AW: Ukraine: vom Westen einverleibt ?
Interview mit Sergei Glaziev, Berater von Wladimir Putin,
zum Verhältnis zwischen Europa, Russland und den USA.
http://vineyardsaker.blogspot.co.at/2014/08/interview-with-sergei-glaziev-must-see.html
(mit deutschen Untertiteln, 'cc' button)
"Die Welt bewegt sich heute durch eine ganze Reihe einander überlagernder
zyklischer Krisen. Die ernsteste davon ist eine technologische Krise, die mit
Veränderungen in der Wellenlänge der wirtschaftlichen Entwicklung verbunden
ist.
Das ist eine Periode, in der die Wirtschaft ihre Struktur ändert. Jene
wirtschaftliche Struktur, die die letzten 30 Jahre lang das
Wirtschaftswachstum angetrieben hat, ist erschöpft.
Wir brauchen einen Übergang in ein neues technologisches System. Diese Art
des Wandels ist, unglücklicherweise, immer durch einen Krieg erfolgt. So war
es in den 30ern, als die Weltwirtschaftskrise in einen Rüstungswettlauf
überging und dann in den zweiten Weltkrieg.
So war es während des kalten Kriegs, als ein Rüstungswettlauf im Weltraum
komplexe Informations- und Kommunikationstechnologien aufgebracht hat, die
zur Grundlage einer technologischen Struktur wurden, die die Weltwirtschaft
die letzten 30 Jahre angetrieben hat.
Heute stehen wir vor einer solchen Krise. Die Welt bewegt sich in ein neues
technologisches System. Dieses neue System ist humanitärer Natur und könnte
also Krieg vermeiden, da die Hauptträger des Wachstums auf dieser Welle
humanitäre Technologien sind.
Das schließt Gesundheitsdienste und pharmazeutische Industrie mit ein, die
auf Bio-Technologien beruhen. Sie schließen auch Kommunikationstechnologien
mit ein, die auf Nanotechnologie beruhen und gerade vor dem Durchbruch stehen.
Und sie schließen Wissenstechniken mit ein, die eine neue Summe menschlichen
Wissens definieren. Wenn wir im Stande wären, ein wechselseitiges
Entwicklungsprogramm aufzulegen, wie es Präsident Putin ständig vorgeschlagen
hat, eine allgemeine Entwicklungszone mit Handelserleichterungen von Lissabon
bis Wladiwostok.
Wenn wir mit Brüssel übereinkommen könnten, einen gemeinsamen
Wirtschaftsraum, eine gemeinsame Entwicklungszone zu schaffen, könnten wir
genug Projekte finden, die Durchbrüche erzielen könnten, von der Gesundheit
bis hin zur Abwehr von Bedrohungen aus dem Weltall, um unser
wissenschaftliches und technisches Potential zu verwirklichen und eine
beständige Nachfrage durch den Staat zu schaffen, der dem neuen
technologischen System den nötigen Schub geben würde.
Wie auch immer, die Amerikaner bleiben auf dem üblichen Pfad. Um ihre Führung
in der Welt zu halten, entfachen sie einen weiteren Krieg in Europa. Ein
Krieg in Europa ist immer gut für die Amerikaner. Sie nennen sogar den
zweiten Weltkrieg, der in Europa und Rußland 50 Millionen Menschenleben
forderte, einen guten Krieg.
Er war gut für Amerika, weil die USA aus diesem Krieg als Weltführungsmacht
hervorgingen. Der kalte Krieg, der mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion
endete, war für sie genauso gut. Jetzt wollen die USA erneut ihre Führung auf
Kosten Europas halten.
Das wird durch den schnellen Aufstieg Chinas bedroht.
Die Welt bewegt sich heute in noch einem anderen Zyklus, diesmal einem
politischen. Dieser Zyklus dauert Jahrhunderte und ist mit Veränderungen in
den globalen Institutionen verbunden, die die Wirtschaft regeln.
Wir bewegen uns von einem amerikanischen Zyklus der Kapitalakkumulation in
einen asiatischen. Das ist eine weitere Krise, die die amerikanische
Hegemonie bedroht.
Um seine führende Position angesichts des Wettbewerbs mit dem aufsteigenden
China und anderen asiatischen Ländern zu halten, fangen die Amerikaner einen
Krieg in Europa an. Sie wollen Europa schwächen, Rußland in Stücke brechen
und den gesamten eurasischen Kontinent unterwerfen.
Das heißt, an die Stelle der Entwicklungszone von Lissabon bis Wladiwostok,
die Präsident Putin vorschlägt, wollen die USA einen chaotischen Krieg
setzen, ganz Europa vom Krieg verschlingen lassen.
