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Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

arthur jules

New Member
Registriert
25. Dezember 2010
Beiträge
37
Eine ganz simple Frage: warum existieren noch immer sinnstrebende Mensch-
en in einer sinnleeren Welt? Warum quaelen sie sich selbst und bringen wei-
tere Qual zur Welt? Und wenn sie leben wollen, haben sie das Recht andere
vom Ast zu saegen? Ich weiss, sie nehmen sich was sie wollen, wen inter-
essierts? Die naechsten Generationen, die Kinder und Kindeskinder, werden
vergessen was vorgefallen ist. Und auch die Opfer werden vergessen - im
Nichtsein. Also was solls, waere es nicht besser einen Schlussstrich zu zie-
hen? Ein Planet zu schaffen, der kein Leben mehr beherbergt, stattdessen
der ewige Frieden des Anorganischen herrscht wie auf jeden anderen Plane-
ten, wie vor jenem Augenblick als die erste Bakterie entstand, die es nicht
vermochte, zu zerfallen. Jawohl, es gab eine Welt in der keine Menschen exi-
stierten, eine Welt in der kein ich-suechtiges Geplaerre die friedliche Ruhe
durchdrang. Waere es nicht wert, dieses wahrhafte Paradies wiederherzu-
stellen? Die Intelligenz zu vollenden, in dem die rosaroten Brillen abgelegt
werden? Denn warum sollten sie weiter getragen werden, wenn man genau
weiss, dass man auch ohne sie zu einem wunderbaren Panorama gelangt?
 
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AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Bist du Existenzialist?

Naja, das traurige am Sisyphos-Mythos ist eigentlich nur, das Sisyphos gar nichts davon mitbekommt, dass er einer sinnlosen Tätigkeit nachgeht die zu keinem Ziel führt, würde er bewusst werden, so könnte er sich anderen- mit Sinn gefüllten Tätigkeiten zuwenden!

:)
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Hallo pscht,

nein, ich bin kein Existenzialist. Diese philosophische Stroemung ist mir nicht
konkret genug. Ich hecke auch keine Systeme aus, gehe keinen Schulen
nach, lasse mich in keine Schubladen stecken. Dennoch, ich stimme mit
Camus in so gut wie allen Gedankengaengen ueberein, nur die Revolte emp-
finde ich als stoerend. Das sie eine absurde Handlung in einem absurden
Hintergrund-Kontext darstellt, wusste Camus selbst. Und auch der Selbst-
mord stellt eine aufgeschichtetere Absurditaet dar, den er allerdings nicht als
Loesung sah.

pscht:
Naja, das traurige am Sisyphos-Mythos ist eigentlich nur, das Sisyphos gar nichts davon mitbekommt, dass er einer sinnlosen Tätigkeit nachgeht die zu keinem Ziel führt [...]
Was Sysiphos nicht mitbekommt, bekommt der Beobachter mit. Sysiphos
kann man mit dem einzelnen Mensch bzw. als zu beschreibendes Objekt die
Gesellschaft bezeichnen, die um ihre Situation nicht bescheid weiss. Ich als
Subjekt bin Beobachter mit entsprechender Erkenntnis, der dem unwissenden
Mensch Auskuenfte gibt. Solange ist dieser Unwissende Mensch noch glueck-
lich und lebt bis dato sorglos.

