Sammelantwort
gestattet sie bitte, doch eigentlich sollte man nicht - Schuldbekentnis - ein solch schwieriges Thema anschneiden, wenn man dann durch Abwesenheit oder anderer Verpflichtungen wegen gehindert ist, angemessen auf die Beiträge zu antworten.
Ich möchte an Daimos Beiträge anknüpfen; aber ihn vorweg darauf aufmerksam machen, dass Münkler die moralische Rechtfertigung eines Imperiums nicht als objektiv gegebene Tatsache behauptet, als sei das moralische legitimiert, sondern nur als Ideologie. Das Imperium brauchte eine solche, um leichter herrschen zu können; aber genau diese Art des geistigen Herrschaftsanspruch löst die Widerstände aus, deren wir gegenwärtig Zeuge sind.
daimos schrieb:
Ich würde die US-Außenpolitik nicht immer auf Bush beschränken. Bush ist 2008 weg, der Kurs der USA wird sich ändern, aber nicht marginal.
Vermute mal, hier ist das Wort "nicht" ein Versehen; denn sonst machte der nachstehende Satz keinen Sinn.
daimos schrieb:
Denn beide politische Parteien wollen, dass die USA Weltmacht bleibt. Man kann zwar von Hillary Clinton schwärmen, aber auch ihr Mann hat so einigen Mist gebaut. Das internationale Schachbrett ist anarchistisch - der mit der meisten Macht diktiert eben die anderen durch die Landschaft. Auch Hillary wird - falls sie denn in zwei Jahren gewählt würde - grob gesehen an der US-Politik festhalten.
Genau! Wir sollten mal jenseits dessen, was ergoogelt oder wikipediatisert euriert werden kann, festhalten:
Noch bis zum WK I war die US-Außenpolitik isolationistisch. Nach 1914 stand die öffentliche Meinung eher auf deutscher Seite, aber die US-Regierung unterstützte GB auf deren Ersuchen. Erst nach der Torpedierung eines US-Schiffes im Februar 1917, bei dem auch Amerikaner ums Leben kamen, kippte die Meinung und Roosevelt konnte es wagen, Deutschland den Krieg zu erklären. - Nach dem Scheitern der Völkerbundsidee zogen sich die USA wieder in den Isolationismus zurück.
In den WK II traten die USA ein:
a) Nach Angriff Japans auf Pearl Harbor,
b) Nach Kriegserklärung Hitlers an die USA (!); beide Ereignisse im Dezember 1941.
Nach 1945 hattendie USA aus der Geschichte gelernt, sich nicht noch einmal aus Europa zurückzuziehen, um es dann irgendwann mal wieder befreien zu müssen, nun nicht vom Nazismus sondern vom Bolschewismsu.
In den Koreakrieg traten sie ein nach dem Überfall Nordkorea auf Südkorea. Die USA glaubten hier an die Dominotheorie, was sie dann unnötigerweise in den Vietnamkrieg verstrickte.
Nach dem Überfall Kuweits durch den Irak 1990 flehten die Kuweitis die USA um Hilfe an. "Bei wem klingelt wohl das Telephon, wenn's brennt", fragte süffisant Colin Powell. Und als die EU mit bombastischen Worten von Schröder und Fischer ("kein neues Auschwitz") im Kosovo eingriff, da hätten ohne logistische Unterstützung der US die lächerlichen 6 deutschen Tornados nicht mal die Ziele ausmachen können.
Gewiss, der zweite (eigentlich der dritte) Golfkrieg war ein Fehler, den ein anderer Präsident vielleicht (!) nicht begangen hätte; aber der Nichtbeginn würde die USA eher mächtiger gemacht, vor allem ihr moralisches Ansehen nicht geschädigt, will sagen: Ihre Hegemonialstellung gestärkt haben.
daimos schrieb:
Zitat von Fortuna
Als God's own country haben sie eben Sonder- und Führungsrechte und wer das nicht akzeptiert, kriegt eins auf die Mütze!
Grausame Parallele zu Deutschlands beschämendster Zeit. Ob die Amis sich je schämen werden?
Erklär mir mal diese Parallele.
Diese würde ich auch mal gern erklärt bekommen.
Manchmal gewinnt man den Eindruck, als sähen einige den einzigen lebende Bösewicht in der Welt in George W. Bush, nicht aber in dem kürzlich verstorbene Milosewicz oder gar in Saddam Hussein oder in dem einsamen Diktator Nordkoreas, von jenem iranischen Präsidenten ganz zu schweigen, der offen erklärt, den Staat Israel vernichten zu wollen.
choda schrieb:
vorab eine Empfehlung: "Imperien, Handlungslogik der Weltherrschaft" von Herfried Münkler. auch sehr billig zu erwerben beim BpB.de
Kann mich der Leseempfehlung nur anschließen. Akzeptiert man die Thesen Münklers, kommt man zu der Schlussfolgerung, wie sie Choda nachstehend zieht:
Soviel sei gesagt, nach dem Handlungsmuster ist die US-Politik aus einer hegemonialen in eine imperialen übergetreten.
Nach wie vor steht die Betrachtung der imperialen Handlungslogik unter Vorgaben
bestimmten Eingangsvorraussetzungen. Imperien sind immer auf expansionsorientierte Eliten zurückzuführen: Aus Prestigegründen, Machtsteigerung oder Gier nach größerem Profit, haben Staaten mit imperialen Ansprüchen, eine Politik der wirtschaftlichen Durchdringung fremder Räume oder politische Annexion betrieben, zur stukturellen Bildung eines Zenrum-Peripherie-Verhältnisses.
Kennzeichen der oben genannten Eliten ist, das sie sich meistens in einer Phase der Ablösung befinden, und diese durch die expansive Außenpolitik verzögern.
Schwierieg ist nur,daß die USA eine neue Wandlung eines Imperiums darstellt, die nicht in allen Punkten dem Verlauf eines imperialen Handlungsmusters folgt.
Der entscheidende Satz ist die innere, in diesem Fall imperiale Handlungslogik, der sich kein Imperium entziehen kann, es sei denn, es verzichtet darauf, eines zu sein. Nur getrost Freunde, noch jeder Platzhirsch musste einmal sein Feld räumen, deshalb gab ich den Thema den Zusatz "das sterbende Imperium". - Die Vorstellung aber, das mögliche künftige Imperium China sei ein gütigerer Hegemon als die USA ist unhistorisch, um nicht zu sagen naiv - hat aber auch niemand hier behauptet. Nur könnte es sein, dass wir in 20 Jahren seufzen, wie es Peter Scholl-Latour einmal getan hat: "Ach hätten wir nur die Pax Americana".
Zu
Miriam und diethelm, ich halte die Darlegungen von Ziegler im Kern für richtig; gebe aber zu bedenken: Wer könnte und wer will anders verteilen? Wo steht eigentlich geschrieben, dass die deutschen Löhne real achtmal so hoch sein müssen als chinesische? Wollen wir das Weltsozialprodukt auch freudig egalisierend etwas anders verteilen?