Sie halten das für den einzigen Weg, ihre Hegemonie in der Welt zu halten und
China zu schlagen. Unglücklicherweise scheint die amerikanische Geopolitik,
die wir auf unseren Bildschirmen sehen, direkt aus dem 19ten Jahrhundert zu
stammen.
Sie denken in den Begriffen der geopolitischen Kämpfe des britischen Empire:
teile und herrsche, stelle die Nationen gegeneinander, verwickle sie in
Konflikte und beginne einen Weltkrieg.
Die Amerikaner setzten unglücklicherweise diese alte britische Politik fort,
um ihre Probleme zu lösen. Rußland wurde zum Opfer dieser Politik erkoren,
während das ukrainische Volk die Waffe der Wahl und das Kanonenfutter für den
neuen Weltkrieg darstellt.
Zuerst haben die Amerikaner die Ukraine lange Zeit ins Visier genommen, um
sie von Rußland zu trennen. Diese Taktik stammt aus den Zeiten Bismarcks.
Diese europäische, antirussische Tradition hatte das Ziel, die Ukraine von
Russland zu trennen und sie in Konflikte zu stürzen, um so die Kontrolle über
den ganzen eurasischen Raum zu erreichen.
Diese Idee wurde zuerst von Bismarck formuliert, dann von den Briten
aufgegriffen, und zuletzt, durch den wichtigsten amerikanischen
Politikwissenschaftler Zbigniew Brzezinski, der bei vielen Gelegenheiten
sagte, Rußland könne ohne die Ukraine keine Supermacht sein, und daß es
Amerika und dem Westen nütze, beide gegeneinander zu stellen.
Die ganzen vergangenen 20 Jahre haben die Amerikaner den ukrainischen
Nazismus gezüchtet, der gegen Rußland zielt. Wie Sie wissen, haben sie die
Überreste der Bandera-Truppen nach dem zweiten Weltkrieg aufgenommen.
Zehntausende ukrainischer Nazis wurden nach Amerika gebracht, dort gut gehegt
und gepflegt, die ganze Nachkriegszeit hindurch. Diese Welle von Einwanderern
flutete über die Ukraine nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.
Also, indem sie ständig auf die Ukraine zielen, wollen sie sie von Rußland
entfernen. Das ist ihr Hauptziel. Die Idee einer östlichen Partnerschaft war
ein Köder. Sie wurde zuerst von den Polen ins Spiel gebracht und dann von den
Amerikanern aufgegriffen.
Kernpunkt der östlichen Partnerschaft, deren erstes Opfer Georgien wurde, nun
auch die Ukraine, und bald auch Moldawien, ist die Trennung der Verbindung
mit Rußland.
Wie Sie wissen, bauen wir an der Zollunion und einem gemeinsamen
Wirtschaftsraum mit Weißrußland und Kasachstan, dem sich Kirgistan und
Armenien bald anschließen werden.
Die Ukraine ist unser langjähriger Partner. Die Ukraine befindet sich immer
noch im Ratifikationsverfahren dieser Vereinbarung mit Rußland, die bisher
niemand in der Ukraine abgesagt hat.
Die Ukraine ist wichtig für uns, als Teil unseres Wirtschaftsraums und wegen
unserer jahrhundertelangen Verbindungen und Zusammenarbeit. Unser
wissenschaftlicher und industrieller Komplex ist als ein Ganzes entstanden;
daher ist die Teilnahme der Ukraine an der eurasischen Integration ganz
natürlich und bedeutend.
Die östliche Partnerschaft wurde erfunden, um die Ukraine von der Teilnahme
am eurasischen Integrationsprojekt abzuhalten. Die östliche Partnerschaft
bedeutet, eine Assoziierung mit der europäischen Union zu schaffen.
Was ist das für eine Assoziation, die Poroschenko mit den Führern Europas
unterzeichnet hat? Es ist die Umwandlung der Ukraine in eine Kolonie. Mit der
Unterzeichnung dieser Assoziation verliert die Ukraine ihre Souveränität. Sie
übergibt die Kontrolle über die Regulierung ihres Handels, ihrer Zölle, ihrer
Technologien, ihrer Finanzen und ihrer Daseinsvorsorge an Brüssel.
Die Ukraine hört wirtschaftlich und politisch auf, ein unabhängiger Staat zu
sein. In diesem Assoziationsabkommen wird klar gesagt, dass die Ukraine
Juniorpartner der europäischen Union ist.
Die Ukraine muß der gemeinsamen Verteidigungs- und Außenpolitik der EU
folgen. Die Ukraine ist verpflichtet, an der Lösung regionaler Konflikte
unter der Führung der EU teilzunehmen.
