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USA - sterbendes Imperium?

Daimos, die Frage ist zwar an Fortuna gestellt, doch erlaube ich mir, dich einfach dazu zu motivieren, den Google oder msn anzuwerfen und mal nach

* USA
* America
* military
* involvement

zu suchen.

Du wirst da eine ganze Menge finden und am Ende der Lektüre vielleicht sogar feststellen, dass die USA von Korea über Vietnam bis nach Japan oder heute den Irak eigentlich keine Achtung vor dem Leben der normalen Menschen hatten, sofern "american interests" betroffen waren. Kannst ja mal die Toten zählen und dann wieder vergleichen.

Man muss nicht unbedingt die Nazis kopieren, um millionen Menschen über die Jahre zu ermorden.
 
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Servus

Hallo Leute,

vorab eine Empfehlung: "Imperien, Handlungslogik der Weltherrschaft" von Herfried Münkler. auch sehr billig zu erwerben beim BpB.de


Man muß nicht kleinbürgerlichen jeden Toten zählen, die eine Politik verursacht (verstehen sie das nicht falsch), oder können sie mir eine benennen die ein reines Gewiß hat?

Soviel sei gesagt, nach dem Handlungsmuster ist die US-Politik aus einer hegemonialen in eine imperialen übergetreten.
Nach wie vor steht die Betrachtung der imperialen Handlungslogik unter Vorgaben
bestimmten Eingangsvorraussetzungen. Imperien sind immer auf expansionsorientierte Eliten zurückzuführen: Aus Prestigegründen, Machtsteigerung oder Gier nach größerem Profit, haben Staaten mit imperialen Ansprüchen, eine Politik der wirtschaftlichen Durchdringung fremder Räume oder politische Annexion betrieben, zur stukturellen Bildung eines Zenrum-Peripherie-Verhältnisses.
Kennzeichen der oben genannten Eliten ist, das sie sich meistens in einer Phase der Ablösung befinden, und diese durch die expansive Außenpolitik verzögern.
So wären die Eliten,der kolonialen Expansionen , schon früher abgelöst worden als sie wurden.
Es gab in der Vergangenheit viele Imperien, oder Staaten mit imperialen Ansprüchen.
Schwierieg ist nur,daß die USA eine neue Wandlung eines Imperiums darstellt, die nicht in allen Punkten dem Verlauf eines imperialen Handlungsmusters folgt.
 
Zuletzt bearbeitet:
@choda

Sehr gut geschrieben, dein Beitrag.

Münklers Buch habe ich mir heute bestellt, dieses Wochenende lese ich noch "Aufstieg und Fall der großen Mächte. Ökonomischer Wandel und militärischer Konflikt von 1500-2000" von Paul Kennedy zu Ende. Auch sehr zu empfehlen, wenn man die Geschichte der Imperien der Neuzeit mal zusammengefasst haben will. Schwerpunkt ist allerdings der Aufstieg der USA, das 20. Jh. macht etwa die Hälfte des Buches aus. Als potentielle Nachfolger der USA in ihrer Position nennt Kennedy China, Japan und die EU. Der Text ist leider noch von 1987, dafür sind nette Szenarien enthalten, die teilweise ja eingetreten sind: Deutsche Wiedervereinigung, Fall der UdSSR,... Und eben der langsame Abstieg der USA, der laut Kennedy schon seit Vietnam eingesetzt hat. Ein weiteres gutes Buch ist "Weltmacht USA. Ein Nachruf" von Emmanuel Todd, frz. Historiker und Soziologe. Todd argumentiert anhand demografischer Zahlen.


Ich bin seit 1-2 Jahren davon weggekommen, internationale Ereignisse noch groß emotional aufzunehmen. Das erlaubt mir meiner Meinung nach eine objektivere Sicht, denn änern können wir die US-Politik eh nicht, Hoffnung hat bei mir auch schon versagt und da bleibt dann die Analyse mithilfe o.g. Bücher.
 
In meinem Beitrag vom 28.3 bezog ich mich ebenfalls auf das Buch "Imperien..." von Herfried Münkler.

