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Darwin

AW: Darwin

Hallo Reinhard,

"Nichts kann im Daseinskampf größere und raschere Vorteile ermöglichen, als der Aufbau guter Beziehungen zu kompetenten Partnern. Durch nutzbringende Zusammenführung unterschiedlicher Talente kommen schon seit den primitivsten Anfängen des Lebens die wesentlichen Fortschritte zustande, nicht im Schneckentempo von zufälliger Mutation und Selektion."

Ja, Barfußdoktor!

Der Text stammt von Dir. - Nicht wahr?

Das ist meine Art zu formulieren, was schon jahrzehntelang als Fortentwicklung der Darwinschen Theorie existiert hat. Es entspricht auch dem evolutionär begünstigten Altruismus, den du erwähnt hast.

Ich will mit meiner Formulierung auch andeuten, dass menschliche Gesellschaften und biologische Lebensgemeinschaften nach denselben Grundsätzen zum Erfolg gelangen. Ich finde das eine schöne Perspektive, auf die sich sogar Richard Dawkins und der Papst mühelos einigen könnten......

Viele Grüße vom Barfußdoktor
 
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AW: Darwin

Ich will mit meiner Formulierung auch andeuten, dass menschliche Gesellschaften und biologische Lebensgemeinschaften nach denselben Grundsätzen zum Erfolg gelangen. Ich finde das eine schöne Perspektive, auf die sich sogar Richard Dawkins und der Papst mühelos einigen könnten......

??? R. Dawkins “Das egoistische Gen”: “Die These dieses Buches ist, dass wir und alle anderen Tiere Maschinen sind, die durch Gene geschaffen wurden. Wie erfolgreiche Chicago-Gangster haben unsere Gene in einer Welt intensiven Existenzkampfes überlebt… Ich würde argumentieren, dass eine vorherrschende Eigenschaft , die wir bei einem erfolgreichen Gen erwarten müssen, ein skrupelloser Egoismus ist. Dieser Egoismus des Gens wird gewöhnlich egoistisches Verhalten des Individuums hervorrufen.” Dazu gehören Aggression und Mord, Tendenzen zur Promiskuität bei Männern, Monogamie bei Frauen. Dann gibt er eine Prognose für die weitere Entwicklung: “Ein Kind sollte sich keine Gelegenheit zum Betrügen… Lügen, Täuschen, Ausbeuten … entgehen lassen… Keineswegs verfechte ich diese Art des Verhaltens als moralisch oder gar wünschenswert. Ich sage lediglich, dass die natürliche Auslese dazu tendieren wird, Kinder zu begünstigen, die so handeln, und dass wir daher, wenn wir freilebende Populationen beobachten, im engsten Familienkreis Betrug und Eigennutz erwarten müssen. Der Satz >Das Kind sollte betrügen< bedeutet, dass Gene, die die Kinder zum Betrug veranlassen, einen Vorteil im Genpool erringen werden.”
 
