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Quantentheorie - die Anfänge

Hartmut

Well-Known Member
Registriert
15. August 2005
Beiträge
3.007
Hallo Freunde der Physik,

vor 150 Jahren, am 23. April 1858, wurde der Begründer der Quantentheorie, der deutsche theoretische Physiker Max Planck, geboren.

Als Max Planck am 14.12.1900 vor die Physikalische Gesellschaft in Berlin trat, ahnte niemand, selbst Planck nicht, dass er mit seinen theoretischen Überlegungen zur Strahlung schwarzer Körper das bislang gültige Weltbild radikal verändern würde. Wie gelangte Planck zu der Vorstellung, dass Strahlungsenergie nicht kontinuierlich, sondern nur in Portionen, in "Quanten", aufgenommen oder abgegeben wird?

Das Problem, das Planck löste, wurde bereits 1859 von dem deutschen Physiker Gustav Kirchhoff formuliert. Kirchhoff hatte ein Theorem formuliert, wonach die Strahlungsleistung eines "schwarzen Körpers", sein Emissionsvermögen, nur von seiner Temperatur und der Frequenz abhängt, also eine fundamentale Funktion ist. Ein schwarzer Körper ist einer, der Strahlung sämtlicher Frequenzen vollständig absorbiert. Eine gute Annäherung ist ein leerer Kasten, dessen Wände beheizt sind und der bis auf ein winziges Loch geschlossen ist. Die aus dem Loch austretende Hohlraumstrahlung ist die Schwarzkörperstrahlung.

Die experimentelle Bestimmung der erwähnten Funktion erwies sich als sehr schwierig, weil man erst Strahlungsdetektoren finden musste, die über grosse Frequenzbereiche empfindlich genug sind. So vergingen vierzig Jahre des Experimentierens, bevor die Daten ausreichten, um Kirchhoffs Frage zu beantworten. Führend waren dabei die Experimentalphysiker der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin, dem damals wohl am Besten ausgestatteten Physiklaboratorium der Welt. Dem deutschen Physiker Wilhelm Wien gelang es 1896, eine Funktion aufzustellen, welche die Daten für nicht zu kleine Frequenzen gut reproduzierte. Bei kleinen Frequenzen (grossen Wellenlängen, Infrarotbereich) versagte Wiens Funktion.

Anlässlich eines sonntäglichen Besuchs bei Familie Planck am 7.10.1900 erwähnte Heinrich Rubens (deutscher Physiker), er hätte gefunden, dass die gesuchte Funktion für kleine Frequenzen proportional zur Temperatur sei. Nachdem Rubens gegangen war, machte sich Planck an die Arbeit und fand eine Interpolation zwischen dem Resultat von Rubens und der Formel von Wien. Sein Ergebnis teilte er mittels Postkarte noch am selben Abend Rubens mit und machte sie am 19.10.1900 vor der Physikalischen Gesellschaft in Berlin publik. Plancks Ehrgeiz bestand nun darin, die gefundene Interpolationsformel zu deuten, d. h. sie herzuleiten. Dies liess ihn zum Entdecker der Quantentheorie werden.

Um seine Formel zu erhalten, musste Planck annehmen, dass die Strahlungsenergie nur in Form kleiner Energieportionen, Quanten, aufgenommen oder abgegeben werden kann. Die theoretische Herleitung seiner Strahlungsformel trug Planck am 14.12.1900 der Physikalischen Gesellschaft in Berlin vor. Die Quantentheorie war geboren.

Nach Plancks eigenen Worten (1931) war die Einführung der Quantenhypothese ein "Akt der Verzweiflung ... , dass ich unter allen Umständen, koste es, was es wolle, ein positives Resultat herbeiführen müsste". Planck, der von Natur aus konservativ eingestellt war, wurde in die eines Revolutionärs wider Willen gedrängt. Obwohl er tief im Denken und den Vorurteilen der Physik des 19. Jahrhunderts verwurzelt war, vollzog er den ersten gedanklichen Bruch, der die Physik des 20. Jahrhunderts so völlig anders erscheinen lässt.

Max Planck wurde der Physik-Nobelpreis des Jahres 1918 verliehen, "in recognition of the services he rendered to the advancement of Physics by his discovery of energy quanta".

Nach Plancks denkwürdigem Vortrag Ende 1900 ereignete sich vier Jahre nichts in der Quantenphysik, bis Albert Einstein im Jahre 1905 die Lichtquantenhypothese vorschlug ...

Gruss
Hartmut
 
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AW: Quantentheorie - die Anfänge

Hallo Hartmut, Freund der Physik!

