Benjamin
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- 27. Januar 2005
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>>Ich vermute, es mag zumindest zum Teil daran liegen, dass der Status "mir geht es gut" auch irgendwie bedeutet "ich stehe mit beiden Füßen am Boden" bzw. "ich hab mein Leben unter Kontrolle" oder auch "ich bin stark". <<
Warum möchte man das dem gegenüber ausdrücken? Ich versteh das noch nicht. Mindert man damit seine Angst vor ihm?
Ich denke, es geht hier in den wenigsten Fällen um konkrete Angst vor einem Menschen. "Stärke" bedeutet meines Erachtens auch irgendwie Schönheit. Ein Mensch, der sein Leben im Griff hat, also, der es wirklich im Griff hat und nicht nur so tut, der wirkt schön, wirkt interessant und ist beneidenswert. Ich finde, mit Menschen, die stark sind, gibt man sich generell gern hab. Man kann von ihnen lernen. Eine meiner früheren Signaturen lautete: "Es ist allgemein bekannt, dass Krankheiten ansteckend sind. Ich denke, Gesundheit aber ebenso." Ich bin der Ansicht, dass auch Stärke irgendwie ansteckend ist. Es ist einfach angenehm zu sehen, wie ein Mensch Herr seines Lebens ist. Daraus gewinnt man auch irgendwie Inspiration sein eigenes Leben aufzuräumen. So wie eben ein schönes Haus dazu inspirieren kann, sein eigenes Haus zu pflegen.
Ich meine, dass es gerade das ausmacht, warum jeder irgendwo "stark" sein will und Schwäche nicht unbedingt gern zeigt.
Nun bleiben aber andauernd Menschen am Gartenzaun, im Laden oder sonst wo stehen und reden ein paar Sätze mit mir. Sprechen die mich an, weil sich NICHT mit mir reden wollen?
Ich gehe davon aus, dass jeder, der dich anspricht auch mit dir reden will. Aber nur weil er mit dir reden will, heißt das nicht, dass er auch will, dass du ihn kennst.
Ich könnte dadurch viel leichter mit ihnen in Verbindung treten. Fände das ganz gut.
Können Menschen nur miteinander in Verbindung kommen, wenn es ihnen gut geht?
Können sie nur mit anderen in Verbindung treten, wenn sie stark sind? Mit beiden Beinen auf dem Boden stehen?
Nein, ich denke, Menschen können dann gut in Verbindung treten, wenn sie einander vertrauen. Wenn sie keine Angst davor haben, dass der Gegenüber sie ablehnt.
Bernd, ich denke, man will nicht unbedingt immer seine Schwächen und Probleme verbergen, sondern man will ganz einfach seine Stärken und Erfolge betonen. Ich vermute, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass wir dadurch gemocht werden.
Versteh doch, man geht auch nicht mit einer schmutzigen Hose und einem zu kurzen Hemd aus, so dass man den leichten Bauchspeck sieht und das Gefühl bekommt, der Kerl kann sich keine Waschmaschine leisten.
Nein, will man Leute kennen lernen, so zeigt man sich meist von der Schokoladenseite. Das betrifft unser äußeres Auftreten, wie unser Gespräch, das wir führen. Es muss gar nicht beim Kennen lernen so ablaufen. Man kann sich auch über Jahre hinweg kennen, und trotzdem noch bemüht sein, immer nur seine "starke" Seite zu zeigen.
Ich meine, das hat einfach etwas mit Vertrauen zu tun. Sobald man einem Menschen vertrauen kann, sobald man weiß, dass dieser Mensch einem trotzdem noch gut leiden kann, obwohl man gewisse Schwächen und Fehler hat, sobald eben diese Gewissheit da ist oder sollte ich besser sagen, sobald die Furcht davor verschwunden ist, ist der Mensch bereit, sich so zu zeigen, wie er wirklich ist, was er wirklich denkt und was er fühlt.
Wer keine Angst hat, abgelehnt zu werden, der hat auch kein Problem damit, seine wahren Gefühle und Gedanken zu zeigen. (Bedeutet aber nicht zugleich, dass er sie trotzdem zeigt.)
mfg
Ben
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