AW: Sterben für Angela Merkel
hey, danke für eure Gedanken und Anmerkungen.
Ich freue mich, dass die meisten auf die metaphorische Aussage eingegangen sind und nicht auf die lyrische innerhalb ihrer theoretischen Voraussetzungen. Dass es doch ein paar selbsternannte Kritiker gibt, die metrischen Vorgaben nicht kennen oder sie zumindest nicht benennen können - diesen sei gesagt, dass sich die Prosodie einer Metrik in verschiedene Versifikationen aufteilt. In diesem Falle ist der Versfuß meist jambisch und endet mit einer stummen Kadenz.
Jetzt aber zum Inhalt:
Es ist nicht nur die polarisierende Wirkung eines Titels, welche den Eye Catcher abgibt. In diesem Falle ist es dem Wandel der Geschichte zu verdanken.
Blättern wir doch mal etwas zurück: Zu Goethes Zeiten zogen die Soldaten für „Kaiser, Gott und Vaterland“ in den Krieg.
Die Feinde schon weichen,
Wir schießen hinterdrein;
Welch' Glück sondergleichen,
Ein Mannsbild zu sein!
... So viel zu Goethes Kriegs-Lyrik. Das Selbstverständnis des Tötens als Akt ähnlich einer Naturkatastrophe anzusehen, hat sich sogar bis zu Ernst Jünger hartnäckig in der Philosophie des Abendlandes erhalten. Ob es besonders klug war Goethes Unsinnigkeit als trällernde Liedform zu verwursten - darüber mag jeder für sich selbst entscheiden.
Heute, nachdem Gott und Vaterland sich leicht verwässert haben, bleibt nur noch ein müdes Kaiser-Surrogat – ein schwaches Angela-Symbol, die es versäumt hat innerhalb der großen Koalition und historischen Chance Schluss zu machen mit dem unsinnigen Kriegsschauspiel in Afghanistan – mehr noch, es noch nicht einmal für Wert befand es überhaupt zu thematisieren.
... zu S1
Das Töten hat System in diesem Land!
Die Väter taten’s für die Rasse.
Wir sind schon ein wunderbares Volk von Analytikern und Logistikern. Die Gründlichkeit ist das Aushängeschild Deutschlands in der Welt. Sie wirbt für Qualität unserer Industrieprodukte, sorgt aber gleichermaßen auch für Angst vor unserer unerschütterlichen Konsequenz auf den Feldern der Menschenverachtung und Brutalität.
Der viel zu früh verstorbene Frankfurter Kabarettist Mathias Beltz hat es einmal in einem einfachen Satz zusammengefasst. „Die Deutschen haben es geschafft nahtlos von der Vernichtung von sechs Millionen Juden zur Produktion von sechs Millionen VW Käfer überzugehen“. Auch die beiden Eingangszeilen in meiner ersten Strophe weisen darauf hin und zeigen diesen geschichtlichen Zusammenhang auf.
Die Söhne steh’n im Nato Zweckverband,
man stirbt nunmehr für Deutschlands Kasse.
Schön, dass es in Deutschland den Abfallzweckverband der Städte und Gemeinden gibt, denn sonst würden wir in unserem Dreck ersticken. Wir sind auch hier perfekt und Vorreiter in Sachen Mülltrennung und Recycling. Auch die gefallenen Kameraden, die sich in einer Art Friedensmission gesehen haben und gar nicht als Soldaten (von der Kfor abgesehen) kamen im Schussfeld der internationalen Interessen zu Tode und werden von der Nato als Zweckverband mit gespielter Erschütterung „entsorgt“. Kommen wir zur Zeile vier, die ich verfasst habe, als Bundespräsident Köhler noch im Amt war. Der Stolperstein in seiner makellosen Karriere war die Aussage, dass Deutschland als drittgrößte Exportmacht der Welt auch dafür Sorge tragen müsse, dass Handelswege, genauso wie Absatzmärkte gesichert werden und ökonomisch gesehen hat er damit auch recht. Moralisch gesehen war es aber ein Schlag ins Gesicht der Hinterbliebenen, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen den Kopf hinhalten mussten. Als ihm hernach der Betroffensheitswind der Trüffelschweinpresse entgegenwehte, hat er schleunigst sein Köfferchen gepackt und sich schmollend als Unverstandener in der Dienstlimousine versteckt. Ja, auch das ist Deutschland! – und anstelle inhaltlich zu hinterfragen, stürzt sich die Politikerkaste auf ihr Lieblingsspiel: - das Stühlerücken. Und wieder wird ein gefährlich gewordener Merkelkontrahent sanft „versorgt“.