AW: Darwin

Ein Stückchen Original-Darwin:
Aus Charles Darwin, Die Abstammung des Menschen
Der Mensch als soziales Tier
Das Urteil der ganzen Gemeinschaft wird durch eine gewisse unbestimmte Erfahrung von dem bestimmt werden, was auf die Länge der Zeit für alle Mitglieder das beste ist. Dies Urteil wird aber nicht selten infolge von Ungewissheit oder von einem schwachen Vermögen des Nachdenkens irren. Daher sind die merkwürdigsten Gebräuche und Formen des Aberglaubens im vollen Gegensatz zur wahren Wohlfahrt und Glückseligkeit der Menschheit durch die ganze Welt so übermächtig geworden. Wir sehen dies in dem Entsetzen, welches ein Hindu fühlt, der seine Kaste verlässt, und in unzähligen anderen Beispielen. Es dürfte schwer sein, zwischen den Gewissensbissen, die ein Hindu fühlt, der der Versuchung nachgegeben hat, unreine Nahrung zu genießen, und denjenigen zu unterscheiden, welche nach dem Begehen eines Diebstahls gefühlt werden; die ersteren dürften aber, :wahrscheinlich die härteren sein.
Auf welche Weise so viele absurde Gesetze des Benehmens, ebenso wie so viele absurde religiöse Glaubensansichten entstanden sind, wissen wir nicht, ebenso wenig, woher es kommt, daß sie in allen Teilen der Welt sich dem menschlichen Geist so tief eingeprägt haben. Es ist aber der Bemerkung wert, daß ein beständig während der früheren Lebensjahre eingeprägter Glaube und zwar so lange das Gehirn Eindrücken leicht zugänglich ist, fast die Natur eines Instinkts anzunehmen scheint; und das eigentliche Wesen eines Instinkts liegt ja darin, daß man ihm unabhängig vom Nachdenken folgt. Ebensowenig können wir sagen, warum gewisse bewundernswerte Tugenden, wie die Wahrheitsliebe, von einigen wilden Stämmen viel höher anerkannt werden als von anderen, und ferner warum ähnliche Verschiedenheiten selbst unter zivilisierten Nationen bestehen. Da wir wissen, wie stark viele fremdartige Gebräuche und Aberglauben fixiert worden sind, brauchen wir uns darüber nicht zu verwundern, daß die auf das Individuum Bezug habenden Tugenden uns jetzt in einem Grade natürlich erscheinen (da sie in der Tat auf Nachdenken beruhen), daß man sie für eingeboren halten möchte, trotzdem sie vom Menschen in seinem frühesten Zustand nicht geschätzt wurden.


So bleiben die Dummheiten erhalten bei den Menschen.

Gruß Fritz
 
AW: Darwin

Noch ein Stückchen, diesmal optimistischer:

Trotz vieler Zweifelsquellen kann der Mensch meistens, und zwar leicht, zwischen den höheren und niederen moralischen Regeln unterscheiden. Die höheren gründen sich auf die sozialen Instinkte und beziehen sich auf die Wohl- fahrt anderer; sie beruhen auf der Billigung unserer Mitmenschen und auf Nachdenken. Die niederen Regeln, trotz- dem manche von ihnen, wenn sie Selbstaufopferung mit im Gefolge haben, kaum den Namen niederer verdienen, beziehen sich hauptsächlich auf das eigene Selbst und verdanken ihren Ursprung der öffentlichen Meinung, sobald diese durch Erfahrung und Kultur gereift is8i-denn sie werden von rohen Stämmen nicht befolgt.
Wenn der Mensch in der Kultur fortschreitet und kleinere Stämme zu größeren Gemeinschaften vereinigt wer- den, so wird das einfachste Nachdenken jedem Individuum sagen, daß es seine sozialen Instinkte und Sympathien auf alle Glieder der Nation auszudehnen hat, selbst wenn sie ihm persönlich unbekannt sind. Ist dieser Punkt einmal erreicht, so besteht dann nur noch eine künstliche Grenze, welche ihn abhält, seine Sympathie auf alle Menschen aller Nationen und Rassen auszudehnen. In der Tat, wenn gewisse Menschen durch große Verschiedenheiten im Äußeren oder in der Lebensweise von ihm getrennt sind, so dauert es, wie uns unglücklicherweise die Erfahrung lehrt, lange, ehe er sie als seine Mitgeschöpfe betrachtet. Sympathie über die Grenzen der Menschheit hinaus, d. h. Humanität gegen die niederen Tiere scheint eine der spätesten moralischen Erwerbungen zu sein. Wilde besitzen dieses Gefühl, wie es scheint, nicht, mit Ausnahme der Humanität gegen ihre Schoßtiere. Wie wenig die alten Römer dasselbe kannten, zeigt sich in ihren abstoßenden Gladiatorenkämpfen. Die bloße Idee der Humanität war, soviel ich beobachten konnte, den meisten Gauchos der Pampas neu. Diese Tugend, eine der edelsten, welche dem Menschen eigen sind, scheint als natürliche Folge des Umstands zu entstehen, daß unsere Sympathien immer zarter und weiter ausgedehnt werden, bis sie endlich auf alle fühlenden Wesen sich erstrecken. Sobald diese Tugend von einigen wenigen Menschen geehrt und ausgeübt wird, verbreitet sie sich durch Unterricht und Beispiele auf die Jugend und wird auch eventuell in der öffentlichen Meinung eingebürgert. Die höchste mögliche Stufe in der moralischen Kultur, zu der wir gelangen können, ist die, wenn wir erkennen, daß wir unsere Gedanken kontrollieren sollen und »selbst in unsem innersten Gedanken nicht noch einmal die Sünden nachdenken dürfen, welche uns die Vergangenheit so angenehm machten«. Was nur immer irgendeine schlechte Handlung der Seele vertraut macht, macht auch ihre Ausführung um so vieles leichter. So hat Marc Aurel schon vor langer Zeit gesagt: »So wie deine gewöhnlichen Gedanken sind, wird auch der Charakter deiner Seele sein, denn die Seele ist von den Gedanken gefärbt.«