Ich möchte nun einen anderen Autoren noch erwähnen, den schweizer Politiker und Soziologen Jean Ziegler. Sein neuestes Werk nennt sich "Das Imperium der Schande" - und damit meint er eigentlich die Weltherrschaft der Konzerne. Auch dabei spielen die USA natürlich eine führende Rolle.
Was dabei bemerkenswert ist: anscheinend gibt es gar keinen reellen Mangel mehr in der Welt, es ist nur die Verteilung der Güter die uns dies so erscheinen lässt. Doch, wie Ziegler sagt, parallel zu einem beträchtlichem Wachstum des Bruttosozialproduktes, findet auf politischer Ebene eine Refeudalisierung der Systeme statt.
Die eigentlichen Herrscher der Welt sind die multinationalen Konzerne, und unter der Liberalisierung die diese anfordern, verstehen sie eine hundert prozentige Privatisierung. Das würde so weit gehn, dass sogar Güter die eigentlich der Allgemeinheit gehören- bzw. zugänglich sein sollen, wie z.B. Wasser, Pflanzen, Gentechniken, etc... Privateigentum oder der privaten Wirtschaft obliegen sollten. Dies ist leider Vielerorts schon jetzt der Fall. (Dazu habe ich Einiges geschrieben im Unterforum "Wissenschaft ..." unter dem Titel "Das unbekannte Wasser" - Juli 2005)

Jean Ziegler zeigt uns, dass gleichzeitig zum Wachstum des Bruttosozialproduktes, die Zahlen der Hungerden und der Hungertoten ständig steigen. Doch nach Ziegler, könnte die Landwirtschaft weltweit heute 12 Miliarden Menschen ernähren. Demzufolge nennt also Jean Ziegler den Hungertot eines jeden Menschens - Mord.

Hinter alldem steht das Konsensus von Washington, das diese weltweite und vollständige Liberalisierung anfordert - also die vollständige Privatisierung.

daimos schrieb:
Ich bin seit 1-2 Jahren davon weggekommen, internationale Ereignisse noch groß emotional aufzunehmen. Das erlaubt mir meiner Meinung nach eine objektivere Sicht, denn änern können wir die US-Politik eh nicht, Hoffnung hat bei mir auch schon versagt und da bleibt dann die Analyse mithilfe o.g. Bücher.

Meine Empfehlung an dich, daimos - lese Jean Ziegler und da findest du das beste Beispiel für einen der mit einem enormen Sachkentnis analysiert - und dabei mit Herzblut einen Apell an die Menschheit lanciert, hinzuschauen und zu handeln. Man kann beides gut vereinbaren: Ratio und Gefühl.
 
Miriam schrieb:
Doch nach Ziegler, könnte die Landwirtschaft weltweit heute 12 Milliarden Menschen ernähren.
ist ein Ergebnis einer WHO Untersuchung. Erstmals mit dem Beginn des 20.Jhdts ist es der Menschheit gelungen mehr Nahrungsmittel zu produzieren, als zu ihrer Ernährung notwendig ist.

Ich bin da auch Zieglers Ansicht, dabei ist es nicht einmal Gier, die dieses Morden bewirkt, letztlich werden diese überschüssigen Nahrungsmittel „entsorgt“ (man beachte den Zynismus, der dabei hinter dem Wort steckt). Und dazu werden noch 2 Milliarden mit den diversesten hochgradigen Mangelernährungen gequält, es ist eine Form von „Abu Ghraib“, wo alle in unterschiedlicher Intensität mittun.

Der Dokumentarfilm „We Feed The World” ist gerade in Österreich gelaufen, wenn es geht, sehn ihn Euch an. In ihm wird auch Jean Ziegler interviewed und als Kontrast zu ihm, am Ende, ein „anderer Kärntner“, der Konzernchef von Nestle ist.

Nun, Politik war immer zuallererst nur Wirtschaftspolitik! Auch all die Kriege. Religion oder Ideologien dienten nur, das Volk zum „mitgehen“ zu bewegen.

