denkt. Aber in dem Punkt ist ein Dialog mit starken Heidegger-Kritikern vermutlich nicht einfach...
Ich schrieb ja schon, dass Heidegger deutungsoffen ist. Ob sein Geschreibe allerdings Deutungen inspiriert, das wage ich zu bezweifeln, da es sehr eng gefasst ist und inhaltlich weitestgehend auf Schlagworte beschränkt bleibt.
Ja, Heidegger ist wie jeder andere Philosoph "deutungsoffen", was vielleicht auch zur Philosophie dazugehört oder`? Wenn du meinst, das sich alles bei Heidegger um das "Sein" als Schlagwort dreht, kann man das natürlich mehr oder weniger so sehen. Seine Schriften haben ja unterschiedliche "Deutungen"/"Interpretationen" hervorgerufen bei den unterschiedlichen Interpreten.
Im Übrigen ist auch in Sein und Zeit vom "Geschreibe" die Rede (S.168f):
"Das Geredete als solches zieht weitere Kreise und übernimmt autoritativen Charakter. Die Sache ist so, weil man es sagt. In solchem Nach- und Weiterreden, dadurch sich das schon anfängliche Fehlen der Bodenständigkeit zur völligen Bodenlosigkeit steigert, konstituiert sich das Gerede. Und zwar bleibt dieses nicht eingeschränkt auf das lautliche Nachreden, sondern breitet sich aus im Geschriebenen als >Geschreibe>. Das Nachreden gründet hier nicht so sehr in einem Hörensagen. Es speist sich aus dem Angelesenen. Das durchschnittliche Verständnis des Lesers wird nie entscheiden können, was ursprünglich geschöpft und errungen und was nachgeredet ist. Noch mehr, durchschnittliches Verständnis wird ein solches Unterscheiden gar nicht wollen, seiner nicht bedürfen, weil es ja alles versteht."
Hattest du denn an Begriff des "Geschreibes" in diesem Sinne gedacht oder war dir dieser Begriff Heideggers nicht bekannt?
Man könnte die ktischig anmutende Feldweg-Metapher verlassen, das Geschriebene inhaltlich erfassen und die intellektuell erarbeiteten Gehalte austauschen. So käme man von der Textoberfläche und dem ganzen Drumherum endlich weg und könnte zeigen, was Heidegger eigentlich zu sagen hat. Also nicht länger über Heideggers "Denken" reden, sondern mit dem, was er dachte, gedanklich arbeiten. Das jedoch scheint schlicht unmöglich.
Nun ich habe nichts gegen einen "inhaltlichen" Austausch bezüglich Heideggers Philosophie. Warum scheint dies denn für dich "unmöglich" zu sein. Du kannst ja gern diesen Punkt etwas näher erläutern, was du damit im Grunde meinst, wenn du sagst, dass man mit dem arbeiten soll, was Heidegger dachte. Aus meiner Sicht ist eine Diskussion über Heidegger immer auch eine Diskussion über die "Inhalte" dieser Philosophie, so trivial das vielleicht klingen mag. Aber Heidegger hat sich ja zu verschiedenen Themen geäußert , vielleicht müsste man sich dann auf einen Punkt verständigen, wo man das mal näher ausführen könnte, was du "gedankliches" arbeiten nennst.
Eben. Mehr bleibt einem notgedrungen nicht übrig. In allen Heideggerseminaren saß man stets andächtig vor irgendwelchem Textwerk und hatte sich im Grunde nicht viel zu sagen. Was könnte jener Begriff bedeuten, was dieser und in welcher Verbindung stehen sie miteinander? usf.
Man kommt nicht hinein ins "Seyn". Zumindest nicht qua Verstand.
Nun es gibt ja unterschiedliche (methodische ) Heransgehensweisen an Heidegger, die mehr oder weniger geistig ergiebig sein können. Ich weiß ja jetzt nicht genau , was du da für einen anscheinend "negative" Erfahrung in einem Heideggerseminar gemacht hast.
Meine Erfahrung ist da eben wie gesagt eine andere. Und es widerfuhr mir schon, dass ich mich in dieses Denken nach einer gewissen Zeit auch "hineindenken" konnte...was ja eben oft aus einer Beschäftigung mit einem Philosophen hervorgeht ...
Ich möchte ungerne selbst eine Art von "Geheimlehre" anstellen, nur um etwas als mystisch und jemanden als Mystiker bezeichnen zu dürfen. Wenn wir fortwährend und sinnfrei unsere Begriffe semantisch auffächern würden, kämen wir nicht mehr vom Fleck.
Was verstehst du denn am Begriff der Mystik nicht?[/QUOTE]
Du scheinst dann vermutlich von einem "einheitlichen" Mystik-Begriff auszugehen oder? Also dann würdest vielleicht nicht sagen: der eine verstehst unter Mystik dies, der andere jenes. (Anmerkung: Falls ich dich (mal) falsch verstehen sollte, kannst du dies ruhig anmerken). Gehst du hier von der "Sprachnorm" , "semantischen Norm" dieses Begriffes voraus?