pscht:
[...] würde er bewusst werden, so könnte er sich anderen- mit Sinn gefüllten Tätigkeiten zuwenden!
Diese Taetigkeiten haben einen Sinn bzw. einen Nutzen für sich selbst im ab-
geschlossenen Kontext. Darueber hinaus besteht kein hoeherer Sinn. Eine
Kaffeemaschine dient dazu, Kaffee zuzubereiten. Zu mehr dient sie nicht. Der
Kaffee dient dem Mensch zum Genuss. Der Genuss dient dem Mensch für sein
Wohlbefinden, gilt als angenehm und ist somit vorteilhaft. Ferner als Nahr-
ungsmittel zum Ueberleben. Wozu dient dies alles? Das Ueberleben hat keinen
hoeheren Sinn, also existiert der Mensch bzw. die Menschheit nur aus tri-
vialen, sich selbst zugesprochenen Gruenden. Die Ziele werden sich selbst ge-
setzt, jedoch sind sie von der Konsistenz her relativ, d. h. sie koennen ver-
waessert werden. Auch so im allgemein, nach einem Ziel folgt stets ein neu-
es. Damit kann der Mensch nie zufrieden sein; sein Ich das ihm vom restlich-
en Tierreich hervorgehoben hat, hat ihn zum seelenlosen Wanderer gemacht.
Mehr Nachteil als Vorteil. Ein Schimpanse den man Essen vorwirft kann genau
so gluecklich sein wie ein Mensch der gerade ein Ziel erfuellt hat, doch schon
im selben Augenblick steht schon fest: bei diesem Ziel kann es nicht bleiben,
es geht immer weiter. Was tun? Fortschritt kann man nicht rueckgaengig
machen. Ebenso wenig Leberzirrhose. So wie ein kaufsuechtiger Mensch der
seine innere Leere mit materiellen Gegenstaenden auszugleichen versucht:
die Vorfreude glueht auf, der Kauf ist der Hoehepunkt und nach diesem ... ist
der Mensch so leer wie zuvor. Sie wissen, dass das Gefuehl der Leere nicht
auszugleichen ist, so wie der Alkoholiker weiss, dass der Alkohol seine Pro-
bleme nicht loesen kann, das der Rausch die innere Leere nicht aufzufuellen
vermag. Dies koennte freilich auch ein gesellschaftliches Phaenomen werden,
was mittlerweile nach und nach immer mehr an der Statistik deutlich einseh-
bar wird. Die Utopien werden allmaehlich beiseite gelegt, melancholische
Sichtweisen und Pessimismus machen sich breit. Machthaber und Grossunter-
nehmen haben ihre Finger in den Medien, halten mit psychologischen Mitteln
dagegen, wollen, dass sich die Buerger weiterhin wie Schlachttiere aus-
nehmen lassen. Zu frueheren Zeiten wollte man das Volk satt machen, heute
ist es offensichtlich so, dass die Leute hungrig gemacht werden, damit sie die
Wirtschaft mit ihrem Konsum ankurbeln. Dabei ist alles recht, nur nicht Er-
kenntnis. Ganz zu schweigen vom Humanismus, hinter dieser Tarnung geht
das Abschlachten fuer Mensch und Tier weiter ... im Wissen, dass das Leben
sinnlos ist. Tragisch die Person, die da Kaempft und verliert. Das Leben ist ein
einziger Ueberlebenskampf, doch es ist vergeblich, sterben muss man sowie-
so. Dabei hinterlaesst man nur Trauer. Troestlich, dass die Angehoerigen ihre
Trauer und sich selbst vergessen werden. Und man hinterlaesst umgewaelzte
Materie, von einem Zustand in einen anderen gebracht. Allerdings ohne Sinn.
Jegliche Arbeit ist vergebens, die Daecher werden gedeckt, ein paar Jahr-
zehnte spaeter werden die Haeuser abgerissen. Auf das Leben uebertragen
bedeutet dies: gelebt haben und alles wieder zu vergessen. Was bedeutet
dieses Leben? Gibt es wirklich Freude und Schoenheit, oder redet man sich
diese Bewertungen und Gefuehle nur ein? Das Leben ist eine Aufreibung von
Koerper und Geist, die nuetzlichen und gewinnbringenden Aspekte werden als
vorteilhaft bezeichnet, die ertraeglichen Aspekte als aesthetisch angenehm.
Doch was, wenn man Sprache als unzureichendes Instrument sieht, das ei-
gentlich inhaltsleer erscheint, somit das ganze Leben leer ist? Wie ein Pro-
gramm das seinen Dienst tut, aber keine hoehere Bedeutung besitzt, sich da-
hinter nichts weiteres befindet ...

Gruesse,
Arthur Jules
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Das mit dem Frieden des Anorganischen ist von Ulrich Horstmann, oder? "Das Untier", ein Buch, daß mir mit Anfang 20 viel Spaß gemacht hat. Auch E.M. Cioran u.ä.