Allerdings teile ich daimos Meinung, zur Analyse kann die Welt nicht pessimistisch genug gesehen werden. Allerdings, um tätig werden zu können bedarf es des Optimismus. Auch Ziegler hat dieses in einem Gespräch ähnlich gemeint und etwa so ausgedrückt: „Wir müssen pessimistisch denken, aber optimistisch handeln.

Wenn eine Analyse nicht zu verändertem Handel führt, unterscheidet sie sich nicht von geistiger Masturbation. Ist manchmal auch ein Lustgewinn. Weiß ich!

Liebe Grüße, diethelm
 
Diethelm schrieb:
Ich bin da auch Zieglers Ansicht, dabei ist es nicht einmal Gier, die dieses Morden bewirkt, letztlich werden diese überschüssigen Nahrungsmittel „entsorgt“ (man beachte den Zynismus, der dabei hinter dem Wort steckt). Und dazu werden noch 2 Milliarden mit den diversesten hochgradigen Mangelernährungen gequält, es ist eine Form von „Abu Ghraib“, wo alle in unterschiedlicher Intensität mittun.


Lieber Diethelm,

deinen Satz der den Hunger, und oft den Hungertod in dieser Welt als eine Form von Abu Ghraib bezeichnet, finde ich sehr zutreffend. Wie kommt es denn, dass wir diese Bilder so toll verdrängen können und zur Tagesordnung mit Leichtigkeit übergehen?
Ich denke, wir haben unser Gewissen, Menschen wie Jean Ziegler delegiert – wir sind ja groß in delegieren, in wegschauen, uns nicht einmischen, etc… Aber dafür müssen wir erst unser Gewissen in guten Händen übergegeben, einem der es sicherlich besser macht als wir es tun könnten.
Es ist auch die Ohnmacht vor der Macht der Weltkonzerne die sich über die Regierungen die wir demokratisch gewählt haben hinwegsetzen, und auch die Einsicht, dass nur diejenigen Politiker noch eine Macht verkörpern, die mit diesen Konzernen kooperieren. Da wären wir natürlich wieder, dies soll nur als exemplarisch verstanden werden, beim Imperium USA.
Erst bei einem genauen Hinschauen erkennen wir: das Votum das der Wähler diesen Politikern gegeben hat ist zur Farce geworden, das ihnen anvertraute Mandat entspricht nicht dem Auftrag des Souveräns.

Nochmals zurück zum Gedanken der Privatisierung, wie ich ihn im Beitrag 24 erwähnt habe:

Die eigentlichen Herrscher der Welt sind die multinationalen Konzerne, und unter der Liberalisierung die diese anfordern, verstehen sie eine hundert prozentige Privatisierung. Das würde so weit gehen, dass sogar Güter die eigentlich der Allgemeinheit gehören- bzw. zugänglich sein sollen, wie z.B. Wasser, Pflanzen, Gentechniken, etc... Privateigentum oder der privaten Wirtschaft obliegen sollten.

Etwas genauer ausgedrückt: privatisiert soll das Gewinnbringende werden, nicht das Risiko, der eventuelle Verlust der dadurch entstehen könnte. Diesen trägt dann wieder die Solidargemeischaft – nur dies zu tragen wird immer problematischer. Zur Gewinnmaximierung werden tausende von Arbeitsplätzen gestrichen, um das Problem der Arbeitslosigkeit aber sollen sich die Regierungen kümmern.
Ähnlich verhält es sich mit der Globalisierung – darunter stellen wir uns auch eine Vernetzung die die ganze Welt betrifft, vor. Das stimmt aber auch nicht: globalisiert sind die Interessen die die nationalen Konzerne, die Finanzmärkte verbindet – doch sogar vom Welthandel sind schon manche Staaten oder fast schon ganze Kontinente abgekoppelt - zeigt der Soziologe Oskar Negt. Ganz zu schweigen vom Recht auf Nahrung, auf Wasser, etc… Auch dieses Recht ist alles andere als globalisiert.
So gesehen müssen wir uns fragen ob nicht sogar die Demokratie in Gefahr ist. Es entwickelt sich ein Ungleichgewicht – ist überhaupt der Gedanke, dass alle Macht vom Volke kommt noch aktuell?

