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Inquisitionsmaschinerie unter Volldampf

Hi, sirach100!

Wie ich schon sagte, bin ich prinzipiell durchaus auf deiner Seite, werde das aber nocheinmal zu betonen versuchen:

a) Antisemitismus wird als Vorwurf viel zu oft benutzt, vor allem von der israelischen Regierung, die offiziell jede Äußerung, die sie angreift, als "antisemitisch" bezeichnet (es gibt Äußerung in dieser Richtung von Sharon) - was natürlich nicht hinnehmbar ist
b) "Antisemitismus" wird in der heutigen politischen Diskussion nicht im gleichen Sinne verwendet, wie in der historischen!

Aus diesem Grund sind deine Einwürfe hinsichtlich der festen Demokratisierung Dtlds. zwar verständlich, aber sachlich irrelevant: Der latent vorhandene "Antisemitismus", der Dtld. und Europa in letzter Zeit bescheinigt wird, stellt nicht die demokratische oder menschenfreundliche Gesinnung der Staaten / Bevölkerung in Frage. Viel fasst er anti- zionistische und anti- jüdische Tendenzen zusammen und leider ist es zutreffend, das man wieder vermehrt auf Verallgemeinerungen wie "die Juden" stößt, wo Israelis gemeint sind und das Vorhandensein einer besonderen "jüdischen Weltgemeinschaft" unterstellt, z.B. als amerikanische Lobbyisten, oder - wie unlängst Hohmann auf empörende Art & Weise - als Kernkraft des Bolschewismus.

Wie du siehst, sind die hohmannschen Äußerungen also nicht nur historisch falsch, sondern auch gegenwärtig von äußerster Brisanz.

Leider wird dieses Thema von den Medien so oberflächlich- plump behandelt, dass die Mehrheit der Bevölkerung HINTER Hohmann steht und seine Meinung gemeinhin geteilt wird.

Ich hoffe, wir können darin übereinkonmmen, dass Antisemitismus als bloße Worthülse momentan gegen alles gerichtet wird, dass sich in irgendeiner Weise gegen Israel oder Juden richtet oder diese auch nur zum Gegenstand von Kritik macht.
Nichtsdestotrotz und gerade deshalb muss verhindert werden, dass sich die Kritik in einem oberflächlich- unhistorischen Rahmen etablieren kann.

----

Zur Problematik der Palästinenser:
Dir ist hoffentlich klar, dass jeder Isreali und jeder Jude sich angegriffen fühlt, wenn man z.B. die Freigabe von Gebieten etc. fordert.
Das Palästinenserproblem ist die Kehrseite des Zionismus, der vielen Juden ungemein wichtig ist. Kritik am israelischen Staat in dieser Sache - und mag sie noch so berechtigt sein - wird darum auch immer Erinnerungen an die Vertreibung der Juden aus Deutschland erwecken.

Es ist völlig illusorisch, den Nahost- Konflikt lösen zu wollen, ohne sich mit Antisemitismus und Antizionismus auseinanderzusetzen. Und natürlich ist es eine diplomatisch sehr delikate Angelegenheit, ausgerechnet als Deutscher für die Rechte der Plästinenser eintreten zu wollen, da diese der Idee des Zionismus und somit auch einer Kernidee vieler gläubiger Juden entgegenstehen.

bis gleich ;)

Coeur Froid
 
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Ich habe mich gründlich und umfassend in folgendem Werk informiert.

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Dieses großartige Werk hat nur einen Fehler - die Analyse endet mit der Entstehung des Staates Israel.

Es ermöglicht aber eine objektive Sicht auf das Jahrhundertproblem im Nahen Osten.
 
Inquisition

Guten Tag, Coer Froid,

ich stimme zu, dass Hohmanns Verrenkungen empörend sind, be-
sonders den Bolschewismus als "jüdische Erfindung" und ihre
jüdischen Betreiber als Verbrecher hinzustellen. Aus welchen Gründen immer hat es unter jüdischen Mitbürgern in Europa stets sehr viele große Geister gegeben (was ja nun nicht für eine min-derwertige Rasse spräche, wenn man überhaupt solch eine Zu-ordnung wählen wollte). Auch wenn der real existierende Sozia-
lismus in der Praxis gescheitert ist: der Kommunismus ist doch
ein bedeutender geistiger Entwurf mit dem von seinen Erfindern und zumindest den Revolutionären der ersten Jahre zutiefst geglaubten Beglückungspotential für die Menschheit.

