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Verteidigung des Kapitalismus

Ziesemann

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3. November 2005
Beiträge
929
Kapital sind Güter zu produktiver Verwendung. Dazu zählt neben Sachkapital auch das Geld, investiert z.B. in eine Aktie, nicht aber, wenn es für eine Badereise ausgegeben wird.
Kapitalismus ist ein Wirtschaftssystem (wohl zu unterscheiden von der konkreten Wirtschaftsordnung, die vielfältige nichtkapitalistische Züge aufweist) mit folgenden Merkmalen:
1. Privateigentum an Produktionsmitteln und damit Trennung von Arbeitgebern und –nehmern.
2. Freie Entscheidung des Kapitalisten bzw. seiner Beauftragten über Ort, Zeit, Art, Umfang und techn. Methode der Produktion – Produktionsfaktoren (Arbeit/Maschinen) - mit Orientierung (Signalfunktion) an den durch Angebot und Nachfrage gebildeten Marktpreisen.
3. Freie Entfaltung der betriebswirtschaftlichen Initiative mit dem Ziel der Gewinnmaximierung in Konkurrenz mit anderen.
4. Grundsätzliche Trennung von Staat und Wirtschaft; der Staat kann und soll aber die Spielregeln, wie der wirtschaftliche Wettbewerb ausgetragen wird festlegen, z.B. durch Kartellverbote.

Der K. nimmt den „zweitbesten Menschen“ wie er ist, braucht nicht die utopische Lichtgestalt des besten, den braucht der Sozialismus – er kriegt ihn nur nicht. D.h. der K. basiert auf der Annahme, dass kein Mensch auf Dauer für andere ohne Eigennutz Leistungen zu erbringen bereit ist. Das Gewinnstreben – Streben nach höheren Löhnen ist nichts anderes als eine Unterform des allgemeinen Strebens nach Einkommensmaximierung – nutzt er, um den Menschen zu größtmöglicher Leistung anzureizen – zu seinem aber auch (durchaus nicht immer freiwillig) zum Nutzen aller.
Wahrscheinlich ist der K. weltweit deshalb das erfolgreichste Wirtschaftssystem geworden, weil er der menschlichen Natur am nächsten kommt. Für die gesamte EU ist deshalb ein System der marktwirtschaftlichen Ordnung einschl. Privateigentum an Produktionsmitteln vertraglich verbindlich vorgeschrieben.

Noch ein paar Fakten:
Der K. hat gar kein Interesse, Krieg anzuzetteln. Wohl mögen einzelne Rüstungsfabriken an ihm verdienen, das System insgesamt ist kriegsfeindlich. Warum? Ganz einfach: Mit einem zerstörten Land kann man keinen Handel treiben, einem durch Krieg verarmten Volk nichts verkaufen (Ein Grund für die US-Marshallplanhilfe nach WKII), und mit zerbombten Maschinen kein Geld verdienen.
Die Globalisierung ist nichts weiter als die mit dem Freihandel im 19. Jahrhundert begonnene weltweite Arbeitsteilung, nur dank der technischen Entwicklung heute in- und extensiver. So wuchs der Welthandel zwischen 1800 und 1913 bereits um das 25fache, während sich die Weltproduktion nur verdoppelte. Gegen die Globalisierung zu polemisieren ist genauso sinnvoll wie gegen den Winter zu sein.
Mao trieb mit seinem „großen Sprung“ 30 Mill. in den Hungertod, als Deng vor 25 Jahren den K. schleichend einführte, begann der Aufstieg Chinas zur kommenden Weltmacht.
Der so gern verteufelte „Profit“ der Kapitalisten wird meist gewaltig überschätzt. Die derzeitige Nettoumsatzrendite in D liegt bei 2%.
Die Industrialisierung – die nur im Gefolge des Kapitalismus möglich war, weil er die Produktivkräfte freisetzte (s. Punkt 2 der obigen Defintion) – schuf einen bis dahin für die Massen unbekannten Wohlstand. Von 1820 bis 1998 hat sich das reale Inlandsprodukt in D versiebzehnfacht, das Realeinkommen stieg trotz zweier Kriege etwa um das Siebenfache – In diesem D hat der ärmste Sozialhilfeempfänger heute real einen höheren Lebensstandard als der hochqualifizierte Facharbeiter von 1950.
Den K. gibt es nicht, der US-K. ist ein anderer als der gezähmte in D. Und hätten wir in Europa wirklich die Macht des „verbrecherischen K.“, dann gäbe es nicht die gewaltige Gegenmacht der Gewerkschaften mit ihren weitgehenden Mitbestimmungsrechten, dann gäbe es keine strangulierenden Arbeitsrechtsbestimmungen, keine Steuerprogression bis 45% und keine Staatsquote von fast 50%.