Da du über einen Dokumentarfilm sprichst, „We Feed The World”, möchte ich auch einen Film erwähnen, der sich zwar nicht auf die so genannte dritte Welt bezieht, sondern nur in Frankreich gedreht wurde. Es ist „Die Sammler und die Sammlerin“ von Agnes Varda. In diesem Dokumentar werden wir plötzlich konfrontiert mit der massiven Entsorgung von Lebensmitteln, wenn sie den Anforderungen nicht entsprechen. Ganze Ladungen werden mit Lastwagen transportiert, zum Beispiel Kartoffel, sie werden einfach zum Verrotten auf offene Felder gekippt, denn sie entsprechen durch Form und Größe nicht den Normen. Obdachlose und Arbeitslose die in der Nähe leben kennen das schon und ein geringer Teil gelangt so zu denen die anders hungern würden.

Du spricht am Ende deines Beitrages von Lustgewinn - und deine Gedankensprünge waren so toll, dass ich sehr lachen musste. Nun möchte ich dir sagen, dass deine Beiträge für mich immer ein Lustgewinn sind.

Und wer uns jetzt vorwerfen möchte, dass wir etwas ausgeufert sind bei diesem Thema, dem antworte ich vorsorglich, dass das mit der Globalisierung der Gedanken zusammenhängt.

Liebe Grüße

Miriam
 
louiz30 schrieb:
Zu euren ausführlichen Beiträgen sei vielleicht kurz angemerkt, dass es den USA im Grunde nicht um das Wohl anderer Staaten geht und auch nicht um die Demokratie als tragenden Wert.

Na und? Geht es den anderen Staaten um etwas anderes als ihre eigenen Interessen? - Und das Missionarische der US-Politik ist ein Grundzug seit rd. 150 Jahren.

Nun kann man sagen, dass das ja alle so tun. Richtig! Aber eben haben nicht alle den Anspruch der Führer der Welt zu sein.

Aber den erheben sie ja gar nicht. Sie sind "Führer" wider Willen, sozusagen die Großmacht aus Versehen. Das ist es doch gerade was Münkler und andere, hervorheben: Ihre schiere Macht zwingt die USA zum Großmachthandeln.

louiz30 schrieb:
Ich kann nur hoffen, dass endlich Hillary Rodham Clinton und damit eine Frau ins Weiße Haus kommt. Vielleicht wird es ja dann etwas besser und vielleicht verlassen die Falken dann auch das Weiße Haus.

Da haben wir wieder die Personalisierung, die ich allerdings schon vom Ansatz her für falsch halte. Wer auch immer der nächste Präsident sein wird, auch eine Frau wird sich in der Kontinuität der US-Geschichte sehen. Gerade Münkler, Kennedy u.a. versuchen ja gerade zu zeigen, dass es nicht die Einzelperson ist, die das Wesen einer Hegemonialmacht bestimmt.

Ziesemann, der erfreut ist, wie lebhaft die Diskussion geworden ist und auf andere Beiträge noch antworten wird.
 
