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Verroht uns das Fernsehen?

Verroht uns das Fernsehen?


  • Umfrageteilnehmer
    25
Triskell schrieb:
Das Erschreckende daran ist die große Nachfrage und die Bereitschaft der Menschen, solche Sendungen anzusehen.
Mir käme nie in den Sinn z.B. diese gespielte Richtersendung der Barbara Salesch (so heißt sie, glaube ich) mit dieser hysterischen Schreierei mitzuverfolgen.
Es kommt mir vor wie diese Gafferei auf dem mittelalterlichen Richtplatz. Da frage ich mich auch, ob diese Atmosphäre nicht aufputscht.
Die abfälligen Bemerkungen der mittelmäßig bis schlechten Juriemitgliedern und Moderatoren wortlos hinzunehmen, ist für mich schlimmer als die Sendung für sich, aber ich war einmal in einer Fernsehaufzeichnung und weiß, das Zwischenrufe rausgeschnitten werden.
Das das Fernsehen aber diese brutalen vorwiegend japanischen Kinderprogaramme überträgt, ist gewissen- und lieblos.
Zum Glück (zumindest in meiner Familie) wissen die Kinder Film und Realität zu trennen und gedeihen prächtig.

Insgesammt erscheint mir das deutsche öffentliche Fernsehen (Pro 7, Sat 1, ecc.) niveauloser als das staatlich österreichische.
Was ich sehr schade finde, die interessantesten Sendungen sind meist spätabends .

Übrigens, ist euch schon aufgefallen, daß es keine politischen Talksendungen (jetzt mal abgesehen von ausgewählten Personen) gibt.

MfG

Triskell
hallo triskell,
also ich muss gestehen, ich bin ein tv-junky, ich schaue sehr viel u.a. auch gerichtssendungen.
du hast recht das geschreie geht einen auf die nerven, nur meine mutter liebt diese sendungen und so schaue ich sie oft mit ihr an.
es ist grausam wie unverschämt sich die leute da benehmen.
ich war schon mal als zuschauer vor gericht, da war totenstille im saal - wie üblich musste ich da husten, man war das peinlich.
kein geschrei und schräge klamotten, alles war brav angezogen und jeder sprach sehr höfflich, eindringlich aber höfflich!

naja soviel zu der verrohung des gerichts.

lg binchen
 
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Binchen schrieb:
hallo suche
so ähnlich wurde ja auch schon gefragt "verblödet uns die glotze".
aber mit verrohung meinte ich im kleinen die sprache und im grossen gewalt.

Ich habe nicht abgestimmt, weil ich meine, dass nicht das Fernsehen an sich verroht und verblödet sondern einzelne, oder besser: viele Sendungen.

Sehr gut finde ich, dass Du den Begríff der Verrohung auch auf die Sprache erstreckt hast. Diese Brutalisierung, Fäkalisierung und Sexualisierung des Ausdrucks erweckt manchmal den Eindruck - aber begann sie nicht schon mit den 68ern? - als verabschiede sich ein Kulturvolk aus seiner Kultur und fiele in primitive Formen der Vergangenheit zurück.

Zur Verblödung: Vor zwei Jahrzehnten erschien in den USA von Neil Postmann "Wir amüsieren uns zu Tode", in der er die Spaßmacherindustrie des Fernsehens anprangerte. Jedes Thema muss "Spaß" machen, die Folge ist das "Infotainment", diese täglich servierte Mirschung aus Information und Unterhaltung - und das ist auch ein Verblöden. "Regieren macht Spaß" schwenkte eine betimmte Partei mal ein Spruchband, als sie endlich mitregieren konnte? Ja wirklich, macht das Spaß? Ich dachte immer, Regieren sei eine ernste, verantwortungsvolle Aufgabe im Dienste des Gemeinwohls?!
Wir traurig muss es um ein Land bestellt sein, dass ständig Spaß produziert?
Grüße - Ziesemann
 