Und auf diesem Weg wurde auch das Planck'sche Wirkungsquantum entdeckt, eine Naturkonstante, die man allgemein mit dem Buchstaben h bezeichnet, und die in direkter Verbindung mit "h-quer" steht, dem Symbol das neben deinem Namen als Avatarbild leuchtet.

Übrigens bin ich selbst am 14.12. geboren. ;) Und wie es der Zufall will, wurde ich selbst zum Physikbegeisterten. Fragt sich nur, ob es nun wirklich Zufall war, wenn du verstehst... :D

Da fällt mir auch ein: Wir hatten ja einmal im Thread "warum Gott nicht würfelt" über den Zufall in der Quantentheorie diskutiert. Ich hab daraufhin einen Weg ersonnen, der experimentell zeigen sollte, dass der Teilchenaspekt des Lichtes statistisch als Welleneigenschaft interpretierbar sei. Das Ergebnis schrieb ich dann vor ungefähr einem Jahr per Mail an Anton Zeilinger und erhielt ein paar Tage darauf eine Antwort von einem seiner Mitarbeiter. Es sieht so aus, als hättest du Recht gehabt. Mittlerweile ist man technisch schon weit genug, um zu zeigen, dass meine statistische Interpretation des Zufalls nicht haltbar ist.
Ich weiß, ich hab gesagt, ich würde mich wieder melden, sobald ich mehr wisse. Es ist nur so ... ich will es nicht ganz wahr haben, und arbeite noch immer daran eine andere Lösung zu finden. Ich kann einfach nicht glauben, dass es objektiven Zufall gibt.

mit freundlichen Grüßen
Ben
 
AW: Quantentheorie - die Anfänge

Und auf diesem Weg wurde auch das Planck'sche Wirkungsquantum entdeckt, eine Naturkonstante, die man allgemein mit dem Buchstaben h bezeichnet, ...

Hallo Ben,

durch seine Herleitung des Gesetzes der Hohlraumstrahlung entdeckte Planck übrigens noch eine zweite Naturkonstante, die später als Boltzmann-Konstante "k" bekannt wurde. Zwar steht die Formel S = k*logW auf dem Grabstein Boltzmanns auf dem Zentralfriedhof Wien - wie ich mich persönlich überzeugen konnte - doch die Konstante "k" geht doch auf Planck zurück.

Was aber für dich als Österreicher besonders bedeutsam sein dürfte, ist der Einfluss von Boltzmann auf Planck. Vor 1900 lehnte Planck die atomistische Vorstellung von der Materie ab und stellte sich in Opposition zu Boltzmann. Letzterer hatte 1877 eine statistische Erklärung des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik gegeben.

Bei seinen Arbeiten zum Strahlungsgesetz schwarzer Körper sah sich Planck aber gezwungen, Boltzmanns statistische Interpretation der Entropie und damit auch die Atomvorstellung zu akzeptieren:

http://www.faz.net/s/Rub163D8A6908014952B0FB3DB178F372D4/Doc~E3DB958F46C3545C7AF47E8B927CF9AD2~ATpl~Ecommon~Sspezial.html

Übrigens bin ich selbst am 14.12. geboren. ;) Und wie es der Zufall will, wurde ich selbst zum Physikbegeisterten.

Das ist wirklich eine glückliche Fügung, Ben. Und ich freue mich jedesmal, von dir in Sachen Physik zu hören!

Ich kann einfach nicht glauben, dass es objektiven Zufall gibt.

Auch Planck konnte zunächst nicht glauben, was er da erfand ....

Gruss
Hartmut
 
Ja gut. Die Quantisierung der Energie ist aber meines Erachtens noch keine weiß-gott-wie-schwer nachvollziehbare Naturerscheinung. Wohingegen der Welle-Teilchen-Dualismus für unseren Verstand schon einen ziemlichen Widerspruch beinhaltet. Will man ihn annehmen, in der Art wie Heisenberg das tat, so muss man weit größere philosophische Konsequenzen akzeptieren, als dies zum Beispiel Plancks Entdeckung erforderte.
Zeilinger hat es, wie ich finde, in seinen Experimenten auf eine sehr radikale (aber notwendige) Weise klar gemacht. Wir müssten unser Bild von einer lokal realistischen Natur aufgeben. Für Einstein war es noch selbstverständlich, dass eine physikalische Theorie diesem Bild genügen muss. Prinzipiell ist das ja auch eine Anschauung die man im Alltag als völlig natürlich hinnimmt.