Schlimmer als das ist es die angeblich verwerflichen Taten der
(jüdischen) Bolschewiki mit den Verbrechen des Holocaust zu
vergleichen. Ich erkenne auch, dass dahinter die Vorstellungen
von "den Juden" und "den Deutschen" stehen, auch wenn Hoh-
mann gerade erklärt, dass man von beiden nicht als "Tätervöl-kern" reden kann. Man fragt sich schon, warum Hohmann zur
Widerlegung des Spruchs, dass "die Deutschen" ein Tätervolk
seien, solche Konstruktionen und gerade unter Einbeziehung
von Juden wählt. Die Nähe zum antisemitischen Sumpf, wie immer
auch "Antisemitismus" zu definieren ist, ist da. Mehr aber nicht.

In der öffentlichen Diskussion brauchen wir keinen historischen
oder sonstige Spezialbgriff von Antisemitismus. In der einen deutschen Sprache gilt bei der Verwendung dieses Wortes der
S p r a c h b e g r i f f, dessen Inhalt gar nicht so schwer zu ermitteln ist. Wenn ich es einmal versuchen darf: Antisemitismus
ist eine grundlegend negative Haltung gegenüber Menschen jüdischer Herkunft. Entgegen dem Wortsinn sind damit andere als jüdische Semiten nicht gemeint. Judenfeindlichkeit ist das Kurz-
wort, mehr nicht.

Ich stimme zu, dass in der politischen Diskussion von Seiten derer,
die kritisch über die Haltung "der Deutschen" gegenüber "den Juden" wachen (sie benutzen nämlich meist dieselben Klischees
wie Hohmann), als Antisemitismus=Judenfeindlichkeit schon alles
geziehen wird, was objektiv an Falschem über Juden und ihre
geschichtliche oder heutige Rolle berichtet wird. Das schneidet
die notwendige Diskussion über das ab was richtig ist. Die breite
Zustimmung die Hohmann bei vielen findet, ist darin begründet,
dass seine Rede eine wirkliche Judenfeindlichkeit nicht erkennen
lässt und er aus überzogener Furcht vor wirklichem Antisemitis-mus gleich verjagt worden ist statt seine Dummheiten richtig zu
stellen. Dabei hätte man aber auch feststellen müssen, dass ge-
rade solche überzogenen Reaktionen der Grund für seine Klage
waren.

Aber, kaltes Herz, dem muss ich energisch widersprechen, dass
die Stabilität in demokratischer Gesinnung und menschlicher Tole-
ranz in Deutschland keine relevante Größe wäre. Angeleitet durch
die Siegermächte konnten wir anknüpfen an die demokratische
Bewegung von 1848 und Weimar und konnten Menschenwürde
und Grundrechte für alle Zukunft festschreiben. Die vereinzelten
Stimmchen vom rechten Rand, die die freiheitlich demokratische
Grundordnung in Frage stellen, sind keine relevante Größe. Ich
will niemand belehren, der in seiner privaten Historie vielleicht
tief getroffen ist von den unsagbar schrecklichen Taten des Dritten Reiches. Der Schmerz ist aber kein guter Ratgeber, er ist nur eine Fortsetzung des Leidens an altem Unrecht und macht
manchmal gegenüber Besserungen blind.

