Mich stört die Geisteshaltung, aus der heraus das Video gemacht wurde, aber es geht ja jetzt nicht nur um dieses eine Video, welches zudem ja auch noch eine Satire war, sondern um das Konzept hinter solchen Inhalten überhaupt: Wir, die Mainstream-Medien, beschützen euch vor den Schwurblern und vor der Desinformation. Das ist das Framing, das hinter solchen Beiträgen steht.
Das war nicht der Inhalt des Videos, denn die Macher jenes sind auch kein "Mainstream-Medium". Auch verspricht das Video keinerlei Schutz, sondern zeigt auf, was Schwurbeln ist, wie es funktioniert und zeigt die Wissenschaft als völlig andere Methode, um zu Aussagen zu kommen.
Wenn man sagt, dass man 4 Äpfel hat, wenn man 2 hatte und noch 2 dazu bekäme, ist das dann für dich auch nur die Mainstream-Meinung ?
Oder gibt es auch für dich Fakten ?
Wenn man sich aber mal anschaut, wer denn alles als Schwurbler und was alles als Desinformation gilt, dann stellt man schnell fest, dass hier alles, was auch nur am Rande dessen steht, was als wissenschaftlicher Konsens oder als demokratischer Konsens gilt, in diese eine viel zu große Kategorie geworfen wird. Da wird dann zum Beispiel kein Unterschied gemacht zwischen einem Anthroposophen und irgendeinem durchgeknallten Sektenführer, der seine Anhänger ausbeutet, oder, als politisches Beispiel, es wird kein Unterschied gemacht zwischen einem libertären Philosophen und einem knallharten Neonazi. Alles, was abweicht, wird in eine riesen große Kategorie geschmissen: Querdenker, Schwurbler, "rechts" usw...
Das mag für dich so aussehen, aber das ist deine unzulässige Pauschalierung. Ein Sektenführer, der seine Anhänger ausbeutet ist weniger ein Idiot als ein (evtl gerissener) Betrüger. Dass aber sowohl Sektenführer wie auch der Idiot Blödsinn reden, ist eine faktische Gemeinsamkeit.
Wenn ich sage, Schwurbler und Wissenschafter wären beide Menschen, ist das dann auch ein für dich unzulässiges In-einen-Topf-Werfen ?
Dazwischen gibt es Freidenker, die keine Lust auf geistige Fesseln haben.
Richtig, von denen manche keine Lust auf Fesseln wie Vernunft, Selbstkritik, Reflexion, Rücksicht, Wahrheit, etc. haben.
Alleine deswegen wird auch niemand strafrechtlich belangt, also darf man das durchaus sein. Wenn sie aber den Anspruch
haben ernst genommen zu werden, dann müssen sie schon die Voraussetzungen erfüllen, damit man das kann.
Wer hat uns eigentlich eingeredet, dass der Stand der Wissenschaft unseren geistigen Rahmen setzen soll?
Da braucht "uns" niemand einzureden, das macht man schon aus Eigennutz. Darum gehen die Menschen bei Krankheit in der Regel zum Arzt und nicht zum Geisterbeschwörer. Aber niemand muss, man darf auch zum Geisterbeschwörer, wenn man will. Der Stand der Wissenschaft ist ja das aktuell bestmögliche Wissen, und da Wissen in der Regel hilfreicher ist als Nichtwissen oder simples Raten, bedient man sich gerne dessen. Dazu braucht man niemanden, der einem das einredet, das sagt einem (zumindest den meisten) der eigene Hausverstand.
Auch wenn der Stand der Wissenschaft nicht Gottes Wort ist, niemand weiß es aktuell besser. Und falls es jemand doch besser weiß und das auch darlegen kann, wird eben das dann der neue Stand der Wissenschaft. So funktioniert das nämlich. Nicht der Stand der Wissenschaft gibt vor, was das beste Wissen ist, sondern das beste Wissen wird zum Stand der Wissenschaft. Die Wissenschaft erkennt, sie definiert nicht. Du unterstellst ihr aber das Gegenteil.
Ich empfinde das geradezu als eine Herabwürdigung des menschlichen Geistes.
Die Herabwürdigung kommt von dir, denn du negierst den Verstand und postulierst eine diffuse Verschwörung, die Menschen gleichschalten müsse, um der Wissenschaft zu vertrauen.
Denkst du die großen Dichter und Denker wie Nietzsche und Schopenhauer haben sich um den Stand der Wissenschaft gekümmert oder haben einen Sch*** darauf gegeben, was wohl das Establishment gerne hören will?
Ich denke, sie gingen um Arzt anstatt zum Geisterheiler, wenn sie krank waren und wohnten lieber in Häusern, die nach dem damaligen Stand der Wissenschaft konstruiert waren und nicht von einem Querdenker, der den Stand der Achritektonik und Materialkunde nicht akzeptierte.
Insofern ja, wie werden wohl ein Gewisses Vertrauen gegenüber der Wissenschaft gehabt haben. Ansonsten waren sie keine Naturwissenschafter.
Die würden sich kaputtlachen angesichts des heutigen Konformismus und angesichts der heutigen Diskussionen um politische Korrektheit und "was man sagen darf"...
Und doch wäre es eine ganz andere Frage, in welcher Zeit sie lieber leben würden. In einer Zeit der Einigkeit (merke: Einigkeit ist nicht Konformismus!) und Wohlstand, oder aber zu ihrer Zeit. Und noch viel interessanter hier ist, ob DU lieber gerne ein Zeitgenosse Nietzsches gewesen wärst, und dafür alle Vorzüge der Gegenwart (Wohlstand, Sicherheit, Gesundheit) dafür opfern würdest. Ich denke aber, du wirst auch hier nach deinem Schema handeln. Du wirst die Vorzüge des "Systems" ganz stillschweigend und selbstverständlich genießen und ebenso selbstverständlich das verteufeln, das dazu geführt hat.
Undankbarkeit, Unverfrorenheit, Bigotterie und Egomanie sind die Ursachen für so eine Weltsicht.
Das ist ein Nebeneffekt unseres Wohlstandes. Manche werden geistig fettleibig, und dann kommt so etwas heraus.