AW: Bahnstreik in Deutschland
@ Perivisor
Obwohl es mir schwer fällt, mit jemandem zu diskutieren, der nur polemisch seine Vorurteile gegen einen Berufsstand pauschal in den Raum wirft, doch noch soviel:
Kein Kritiker der Lehrer ahnt, wie viel Verwaltungskram heute hinter diesem Beruf steckt.
Keiner der Kritiker würde es in einer heutigen Klasse auch nur einen Tag aushalten.
Ich bin Lehrer - und das bin ich geworden, weil ich Kindern etwas beibringen wollte - aber ich bin kein Sozialarbeiter und kein Psychologe, ich habe keine Lust, ganze Familien zu therapieren...
Was uns alle nordischen Länder, die in den Pisa-Tests immer vorne liegen, vormachen: Es braucht deutlich mehr Geld in den Schulen (laut OECD sollte ein Land 7 % seines Bruttosozialprodukts für Bildung ausgeben, Deutschland kam 2010 auf 4,7% - da fehlen Milliarden) und deutlich mehr Personal wie die besagten Sozialarbeiter und Psychologen. In Finnland kommt ein Schüler, der den Unterricht stört, erst einmal zu diesen Leuten, ehe er wieder im Unterricht zugelassen wird.
Das typische Lamento von Lehrern !
Mehr Geld, mehr Geld muß her, dann wird alles gut. Vielleicht noch mehr Ferien.
Dann toben in den Schulen neben Lehrern auch Sozialarbeiter, Psychologen, Butler, Physiotherapeuten, Logopäden, Dyskalkulie-Therapeuten, ADHS-Spezialisten und Anti-Amok-Polizeieinheiten herum.
Dann kann es jeder bequem in den jetzt unerträglichen Klassen aushalten !
Vielleicht brauchen ja 70% der heutigen Schüler elektronische Fußfesseln, damit sie spuren.
Scherz beiseite: die längst überfällige Gesellschaftsreform,- oder besser:.-Revolution wird von keinem Lehrer auch nur angedacht. Im Gegenteil:
statt das Fernsehverhalten, den Computerwahnsinn selbst der I-Männchen endlich in großer Breite anzuprangern, meint man modern zu sein, wenn man die sogenannte "Medienkompetenz" mit diesem hirnrissigen Begriff auch noch massiv fördert. Alle Mütter direkt nach der Geburt an die Arbeitsplätze ! Auch eine 'Forderung dieser idiotischen Gesellschaft. Die Auswüchse sind das, was Sie als Lehrer für unerträglich halten ! Aber dagegen streikt niemand. Nicht einmal die zarteste Diskussion darüber wird von Lehrern angezettelt. Politisch sind viele von ihnen aktiv, um irgendwann Pöstchen in einer etablierten Partei einzunehmen und endlich den ungeliebten Job durch gut bezahlte Hohlschwätzerei als Politiker zu ersetzen.
Wolfgang Bergmann, der bekannte Kinderpsychologe aus Hannover, der Bücher schrieb, wie " Das Drama des modernen Kindes", kämpft derzeit mit dem Tode durch Knochenkrebs.
Er hat vieles von dem, was ich hier garnicht aufzählen kann, treffend dargestellt. Er müßte Pflichtlektüre für Lehrer sein. Es nützt nichts, immer mehr Geld in die sogenannte "Bildung" zu pumpen - was immer das heißt, sondern es müssen drastische, strukturelle Veränderungen her. Denkbar für mich wäre auch ein 70-prozentiger Ersatz der Schule durch Internet-
Unterricht -. Wenn man schon diesem Teufelswerk nicht entfliehen kann, sollte man es nutzbringend anwenden - und damit auch enorme Kosten sparen. 200 Lehrer könnten reihum alle Unterrichtsformen ohne jeden Streß an die Schüler bringen. Die restlichen 30% könnten dem Sozialtraining in gemeinsamen Sport,-und Kultur-Arbeitsgemeinschaften vorbehalten bleiben. Dort, wo sich die Schüler tatsächlich noch begegnen, ohne Klausuren schreiben zu müssen.
Nichts an Ideen dieser oder ähnlicher Art habe ich je von Lehrern fordern gehört oder gelesen. Aber: mehr Geld muß her ! Klar, möglichst noch höhere Pensionen ! Das kann nicht wahr sein.-
Das hat jetzt zwar nichts mit Bahnstreik zu tun, ist aber durch Ihr Lamento als Lehrer ausgelöst.
Perivisor