In Deutschland gibt es - bestimmt auch wegen dem durch Hoh-
mann sichtbar gewordenen Unmut in breitesten Kreisen - endlich
eine Patriotismus-Debatte. Ich begrüße das, nicht weil ich selbst Patriotismus oder gar Nationalismus für Einstellungen halte, die
über den Idealen von Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Toleranz und
Gerechtigkeit einen Platz hätten. Wer stolz darauf sein will, ein
Deutscher, Amerikaner, ein Jude oder ein Bayer zu sein, soll
sich dessen besinnen, was seine Art, Volk oder Gruppe von Menschen an Positivem miteinander verbindet. Und da zählt in
Deutschland die Abkehr von alten Rigorismen, dem Militarismus,
der Untertanenhörigkeit, der gegenseitigen Bevormundung, dem
Fremdenhass und der Selbstüberschätzung und Selbstgerchtig-
keit hin zu den angesprochenen menschlichen Werten - bis hin zur
Weigerung, die U.S.A. in einem verbrecherischen und in den Folgen gar nicht absehbaren Krieg gegen den Irak zu folgen, dem
Versuch der Wiedergutmachung der Untaten des Dritten Reiches,
der Unterstützung des Staates Israel, aber auch der strikten
Ablehung der offensichtlich menschenverachtenden Politik Sharons. Alle Menschen suchen halt in den Gemeinschaften in
die sie hineingeboren oder hineigewachsen sind. Es ist unklug,
den Boden für solche Gefühle so umzubrechen, dass sie nicht
wachsen können. Warum soll der durchschnittliche Deutsche
daran gehindert werden, ein Gefühl für das ihn mit seinen Landsleuten verbindende Positive zu entwickeln? Der Missbrauch
des Gemeinschaftsdenkens durch den Faschismus darf nicht
dafür herhalten. Denn eine Vergemeinschaftung findet so oder
so statt - und wenn es die gemeinschaftliche Ablehnung ist, auf
nicht absehbare Zeit wegen des von Deutschen begangenen
Holocausts akribisch auf mögliche neue Ansätze von Antisemitis-
mus hin durchleuchtet zu werden. Das Wort I n q u i s i t i o n
beschreibt das gar nicht mal so falsch.

Gar nicht nachvollziehen kann ich Deine Argumentation:

"D e n n D´ld und Europa werden in letzter Zeit latent vorhande-
ner "Antisemitismus" bescheinigt."

Sharon ist so dreist, die Kritik an seinem Terror aus Europa als
antisemitisch zu verkaufen. "Bescheingt", d.h. als richtig belegt
ist da ganz und gar nichts. Das Gegenteil ist der Fall.

Auch nicht richtig ist es die angeblich vermehrt in D´ld geglaubte
Verschwörungstheorie durch die "jüdische Weltgemeinschaft" als
Indiz für den behaupteten latenten "Antisemitismus" anzuführen.
Es gibt unendlich viele Interessengemeinschaften, die miteinander
konkurrieren und die Einfluss auf die Politik der Länder nehmen
wollen und ihn teilweise auch wirklich haben. Warum denn auch
nicht? Und sollten einflussreiche Menschen jüdischer Herkunft
ihren Einfluss ausüben um z.B. zu sichern, dass künftig nie wieder
Juden irgendwo in der Welt verfolgt werden, ist das doch ein legi-
times Ziel. Wenn über dieses Ziel hinausgeschossen wird und
viele Hohmänner und andere in Deutschland das Gefühl haben,
dass ihnen noch der Maulkorb umhängt, ist das nicht gut. Zwar
entsteht dadurch kein "Weltjudentum" als Gegner der "arischen
Rasse." Aber es dient dem angestrebten Ziel nicht.

In genau solchen Zusamenhang sehe ich allerdings Deine Erklä-rung, dass es doch nicht angehe, dass ausgerechnet Deutsche für die Rechte der Palästinenser eintreten sollten. Wenn es We-
sensmerkmale gibt, die man vielleicht als typisch deutsch fest-
halten könnte, dann gehört nach meiner stillen Hoffnung dazu
auch eine Bereitschaft, nicht nur immer für die falschen sondern auch bei richtiger Erkenntnis konsequent für die richtigen Ziele einzutreten und sich nicht zu verstecken. Dazu gehört das Ein-
treten für die Achtung der Menschenrechte überall auf der Welt,
auch in Israel und Palästina. Soweit die Ziele des Zionismus, die
ich nicht gründlich genug studiert habe um sie insgesamt zu beurteilen, über die Lebensinteressen der Menschen in Palästine einfach hinweggehen, ist dem entgegenzuwirken - auch von Deutschen. Ich sehe dass Sharon den Zionismus so versteht, dass er das Heilige Land "palästinenserfrei" machen will. Das tut er selbst angesichts der Gefahr die ganze Welt in einen Konflikt zu stürzen, der die Schrecken des letzten Jahrhunderts noch übertreffen kann. Da muss doch gerade der aufmerken, der das alte Unrecht noch nicht verwunden hat. Oder solltest Du Dich
nicht gar "outen" als jemand dem es innerlich vor der Gefahr der Wiederholung der Schrecken der Vergangenheit so graust ("coeur froid"), dass er die Aufgaben des Inquisitors freiwillig übernimmt?