So macht Poroschenko aus der Ukraine eine Kolonie der EU und zieht die
Ukraine in einen Krieg mit Russland, als Kanonenfutter, mit der Absicht,
einen Krieg in Europa zu entzünden.
Das Ziel des Assoziierungsabkommens ist, den europäischen Ländern zu
erlauben, die Ukraine bei der Befriedung regionaler Konflikte zu
kontrollieren. Was im Donbass stattfindet, ist ein regionaler bewaffneter
Konflikt. Das Ziel der Amerikaner ist es, so viele Opfer wie möglich zu
schaffen.
Die ukrainische Nazijunta ist ein Instrument dieser Politik. Sie begehen
hirnlose Untaten und Verbrechen, bombardieren Städte, töten Zivilisten,
Frauen und Kinder und zwingen sie, ihr Heim zu verlassen, nur um Russland zu
provozieren und ganz Europa in einen Krieg zu ziehen.
Das ist Poroschenkos Mission. Das ist, warum Poroschenko jede
Friedensverhandlung verweigert und alle Friedensverträge blockiert. Er deutet
jede Aussage Washingtons über Deeskalation des Konflikts als Befehl, ihn
anzuschüren.
Alle Friedensgespräche, die auf internationaler Ebene stattgefunden haben,
haben eine neue Runde der Gewalt gebracht.
Wir müssen verstehen, daß wir es mit einem Nazi-Staat zu tun haben, der
eisern zum Krieg gegen Rußland entschlossen ist und die allgemeine
Mobilmachung erklärt hat.
Die gesamte männliche Bevölkerung zwischen 18 und 55 wird unter Waffen
genommen. Die, die nicht gehorchen wollen, kommen 15 Jahre ins Gefängnis.
Diese kriminelle Nazi-Herrschaft macht die ganze ukrainische Bevölkerung zu
Verbrechern.
Wir haben ausgerechnet, dass die EU etwa eine Billion Euro durch die
Sanktionen verliert, die ihnen durch die Amerikaner auferlegt wurden. Das ist
ein ungeheurer Betrag. Die Europäer spüren schon die Verluste. Es gibt schon
einen Rückgang der Warenverkäufe nach Russland. Deutschland verliert etwa 200
Milliarden Euro.
Unsere erbittertsten Freunde aus den baltischen Staaten erleiden die höchsten
Verluste. Der Schaden für Estland wird sein gesamtes BIP überschreiten.
Der Schaden für Lettland wird die Hälfte seines BIP sein. Aber das hält sie
nicht ab.
Die europäischen Politiker folgen den Amerikanern, ohne sich zu fragen, was
sie tun. Sie schaden sich selbst, indem sie Nazismus und Krieg provozieren.
Ich habe schon gesagt, daß Rußland und die Ukraine die Opfer dieses Krieges
sind, der von den Amerikanern angefacht wird. Aber auch Europa ist ein Opfer,
weil dieser Krieg gegen die europäische Wohlfahrt gerichtet ist und Europa
destabilisieren soll.
Die Amerikaner erwarten, daß der Abfluß europäischen Kapitals und
europäischer Intelligenz weitergeht. Darum setzen sie ganz Europa in Brand.
Es ist eigenartig, daß die Führer Europas dabei mitmachen.
Reden wir über Druck seitens der NATO und des alten Europa. Die USA setzen
die NATO-Länder sehr unter Druck. Die Französische Bank leidet darunter.
Hofft Rußland darauf, daß Westeuropa dem Druck widersteht und imstande
ist, eine unabhängige Politik zu entwickeln? Wir sollten nicht nur darauf
hoffen; wir müssen mit europäischen Führern einer neuen Generation arbeiten,
die frei sind vom amerikanischen Diktat.
Tatsache ist, daß in den Jahren des kalten Krieges in Europa eine
antisowjetische politische Elite geformt wurde. Die wurde dann sehr schnell
antirussisch.
Trotz der dramatisch ausgeweiteten Wirtschaftsverbindungen und ungeheuren
gemeinsamen Wirtschaftsinteressen zwischen Europa und Rußland beruht diese
Russophobie immer noch auf der Feindschaft mit der Sowjetunion und ist noch
immer in den Köpfen vieler europäischer Politiker.
Es müßte eine neue Generation pragmatischer europäischer Politiker an die
Macht kommen, die ihre nationalen Interessen verstehen. Heute sehen wir in
Europa Politiker, die gegen ihre nationalen Interessen handeln.
Grund dafür ist vor allem,
daß Deutschland, die Maschine des europäischen
Wachstums,
noch immer ein besetztes Land ist. In Deutschland stehen immer
noch amerikanische Truppen, und jeder deutsche Kanzler leistet einen
Treueeid, den Spuren der amerikanischen Politik zu folgen. Diese Generation
europäischer Politiker hat darin versagt, das Joch der amerikanischen
Besatzung abzuwerfen.