Noch ein letztes: Der K. ermöglicht Hilfe für die Armen, gerade weil er so eine hohe Produktivität hat. Um 1970 leistete allein die BRD dreimal so viel Entwicklungshilfe wie sämtliche (kommunistischen) Ostblockstaaten zusammen, und das kleine (kapitalistische) Holland spendete mehr als die militärisch großmächtige Sowjetunion – aber die war ja selbst arm, weil nichtkapitalistisch. - Eben!

Ziesemann, der meint, einer wenigstens muss ein System verteidigen, in dem wohl alle die hier schreiben relativ gut leben, in jedem Fall aber besser als in jedem sozialistischen Land der Vergangenheit oder Gegenwart.
 
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Das Problem des Scheiterns des Sozialismus liegt darin, dass er schlicht und ergreifend falsch interpretiert wurde. Von den Bolschewiki und auch von der KPD....
Wenn Marx sagt, dass die Religion Opium für das Volk ist, sehe ich darin eine philosophische Gesellschaftskritik aber nicht den Aufruf die Kirch und andere Religionsgemeinschaften zu unterdrücken, wie es ja der Fall in der UDSSR war und in China ist. Und wenn der gute Charly von der Diktatur des Proletariats spricht sollte man das auch nicht wörtlich nehmen. Für mich bedeutet der Begriff "Diktatur des Proletariats " nichts weiter als "Demokratie"- Das Recht auf Freiheit etc., die Gleichheit der Menschen und das Recht am politischen System mitzuwirken.

ALSO: Socialism WOW!!!:ola:
 
dem herrn z.

hallo herr z.,

um die eigene tasche zu füllen, muß ich die der anderen lehren. so fein ist der kapitalismus auch nicht. ich weiß du verstehst die folgen.



hallo kazav, tut mir leid ich muß dir leider widersprechen, es war nicht die fehlinterpretation der kom. theorien, sondern die irrtümliche annahme des unfehlbaren, reifen und vernünftigen menschen, welches den tot für den kommunismus war.
der angelpunkt der demok. idee, ist der stätige mißtrauen aller gegen alle, welche zu einer demokratischen kontrollinstrument wurde.


liebe grüße an alle
f.

p.s. lieber z. wenn du magst werde ich es dir auch eine global volkswirschaftliche gesamtstruktur geben, das den ganzen abbild des kapitalismuses wiedergibt. positiv wie negativ.
 
Katzav schrieb:
Das Problem des Scheiterns des Sozialismus liegt darin, dass er schlicht und ergreifend falsch interpretiert wurde. Von den Bolschewiki und auch von der KPD....

Dieses ewige Bemühen, er wurde nur falsch interpretiert. Von Tausenden von gebildeten und gelehrten Kommunisten in Hunderttausenden von Schriften und alle, alle haben den guten Marx nur falsch interpretiert. Was ist das für eine Lehre, die von Millionen so missverstanden werden kann! -

Ich meine aber, Marx wurde nur zu gut verstanden! Wer zum letzten Gefecht aufruft, wer nach der Kritik der Waffen schreit, wer die Proletariatsdiktatur fordert - selbst wenn sie eine Mehrheitsdiktatur wäre -, der wollte den Umsturz der Gesellschaft - notfalls auch mit Gewalt als Geburtshelfer für eine neue lichtere Zeit.

choda schrieb:
um die eigene tasche zu füllen, muß ich die der anderen lehren. so fein ist der kapitalismus auch nicht. ich weiß du verstehst die folgen.

