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Parmenides - Das Problem des Seins

AW: Parmenides - Das Problem des Seins

Na, dann gehe nich doch lieber gleich zu Meister HEGEL:
"Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe." (In: "Wissenschaft der Logik").
Dadurch ist wenigstens der Dualis-mus überwunden ...:lachen:
Während mich Deine PARMENIDES-Interpretation eher an das hier :schaukel: erinnert, was aber an mir liegt ...:clown2:
Gruß, moebius
 
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AW: Parmenides - Das Problem des Seins

"Man muss sagen und denken, dass etwas ist: denn das Sein existiert, nicht aber das Nicht-Sein." (Parmenides von Elea, 515 v.Chr. bis ca. 445 v.Chr.)

Ich kann mich an ein lustiges Interview in der Sendung "Echt fett" erinnern, in welchem der Reporter einem Passanten in einer Wiener Fußgängerzone fünf völlig zusammenhanglose und nicht ernst gemeinte Fragen gestellt hat (und muss zeitweise immer noch darüber lachen), wobei der Gefragte die Möglichkeit gehabt hat, entweder mit "stimme zu" oder "stimme nicht zu" antworten zu können. Eine dieser Fragen lautete: "Das Nichts nichtet." Die Antwort war: "Stimme zu."

Was ich damit andeuten will, ist das Problem des Seins und des Nicht-Seins, das - soweit ich mich nicht irre - als erstes von Parmenides behandelt wird. Aus den wenigen Fragmenten, die von Parmenides erhalten sind, wissen wir, dass er in einem Lehrgedicht dieses meiner Meinung nach außerordentlich wichtige und auch schwierige Problem gleichnishaft behandelt hat.

Nun, die Konklusion, zu der er gekommen ist, lautet, dass nur das Sein IST, das Nicht-Sein aber NICHT ist. Das heißt, das, was wir gemeinhin als Nichts bezeichnen (im Gegensatz zum Sein), existiert gar nicht, es ist ein leeres Konstrukt unseres Denkens, und lässt sich gar nicht positiv bestimmen.

Aber warum haben wir einen Begriff für etwas, das es gar nicht gibt? Der Grund, warum wir über das "Nichts" (was immer das auch sei) sprechen können, liegt ja darin, dass wir eine intuitive Vorstellung davon haben, was das Nichts ist oder zumindest sein soll. Hätten wir diese nicht, so könnten wir nicht darüber sprechen. Ich denke nämlich, dass wir uns unter dem "Nichts" die Negation des Seins vorstellen, aber folgt daraus etwa, dass das Nichts, als Negation des Seins gedacht, nur ein realtives Dasein fristet, also nur in Beziehung auf etwas Anderes, das Sein, wenn auch nur abstrakt existieren kann?

Ich meine doch, dass das Sein selbst ein sehr unbestimmter Begriff ist, denn wenn wir ihn definieren müssten, so könnten wir das Sein lediglich als "die Vereinigung aller möglichen konkreten Inhalte definieren". Das Sein ist sozusagen alles und umfasst alle konkreten Dinge, denen das Prädikat "seiend" bzw. "existierend" zukommt.

Ich hoffe, dass mein Denkanstoß nicht zu abstrakt war, und freue mich auf Antworten und Anregungen.

MfG

Damit nicht genug, denn Parmenides geht davon aus, dass es nur diese eine Substanz gäbe, ein unveränderliches SEIN. Unsere Sinne nehmen nur Bewegung und Veränderungen wahr, so dass wir nur Meinungen und Täuschungen erliegen. Wie aber das "geheimnisvolle Tor" zur Erkenntnis des SEINs sich öffnet, darüber gibt es keine Anhaltspunkt.

Tatsächlich ist das SEIN ein philosophischer Grundbegriff, der eben wie die Wahrheit nicht exakt und allgemeingültig zu definieren ist.

Das Wort SEIN ist der substantivierte Infinitiv zu IST. Jede nachfolgende Definition verwendet den zu definierenden Begriff (SEIN/IST) in der Definition. Das ist wie bei Marx, wo das Produkt der Arbeit die Arbeit ist.