Dasjenige, was diese Sachen so denkt und bewertet, das ist Dein Verstand. Zur Sinnstiftung ist der nicht immer bereit. ;) Aber Du bist mehr, als nur Verstand. Nimm ihn nicht so ernst. Er soll Dein Leben verbessern und nicht Dich traurig machen. Freunde Dich mit ihm an. Ihr kriegt das schon hin.
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Hallo 5Zeichen,

5Zeichen:
Das mit dem Frieden des Anorganischen ist von Ulrich Horstmann, oder? "Das Untier", ein Buch, daß mir mit Anfang 20 viel Spaß gemacht hat. Auch E.M. Cioran u.ä.

das hast Du absolut richtig erkannt!

Ulrich Horstmann, der sich in seinem Hauptwerk fragt, wie die anthropofugale
Vernunft ueber Jahrhunderte hinweg vergessen werden konnte, weil der
Kataklysmus doch bereits in fruehgeschichtlichen Mythen erwaehnt wurde.
E. M. Cioran, der radikale Skeptiker und Kulturkritiker, der jegliche Auszeich-
nungen ablehnte. Ja, das sind tiefgruendige Denker. Und ich lese deren
Schriften sehr gerne.

Hier ein Link zu Horstmanns literarischen und wissenschaftlichen Arbeiten:
http://www.untier.de/index.php

5Zeichen:
Dasjenige, was diese Sachen so denkt und bewertet, das ist Dein Verstand. Zur Sinnstiftung ist der nicht immer bereit.
Ja, so ist es.

(Allerdings benutze ich Verstand als Synonym für Wahrnehmung, d. h. lass es
mich durch Vernunft austauschen und auf die dritten Ebene (Karl Poppers
Drei-Welten-Lehre) verschieben). :reden:

5Zeichen:
Aber Du bist mehr, als nur Verstand. Nimm ihn nicht so ernst. Er soll Dein Leben verbessern und nicht Dich traurig machen. Freunde Dich mit ihm an. Ihr kriegt das schon hin.
Nicht nur, das es um mich ginge, sondern um alles Organische. Die Existenz
des Lebens als fragwuerdig zu sehen, das Leben allgemein als einzige auf-
reibende Qual mit allgegenwaertige Langeweile, selbst wenn man glaubt sich
zu beschaeftigen. Als waere diese Grundgegebenheit an sich noch nicht ge-
nug, gibt es zu viel absichtlich herbeigefuehrtes Elend auf diesem Planeten.
Nichtmenschlichen Tieren geht es dann sicherlich noch elender, weil sich die
moralische Sphaere seit der Homosexuellenbewegung nicht erweitert hat, ob-
wohl das Speziesismusproblem noch offensteht, was zur Folge hat, dass im
grossen Mass Leid entsteht und von vielen Menschen durch Konsum gefoer-
dert wird. Wer Peter Singers Animal Liberation gelesen oder Earthlings ge-
sehen hat, der weiss, dass dieses gegenwaertige Abschlachten sicherlich
nicht enden wird. Wer Probleme beseitigen will, muss die Ursache beseitigen.

Wie Cioran spitzfindig erkannte: es gibt keinerlei Argumente fuer das Leben.
Ganz gleich, wie man die Sache dreht und wendet.

Gruesse,
Arthur Jules
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

"Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen." So heißt der Schlusssatz bei Camus richtig.
Ich weiß nicht, ob die ganze Diskussion hier hinfällig ist, wenn die Voraussetzungen nicht stimmen. Kurz vorher erläutert Camus das ja auch:
"Nur lehrt Sisyphos uns die größere Treue, die die Götter leugnet und die Steine wälzt. ... Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen.
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Servus Arthur :-)
Ich nehme an, du bist ein sehr junger Mensch?
Dein Text klingt danach, als hättest du eben entdeckt, dass der ganze Popanz, auf der die Gesellschaft aufgebaut ist, keinerlei Substanz hat?
Nur unter diesem Gesichtspunkt ist die Sinnlosigkeit und Leere des Lebens ein Problem. Ich vermute, dass nichtmenschliche Tiere dieses Problem nicht haben, weil sie nichts vermissen, das sie sich zuerst zusammengedacht hätten; Wittgenstein hat das schön formuliert: "Nicht wie die Welt ist, ist das Bemerkenswerte, sondern, dass überhaupt eine Welt ist", also, wie es kommt, dass man sich zum mystisch Bestehenden auf einer Metaebene eine Parallelwelt denkt, und dann nur in dieser Welt lebt; beziehungsweise dann unglücklich ist, wenn man bemerkt, dass diese Welt nur ein Hirngespinst ist.
Ich für meinen Teil bin recht glücklich damit, dass es keinen Sinn gibt, den ich erfüllen müsste und das Leben ein reines Geschenk ist. Und soweit ich weiß, war auch Cioran ein eher fröhlicher Mensch mit guten Manieren, dem einzig sinnvollen "Popanz" ;-)
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Hallo Arthur Jules,