Obwohl es die Sowjetunion nicht mehr gibt, folgen sie wie besessen Washington
bei der Erweiterung der NATO und dabei, neue Gebiete unter ihre Kontrolle zu
bringen. Obwohl sie schon "allergisch" gegen die neuen osteuropäischen
Mitglieder der EU sind.
Die europäische Union platzt schon aus den Nähten, aber das hält sie nicht
davon ab, ihre aggressive Erweiterung in das post-sowjetische Gebiet weiter
fortzusetzen. Die neue Generation wird, hoffentlich, pragmatischer sein.
Die letzten Wahlen zum Europäischen Parlament haben gezeigt, daß sich nicht
alle Bürger Europas von dieser falschen proamerikanischen, antirussischen
Propaganda und dem ununterbrochenen Strom der Lügen narren lassen, der über
den Häuptern der unglücklichen Europäer zusammenschlägt.
Die traditionellen europäischen Parteien haben bei den jüngsten Wahlen zum
Europäischen Parlament verloren.Je öfter und je eindringlicher wir die
Wahrheit sagen, desto stärker wird die Reaktion sein. Denn was in der Ukraine
geschieht, ist die Wiederbelebung des Nazismus. Europa kann durch die
Lektionen des zweiten Weltkriegs die Zeichen dieser Wiederbelebung des
Nazismus erkennen.
Wir müssen diese historische Erinnerung wieder erwecken, damit sie die
ukrainischen Nazis sehen, die jetzt in Kiew an der Macht sind, die Anhänger
Banderas, Schukchewitschs und anderer Nazi-Kollaborateure.
Die Ideologie der gegenwärtigen ukrainischen Machthaber wurzelt in der
Ideologie der Komplizen Hitlers, die die Juden bei Babi Yar erschossen, in
Khatyn Ukrainer und Weißrussen verbrannten und alle ohne ethnische
Unterschiede vernichteten. Dieser Nazismus erhebt sich heute.
Die Europäer müssen in dieser schrecklichen Konfrontation ihren eigenen Tod
erkennen. Ich hoffe, daß wir, wenn wir beharrlich die Wahrheit sagen und sie
jedem bringen, der sie wissen will, es schaffen, den in Europa drohenden
Krieg aufzuhalten.
Vor allem müssen wir diese äußeren Abhängigkeiten beenden.
Unglücklicherweise
hängt das russische Finanzsystem heute sehr von ausländischem Kapital ab.
Nicht tatsächlich, aber formell ausländischem.
Wir haben uns, mit unserer offenen Wirtschaft, anfänglich auf ausländische
Investitionen verlassen. Es endete damit, daß unsere eigenen Investoren ins
Ausland gingen. Jedes Jahr verlieren wir praktisch 100 Milliarden Dollar,
unversteuert, an die Offshore-Zonen. Nur einen kleinen Teil dieses Gelds, das
unter dem Mantel der ausländischen Investition Rußsland verläßt, erhalten
wir zurück.
Wir müssen unser eigenes, unabhängiges Finanz- und Geldsystem schaffen, das
es uns erlaubt, uns auf die eigene Stärke zu verlassen und der Wirtschaft so
viele Ressourcen zur Verfügung zu stellen, wie es zum Wachstum braucht.
Wir müssen dem Abfluß von Kapital beenden und die Kontrolle über Banken und
Währung verstärken, um dieses verrückte off-shoring unserer Wirtschaft zu
beenden.
Wir müssen unsere Möglichkeiten zur strategischen Planung und für
langfristige Programme, zurückgewinnen und das ist das Wichtigste, ein neues
technologisches System aufbauen. Dazu bedarf es besonderer Maßnahmen, um
Innovationen und Investitionen in die neue wirtschaftliche Struktur anzuregen.
Das Wichtigste ist, einen finanziellen Mechanismus, der wirtschaftliches
Wachstum anregt, zu schaffen, wovon ich vorhin gesprochen habe.
Wenn wir unsere eigenen inneren Ressourcen nutzen, können wir selbst
langfristige, günstige Kredite anbieten, die unsere Geschäftsleute heute im
Ausland suchen und für die sie ihre Besitztümer verpfänden.
Die ausländischen Banken ändern dann die Kreditbedingungen, die uns bei jeder
Wendung der Krise mit der Beschlagnahme russischen Besitzes durch
ausländische Kreditgeber bedrohen.
Um das zu vermeiden, müssen wir unsere unabhängige monetäre und
volkswirtschaftliche Politik entwickeln."