In der Bedeutung der Philosophie - nicht in der Bedeutung des SEINS des Parmenides: (nur kurz)
1. SEIN, als reale Existenz und reale Tatsachen. Quasi die Übereinstimmung der äußeren Sinneswahrnehmung mit dem Verständnis dazu, z.B. ein Baum. (ist NICHT das SEIN des Parmenides)
2. SEIN, als physische und psychische Tatsachen. Quasi die Übereinstimmung der inneren Sinneswahrnehmung mit dem Verständnis dazu, z.B. Schmerzen. (ist NICHT das SEIN des Parmenides)
3. SEIN als semantische Existenz und als semantische Tatsachen. Hier spielt weder die innere, noch die äußere Wahrnehmung eine Rolle. Es sind Annahmen, wie beispielsweise Ziffern, Zahlen, Klassen, Ordnungen, Hilfsmittel des abstrakten Denkens. Selbst jene Skeptiker, welche annehmen, dass abstrakte Wörter, Zeichen und Symbole keine Bedeutung haben, nimmt diesen Ausdruck als intersubjektiven Sinn an. (ist NICHT das SEIN des Parmenides)
4. SEIN als Universalie. Das Universalienproblem existiert seit Aristoteles, die Erklärungen und Aussagen dazu halten bis in die Jetztzeit an... (ist NICHT das SEIN des Parmenides)
5. SEIN fiktiver Dinge.
6. SEIN als "NICHTS" (nicht das NICHT-SEIN)
7. SEIN als DA-SEIN. Eine Besonderheit bei Heidegger, er die Zeit mit dem SEIN als feste unumgängliche Bedingung verbindet.

°°°
Hegel stellt das SEIN an dem Anfang seiner Philosophie und erklärt das: „nicht nur dem Sein......ein Wesen zu Grunde liegt, sondern auch dem gesamten Sein und vor allem, dem Wissen davon.“
Das NICHTS in der Dialektik Hegels trifft auf das SEIN und geht ineinander über zum WERDEN, weiter zum Da-SEIN.

°°°
Bei Shakespeare war es noch die Frage: "Sein oder NICHT-SEIN....???", die bei Erich Fromm auf HABEN und SEIN konkretisiert wurde. (eines seiner wichtigsten Bücher)
http://www.amazon.de/Haben-oder-Sein-Erich-Fromm/dp/3423361034

Lieben Gruß
Axl
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Parmenides - Das Problem des Seins

Hallo, Leute!

Wurde aber auch Zeit, dass mein "Seins-Problem" endlich zur Kenntnis genommen wurde. :) Danke für die vielen Antworten!

Ich habe mir die Lösung des Problems auf folgende Weise zurecht gelegt: in unserer sinnlich wahrnehmbaren Welt finden unendlich viele Veränderungen statt, von denen unser menschlicher Verstand nur einen Bruchteil wahrnimmt (bzw. von denen die wenigsten tatsächlich ins Bewusstsein gelangen). Die Unzahl dieser Veränderungen und die Erkenntnis, dass man nicht zweimal in den gleichen Fluss springen kann, hat Heraklit zu dem paradoxen Ausspruch veranlasst, dass alles fließe (panta rei) - was allerdings nur zum Teil richtig ist, denn wenn alles in ständiger Bewegung wäre, wie könne es so etwas wie Bestand geben?
Die Eleaten (darunter Parmenides) hingegen haben die entgegengesetzte Auffassung vertreten, nämlich dass diese Veränderungen nur scheinbar auftreten, in Wirklichkeit aber alles fest stünde und sozusagen ein einziges großes Jetzt sei, das Sein. Wenn man sich unvoreingenommen auf diesen Gedanken einlässt, so würde man zu der Betrachtung geleitet werden, dass unsere Auffassung der Wirklichkeit in der Tat eine höchst einseitige, eine durch die Beschaffenheit unseres menschlichen Erkenntnisvermögens (das bekanntlich sehr unvollkommen ist) bedingte ist, dass das, was wir Realität nennen, im Grunde eine von-Moment-zu-Moment-Erfahrung ist, die in ihrer Gesammtheit betrachtet doch auch wieder nur ein einziges, großes Jetzt ergeben würde. "Die Zeit ist das bewegte Bild der Ewigkeit", sagte - ich glaube - Plotinos, (was beim Verständnis dieses Problems vielleicht ein wenig Hilfe leisten könnte).

Beste Grüße,
Andronikus
 
AW: Parmenides - Das Problem des Seins

Sehr schön!
Aber was wird hier unter "Ewigkeit" verstanden:confused:
Na, vielleicht der blaue Himmel ...:clown2:
Gruß, moebius :blume2:
 
AW: Parmenides - Das Problem des Seins

@ moebius

Ewigkeit? Ein negativer Begriff - das, was weder Anfang noch Ende hat.