Die ganz große Mehrheit in Deutschland hat die Abtrennung der
seit Jahrhunderten von Deutschen bewohnten Gebiete in Ost-
preußen, Pommern, Schlesien und dem Sudetenland, in denen
viel an deutscher Kultur zu finden war und ist, akzeptiert und
sogar begrüßt, um nicht nach der Vertreibung von 12 Millionen Deutschen an eine Vertreibung der heutigen polnischen
und tschechischen Bevölkerung auch nur denken zu müssen.
Und da soll irgendein religiös fundiertes Motiv die Dauerbesetzung
der von Palästinensern besetzten Gebiete und letztendlich die
Vertreibung der Palästinenser rechtfertigen? Wer solchen Wahn-sinn in der heutigen Welt durchsetzen will, muss schon recht-
fertigen, dass allen Kritikern Sharons mit gleich welcher Begründung das Wort verboten wird! Ich galube nicht an den Wahrheitsgehalt auch nur einer der Weltreligionen. Wenn eine Religion sich Ziele setzt, deren Verwirklichung die Menschen-rechte anderer verletzt, verdient sie nicht die Toleranz, die sonst jeder Religion und Weltanschauung gegenüber aufzubringen ist (und seien ihre Lehren auch noch so wenig plausibel). Ein Wort zu meinem Benutzernamen: Sirach habe ich gewählt, weil er exemplarisch statt der Verkündung hohler Behauptungen über die letzten Dinge aus tiefer Kenntnis der menschlichen Psyche ein praktikables Regelwerk für das angemessene menschliche Verhalten aufgestellt hat. Er ist ein wichtiger früher Vorkämpfer für Aufklärung und Humanismus, die noch immer im Vormarsch sind. Der kluge Schopenhauer wäre manchen Irrtümern nicht er-
legen, wenn er sich intensiver mit den Vorschlägen Sirachs aus-
einandergesetzt gehabt hätte.
 
Hochverehrter Nachkomme des Sirach!

Ich möchte ersteinmal grundsätzliches klären. So ist mir unangenehm aufgefallen, dass du in deinem Argumentationsverlauf unglaublich weit ausholst.
Das mag für sich nichts schlechtes sein, doch halte ich es für offensichtlich, dass z.B. die dt. Historie unstrittig ist.

So nötigst du deine Leser immer wieder aufs Neue, alls das Belanglose und Unstrittige über sich ergehen zu lassen und lange das herauszuarbeiten, was dem eigentlichen Diskurs zugehört.

Ich denke, dass du ausreichend Hochachtung vor deinen Diskussionspartnern hast, um ihnen diesen unterschwelligen Vorwurf der Unwissenheit in Zukunft zu ersparen, ich werde auch vermehrt darauf achten, dass ich es selbst ebenso halte.

---

Weiter in der Sache:
Natürlich ist die dt. Rolle komplex: So wie Kritik am israelischen Staat auf der einen Seite zumindest häufig mit einem Verweis auf die dt. Geschichte problematisiert wird (so wie ich es tat), hast du sicher recht, dass gerade aus der dt. Geschichte auf der anderen Seite auch eine erhöhte Verantwortung für Menschwürde und Völkerrecht erwächst. Das ist unstrittig, wie ich meine.

