Dass sich die Sprache, vor allem die Umgangssprache, im Laufe der Zeit immer wieder ändert, trägt allein nicht zu einer Verrohung bei, denke ich zumindest.
Wie sehr sich die Sprache und Ausdruckweise allein in den letzten 50 Jahren geändert hat, fällt auf, wenn man Bücher, die während dieser Zeit oder noch früher geschrieben wurden, liest, und beim Anschauen alter Filme und Berichte.
Kindersendungen gab es immer schon, aber Sendungen oder Shows für junge Leute gibts noch gar nicht sooo lange. Aus Erzählungen weiß ich, dass in den 70ern der "Beat Club" wohl eine der ersten Sendungen gewesen ist, die speziell für Jugendliche gemacht wurde. Ausdrücke, Slogans und Redewendungen, die während dieser Zeit als extrem "schlimm" und ordinär galten, gehören heute fast schon zum guten Ton. Das beste Beispiel ist doch der Ausdruck "geil". Wie ich las und hörte, bezog sich damals "geil" einzig auf Sex. War man (oder frau) geil, dann brauchte Mann oder Frau dringendst Sex. Heute ist alles geil. Musik ist geil, Klamotten sind geil, Urlaub ist geil, der Typ oder die Tusse ist geil und sogar Geiz. Geil ist heute das, was früher super, klasse, schick oder dufte war.
Wenn früher Jugendsendungen nur an bestimmten Tagen gezeigt wurden, so kann ich mir heute auf Viva oder MTV rund um die Uhr die neuesten Songs und Clipps, sowie die "mega-coolsten" Sprüche reinziehen. Dass ich, bin ich mit meinen Freunden zusammen, oft ganz anders rede als ich es zuhause tue (oder auch hier schreibe
), ist logisch. Schon immer hatten Junge ihre eigene Sprache, was Ziesemann und auch die anderen älteren User sicher bestätigen können. Jedenfalls können es meine Großeltern überhaupt nicht vertragen, wenn ich, gerade aus der Schule nach Hause gekommen, mit ihnen so rede, wie ein paar Minuten vorher mit meinen Freunden. Von Opa kommt dann meistens "Hast du ein paar Freunde mit nach Hause gebracht? Wieso kann ich sie dann nicht sehen; du sprichst doch mit ihnen!" und Oma macht mich darauf aufmerksam, dass ich nicht mehr in der Schule bin. Also bemühe ich mich mit ihnen "normal" zu reden, es sei denn, ich will sie ärgern.
Aber um aufs Fernsehen zurückzukommen: Die heutigen Sendungen, Filme und Shows sind für die breite Masse gemacht. Alle -, Kinder, Junge, Erwachsene und ältere Menschen - sollen angesprochen werden. Und weil Kinder und junge Leute die Konsumenten und Zuschauer von Morgen sind, passt man sich ihren Interessen, ihrem Kaufverhalten und natürlich auch ihrer Sprache an. Mich pers. stört das gar nicht so doll, aber ich kann mir trotzdem vorstellen, wie es bei den Älteren ankommen muss. Bei Filmen stört es mich eigentlich überhaupt nicht. Ein Film muss für mich realistisch (dabei aber nicht unnötig brutal) in Thema, Darstellung und Sprache sein. "Ich mach dich kalt", oder "ich stech dich ab" aus dem Mund eines Killers klingt doch realistischer und besser als ein "ich schieß dich tot" oder "ich ersteche dich". Und so ist es auch mit den Sex-Szenen. Pornografie, nein danke, aber gegen eine realistisch und ästhetisch gespielte "Nummer" habe ich nichts einzuwänden.
Trist, stimmt, niemand ist gezwungen, sich diese Talk-Shows oder Gerichssendungen anzuschauen. Aber wenn du am Nachmittag durch die Programme zappst, dann wirst du feststellen, dass, zumindest bei den Privaten, kaum etwas anders läuft, mal abgesehen von den 725. Wiederholungen uralter Serien. Willst du sowas nicht sehen, dann hast du die Möglichkeit dir auf den regionalen Sendern Tier- oder Landschaftssendungen anzuschauen (manchmal wirklich schöne und lehrreiche Sendungen, aber immer kann ich die auch nicht sehen), bei DSF Sportübertragungen bis zum Abwinken (für den Sportinteressierten super), MTV und Viva eben, oder Trickfilme. Sender wie Arte und 3-Sat senden nur abends.
Aber solange man sich noch anders zu beschäftigen weiß oder genug zu tun hat, ist man zum Glück nicht auf die Dauerberieselung des TV angewiesen.
Gruß Rhona