Den Satz habe ich leider nicht verstanden und die Folgen schon garnicht.

hallo kazav, tut mir leid ich muß dir leider widersprechen, es war nicht die fehlinterpretation der kom. theorien, sondern die irrtümliche annahme des unfehlbaren, reifen und vernünftigen menschen, welches den tot für den kommunismus war.
Das sehe ich ähnlich; das Kernproblem des Kommunismus ist das falsche Menschenbild - aber das ist in diesem Thread nicht mehr das Thema.

p.s. lieber z. wenn du magst werde ich es dir auch eine global volkswirschaftliche gesamtstruktur geben, das den ganzen abbild des kapitalismuses wiedergibt. positiv wie negativ

Schreibe das, was Du magst und für richtig hältst, es ist unerheblich, ob ich das mag. Nur bitte so, dass ich es verstehen kann, denn "global" z.B. ist eben nicht "volkswirtschaftlich"

Gruß Ziesemann
 
Ziesemann schrieb:
.....Nur bitte so, dass ich es verstehen kann, denn "global" z.B. ist eben nicht "volkswirtschaftlich"

Gruß Ziesemann


Ja sollte man denken, da es sprachlich sich widerspräche.
in diesem sinne ist gemeint, daß sich nationale ökonomien auflösen und sich in einer großen "volkswitschaft" integrieren.

das mit den taschen soll heißen, das um reich zu sein, müßen andere arm sein.
einfache regel. vw'lich aber notwendig

liebe grüße
f.
 
suoer

choda schrieb:
das mit den taschen soll heißen, das um reich zu sein, müßen andere arm sein.

soll heißen, daß der ginikoeffizienz nie null ist im k.
um reich zu sein, müßen andere arm sein
 
choda schrieb:
merde,
der koeffizienz ist nie 1
Sehe ich einmal von der Fäkaliensprache ab, stimmt Deine Aussage jetzt.

Sie ist aber nach zwei Seiten zu ergänzen:

1. Der Ginikoeffizient ist auch im Kommunismus nicht 1.

2. Unter Labour in GB und unter SPD in BRD (lt. eigenem Armutsbericht!) ist die Krümmung der Ginikurve größer statt kleiner geworden, also die Abstände zwischen arm und reich haben sich erweitert. - Fürwahr, ein durchschlagender Erfolg sozialistischer Politik.
 
Hallo Ziesemann,
Ziesemann schrieb:
Verteidigung des Kapitalismus
sehr interessanter Artikel, aber wer oder was greift
den Kapitalismus denn an, so dass er Verteidigung
nötig hätte?

Der Kommunismus? :schaukel:

Ich möchte gern einen Aspekt von dir erweitern. Du
sagt, der K. käme der menschlichen Natur am nächsten.
Ich meine, der K. kommt der Natur an und für sich
am nächsten!

Nirgendwo in der Natur findet man zentralistisch
organisierte Systeme, denn die sind einfach grotesk
ineffizient.

Vielmehr sieht man sich selbst organisierende,
dezentrale Systeme, wohin man guckt:

Insektenstaaten, das Internet, das Gehirn, die Wirtschaft.

Nirgendwo ein zentraler Planer und Lenker weit und
breit. Das sollte uns zu denken geben.

Gruss
Camajan
 
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An Camajan

Ist es erlaubt zu loben, ohne dass dies als gönnerhaft empfunden wird? - Wenn "ja": Dein Beitrag ist ausgezeichnet.


Camajan schrieb:
Hallo Ziesemann,

sehr interessanter Artikel, aber wer oder was greift
den Kapitalismus denn an, so dass er Verteidigung
nötig hätte?
Hat er. Schau Dir nur mal einige Beiträge im Thread über "Kapitalistischen Verbrechen" an
Ich möchte gern einen Aspekt von dir erweitern. Du
sagt, der K. käme der menschlichen Natur am nächsten.
Ich meine, der K. kommt der Natur an und für sich
am nächsten!

Nirgendwo in der Natur findet man zentralistisch
organisierte Systeme, denn die sind einfach grotesk
ineffizient.

Vielmehr sieht man sich selbst organisierende,
dezentrale Systeme, wohin man guckt:


Gruss
Camajan
Genau! In der kap. Marktwirtschaft werden Millionen Einzelpläne über den aus Angebot und Nachfrage gebildeten Preis koodiniert. Das funktioniert besser als jeder Zentralplan.
Eine Vielzahl von Individuen kann kreativer sein als jedes Poltitbüro, weil die unterschiedlichen Begabungen und Begabungsstärken besser genutzt werden können. - Wenn ich Zeit finde, werde ich das noch näher ausführen. Jetzt nur herzlichen Dank für Deine Aspekterweiterung, die zugleich eine thematische Vertiefung ist.
Besten Gruß - Ziesemann
 
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