Ziesemann schrieb:
Na und? Geht es den anderen Staaten um etwas anderes als ihre eigenen Interessen? - Und das Missionarische der US-Politik ist ein Grundzug seit rd. 150 Jahren.
Ja, das "Manifest Destiny" haben wir in Geschichte durchgekaut. Ein Lesetipp: John O'Sullivan: "The Great Nation of Futurity". Ich habe bisher nichts Patriotischeres über die USA gelesen. :p
Ziesemann schrieb:
Aber den erheben sie ja gar nicht. Sie sind "Führer" wider Willen, sozusagen die Großmacht aus Versehen. Das ist es doch gerade was Münkler und andere, hervorheben: Ihre schiere Macht zwingt die USA zum Großmachthandeln.
Richtig, die USA wollten erst ganz nach Monroe-Manier den Süden für sich klar machen, waren am Freihandel äußerst interessiert und haben sich dann 1917 eher aus wirtschaftlichen Interessen, würde ich sagen, am Ersten Weltkrieg beteiligt, weil sie wohl Angst bekamen, dass GB und Frankreich ihre enormen Kriegsschulden nicht mehr zurückzahlen könnten. Gleichermaßen haben sie neben den anderen europäischen Mächten die Menschewiki in der russischen Revolution unterstützt, weil Kommunisten eben niemand haben wollte.
Der Erste Weltkrieg hat die USA zur Weltmacht gemacht. Großbritannien war danach zu sehr verschuldet und wirtschaftlich angeschlagen, als dass es seine Weltmachtsrolle hätte weiter halten können. Die USA waren also nach 1918 Weltmacht, nur haben sie ihre Rolle nicht eingenommen. Der vom amerikanischen Präsidenten Wilson geforderte Völkerbund wurde zwar gegründet, aber die USA traten ihm als Ordnungsmacht gar nicht bei - noch ein Zeichen der Isolationisten in den USA. Das und die Appeasement-Politik führten dann zum Zweiten Weltkrieg, nach dem die USA dann vollends ihre Macht demonstrieren konnten - so mächtig wie nie eine Macht zuvor, wie Kennedy schreibt. Großbritannien war endgültig aus der ersten Reohe verschwunden und die UdSSR war auch bis auf ihr Atomwaffen-Arsenal nie wirklich eine ernsthafte Bedrohung der USA, wenn man sich vergleichende Statistiken ansieht (vgl. Kennedy :cool:).
Ziesemann schrieb:
Da haben wir wieder die Personalisierung, die ich allerdings schon vom Ansatz her für falsch halte. Wer auch immer der nächste Präsident sein wird, auch eine Frau wird sich in der Kontinuität der US-Geschichte sehen. Gerade Münkler, Kennedy u.a. versuchen ja gerade zu zeigen, dass es nicht die Einzelperson ist, die das Wesen einer Hegemonialmacht bestimmt.
Sagen wir's so: Die einzelnen Präsidenten sind Nuancierungen der US-Außenpolitik, aber keineswegs eine Kehrtwende. Denn grob gesehen müssen sie einfach so verfahren, das verlangt allein die Logik (vgl. Brzezinski, Todd oder Münkler). Clinton war da nicht viel anders, er hat es nur nicht so offensichtlich getan wie der militärfreudige Bush. Die Ziele der US-Außenpolitik hab ich grob ja bereits umrissen: Klick!
Ziesemann schrieb:
Ziesemann, der erfreut ist, wie lebhaft die Diskussion geworden ist und auf andere Beiträge noch antworten wird.
daimos, der erfreut ist, dass die Diskussion wieder in die richtige Richtung geht.
 
Sammelantwort

gestattet sie bitte, doch eigentlich sollte man nicht - Schuldbekentnis - ein solch schwieriges Thema anschneiden, wenn man dann durch Abwesenheit oder anderer Verpflichtungen wegen gehindert ist, angemessen auf die Beiträge zu antworten.

Ich möchte an Daimos Beiträge anknüpfen; aber ihn vorweg darauf aufmerksam machen, dass Münkler die moralische Rechtfertigung eines Imperiums nicht als objektiv gegebene Tatsache behauptet, als sei das moralische legitimiert, sondern nur als Ideologie. Das Imperium brauchte eine solche, um leichter herrschen zu können; aber genau diese Art des geistigen Herrschaftsanspruch löst die Widerstände aus, deren wir gegenwärtig Zeuge sind.

daimos schrieb:
Ich würde die US-Außenpolitik nicht immer auf Bush beschränken. Bush ist 2008 weg, der Kurs der USA wird sich ändern, aber nicht marginal.