Um beim Thema "Gerichtssendungen" á la Salesch zu bleiben:
Niemals hätten diese Sendungen solche Einschaltquoten und das seit Jahren, wenn es sich dabei um nüchtern sachliche und realistische Gerichtsverhandlungen handeln würde. So etwas will der Zuschauer nicht sehen. Lieber sieht er zu, wie schlechte Schauspieler Opfer, Täter und Zeugen mimen, die kreischen, pöbeln, sich gegenseitig beschimpfen und bedrohen, als wenn die "Privaten" authentische Verhandlungen unter realen Bedingungen nachspielen würden. Aber so ist es doch auch mit den Talk-Shows, die von Mittags bis zum späten Nachmittag non-stopp gezeigt werden. Schon allein die Themen, die vorgegeben werden, lassen auf das Niveau der Talk-Gäste schließen. Der Zuschauer vor der Glotze will doch um diese Uhrzeit und bei SAT1, RTL usw. keine Gäste sehen, die sich zu Themen äußern, die vielleicht etwas Niveau haben! Nein, Prolos, die von Talk-Show zu Talk-Show wandern, die kaum einen klaren Satz auf die Reihe bekommen, dort gerne ihre gemachten Vaterschaftstests vorlesen lassen, und es toll finden, bereits mit 14 oder 15 Eltern geworden zu sein, oder ihrer Mutter vorwerfen, sie vor Jahren verlassen und mit dem trinkenden und brutalen Vater allein gelassen zu haben. 7 Talk-Shows - max. 2 Themen.
Solche Sendungen lassen den Zuschauer nicht nur verblöden, sondern zusätzlich noch zumindest sprachlich verrohen. So hat das Fernsehen doch gleich 2 Fliegen mit einer Klappe erschlagen.:geist:

Rhona
 
hallo ziesemann und rhona,
seht ihr das auch so, dass das fernsehen uns zumindest sprachlich verroht.
ich hoffe ja nur, dass das ein trend ist und irgendwann mal aufhört, bzw. das niveau wieder steigt.

lg binchen
 
Ich denke das Fernsehen an sich verroht erstmal gar nix.
Jeder trifft ja erstmal selber die Entscheidung ob er sich Talkshows am laufenden Band ansieht oder lieber zum Kulturprogramm auf Arte zurückgreift.
Aber für diejenigen die sowieso schon etwas weiter hinten stehen mit ihrer Bildung ist es natürlich umso verlockender einfach mal wieder abzuschalten.

Ich habe früher auch gerne sinnloses Zeug geguckt (a la KnightRider :rolleyes: ), wenn man aber Lehrer und Eltern hat die einem auch mal was anderes zeigen verroht man auch nicht.
Das Problem liegt eigentlich woanders, nämlich in wie weit dieser Mangel an "Selbstdenken" ausgenutzt wird und das kann sich das Fernsehen auch nicht rausreden.
 
Binchen schrieb:
hallo ziesemann und rhona,
seht ihr das auch so, dass das fernsehen uns zumindest sprachlich verroht.
ich hoffe ja nur, dass das ein trend ist und irgendwann mal aufhört, bzw. das niveau wieder steigt.
lg binchen
Ich kann ja nicht für Rhona sprechen, aber für mich sage ich auf Deine Frage ganz klar JA. - Aber, darauf wies ich schon mal hin, das Fernsehen ist ein Stück weit auch Abbild der Gesellschaft - auch sprachlich. Nach meinem Endruck kam mit den 68ern der Gossenjargon auf. Noch bis Ende der 50er Jahre wurden in den meisten Schulen gerügt, wenn ein Schüler, erst recht eine Schülerin, Sch... sagte. - Doch um 1980 schloss die Ministerpräsidentin (!)von S-H ihre hochoffizielle, weithin übertragene Eröffnungsrede zur Kieler Woche mit dem Aufruf an die jungen Leute: "Und macht keinen Scheiß!" -
Liebe Grüße - Ziesemann
 