Ich möchte aber nocheinmal betonen, dass es völlig verständlich (wenn auch unbegründet und z.B. von Sharon aus niederen Beweggründen instrumentalisiert) ist, dass sich ein Jude von einer Israel- kritischen Politik oder auch nur Stimmung (die nun unzweifelhaft vorherrscht, ich denke du kennst diese unsägliche Umfrage, in der über 50% der EU- Bürger Israel aufs schärfste kritisierten) angegriffen fühlen KANN: Zionismus - als das Bestreben, sich als jüdisches Volk im "Heiligen Land" niederzulassen - wird gerade von den "sehr frommen" Juden als essenziell angesehen.
Ich sehe nicht, wie man den Plästinensern zu ihrem Recht verhelfen könnte, ohne den Zionismus zu beschneiden und somit den Verdacht des Antisemitismus zu erwecken.
Der Nahost Konflikt aus europäischer Sicht besteht vor allem in der eigenen Vergangeheit, wie ich zu behaupten wage.

Aber, kaltes Herz, dem muss ich energisch widersprechen, dass
die Stabilität in demokratischer Gesinnung und menschlicher Tole-
ranz in Deutschland keine relevante Größe wäre.
Hier verstehe ich dich nicht, Sirach.
Zum Einen, weil ich niemals dem dt. Volk den eigenen Verstand aberkennen würde und es auch nicht getan habe.
Zum Anderen, weil du dich wieder in der Geschichte Dtld.s ergießt, die mir durchaus bekannt ist, ich denke, unsere "Denkvorgänge" sind in dieser Sache nicht unähnlich ;)

Im Gegensatz zu dir bin ich aber ein begeisterter Spötter des Humanismus und auch die Aufklärung ist sicher einen dialektisch- kritischen Blick wert ;) (Adorno, Horkheimer). Ich möchte mich natürlich ungern auf große Geister (was bei Adorno eh' nicht zuträfe *g*) berufen, an die ich letztlich wohl kaum reichen könnte.... dennoch bin ich der Überzeugung, dass gerade Humanismus und Aufklärung sich im NahOst Konflikt verflüchtigen.

Der Nahe Osten, wie auch die Problematik mit fundamentalen Islamisten uns immer wieder verdeutlicht, ist keine Region, die den Humanismus oder die Aufklärung wie Europa erlebt hat.
Ich bin ein großer Freund der Aufklärung, aber sie verliert jede Verbindlichkeit, wenn man versucht sie in Regionen einzusetzen, die religiös motivierten Fundamentalismus hervorbringen, was leider sowohl auf die Palästinenser als auch auf die Israelis zutrifft.

---

Ich sehe uns nunmehr um Worte streiten, dass ein Jude mit "Antisemitismus" etwas anderes verbindet, als z.B. ein Deutscher halte ich für nicht erwähnenswert, auch die Problematik des NahOst Konfliktes und der europäischen Rolle darin ist sicher hinreichend bekannt.

Ich denke, die Frage läuft in diesem Fall tatsächlich auf eine humanistische (?) Vertrauensfrage an die Menschen hinaus: Kann man Kleingeister wie Hohmann ungestraft faseln lassen und vertraut dem mündigen Volk, oder ist Bevormundung und "Zensur" (um etwas zu übertreiben) notwendig?

Deinem humanistischen Statement entnehme ich, dass du dieses Vertrauen der Bevölkerung entgegenbringen kannst / willst.
Sicher wirst du gewohnt sein, dass andere (wie ich hier) dieses Menschenbild nicht teilen möchten (können).

Darf ich dennoch fragen, ob du - wie der Strang- Eröffner - der Meinung bist, dass Hohmann die "freie Meinungsäußerung" für sich beanspruchen darf?

Ich grüße dich und freue mich auf deine Antwort,

Coeur Froid

P.S.
In der Tat mag mein Name mich nun wie einen deprimierten "Bedarfslinken" aussehen lassen, der aufgegeben hat ;) Ich versichere dir aber, dass zumindest der Name gänzlich unpolitisch ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Inquisition

Guten Tag, Coer Froid,

ich bin zu weitschweifig gewesen, teils weil ich mir nicht genügend Zeit gelassen habe, knapper zu denken und zu
formulieren, teils aus Angst vor der Bedeutung des Themas.
Ich bitte um Nachsicht.

