Doch zurück zur Thematik oben: Werden diese Auszubildenden also später als fertige Köche dann folglich eigenständig arbeiten? Haben sie denn überhaupt eine realistische Chance, die Prüfungen zu bestehen? Die von dir geschilderten Defizite klingen so drastisch, dass das eher unwahrscheinlich sein dürfte. Oder ist die Not des fehlenden Nachwuchses so groß, dass man sie voraussichtlich irgendwie durch die Prüfungen bugsieren wird?
Tja, das ist die Frage, Fragen, die ich mir auch stelle.
Die Prüfungen bestehen sie dann schon ... vielleicht nicht beim ersten Mal, aber spätestens nach der 2. Verlängerung wird man sie schon durchwinken. Außerdem bekommen sie als Lernbehinderte auch grundsätzlich mehr Zeit für die Prüfungen zugewiesen.
Mein Küchenchef bezweifelt, dass sie je eigenständig arbeiten können. Ich auch.
Denn das ist einer der wenigen schönen Aspekte dieses Berufs, dass man auch dahin kommen kann, völlig eigenständig zu arbeiten.
Persönlich sehe ich bestimmte Stellen, an denen das funktionieren könnte. Ich habe einmal an zwei Stellen Probe gearbeitet, da bekam man Rezepte angewiesen, die waren, Computer macht's möglich, auf die Anzahl von Portionen genau ausgerechnet. Es gibt genaue schriftliche Anweisungen, was wie durchzuführen ist und ein Commissionierer hat die Zutaten abgezählt, abgewogen und bereit gestellt. In einigen Großbetrieben ist dies heutzutage der Standard, Krankenhausküchen etwa.
Genauso langweilig ist das aber auch und mein Küchenchef bezweifelt, dass sie das dann eigenständig beherrschen, denn "auch da müsse man nachdenken".
Ein Auszubildender hat vorher woanders gelernt, hat seine 3 Jahre vollendet. Die theoretische Prüfung hat er bestanden, die praktische nicht.
Nach einiger Zeit habe ich mich gefragt, wie er die theoretische Prüfung überhaupt bestehen konnte. Denn selbst einfachste Fragen meinerseits bleiben unbeantwortet, er kann selbst einfachste Fragen nicht beantworten, erst Recht solche nicht, bei denen es ums Rechnen geht. Und wenn es Antworten gibt, dann wirft einem nur so Brocken vor den Kopf anstatt ganzer Sätze.
Mein Küchenchef meint, er habe wahrscheinlich einfach nur Glück gehabt.
Es ist für den Kochberuf typisch, dass er von Menschen gewählt wird, die in der einen oder anderen Weise an anderen Berufen gescheitert sind. Es gibt auch sehr intelligente Menschen unter Köchen, aber auch sie sind irgendwann früh im Leben gescheitert. Nur sind es dann Studienabbrecher.
Aber es handelt sich um Menschen, die den Beruf auch wollen und kreativ sind.
Und dann gibt es diejenigen, die für jeden anderen Beruf schlicht zu dämlich waren und die Ämter gesagt haben: Lern' doch Koch, Kochen kann jeder. Unsere Azubis kann ich mir jedenfalls nicht in sicherheitsrelevanten Tätigkeiten vorstellen, Elektriker etwa oder Automechaniker.
Das war in dem Beruf schon immer so, aber früher hatten diese Azubis wenigstens noch ein paar grundlegende Fähigkeiten der Allgemeinbildung. Da wären bestimmte Antworten wie aus der Pistole geschossen gekommen und zwar die richtigen.
Oder zumindest eine gewisse Bauernschläue.
Aber diesen Kandidaten geht sogar Letzteres ab. Kürzlich sollte einer eine Rezeptmenge angeben, wir brauchen das Rezept 4-fach, 4 Bleche Quiche, je ein Liter Royal pro Blech. Er gibt mit "8 Liter" die falsche Antwort, offenbar kann er nicht einmal bis 4 zählen. Dabei hatte ich die Zutaten im Tetrapack bereits auf dem Tisch stehen, in der richtigen Menge. Er hätte also im Zweifelsfall einfach nur die Bauernschläue haben müssen, auf den Tisch zu schielen um anzugeben, was ich da bereits stehen habe.
Aber offenbar kam ihm selbst diese naheliegende Idee erst gar nicht.
Es ist für mich schwer zu einzuordnen, was da jetzt nun Lernschwäche ist, und was Denkfaulheit, Motivationslosigkeit, Ignoranz oder schlicht Schlamperei. Lernschwächen muss ich akzeptieren, aber den anderen Rest kann ich nicht durchgehen lassen.
Das für mich Enervierende ist auch, dass das alles mit so einem offensichtlichen Mangel an Selbstbewusstsein und Stolz einhergeht. Sie scheinen auch überhaupt kein Interesse zu entwickeln sich zu verändern, um die ansonsten zwingend eintretende Situation des Scheiterns zu vermeiden. Sie arbeiten, ja, aber es steckt eine gewisse Lustlosigkeit darin. Sie haben sich offenbar schon lange damit abgefunden, ständig herum geschubst zu werden, und entwickeln auch nicht den Ehrgeiz, sich zu sagen: Dem zeige ich's jetzt aber!
Es fehlt auch völlig das Verständnis dafür, wenn Ergebnisse völliger Schrott sind, so eine Art Denken: Nee, das kann's nicht sein, das sieht ja völlig kacke aus. Oder für dies und jenes muss es einen Grund geben, ich lasse das jetzt erst einmal.
Einen Azubi ließ ich Gemüse schneiden und getrennt vorbereiten. Ich sagte ihm auch: Das hat unterschiedliche Garzeiten und deshalb bewahren wir es getrennt auf. Erst garen wir die Aubergine, dann die Zucchini, schließlich die Paprika und zum Schluss die Zwiebel.
Als ich mal kurz nicht am Platz war und wieder zurück kam, da hatte er alles zusammen in die Kippbratpfanne gekippt.
Nicht zugehört oder alles wieder vergessen, was ich angewiesen hatte - das war das eine.
Das andere: Er hätte auf die Idee kommen können: Moment, wenn er mich hat alle getrennt aufbewahren lassen, dann muss es doch einen Grund dafür geben. Denn sonst hätten wir ja auch alles gleich zusammen werfen können. Also lasse ich es erst einmal ...
... ist er aber nicht.
Und das ist dann wieder diese typische Denkfaulheit, es wird nicht ein Funken darüber reflektiert: Was mache ich da eigentlich und wieso?
Oder der Azubi schickt mir auf meine Anforderung völlig zerkochte Nudeln als Klumpen im Gastroeinsatz ins Restaurant.
Da kommt der Gedanke: Moment, so eine zerkochte Scheiße kann man ja niemandem geben, das muss ich neu machen (was auch meine Ansage war: koch mir bitte
neue Nudeln ab) gar nicht erst auf.
Stünde der Einsatz irgendwo herum und ein Hund kackt da rein, dann würde er mir auch noch diese Nudeln schicken. Wieso, sind doch Nudeln, die wolltest Du doch haben?