Einstein soll einmal zu Niels Bohr gesagt haben: "Glauben Sie denn wirklich, dass der Mond nicht da ist, wenn keiner hinsieht." Worauf Bohr meinte: "Sie können aber auch nicht beweisen, dass er da ist."

Die Vorstellung ist doch sehr absurd, dass der Mond nur existiert, wenn wer hinsieht. Oder meinst du, Hartmut, dass ein Atomkern ohne Grund zerfällt. Ich meine, einen Kern als einzelnes? Die Quantentheorie in der heutigen, anerkannten Formulierung verlangt die Sichtweise, dass ein einzelnes Atom ohne näheren Grund zerfallen kann ... die Menge jedoch folgt einer Gesetzmäßigkeit.
Als Mensch mit Liebe zum Verstand und dem Glauben an höhere Prinzipien, kann ich so etwas nicht glauben. Werd ich nie können.

lg
Ben
 
AW: Quantentheorie - die Anfänge

...

Die Vorstellung ist doch sehr absurd, dass der Mond nur existiert, wenn wer hinsieht. Oder meinst du, Hartmut, dass ein Atomkern ohne Grund zerfällt. Ich meine, einen Kern als einzelnes? Die Quantentheorie in der heutigen, anerkannten Formulierung verlangt die Sichtweise, dass ein einzelnes Atom ohne näheren Grund zerfallen kann ... die Menge jedoch folgt einer Gesetzmäßigkeit.
Als Mensch mit Liebe zum Verstand und dem Glauben an höhere Prinzipien, kann ich so etwas nicht glauben. Werd ich nie können.

lg
Ben


Guten Morgen, Ben

Wieder gefällt mir diese kritisch-klare Art bei Dir. Wie Du nun beim Einkaufen oder in der Autowerkstatt auch Worte von Nichtstudierten hinnimmst, so jetzt auch meine, bitte.

Die hier angesprochen Grenzfragen erinnern mich an lange zurück liegende Lektüre. Da war der junge A. Schopenhauer im Gespräch mit dem älteren Goethe. Der Junge hatte nicht nur sogleich seine eigene, verbesserte Farbenlehre für den Alten, sondern mehr noch, die einzig richtige Welterklärung: "Die Welt als Wille und Vorstellung". Und wollte weismachen, daß die Sonne erst wäre, wenn sie im Kopf als Vorstellung entstünde. - G. entgegnete in seiner ruhigen Art, daß die Augen zum Sehen nicht da wären, wenn nicht zuvor das Licht der Sonne sie hätte bilden lassen (also aus der Entwicklung der Lebewesen unter dem Einfluß des Sonnenlichtes heraus geformt hätte).

Freundlicher Gruß
Zumzum
 
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AW: Quantentheorie - die Anfänge

Die Quantisierung der Energie ist aber meines Erachtens noch keine weiß-gott-wie-schwer nachvollziehbare Naturerscheinung.

Hallo Ben,

das denken wir heute, weil wir uns daran gewöhnt haben! Ausserdem, was interessiert die Quantisierung der Energie den normalen Menschen?

Wohingegen der Welle-Teilchen-Dualismus für unseren Verstand schon einen ziemlichen Widerspruch beinhaltet.

Da gebe ich dir im Grunde recht.

Allerdings muss man sich immer fragen, ob die Bilder/Modelle/Begriffe, die man sich von der Mikrowelt macht, auch wirklich zur Beschreibung dieser Welt geeignet sind. In der Vorstellungswelt der Physiker gab es lange Zeit nur entweder Welle oder Teilchen. Dass sich Mikroobjekte unter gewissen Umständen einmal als Teilchen und ein anderes Mal als Welle zeigen, war unbegreiflich.

Zeilinger hat es, wie ich finde, in seinen Experimenten auf eine sehr radikale (aber notwendige) Weise klar gemacht.

Das ist es eben: Letztlich entscheidet das Experiment darüber, ob unsere Vorstellungen von der Mikrowelt zutreffen oder nicht.

Oder meinst du, Hartmut, dass ein Atomkern ohne Grund zerfällt. Ich meine, einen Kern als einzelnes?

Ich weiss nicht, was den einzelnen Atomkern veranlasst zu zerfallen. Er tut es einfach. Vielleicht liegt der Grund in einer vollkommneren Theorie verborgen?

Ich gebe zu, dass die Quantentheorie seit Heisenberg weit größere philosophische Konsequenzen aufwirft als die ursprüngliche Quantenhypothese von Planck. Aber es sind m. E. hauptsächlich die begrifflichen Schwierigkeiten, die wir haben, um die unseren Sinnen nicht direkt fassliche Mikrowelt zu beschreiben.

Gruss
Hartmut
 
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