Hallo Arthur Jules,
Wie Cioran spitzfindig erkannte: es gibt keinerlei Argumente fuer das Leben.
Ganz gleich, wie man die Sache dreht und wendet.
Gruesse,
Arthur Jules

Da hat er ganz Recht. Natürlich sind alle Argumente, die menschlicher Verstand, oder auch menschliche Vernunft, wenn´s beliebt, anführen könnte, gleichermaßen schwach. :)

Aber wen stört das? Es ist da, das Leben und es ist, wie es ist, ohne sich um die Produkte menschlichen Verstandes zu kümmern! Ich sehe es als Geschenk, mit dem jeder machen kann, was er will. Cioran hat es trotz (oder wegen, das weiß man immer nicht so genau ;)) seiner Verstandesprodukte auch ziemlich lange genossen. ;)

Tschüß, erstmal, und gute Unterhaltungen
:winken3:
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Hallo oktoberwind,

oktoberwind:
"Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen." So heißt der Schlusssatz bei Camus richtig.
Ich weiß nicht, ob die ganze Diskussion hier hinfällig ist, wenn die Voraussetzungen nicht stimmen. Kurz vorher erläutert Camus das ja auch:
"Nur lehrt Sisyphos uns die größere Treue, die die Götter leugnet und die Steine wälzt. ... Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen.
die jenigen die den Sysiphos-Mythos kennen, werden informiert sein. Jeden-
falls geht es nicht speziell um den Sysiphos-Mythus, denn sonst haette ich
konkreter geschrieben und ggf. auch Textstellen angegeben. Den kann man
in einem extra dafuer erstellten Thread durchkauen, in diesem Thread ist er
allerdings ein Aspekt unter vielen anderen.

Ich weiss, was Camus geschrieben hat, ich kenne auch den Schlusssatz des
Sysiphos-Mythos. Wobei ich eigentlich nicht wirklich weiss, wie Camus die
Kurve bekommen hat. "Der Kampf vermag ein Menschenherz auszufuellen", na
der Kampf ist doch vergebens und somit tragisch, aber auch im hoechsten
Mass absurd. Ebenfalls Schopenhauer, er sah als Loesung nicht den Selbst-
mord. Vielleicht haetten beide einfach nur ein schlechtes Gewissen gehabt,
wenn ihre zukuenftigen Leser aus dem naechstbesten Fenster springen,
haetten sie nicht die Kurve gekriegt. Es zeigt sich immer wieder, dass er-
langtes Wissen anerkannt wird, doch im letzten Moment des Abschluss und
der Verinnerlichung des Gedankens beginnt das sich-zur-Wehr setzen. Das
kritisierte auch Horstmann in seinem Hauptwerk, das Fromm die Nekrophilie
und Destruktivitaet erklaert und sogar anerkennt, stellt aber diesem Prinzip
ein anderes entgegen, die Biophilie. Das es sich mehr um ein optimistischer
Ausgleich handelt, ist gut moeglich. Das mich die Revolte stoert habe ich ge-
schrieben, und das ich ein klares Ziel (die Menschenleere, das Anorganische)
in Erwaegung ziehe, passt doch sichtlich nicht ueberein.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Hallo erichs,

erichs:
Ich nehme an, du bist ein sehr junger Mensch?
Dein Text klingt danach, als hättest du eben entdeckt, dass der ganze Popanz, auf der die Gesellschaft aufgebaut ist, keinerlei Substanz hat?
jung bin ich nicht mehr, jedenfalls fuehle ich mich, als haette ich gefuehlte
tausend Jahre hinter mir. Und meine Erkenntnisse, die durchkaue ich schon
eine Weile, und nun bringe ich sie in Worte. Wenigstens mit ausreichend Kon-
sistenz, hoffe ich.