Das Wchtigste zum Thema Inquisition vorweg: die freie Meinungs-
äußerung des Art. 2 Abs.1 GG ist ein Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat, wonach erlaubt ist was nicht verboten ist. Gegen Gesetze hat Hohmann nicht verstoßen, insbesondere hat er keine strafbare Volksverhetzung begangen (§ 130 StGB). Ob er
seine zwar nicht verbotenen, aber unsinnigen und unangemesse-nen Vergleiche unter Gleichsetzung jüdischer Bolschewiki mit den Schlächtern Hitlers in anderen Beziehungen unge"straft" äußern
darf, ist nur dort eine Rechtsfrage, wo solches Verhalten rechtlich
geregelt ist. Hier kommt es auf die Parteisatzungen der CDU an,
die ganz andere Grenzen ziehen können als die staatliche Verfas-
sung und die Gesetze des Staates. Nach Art. 21 Abs.1 S.3 GG muss nur die innere Ordnung der Parteien demokratischen Grund-sätzen entsprechen. Die CDU kann daher unbedenklich jemand aus ihren Reihen ausschließen, der sich so aufs Glatteis begibt wie Hohmann. Parteien dürfen sich auf Inhalte festlegen und dürfen Andersdenkende ausschließen. Fraglich ist nur, ob das
im Falle Hohmann klug ist, weil er gerade auf dem Hintergrund argumentiert, dass ähnlich wie bei der Annahme einer Kollektiv-
schuld "die Deutschen" fortwährend auf dem Prüfstand stünden,
was niemandem hier gefallen kann.

In Bereichen die rechtlich nicht gesondert geregelt sind wie in Freundeskreisen etwa würde ich mich persönlich von einem solchen unverbesserlichen Rechten trennen. Ich habe tatsächlich
schon einmal ähnliches erlebt, als ich einem Schulkameraden und
Freund der Jugend die Freundschaft gekündigt hatte, weil er
partout dabei blieb, dass die Apartheid für Südafrika das Richtige
sei.

Du hast völlig Recht, dass auch Humanismus und gerade die Auf-
klärung nicht unkritisch zur Richtschnur des Handelns gemacht
werden können. Sind doch auch sie unsere Erfindungen und tragen im philosophischen Sinne nicht das Signum absoluter
Geltung. Wenn ich mit meinem Verstand und meinen Sinnen aber
eine Entscheidung treffen muss, wähle ich bei allem erkenntnis-
theoretisch gebotenen kritischen Abstand den Humanismus und
die Aufklärung als die jedem religiösen Bekenntnis oder gar dem religiös erklärtem Wunsch nach Landnahme wie bei den Zionisten als die Grundlagen meines Denkens und Handelns. Ich bin daher
auch der Meinung, dass kein Christ, Jude oder Muslim, der die Regeln der Humanität aus religiösen Gründen meint verletzen
zu dürfen, insoweit keinen Schutz verdient und insbesondere nicht das Recht haben darf, die Kritik an seinen Umtrieben zu
unterbinden.

Wohl jeder wirklich Gläubige wird selbst gegenüber den aner-kannten menschlichen Werten wie sie exemplarisch in der UNO-
Menschenrechtsdeklaration verankert sind, seine Glaubensinhalte
höher schätzen. Da stoßen sich eben der Rigorismus der Huma-ntität mit dem Rigorismus des Glaubens. Ein wehrhafter Huma-
nismus wie ihn das moderne Völkerrecht fordert muss sich der
religiösen Intoleranz widersetzen, wenn sie die Menschenrechte
Anderer mit Füßen tritt. Ich rechne damit, dass nach und nach die
Menschen in Israel erkennen werden, dass die Errichtung eines
rein jüdischen Staates auf dem Siedlungsgebiet von Juden und
Palästinensern kein legitimes Ziel ist, vielmehr ein geplantes Ver-
brechen. Einen Glauben, der mir sagt dass ich meinen Nachbarn
vertreiben und unterdrücken muss, lege ich ab - so wie ich meinen
christlichen Glauben abgelegt habe.