... zu S 2
Die Freiheit endet fern am Hindukusch?
Das sorgt für üblen Nachgeschmack.
Kennt ihr nicht? Das berühmte Struck Zitat? "Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt." - Regierungserklärung, Berlin, 11. März 2004. Das Grundgesetz weist unsere Bundeswehr als reine Verteidigungsarmee aus und durch dieses flapsig dahingeworfene Zitat, das symbolhaft für die Strucksche Amtsführung als Verteidigungsminister war, wurde zumindest pro forma ein Weile darüber diskutiert, ob wir uns noch innerhalb des deutschen Rechts bewegen. Danach sind die friedensbewegten Grünen umgefallen und sind Sheriff Schröder mit in den wilden Osten gefolgt. Der Rest ist bekannt.
Heut’ ballern sie für Derivatenpfusch
und enden jäh im Plastiksack.
Das übergeordnete Finanzinstrumentarium, welches den Handel mit Wertpapieren, im Falle des Gedichtes könnte man es zynisch auch auf Totenscheine ausweiten, regelt Leben und Überleben in den Krisengebieten dieser Welt. Nach einem Auszählreim-Verfahren beißen die letzten der Reise nach Jerusalem die Hunde und das Ende bilden Totensäcke, die schon zu einem kleinen Berg von 36 Gefallenen angewachsen sind.
... zu S 3
Betroffenheit wird schlecht geheuchelt,
wenn il silenzio quält sich aus Trompeten.
Ein Komponist wie Nino Rosso, der von seinem denkwürdigen Trompetensolo 10 Millionen Stück verkauft hat, und sich in ungezählte Western eingeschmuggelt hat, kann sich nicht irren – sollte man meinen! Natürlich ist es ein wunderschönes Stück, keine Frage. Wenn dies aber zum Begräbnis der Gefallenen geblasen wird, hat man den Eindruck jeden Augenblick müsste Garry Cooper auf dem Pferd auftauchen und sich neben den Särgen postieren. Ich sage nur: - falscher Ort – falscher Zeitpunkt.
Wer, frage ich, hat hier wen gemeuchelt?
Wie gleichen sich auch heut’ die Kriegspropheten.
Wenn man von Saarbrücken aus den Weg raus über die französische Grenze nimmt, kommt man nach 10 Gehminuten zur Spicherer Höhe. Genau an dieser Stelle standen sich vor 140 Jahren 45 000 Soldaten gegenüber. Die Schlacht gegen den deutschen Erbfeind „den Franzosen“ hatte Tausende das Leben gekostet und die Lazarette waren voll von jungen Soldaten, denen man alle eingeredet hatte ihr Einsatz wäre wichtig für das Vaterland. Diese Indoktrination hat seltsamerweise immer funktioniert und beginnt mit der Entmenschlichung des feindlichen Gegenüber. In der Vergangenheit wurden Indianer, Juden, genauso wie Polen nicht als Menschen betrachtet. Es fällt dann leichter so einen Feind zu töten, weil er eine Zwischenstufe darstellt zu dem Tier und nicht als Homo Sapiens zu anzusehen ist. Also stellt sich bei der Schuldfrage nicht wer das ausführende Organ ist, vielmehr wer der Auftraggeber ist, der die Naivität und Unwissenheit instrumentalisiert. Und das soll es heute alles nicht mehr geben? Weit gefehlt! Die Verhetzung zwischen Christen und Muslime hat gerade ihren Anfang genommen, wobei ich sagen muss, dass die muslimische Seite eindeutig mehr Öl ins Feuer gießt. Die Mechanismen sind aber damals wie heute die gleichen.
Ich denke für mich - ich habe aus drei Strophen genug rausgeholt. Satirisch? – das lag eigentlich nicht in meiner Absicht - aber ruhig weiterdikutieren.
Gruß vom Hans