Mfg
 
AW: Parmenides - Das Problem des Seins

Ja, wenn für Dich "Ewigkeit" nur ein Begriff ist, warum dann nicht ein negativer ....:lachen::lachen::lachen:
Gruß, moebius :blume2:
 
AW: Parmenides - Das Problem des Seins

@ moebius

Nein, nein, ich setze schließlich nicht den bezeichnenden Begriff mit der bezeichneten Sache selbst gleich. :)
 
AW: Parmenides - Das Problem des Seins

Nun, die Konklusion, zu der er [Parmenides] gekommen ist, lautet, dass nur das Sein IST, das Nicht-Sein aber NICHT ist. Das heißt, das, was wir gemeinhin als Nichts bezeichnen (im Gegensatz zum Sein), existiert gar nicht, es ist ein leeres Konstrukt unseres Denkens, und lässt sich gar nicht positiv bestimmen.

Aber warum haben wir einen Begriff für etwas, das es gar nicht gibt? Der Grund, warum wir über das "Nichts" (was immer das auch sei) sprechen können, liegt ja darin, dass wir eine intuitive Vorstellung davon haben, was das Nichts ist oder zumindest sein soll. Hätten wir diese nicht, so könnten wir nicht darüber sprechen. Ich denke nämlich, dass wir uns unter dem "Nichts" die Negation des Seins vorstellen, aber folgt daraus etwa, dass das Nichts, als Negation des Seins gedacht, nur ein realtives Dasein fristet, also nur in Beziehung auf etwas Anderes, das Sein, wenn auch nur abstrakt existieren kann?

Hallo andronikus,

ein ähnliches Thema lief hier vor einiger Zeit schonmal unter dem Threadtitel "Welche Farbe hat das Nichts?". Meine damalige Antwort zielt in Deine Richtung, ich beschrieb den Grund für die Vorhandenheit des Begriffes ('Nichts') als Mangelwahrnehmungserfahrung. Ich möchte nicht alles nochmals schreiben und habe deshalb - mit Verlaub - meinen Beitrag einfach hierher kopiert.

Anmerken möchte ich vorher noch, dass ich das, was manche Existenzphilosophen (bspw. Heidegger) mit den Begriffen Sein und Nichts - unter willkürlicher Heranziehung antiker Philosophen, darunter auch Parmenides - in jüngster Vergangenheit veranstaltet haben, in meinen Augen hervorragend demonstriert, was geschieht, wenn primär mit Worten gedacht und die Erfahrungswelt verlacht wird.

Doch nun der kopierte Beitrag:

Ich habe mich durch den doch recht langen Thread gekämpft und hoffe, dass ich dabei nichts übersehen habe.

Mit dem "nichts übersehen" verdeutliche ich, dass ich mich auf den eigenen Erfahrungshorizont rückbeziehe. Ich stelle also fest: das, was ich möglicherweise übersehen habe, wäre für mich - da meiner Wahrnehmung entgangen - das Nichts. Das Nichts ist in diesem Zusammenhang somit das angenommene nicht Wahrgenommene; das Nichts wäre demnach ein vermutetes Etwas. Zugleich zeigt obige Aussage auf, dass der Aussagende (ich selbst) sich dessen bewusst ist, dass sein Erfahrungshorizont von begrenzter Natur ist, er also bei jeder Wahrnehmung davon ausgehen muss, dass er dort Nichts sieht, wo er Etwas übersehen hat.

Ich halte fest: Die Vorstellung vom Nichts ist - in diesem Zusammenhang - die angenommene (aus Erkenntnis abgeleitete) Nichtwahrnehmung von Etwas.

Das eigentliche Paradox des Nichtseins lässt sich dadurch zwar schwerlich klären, dennoch wäre zu vermuten, dass die Möglichkeit der Vorstellung eines Nichts aus der Erfahrung einer Mangelwahrnehmung entstanden sein könnte; also aus der Erkenntnis darein, dass stets mehr wahrnehmbar wäre, wir also - dieser Annahme folgend - bei jeder Wahrnehmung immer irgend etwas übersehen: Wir machen die Erfahrung des Nichtwahrnehmens im Seienden.

Um nun abschließend auf die Eingangsfrage Bezug zu nehmen: Das Nichts hat - den vorangestellten Überlegungen folgend - somit immer diejenige Farbe, die wir übersehen. Folglich entzöge sich das Nichts der Wahrnehmung; wohl aber erkennen wir das Vorhandensein von Nichts in Form einer Mangelwahrnehmung von Etwas.

Gewiss ist das Thema damit nicht annähernd abgehandelt, seit tausenden von Jahren grübelt der Mensch (nicht erst seit Parmenides, der ja unlängst aus dem Grab bemüht wurde) über jenem Denkproblem.

Beste Grüße,

Philipp
 
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