AW: Videospiele Grund für Amokläufe
ja, natürlich sind die spiele schuld, so wie die waffe schuld ist, wenn jemand damit gemeuchelt wird
aber nun mal weg von der kurzsichtigkeit:
ähnlich wie bei kampfsportarten, die von außenstehenden gerne als schlägerschulen gesehen werden (schlimm, schlimm, leute, die prügeln wollen, gehen dort hin und bekommen eine ausbildung, um mehr schaden anrichten zu können), werden auch solche spiele gerne als gefahr gesehen
ich kann mich noch an C64-spiele erinnern, die im prinzip nichts anderes beinhalten als jene spiele, die heute als killerspiele tituliert werden
oder ein noch älteres, pacman: da frisst man punkte und muss sich vom gefressen werden retten
was sich geändert hat, ist lediglich die qualität und komplexität der technischen umsetzung
aus den einfach darstellbaren punkten und pacmanfressern sind detaillierte abbildungen von menschen/tieren geworden, aus dem labyrinth wurde eine detaillierte umwelt
der inhalt der spiele blieb im prinzip aber gleich: fressen und gefressen werden, das tier im mensch wird gefordert und darf sich austoben
ziel von solchen spielen ist der "thrill", der in der realen umwelt immer schwieriger zu bekommen ist
warum immer schwieriger ? weil es uns immer besser geht, und weil die sicherheit im realen leben zunimmt !
das ausleben unserer aggressionen, also stressabbau mit anschließender endorphinbelohnung, wird einerseits durch die sogenannte politische korrektheit, die aggressionen unreflektiert pauschal ablehnt, verurteilt, andererseits durch wohlstand/sicherheit nach außen hin überflüssig
für kinder/jugendliche wurden räuber und gendarm bzw cowboy und indianer durch computer verdrängt, und wenn die kinder von den eltern vom computer entfernt worden sind und "draußen" sind, dann sollen sie doch nicht so gefährliche spiele spielen, bei denen man sich zusätzlich verletzen kann, sondern viel lieber diskutieren oder etwas gemeinsam basteln...bloß nichts aggressives, unkorrektes
es wird sogar diskutiert, ob man schulnoten abschaffen sollte, weil der leistungsdruck und der resultierende stress für unsere kinderlein ja so schlimm ist, und die armen, unschuldigen kinderlein so etwas herzlosem auszusetzen, das kann man doch wirklich nicht machen !
tja...kein stress, keine aggressionen, scheint ja das himmelreich zu sein, könnte man, wenn man sich weigert, hinter die fassaden zu blicken, durchaus meinen
rafft man sich aber dazu auf, sich mit der menschlichen natur zu befassen, erkennt man schnell den fatalen irrtum
nicht die brasilianischen straßenkinder, die im elend ums tägliche überleben kämpfen, begehen amokläufe und/oder selbstmorde, sondern vielmehr die wohlstandskinder aus "gutem" hause
mag man argumentieren "die wohlstandskinder haben killerspiele, die straßenkinder nicht", dann kann derlei antwort oberflächlich eine schnelle erklärung liefern, wird aber eines besseren belehrt, wenn man solche spiele verbietet und glaubt, es würde sich etwas zum besseren wenden
nicht die spiele sind ursache, sondern die fehlende möglichkeit in unserer umwelt, aggressionen anderswo auszuleben, sich den thrill
wenn man verbieten will, sie so folgenlos wie nur möglich (es werden pixel gemeuchelt, keine menschen/tiere/physische objekte; es spielt sich alles im kopf des spielenden ab, niemand erleidet schaden) auszuleben, werden sich andere kanäle finden, und die werden mit sicherheit nicht weniger folgen haben (z.b. autorennen im öffentlichen verkehr, schlägereien in stadien, auf festen, beim fortgehen)
wer sich den background aller amokläufer ansieht wird erkennen, dass zwar einige bzw viele davon killerspiele spielten, aber allen eines gemeinsam ist: sie verhalten sich generell angepasst und unauffällig, bis eben zu jenem ausbruch
das führt (zumindest mich) zum folgenden schluss: die gefahr liegt nicht in den spielen, sondern in der oberflächlichen angepasstheit bzw dem unzureichenden ausleben bzw abbau von aggressionen
(letzteres ist auch der grund, warum die umwelt jene menschen als ruhig und angepasst wahrnimmt)
die aggressionen sind aber da, und killerspiele können ein mittel sein, kurzfristig damit umzugehen...so wie das zerstören von puppen/kuscheltieren ein kanal sein kann, für einige zeit folterphantasien auszuleben
wenn die deeskalationskapazität der kanäle aber überfordert wird, dann kommt es zu gewaltausbrüchen
verbietet man solche spiele aber generell und meint, damit die zahl und folgen von amokläufen oder sonstigen gewaltexzessen senken zu können, wird sich genau so wundern wie die vorbildlichen, politisch korrekten muttis, die ihre schützlinge keimfrei aufgezogen haben, und jene nun an allergien leiden
ich finde, die augen der eltern/gesellschaft sollten durchaus geöffnet sein.....eltern sollen wissen, was die kinder/jugendlichen so spielen, und bei intensivem killerspielgebrauch entsprechend reagieren
es sollte aber im bewusst werden, dass die spiele nicht eine ursache, sondern ein ventil und ein indikator sind und dementsprechend mit ihnen umgehen
lg,
Muzmuz