Findet die Welt keine Lösung des Palästina-Problems, werden die
beleidigten Söhne reicher Ölscheichs wie Osama Bin Laden, ver-
eint mit den Armen des Orients die Welt ins Elend stürzen. Beim
6-Tage-Krieg hatte ich noch Geld gespendet, damit die Araber
nicht die Bürger Israels ins Meer werfen konnten. Heute bekäme ich gern mein Geld zurück, denn für eine Dauerbesetzung und
eine schleichende Annexion Palästinas war es nicht gedacht. Es ist doch reine Polemik, die Bürger Europas antisemitischer Haltung
zu schelten, weil sie sich menschlich vom Schicksal der Palästinen-
ser getroffen fühlen und weil sie Frieden in Palästina und in der
Welt wünschen! Es gibt keine guten Worte für die Ziele Sharons
und seiner Anhänger. Hätte Hohmann doch direkt gegen Sharon
vom Leder gezogen ! Da hätte er wenigstens den Richtigen getroffen und sich nicht am Andenken gutwilliger Kommunisten
jüdischer Herkunft versündigt. Diesen Mut hatte immerhin der
etwas tollwütige Möllemann, der seinen Kampf aber nicht des-
wegen verlor, sondern weil die Inquisition ihn wegen seiner
schrägen Schlussfolgerungen in Ansehung des penetranten Herrn
Friedmann in die Mangel nahm und ihm so einen Antisemitismus
vorwarf.
 
Abtwort auf Majanna

Was ich mit meinem Beitrag wollte?

Ich musste mir unbedingt 'mal luftmachen, da die von allen Seiten auf mich einströmende (Medien-) meinung nicht meine war. Ich hatte das Gefühl, hier wird wieder jemand mit der Antisemitismuskeule totgeschlagen, der es (vielleicht/wahrscheinlich) nicht verdient hat, und sich außerdem niemand traut, dagegen aufzumucken, um ja nicht selbst des Antisemtismuses bezeichtigt werden zu können. In diesem Gefühl wurde ich noch bestärkt, als ich mir aus dem Internet den kompletten Redetext geholt habe.

Ich bin kein Hohmann-Fan und nicht einmal ein rechtskoservativer.
Wenn ich mich in eine Schublade pachen würde, wäre es die auf der linken Seite, wo liberal draufsteht.

Mit freundlichen Grüßen
TAKEDA
 
Vor einiger Zeit war ich mit meinem Ältesten in Polen in einer Disco. Mein Sohn forderte ein Mädchen in deutscher Sprache zum Tanzen auf und bekam als Antwort, sie sei eine Holländerin und mag keine Deutschen.
Zuerst war ich verdutzt, dann erzürnt, am Ende aber angenehmen überrascht. Natürlich steht es in einer Demokratie jedem frei, die Deutschen, Türken, Juden oder sonstwen zu mögen oder nicht, ohne sich dafür zu erklären oder rechtfertigen zu müssen. An dieser Antwort wurde mir überdeutlich klar, wie verbogen wir bereits geworden sind, welche Schere in unsere Köpfe gepflanzt wurden durch Kreise, die 2000 Jahre Deutsche Geschichte auf die Zeit zwischen 1933 und 1945 reduzieren wollen. Heute sind wir soweit, dass schon die Ankündigung einer Patriotismusdebatte im Bundestag von heftigen Abmahnungen begelitet ist, bevor diese noch stattgefunden hat.
Fragt man sich - cui bene- (wem nützt das), findet man schnell die richtige Antwort.
Entgegen gültigem Völkerrecht hat man uns ein Viertel des Staatsgebiets weggenommen,Millionen Menschen entschädigungslos vertrieben, hundertausende deutscher Soldaten und Zivilisten mussten bis zu zehn Jahren nach Kriegende Zwansarbeit leisten, viele davon sind jämmerlich umgekommen, meine Kinder zahlen heute noch für Verbrechen, mit denen sie absolut nichts zu tun hatten(3. Generation).
Damit wir alles ohne Murren hinnehmen, darf die Schuld nich enden. Oder fragt heute noch einer nach den Opfern der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki ?
Die Geschichte schreiben immer die Sieger, das Völkerrecht gilt nur für ihn, oder wie die Römer sagten, vae victis (wehe den Besiegten).
Eine Gesellschaft, die nicht mehr in der Lage ist, ihre eigenen Interessen wahrzunehmen und diese auch ggf. gegen die Interessen anderer Länder durchzusetzen(natürlich friedlich), ist ein beliebtes Opfer und hat keine Zukunft.
So wirr und leicht missvertsändlich die Rede Hohmanns war, so ist ihr doch zu verdanken, dass dieses Thema wieder auf die Tagesordnung kam. Bedauerlich, dass es dafür eines solchen Anlasses bedarf.
 