Vermute mal, hier ist das Wort "nicht" ein Versehen; denn sonst machte der nachstehende Satz keinen Sinn.

daimos schrieb:
Denn beide politische Parteien wollen, dass die USA Weltmacht bleibt. Man kann zwar von Hillary Clinton schwärmen, aber auch ihr Mann hat so einigen Mist gebaut. Das internationale Schachbrett ist anarchistisch - der mit der meisten Macht diktiert eben die anderen durch die Landschaft. Auch Hillary wird - falls sie denn in zwei Jahren gewählt würde - grob gesehen an der US-Politik festhalten.
Genau! Wir sollten mal jenseits dessen, was ergoogelt oder wikipediatisert euriert werden kann, festhalten:

Noch bis zum WK I war die US-Außenpolitik isolationistisch. Nach 1914 stand die öffentliche Meinung eher auf deutscher Seite, aber die US-Regierung unterstützte GB auf deren Ersuchen. Erst nach der Torpedierung eines US-Schiffes im Februar 1917, bei dem auch Amerikaner ums Leben kamen, kippte die Meinung und Roosevelt konnte es wagen, Deutschland den Krieg zu erklären. - Nach dem Scheitern der Völkerbundsidee zogen sich die USA wieder in den Isolationismus zurück.
In den WK II traten die USA ein:
a) Nach Angriff Japans auf Pearl Harbor,
b) Nach Kriegserklärung Hitlers an die USA (!); beide Ereignisse im Dezember 1941.
Nach 1945 hattendie USA aus der Geschichte gelernt, sich nicht noch einmal aus Europa zurückzuziehen, um es dann irgendwann mal wieder befreien zu müssen, nun nicht vom Nazismus sondern vom Bolschewismsu.
In den Koreakrieg traten sie ein nach dem Überfall Nordkorea auf Südkorea. Die USA glaubten hier an die Dominotheorie, was sie dann unnötigerweise in den Vietnamkrieg verstrickte.
Nach dem Überfall Kuweits durch den Irak 1990 flehten die Kuweitis die USA um Hilfe an. "Bei wem klingelt wohl das Telephon, wenn's brennt", fragte süffisant Colin Powell. Und als die EU mit bombastischen Worten von Schröder und Fischer ("kein neues Auschwitz") im Kosovo eingriff, da hätten ohne logistische Unterstützung der US die lächerlichen 6 deutschen Tornados nicht mal die Ziele ausmachen können.

Gewiss, der zweite (eigentlich der dritte) Golfkrieg war ein Fehler, den ein anderer Präsident vielleicht (!) nicht begangen hätte; aber der Nichtbeginn würde die USA eher mächtiger gemacht, vor allem ihr moralisches Ansehen nicht geschädigt, will sagen: Ihre Hegemonialstellung gestärkt haben.
daimos schrieb:
Zitat von Fortuna
Als God's own country haben sie eben Sonder- und Führungsrechte und wer das nicht akzeptiert, kriegt eins auf die Mütze!
Grausame Parallele zu Deutschlands beschämendster Zeit. Ob die Amis sich je schämen werden?

Erklär mir mal diese Parallele.

Diese würde ich auch mal gern erklärt bekommen.

Manchmal gewinnt man den Eindruck, als sähen einige den einzigen lebende Bösewicht in der Welt in George W. Bush, nicht aber in dem kürzlich verstorbene Milosewicz oder gar in Saddam Hussein oder in dem einsamen Diktator Nordkoreas, von jenem iranischen Präsidenten ganz zu schweigen, der offen erklärt, den Staat Israel vernichten zu wollen.

choda schrieb:
vorab eine Empfehlung: "Imperien, Handlungslogik der Weltherrschaft" von Herfried Münkler. auch sehr billig zu erwerben beim BpB.de
Kann mich der Leseempfehlung nur anschließen. Akzeptiert man die Thesen Münklers, kommt man zu der Schlussfolgerung, wie sie Choda nachstehend zieht:
Soviel sei gesagt, nach dem Handlungsmuster ist die US-Politik aus einer hegemonialen in eine imperialen übergetreten.
Nach wie vor steht die Betrachtung der imperialen Handlungslogik unter Vorgaben
bestimmten Eingangsvorraussetzungen. Imperien sind immer auf expansionsorientierte Eliten zurückzuführen: Aus Prestigegründen, Machtsteigerung oder Gier nach größerem Profit, haben Staaten mit imperialen Ansprüchen, eine Politik der wirtschaftlichen Durchdringung fremder Räume oder politische Annexion betrieben, zur stukturellen Bildung eines Zenrum-Peripherie-Verhältnisses.
Kennzeichen der oben genannten Eliten ist, das sie sich meistens in einer Phase der Ablösung befinden, und diese durch die expansive Außenpolitik verzögern.
Schwierieg ist nur,daß die USA eine neue Wandlung eines Imperiums darstellt, die nicht in allen Punkten dem Verlauf eines imperialen Handlungsmusters folgt.