Ein "Kriterium", um zu entscheiden, was verstehbar ist und was dies nicht ist? Lass mich nachdenken... ah, welch großgeglückter Gedankenblitz, ich habs gefunden oder es mich überkommen: der Verstand soll es sein!
Es gibt ja ein Kriterium dafür, was als "rational" gewertet wird und was als "mystisch". Dir scheint die Vernunft dann diejenige Instanz dafür zu sein. Darauf kann man sich natürlich auch beziehen und Philosophie ist ja eben auch eine rationale Angelegenheit.
Und jetzt lass uns allgemein verständlich über Heideggers Texte reden (ausreichend Textstellen schwirren ja schon in diesem Thread umher), dann können wir gemeinsam am "Kriterium" prüfen, was mystisch und was tief gedacht (aber nachvollziehbar) ist.
Nun es spricht nichts dagegen von meiner Seite aus über Heideggers Texte im Einzelnen zu reden (ohne andere Autoren auch durchaus möglich). Dies kann man dann - wenn man so möchte- dann "überprüfen" auf das "Kriterium".
Ich darf dich bei der Gelegenheit an meine obige Textanalyse erinnern, zu der deine angekündigte detaillierte Antwort weiterhin auf sich warten lässt.
Du meinst vermutlich die Textanalyse die du im Beitrag zuvor geschrieben hast oder? Allerdings muss ich auch darauf hinweisen das -zeitlich bedingt und damit halt auch notgedrungen- oft gewisse "Selektionen" nicht vermeidbar sind, wenn ich einen Beitrag verfasse. Aber man kann dies immer noch "nachholen". Eine Diskussion über Heidegger soll ja offen geführt werden. Es ist also keine böse Absicht, wenn ich gewissen Wünschen/Punkten von dir nachkomme, sondern in meinem Fall auch situationsbedingt. Aber man kann dies im weiteren Verlauf immer noch thematisieren bzw. eben weiter diskutieren. Wenn ich das also "jetzt" noch nicht "geliefert" habe (also die "Antwort"), kann diese ja immer noch "nachgereicht" werden, sofern es die Umstände erlauben. Ich hoffe es spricht nichts erstmal gegen eine allgemeine Anmerkung dieser Art. Wenn du etwas vermisst, kannst du das konkret sagen , und ich schaue es mir dann nochmal an. Ich glaube das ist doch eine faire Geste oder?
Du wiederholst dich einfach zu oft.
Naja , wenn du das als "redundant" sieht, nehme ich das erstmal zur Kenntnis und bemühe mich natürlich um weniger "Wiederholungen".
Es geht nicht darum, irgend ein Erkenntnis-Objekt hervor zu zaubern, auf dem in silbernen Lettern geschrieben steht: "Heidegger ist ein Mystiker!" Vielmehr kann anhand einschlägiger und charakteristischer Beispiele verdeutlicht werden, dass Heidegger die "Rationalität" für sich selbst nicht gelten lassen möchte und diese durch dunkle Erklärungen ersetzt.
Nun dann sollte man diesen "einschlägigen Beispielen" vermutlich auch nachgehen oder? Und dies dann anhand dieser Beispiele (der Textstellen vermutlich) "verdeutlichen". Dagegen spricht ja nichts.
Wer dann weiterhin nicht einsieht, dass Heideggers Denken wesentlich irrational ist, der kann gerne nach der verlorenen Rationalität suchen und von mir aus den Rest seines Lebens dafür aufwenden; das aber bitte im Stillen und ohne ständig im Heideggerschen Wirrnis-Wortspiel verbindlich verstehbare Gehalte zu behaupten, ohne auch nur einen einzigen davon mitteilen zu können.
Naja aus meiner Sicht ist das nicht so einfach zu sagen. Ich lese beispielsweise Sein und Zeit schon als durchaus rationales philosophisches Werk, aber vielleicht gilt das nur für die sog. Frühphilosophie und die späteren Texte sinn dann vielleicht "irrational" zu nennen...Wer Heidegger versteht, kann sich natürlich auch über die Inhalte dieser "Philosophie" äußern, und das in einer anderen Sprache als der Heideggers oder?
Es gibt nur ein Verstehen. Verstehen ist universal.
Dann scheint es für dich ein "individuelles"/subjektives Verstehen nicht zu geben?
Mit der Interpretation diverser Metaphern kommt man nicht weit, da sie zum einen bei Heidegger nichts erklären und des Weiteren selbst als Metapher schon Interpretation darstellen, also womöglich gar nicht metaphorisch gemeint sind.
Was wiederum die Frage aufwirft wie Heidegger zu Metaphern stand und ob er bewusst welche eingesetzt hat zum besseren Verständnis. Das Bild der Lichtung wird ja in Sein und Bezug auf das "Dasein" , welches "gelichtet" ist, verwendet.