Aus demselben Buch.

Gruß Fritz
 
AW: Darwin

Darwin (eben oben) bei Fritz:
Humanität gegen die niederen Tiere scheint eine der spätesten moralischen Erwerbungen zu sein.

Das stimmt wohl. Aber die Frage, ob und wie die
"Humanität" weitergegeben wird, bleibt ungeklärt.
Pflanzen sich irgendwann nur noch die "humanen"
Menschen fort?
- Und: Wie sieht die Welt dann
aus? Falls sie noch existiert.

Fragt
Reinhard70
 
AW: Darwin

Das stimmt wohl. Aber die Frage, ob und wie die
"Humanität" weitergegeben wird, bleibt ungeklärt.
Pflanzen sich irgendwann nur noch die "humanen"
Menschen fort?

Hallo, Reinhard,

diese Sätze:

Diese Tugend, eine der edelsten, welche dem Menschen eigen sind, scheint als natürliche Folge des Umstands zu entstehen, daß unsere Sympathien immer zarter und weiter ausgedehnt werden, bis sie endlich auf alle fühlenden Wesen sich erstrecken. Sobald diese Tugend von einigen wenigen Menschen geehrt und ausgeübt wird, verbreitet sie sich durch Unterricht und Beispiele auf die Jugend und wird auch eventuell in der öffentlichen Meinung eingebürgert.

interpretiere ich so, dass "Humanität" eine erlente, nicht vererbte Tugend ist. Das zeigt doch auch die Tatsache, dass es Menschen gibt, die dies nicht lernen oder gelernt haben.

Man hat bei den Bonobos beobachtet, dass die Nussknackertechnik mit zwei Steinen, die wie Hammer und Ambos verwendet werden, von den Jungen im Alter von drei bis fünf Jahren durch Beobachtung und Nachahmung gelernt wird. Hat ein Junges in dieser Zeit - durch welche Umstände auch immer - gehindert ist, sie zu lernen, so lernt es sie nimmermehr.
Ebenso hat man aber beobachtet, dass solch Unkundige zu Kundigen gehen und durch Schmeicheleien erreichen, dass diese für jene, natürlich auch durch einen angemessenen Anteil belohnt, die Nüsse knacken.

Ob es möglich ist, dass diese Technik soweit eingebürgert wird, dass alle sie kennen und können und dann in den Instikt eingefügt, ist eher unwahrscheinlich. Aber Darwins schließt das nicht ganz aus. Doch dann müsste man auch damit rechnen, dass, wenn erst alle Menschen Auto fahren gelernt haben, diese Fähigkeit ebenfalls zum Instikt wird. Dann würden sich Fahrschulen erübrigen.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die Vögel - ich weiß nicht mehr, waren es Meisen, Finken oder Spatzen -, die in den 30-er Jahren, nachdem einer herausgefunden hat, wie man die Aluverschlüsse von Milchflaschen aufpicken kann, in kürzester Zeit alle diese Technik lernten.