erichs:
Nur unter diesem Gesichtspunkt ist die Sinnlosigkeit und Leere des Lebens ein Problem.
Nicht nur die Sinnlosigkeit, sondern auch Langeweile und Aufreibung. Diese
beiden und noch einige weitere Aspekte stehen im Vordergrund, im Hinter-
grund haengt stets die Sinnlosigkeit als Leinwand.

erichs:
Ich vermute, dass nichtmenschliche Tiere dieses Problem nicht haben, weil sie nichts vermissen, das sie sich zuerst zusammengedacht hätten; Wittgenstein hat das schön formuliert: "Nicht wie die Welt ist, ist das Bemerkenswerte, sondern, dass überhaupt eine Welt ist", also, wie es kommt, dass man sich zum mystisch Bestehenden auf einer Metaebene eine Parallelwelt denkt, und dann nur in dieser Welt lebt; beziehungsweise dann unglücklich ist, wenn man bemerkt, dass diese Welt nur ein Hirngespinst ist.
Zunaechst muss ich sagen, dass es mich freut, das Du nicht nur einfach
"Tiere" schreibst, sondern "nichtmenschliche" davorsetzt, was die Zuge-
hoerigkeit des Menschen zum Tierreich hervorhebt, wenn sie im Kontext
erwaeht werden. Diese Definierung und angemessene Wortwahl beugt vor
allem dem Speziesismus vor.
Als naechstes stimme ich Dir zu, das nichtmenschliche Tiere kein Problem mit
der Sinnlosigkeit haben, weil sie nie eine solche Frage ueber Sinn oder Nutzen
ihres Lebens formuliert haben, weil ihr Intellekt noch nicht so weit ausgereift
ist. Das gleiche bei Neugeborenen. Das ist ihr Glueck, nichts hinterfragen zu
koennen. Sie koennen ihr Leben so weit wie es geht geniessen. Das koennen
Menschen auch, aber in meinem Fall ist es so, dass ich zu weit hinterfragt
habe, das ich die wichtigste Triebfeder Aesthetik erklaert und entmystifiziert
habe. Somit laesst sich alles Erleben auf einen bestimmten Nenner reduzier-
en, zudem spreche ich noch von evolutionaer eingepraegten Programmen, die
immerzu auf Lebensbejahung aussind, falls noetig mithilfe der Vernunft. Da-
hinter ist nichts mehr.

Von der Welt und vom Subjekt: das Subjekt entsteht in der materiellen Welt,
das Bewusstsein ist eine hoehere Qualitaet, ein zusaetzliches Phaenomen.
Wir koennen niemals von diesem Phaenomen auf die Realitaet zugreifen, nie-
mals wissen wie sie wahrhaftig aussieht. Sie sieht naemlich nicht so aus wir
wir sie sehen, denn man kann davon ausgehen, das z. B. Farben nicht exi-
stieren. Das was wir erleben ist hoechstens die Wirklichkeit. Zwischen Rea-
litaet und Wirklichkeit unterscheide ich sehr streng. Wirklichkeit ist fuer Dich
ein fahrendes Auto das Du sehen kannst. Dieses Auto ist noch innerhalb
Deines Blickfeldes. Allerdings faehrt es nun weiter hinter den Berg und Du
kannst es nicht mehr sehen, es liegt ausserhalb Deiner Wirklichkeit. Es ist
nicht "weg", wie man es alltagssprachlich sagen wuerde, sondern befindet
sich jederzeit als Ding an sich in der Realität, aber nicht mehr im Bewusst-
sein. Man kann davon ausgehen, das niemand die reale Welt kennt, ergo: wo-
von man nicht sprechen kann, darueber muss man schweigen. Also muesste
jeder Mensch nur von seiner Wirklichkeit berichten, nicht von der Realitaet,
die Welt also wie sie uns nicht zeigt. Ist doch klar, dass ein durch die Evo-
lution geformter Beobachter wie ein Filter erlebt. Heisst auch, das wir Men-
schen doch nicht alles wissen ... aber darueber, das wir einiges nicht wissen,
koennen wir dennoch bescheid wissen.