Dass sich die Sprache, vor allem die Umgangssprache, im Laufe der Zeit immer wieder ändert, trägt allein nicht zu einer Verrohung bei, denke ich zumindest.
Wie sehr sich die Sprache und Ausdruckweise allein in den letzten 50 Jahren geändert hat, fällt auf, wenn man Bücher, die während dieser Zeit oder noch früher geschrieben wurden, liest, und beim Anschauen alter Filme und Berichte.
Kindersendungen gab es immer schon, aber Sendungen oder Shows für junge Leute gibts noch gar nicht sooo lange. Aus Erzählungen weiß ich, dass in den 70ern der "Beat Club" wohl eine der ersten Sendungen gewesen ist, die speziell für Jugendliche gemacht wurde. Ausdrücke, Slogans und Redewendungen, die während dieser Zeit als extrem "schlimm" und ordinär galten, gehören heute fast schon zum guten Ton. Das beste Beispiel ist doch der Ausdruck "geil". Wie ich las und hörte, bezog sich damals "geil" einzig auf Sex. War man (oder frau) geil, dann brauchte Mann oder Frau dringendst Sex. Heute ist alles geil. Musik ist geil, Klamotten sind geil, Urlaub ist geil, der Typ oder die Tusse ist geil und sogar Geiz. Geil ist heute das, was früher super, klasse, schick oder dufte war.
Wenn früher Jugendsendungen nur an bestimmten Tagen gezeigt wurden, so kann ich mir heute auf Viva oder MTV rund um die Uhr die neuesten Songs und Clipps, sowie die "mega-coolsten" Sprüche reinziehen. Dass ich, bin ich mit meinen Freunden zusammen, oft ganz anders rede als ich es zuhause tue (oder auch hier schreibe :zunge3: ), ist logisch. Schon immer hatten Junge ihre eigene Sprache, was Ziesemann und auch die anderen älteren User sicher bestätigen können. Jedenfalls können es meine Großeltern überhaupt nicht vertragen, wenn ich, gerade aus der Schule nach Hause gekommen, mit ihnen so rede, wie ein paar Minuten vorher mit meinen Freunden. Von Opa kommt dann meistens "Hast du ein paar Freunde mit nach Hause gebracht? Wieso kann ich sie dann nicht sehen; du sprichst doch mit ihnen!" und Oma macht mich darauf aufmerksam, dass ich nicht mehr in der Schule bin. Also bemühe ich mich mit ihnen "normal" zu reden, es sei denn, ich will sie ärgern.
Aber um aufs Fernsehen zurückzukommen: Die heutigen Sendungen, Filme und Shows sind für die breite Masse gemacht. Alle -, Kinder, Junge, Erwachsene und ältere Menschen - sollen angesprochen werden. Und weil Kinder und junge Leute die Konsumenten und Zuschauer von Morgen sind, passt man sich ihren Interessen, ihrem Kaufverhalten und natürlich auch ihrer Sprache an. Mich pers. stört das gar nicht so doll, aber ich kann mir trotzdem vorstellen, wie es bei den Älteren ankommen muss. Bei Filmen stört es mich eigentlich überhaupt nicht. Ein Film muss für mich realistisch (dabei aber nicht unnötig brutal) in Thema, Darstellung und Sprache sein. "Ich mach dich kalt", oder "ich stech dich ab" aus dem Mund eines Killers klingt doch realistischer und besser als ein "ich schieß dich tot" oder "ich ersteche dich". Und so ist es auch mit den Sex-Szenen. Pornografie, nein danke, aber gegen eine realistisch und ästhetisch gespielte "Nummer" habe ich nichts einzuwänden.
Trist, stimmt, niemand ist gezwungen, sich diese Talk-Shows oder Gerichssendungen anzuschauen. Aber wenn du am Nachmittag durch die Programme zappst, dann wirst du feststellen, dass, zumindest bei den Privaten, kaum etwas anders läuft, mal abgesehen von den 725. Wiederholungen uralter Serien. Willst du sowas nicht sehen, dann hast du die Möglichkeit dir auf den regionalen Sendern Tier- oder Landschaftssendungen anzuschauen (manchmal wirklich schöne und lehrreiche Sendungen, aber immer kann ich die auch nicht sehen), bei DSF Sportübertragungen bis zum Abwinken (für den Sportinteressierten super), MTV und Viva eben, oder Trickfilme. Sender wie Arte und 3-Sat senden nur abends.
Aber solange man sich noch anders zu beschäftigen weiß oder genug zu tun hat, ist man zum Glück nicht auf die Dauerberieselung des TV angewiesen.

Gruß Rhona
 
hallo trist,
trist schrieb:
Jeder trifft ja erstmal selber die Entscheidung ob er sich Talkshows am laufenden Band ansieht oder lieber zum Kulturprogramm auf Arte zurückgreift.
also ich muss hier nun mal sagen, dass arte auch oft misst zeigt, genauso die anderen dritten programme.
wenn man also gerade keine lust hat ein buch zu lesen, hat man in der programm auswahl und ihren sendungen oft auch nicht gerade viel auswahl.

ich wäre happy, als tv-junky, wenn es mehr dokus geben würde, gerade dann wenn die doku-soaps laufen, doch dem ist nicht so.

ja und so laufen dann oft oliver geisen, salesch und co nebenher, man gewöhnt sich auch daran :D

lg binchen
 
hallo ziesemann,
ziesemann schrieb:
- Doch um 1980 schloss die Ministerpräsidentin (!)von S-H ihre hochoffizielle, weithin übertragene Eröffnungsrede zur Kieler Woche mit dem Aufruf an die jungen Leute: "Und macht keinen Scheiß!" -
ja und wenn das eine ministerpräsidentin sagt, wie kann man das dann kindern verbieten!

und schon gehört es zum umgangston dazu.

lg binchen
 
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Um mal etwas Licht herein zu bringen... Ich guck wenn überhaupt nur Abends fern. Ganz selten schalt ich den Fernseher mittags an (die Tageschau ausgenommen), danach bin ich meist auch für die folgenden Wochen so geschädigt das ich ihn ganz aus lass :-)

Ich denke der Fernseher kann nur als Verstärker aber nicht als Verursacher von Verrohung fungieren. Es ist Teil und gleichzeitig Spiegel unserer Gesselschaft. Sad but true
 
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