Der entscheidende Satz ist die innere, in diesem Fall imperiale Handlungslogik, der sich kein Imperium entziehen kann, es sei denn, es verzichtet darauf, eines zu sein. Nur getrost Freunde, noch jeder Platzhirsch musste einmal sein Feld räumen, deshalb gab ich den Thema den Zusatz "das sterbende Imperium". - Die Vorstellung aber, das mögliche künftige Imperium China sei ein gütigerer Hegemon als die USA ist unhistorisch, um nicht zu sagen naiv - hat aber auch niemand hier behauptet. Nur könnte es sein, dass wir in 20 Jahren seufzen, wie es Peter Scholl-Latour einmal getan hat: "Ach hätten wir nur die Pax Americana".

Zu Miriam und diethelm, ich halte die Darlegungen von Ziegler im Kern für richtig; gebe aber zu bedenken: Wer könnte und wer will anders verteilen? Wo steht eigentlich geschrieben, dass die deutschen Löhne real achtmal so hoch sein müssen als chinesische? Wollen wir das Weltsozialprodukt auch freudig egalisierend etwas anders verteilen?
 
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Miriam schrieb:
Und wer uns jetzt vorwerfen möchte, dass wir etwas ausgeufert sind bei diesem Thema, dem antworte ich vorsorglich, dass das mit der Globalisierung der Gedanken zusammenhängt.
Ich habe da noch eine viel zwingendere Begründung: „Imperien sterben nie still und unauffällig wie Verhungernde im Busch, sondern mit Getöse und reißen massenhaft Menschen mit in den Tod, auch über den Hunger!“

Die Unabhängigkeitskriege der ehemaligen Kolonien beim Zusammenbruch des britischen oder französischen Imperiums sollten den meisten von uns wohl noch in Erinnerung sein, leider nur in der abendländisch zensurierten Form. Die Wirklichkeit selbst sah ja etwas anderes aus, wofür französische Historiker in Frankreich kämpfen.

Mir gefällt, dass Du hier Jean Ziegler erwähnst, der im Vormonat im Vorlesungszyklus der Wr. Arbeiterkammer in seiner Funktion als UN Sonderberichtsertatter für das "Recht auf Nahrung" zu diesem Problem ausführlich Stellung nahm. Und Oskar Negt war Ende des Vorjahres bei den „Strudelhofgesprächen“ des VÖGB in Wien mit dem Thema: „Wozu noch Gewerkschaften“ und behandelte eingehend das von Dir erwähnte Problem.

Nun, - „die Herrscher dieser Welt“ -, wenn wir uns die Politiker anschauen, so kommen sie aus Wirtschaftsimperien, oder stehen an bedeutender Stelle in ihren Diensten, oder wie es neuerdings auch in Österreich modern geworden ist, erhalten nachher dort ihren Platz, oder werden dort zwischengeparkt, wenn zur Zeit gerade die andere Partei an der Macht ist, unabhängig von der Partei, aus der sie kommen.

Liebe Grüße sendet diethelm

P.S.: Eine Räuberbande ist eine Schar von Menschen, die unter dem Befehl eines Anführers steht, sich durch Verabredung zu einer Gemeinschaft zusammenschließt und nach fester Übereinkunft die Beute teilt. Wenn dies üble Gebilde durch Zuzug verkommener Menschen so ins Große wächst, dass Ortschaften besetzt, Niederlassungen gegründet, Städte erobert, Völker unterworfen werden, nimmt es ohne weiteres den Namen Reich an. …(Aurelius Augustinus).

P.P.S.: Ich habe zwischendurch erfahren, dass ´We Feed The World´ demnächst in Deutschland anlaufen wird.
 
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