Man kann nun davon ausgehen, das zwei Welten existieren. Die erste Welt
ist aus Sicht des Beobachters die Vermutung, welche man Realitaet nennt
und zwingend notwendig fuer die zweite Welt ist, d. h. dem wirklichen Gehirn
muss ein reales Gehirn zugrunde liegen. Davon abgeleitet steht folgende
Schlussfolgerung: wenn meine wirkliche Welt nicht mehr existiert, kann ich
davon ausgehen, dass die reale Welt weiter existiert - ausser ich glaube an
den Solipsismus (wovon ich persoenlich nicht viel halte). Warum existiert
ueberhaupt etwas und nicht vielmehr nichts, das frage ich mich besonders
zur realen Welt ... soweit ein kleiner Exkurs, ein Hauch von Radikalen Kon-
struktivismus.

erichs:
Ich für meinen Teil bin recht glücklich damit, dass es keinen Sinn gibt, den ich erfüllen müsste und das Leben ein reines Geschenk ist.
Ich sage immer, dass es in Ordnung ist, sich das Leben so angenehm wie
moeglich einzurichten. Noch besser waere es von Anfang an gewesen, wenn
ich nie existiert haette.

erichs:
Und soweit ich weiß, war auch Cioran ein eher fröhlicher Mensch mit guten Manieren, dem einzig sinnvollen "Popanz" ;-)
Ja, das war er.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

Hallo 5Zeichen,

5Zeichen:
Aber wen stört das? Es ist da, das Leben und es ist, wie es ist, ohne sich um die Produkte menschlichen Verstandes zu kümmern! Ich sehe es als Geschenk, mit dem jeder machen kann, was er will.
mit dem jeder machen kann, was er will ... das sollte dann nur fuer das ei-
gene Leben gelten. Leider ist es so, das vor allem Menschen anderen Men-
schen und nichtmenschlichen Tieren bloede Dinge zumuten. Homo homini
daemon ...

5Zeichen:
Cioran hat es trotz (oder wegen, das weiß man immer nicht so genau ) seiner Verstandesprodukte auch ziemlich lange genossen.
Hm, bei Cioran war das oft so, dass er zwischen Freitod und Leben als Ver-
suchung pendelte. Sein Leben war das Gegenteil von dem was er schrieb. Er
schrieb ueber Freitod und hat nicht Hand an sich gelegt. Er stellte auch den
pariser Frauen nach. Wahrscheinlich reichte es ihm aus, das er keinen Nach-
wuchs gezeugt hat, um unbeschwert und ruhigen Gewissens weiter leben zu
koennen.

Gruesse,
Arthur Jules
 
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AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

...
Ich weiss, was Camus geschrieben hat, ich kenne auch den Schlusssatz des
Sysiphos-Mythos. Wobei ich eigentlich nicht wirklich weiss, wie Camus die
Kurve bekommen hat. "Der Kampf vermag ein Menschenherz auszufuellen", na
der Kampf ist doch vergebens und somit tragisch, aber auch im hoechsten
Mass absurd. Ebenfalls Schopenhauer, er sah als Loesung nicht den Selbst-
mord. Vielleicht haetten beide einfach nur ein schlechtes Gewissen gehabt,
wenn ihre zukuenftigen Leser aus dem naechstbesten Fenster springen,
haetten sie nicht die Kurve gekriegt. ...

Hm, bei Cioran war das oft so, dass er zwischen Freitod und Leben als Ver-
suchung pendelte. Sein Leben war das Gegenteil von dem was er schrieb. Er
schrieb ueber Freitod und hat nicht Hand an sich gelegt. Er stellte auch den
pariser Frauen nach. Wahrscheinlich reichte es ihm aus, das er keinen Nach-
wuchs gezeugt hat, um unbeschwert und ruhigen Gewissens weiter leben zu
koennen.

Gruesse,
Arthur Jules

Schopenhauer, Nietzsche in seiner Nachfolge noch deutlicher und auch Camus wussten sehr wohl, warum sie nicht aus dem nächstbesten Fenster sprangen. Bei aller Mühe des Daseins - der Mensch kann im Sinn verleihen durch seine Kreativität.
Und Cioran hat noch eine andere (m.E. geniale) Lösung gefunden: Man verleihe dem Leben zuviel Gewicht, wenn man es mit einem Suicid kröne... (genaue Textstelle kann ich bei Bedarf heraussuchen).
 
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