So heißt es: "Die ontisch bildliche Rede vom lumen naturale im Menschen meint nichts anderes als die existenzial-ontologische Struktur dieses Seienden., dass es ist in der Weise , sein Da zu sein. Es ist <erleuchtet> besagt: an ihm selbst als In-der-Welt-sein gelichtet, nicht durch ein anderes seiendes, sondern so, dass es selbst die Lichtung ist. Nur einem existenzial so gelichteten Seienden wird Vorhandenes im Licht zugänglich , im Dunkeln verborgen. (...) Das Dasein ist seine Erschlossenheit."
Hier wird ja mit anderen die Verstehensstruktur des Menschen (des Daseins) beschrieben, und ob der Mensch hinsichtlich seines eigenen Verstehens noch im Dunkeln tappt oder nicht. Kann man denn hier wirklich nicht sagen, dass die Metaphern "nichts erklären"?
Pass mal auf was ich jetzt mache: Ich erfinde den Begriff des "Auf-einen-Beitrag-reagierens".
Den gibt es bisher noch nicht, keiner hat je den Umstand mit einem Begriff gewürdigt, dass man, sobald man auf einen Beitrag antwortet, immer schon darauf reagiert.
Ich finde mich gerade unglaublich tiefgründig.
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Nun dann gratuliere ich erstmal zu diesem Begriff , der ja auch als "bereichernd" für dieses Gespräch empfunden kann und denn du natürlich gern weiterhin hier verwenden kannst
Mir scheint dass, dass ein "sinnvoller" Neologismus zu sein
Das habe ich nicht und nirgends bestritten. Begriffe drücken Tatbestände aus (die sie als Kommunikationsmittel transportieren), stellen jene aber nicht selbst dar. Da gabs mal eine interessante Diskussion zu dem Thema in der Philosophiegeschichte, die lief glaube ich unter dem vielsagenden Thread "Universalienstreit".
Okay. Dann scheint in diesem Punkt ja ein ähnliches Verständnis hinsichtlich des Begriffes zu geben.
Vielleicht werde ich dem "Universalienstreit" mal nachgehen...
Heidegger bildet aus einem zuvor eigenständigen Satz einen Begriff, indem er die Wörter mit Bindestrichen aneinander fügt. Der somit zum Begriff umgeformte Satz bedeutet inhaltlich noch dasselbe wie vorher, tritt jetzt aber als Fachausdruck in Erscheinung und spielt also mit den verwendeten (um nicht zu sagen missbrauchten) Bedeutungen.
Nun dieses Bindestrich "Verfahren" , was er ja vor allem in Sein und Zeit oft macht, wird eben ein neuer Begriff geschaffen ("Fachausdruck"). Soweit ich sehe ist niemand vor Heidegger auf die Idee gekommen das zu praktizieren in dieser Art. Vielleicht kann man dies dann ja als "originell" gelten lassen..
Wenn Heidegger wirklich etwas zu sagen hätte, würde er einen gänzlich neuen Begriff kreieren und nicht vorhandene Bezeichnungen spielerisch dazu verwenden, dieses vermeintlich Neue auszudrücken.
Nun soweit ich sehe, hat er -wenn man so will- bestehende Begriffe einfach neu modifiziert (also mit neuen Bedeutungen versehen in seinem Sinne). Ob er einen "gänzlichen neuen " Begriff geschaffen hat, den es davor so nicht gab, müsste man nochmal prüfen. Der Begriff des Daseins gab es beispielsweise schon bei Kant und Nietzsche (oder auch Hegel), nur hat Heidegger diesen in seinem Sinne mit einer neuen Bedeutung versehen und kann daher sagen, dass es diesem Begriff in seinem Verständnis so nicht gab in der Philosophiegeschichte.
Bei so viel einzelfälliger Prüfung ist das kurze Leben noch schneller vorbei; oder anders gesagt: Wenn ich endlich weiß, dass die meisten Äpfel in der Kiste faul sind (da ich jeden einzeln prüfte), sind mir die genießbaren inzwischen auch verfault. Es gibt eine Lösung für solche Misere: Köpfchen einschalten.
Schönen Abend wünscht
Phil
Kann man natürlich so sehen, aber manchmal kann eine genauere Prüfung (von Begriffen) durchaus sinnvoll sein in einem (zu) "kurzen Leben". Aber woher kann man all dies wissen, ohne Prüfung davor? Und kann man denn so leicht alles per "Köpfchen" entsprechend "schnell" entscheiden?
Wenn du erlaubst, ich bin da halt etwas vorsichtiger bzw. habe da noch gewisse Bedenken (sofern ich dich richtig verstehen sollste).
Gute Nacht!
Philosophist
PS: Ich habe mir erlaubt aus aktuellen Anlass aus einem Buch über Trawny und Heidegger zu ziteren (siehe oben) , ich hoffe das dies nicht gleich als "Ablenkung" vom "eigentlichen" Thema von dir gewertet wird. Aber vielleicht kannst du ja damit was anfangen (oder siehst das nicht gleich kritisch/negativ)...