Inquisition

Navaho hat Recht. Hohmann hat bei aller Verdrehtheit den Finger
in eine Wunde gelegt. Nach Erkenntnis des Nazi-Unrechts war es
wichtig, dass die nachgeborenen Menschen in Deutschland und
überall in der Welt dazulernten. Der Humanismus und die Toleranz
die unsere Gesellschaft inzwischen verinnerlicht haben, bedeuten aber keine Verbiegung. Mögen Deutsche früher stolz auf die Größe ihrer Nation gewesen sein. Heute dürfen wir ein wenig stolz darauf sein, mit dazu beitragen zu dürfen, dass sich nach und nach in aller Welt die Ideale des Humanismus verbreiten können. Dennoch kann ich verstehen, dass Navaho von Verbie-gung spricht. Kein Mensch ist so perfekt, dass er immer nur das
Richtige zu tun in der Lage ist. Praktisch jeder hat bis zum besse-
ren Wissen seine Vorurteile. Zur Freiheit der Rede gehört es auch,
nicht immer jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen.

Gerade einige Siegermächte, die Wert darauf legten und teils auch heute noch darauf legen, uns auf unsere humanistische Integrität unter Überwachung zu halten, scheren sich einen Dreck ums Völkerrecht. Gerade Nachkommen der Juden, die von Deutschen verjagt und vernichtet wurden, versuchen heute die Palästinenser aus ihrem Land zu treiben.

Man muss nicht Unrecht gegen Unrecht aufrechnen. Wenn wir
aber schweigen sollen, wenn der Verbrecher Sharon die Europäer als Antisemiten beschimpft weil sie seinen Vernichtungsfeldzug
gegen die Plästinenser angreifen, dann geht es zu weit. Weil die
UNO-Vollversammlung die Zäune und Mauern durch Palästina ver-
urteilt, greift er mit derselben Blindheit die Völkergemeinschaft an.

Navaho hat Recht. Der deutsche Staat hat vor Jahrzehnten viel
Leid über die Welt gebracht. Heute sind es andere, die sich als
Unmenschen erweisen. Es gibt keinen Grund nicht sagen zu dürfen, welches Leid auch über Deutsche gebracht wurde und dass nicht nur Deutsche sich an Anderen sondern auch Andere an
Deutschen vergangen haben. Erst wenn wir darüber frei reden
können und wenn auch unsere Politiker den Mund aufmachen
dürfen fällt unser Maulkorb. Das ewige Nachsetzen der Bewahrer
des rechten Weges wie Friedmann & Co., unterstützt durch fast
alle unsere Medien, hat in der Tat inquisitorischen Charakter. Denn so verständlich es ist, wenn gerade Opfer des Nationalso-
zialismus weiter in Sorge leben, dass wieder einmal von Deutsch-
land aus Unrecht über sie kommen könnte, so muss auch solche
dauernde Beäugung ihre Grenzen haben. Wird die "Inquisition"
übertrieben, müssen wir uns eben wehren so gut es geht.

Nach und nach werden sich vielleicht auch die Parteien und die Medien besinnen. Die Bevölkerung traut ihnen in der großen Mehrheit doch schon heute manche Manipulation zu. Geschieht
da nichts, wächst die Verdrossenheit.
 
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