- Und: Wie sieht die Welt dann aus? Falls sie noch existiert.

Das ist so eine Frage; die, wie viele andere der hier rumgeisternden, nicht beantwortbar aufgrund unseres Mangels an Kenntnisse und Erfahrung. Sowas ist für Leute, die das Aktivdenken beherrschen. Und das tu ich nicht. So will ich sie links liegen lassen.

Gruß Fritz

Da es mir gerade über den Weg lief, ein Zitat von Fritz Mauthner:

Aus: Narr und König
Ein Weiser spricht zur Königin von Kurdistan, die ihn wegen ihres offensichtlich unbelehrbaren Sohnes um Rat gefragt hatte:
„Auch klug bist du, liebe Varana. Doch irrig ist den Glaube, jedweder Knabe lasse sich zu einem wahren König erziehen. Nach seiner Natur wird er Früchte tragen. Einem Wildapfelbaum mag man ein Edelreis aufpfropfen, einem Menschenkinde nicht. Kenntnisse sind nicht Erziehung. Jeder wird, wie er war.[/I]
 
AW: Darwin

Eben oben:

Wirklich lesenswert, Fritz!

Beispielsweise das:

Ob es möglich ist, dass diese Technik soweit eingebürgert wird, dass alle sie kennen und können und dann in den Instikt eingefügt, ist eher unwahrscheinlich. Aber Darwins schließt das nicht ganz aus. Doch dann müsste man auch damit rechnen, dass, wenn erst alle Menschen Auto fahren gelernt haben, diese Fähigkeit ebenfalls zum Instikt wird. Dann würden sich Fahrschulen erübrigen.

Und wieder gehen einige Menge Arbeitsplätze "in den Wind".

Aber ernst: Wenn die Hirnforscher (bald?) so weit kommen,
dass auch Gedächtnisinhalte (und meine Gene?) stark verändert
werden können ...???

Würden dann die (alten) Evolutionsgesetze noch stimmen?

Was meinst Du dazu? - Was meinen MitdenkerInnen?
Fragt
Reinhard70
 
AW: Darwin

Aber ernst: Wenn die Hirnforscher (bald?) so weit kommen, dass auch Gedächtnisinhalte (und meine Gene?) stark verändert werden können ...???

Würden dann die (alten) Evolutionsgesetze noch stimmen?
[/I]

Für die Zeit vor der Erfindung der Gedächtnis- und Genmaniipulationstechnik , lieber Reinhard, ohne Zweifel, denn da verlief die Evolution ja nach ihren eigenen "Gesetzen", selbst wenn das Gesetz Zufall hieß.

Wie es danach wird, möchte ich gar nicht wissen.

Gruß Fritz
 
AW: Darwin

Für die Zeit vor der Erfindung der Gedächtnis- und Genmaniipulationstechnik , lieber Reinhard, ohne Zweifel, denn da verlief die Evolution ja nach ihren eigenen "Gesetzen", selbst wenn das Gesetz Zufall hieß.

Wie es danach wird, möchte ich gar nicht wissen.
Gruß Fritz

Kann ich Dir nachfühlen, Fritz!

Aber manchmal denke ich daran, dass es meinem
Gehirn (und meinen Genen?) vielleicht ganz gut tun
würde, wenn ...

Will hier auch nicht weiterspinnen
Reinhard70

:):blume1:
 
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AW: Darwin

Hier doch noch etwas ziemlich Aktuelles
(zum Thema "Evolution"):

DER SPIEGEL 23.02.2009, 18:19 Uhr

EVOLUTION
Darwins Gegner holen zum Gegenschlag aus
Darwin-Gegner gibt es nicht nur in den USA: Auch in Europa machen Hardcore-Kreationisten und Intelligent-Design-Anhänger Boden gut - und kämpfen dafür, ihre Ansichten auf die Bio-Lehrpläne zu bringen.
Die seriöse Wissenschaft reagiert viel zu passiv auf die Erfolge der Fundamentalisten.

Von Jens Lubbadeh
 
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