AW: Österreicher sind Deutsche!
Oh mein Gott, wie kann man nur solche Fragen stellen. Offensichtlich jemand dessen Selbstwertgefühl nur über die Zugehörigkeit einer Nation definiert wird.
Ich wohne in Osttirol und da gibt es auch immer wieder welche, die sagen, dass sie stolz sind, Tiroler zu sein.
Aber was ist denn schon Stolz - ich bin zu faul zu schreiben und kopier' mal meine Ansichten zu Stolz hier rein, sollte es wen interessieren:
Stolz. [von lat.: stultitia = Torheit]
„Nur ein echter Tiroler kann jodeln.“
Das hat zumindest einer meiner Musiklehrer steif und fest behauptet und es hat mich irgendwie gewurmt. Vielleicht, weil ich und meine Familie aus Kärnten stammten. Nein, ich hatte deshalb nicht die Ambition Jodelkönig zu werden, ich war schon vollkommen befriedigt zu sehen, dass selbst ein Japaner dies in einer Perfektion vollbrachte, die mich mit Genugtuung streichelte. Außerdem führte der oitzinger die Tochter des Musiklehrers ein oder zweimal zum Essen aus, das sollte ausreichend Strafe für den Lehrer sein.
Doch seit dem verfolgt mich dieser Begriff „Stolz“ seit eh und je.
Es vergeht doch nicht irgend ein Tag, wo insbesondere Politiker in voller Inbrunst behaupten, „stolz Tiroler, Steirer, Kärntner, Österreicher … und so weiter“ zu sein.
Ist das nicht lächerlich, ist das nicht dumm, die Lateiner wussten das schon?
Mit dem Bekenntnis Stolz hebe ich mich empor und senke automatisch doch all’ die anderen, die nicht meiner Nation, meinem Land, meiner Stadt, meinem Kegelverein angehören.
Wenn ich diesen Vorwand hervorbringe, wird mir unmittelbar geradezu weinerlich und in kindlicher Art und Weise entgegengebracht, dass doch die anderen, die Franzosen, die Amerikaner doch auch stolz auf sich sind, somit hätten wir doch auch die Legitimation auf uns stolz zu sein.
Gewiss ich kann es ja gerade noch nachvollziehen, wenn jemand auf seine Leistung stolz ist, doch selbst hier ist die Charaktereigenschaft „Stolz“ nicht unbedingt die ehrenwerteste.
Aber auf ein Land oder einen Fußballverein in dem man nicht einmal selbst mitwirkt.
Und als ich mit befreundeten Amerikanern ein Schützenfest in Osttirol besuchte und der Schützenhauptmann in zackiger Weise, seine Rede hielt und stets darauf hinwies, wie stolz er doch sei ein Tiroler zu sein, flüsterte mir die Amerikanerin, die der Sinn dieser Rede vollkommen unklar blieb, in mein Ohr: „Oh, he sounds like Adolf Hitler.“
Als die Musikkapelle „Zu Mantua in Banden“ begann zu intonieren und ich eben der selben Amerikanerin zu verstehen gab, dass dies die „Hymn of Tyrol“ sei, waren es die Amerikaner die ihre Hände zum Herzen hielten, während unsere stolzen Tiroler mittlerweile sich schon an die Bänke setzten um sich ein Bier zu bestellen.
Neben jodelnden Japaner erhielt ich völlig unerwartet Schützenhilfe von der Kirche, die den „Stolz“ zu den Sieben Todsünden zählte. Hier wird er mit Hochmut, Überheblichkeit gleichgesetzt, was meines Erachtens durchaus zutreffend ist und ich ausnahmsweise der Kirche beipflichten muss.
Die Ironie ist jetzt die, dass es gerade die konservativen Politiker sind, die stets mit dem Stolzsein auf ihr Vaterland hausieren gehen und gleichzeitig bekennen sie sich zur katholischen Kirche. Wie passt das zusammen? Stolz sein auf ein Land? Was soll das bitte?
Spinnen wir solche Idiotie doch einmal ganz normal fort, wie es Mathematiker tun, um ihre Formel zu überprüfen.
Ich bin stolz ein Oberhintentintenburger zu sein (gibt’s nicht wirklich dieses Dorf, aber den Kirchturmpatriotismus sehr wohl)
Ich bin stolz ein Oberhintentintenburgtaler zu sein (gibt’s nicht wirklich dieses Tal, ist im Grunde genommen auch Lokalpatriotismus, nur etwas umfassender als der Kirchturmpatriotismus)
Ich bin stolz ein Tiroler zu sein. (abgedroschen, tausend mal schon verwendet und immer wieder ekelhaft, insbesondere die einheimische Form „Bisch a Tirola – bisch a Mensch …)
Ich bin stolz ein Österreicher zu sein (auch abgeschmackt)
Ich bin stolz ein Europäer zu sein (hört man eigentlich komischerweise relativ selten)
Ich bin stolz ein Weltenbürger zu sein (hört man sehr selten, diskriminiert meines Erachtens Außerirdische)
Ich bin stolz ein Bewohner dieser Milchstraße zu sein (hab’ ich noch nie gehört, erst grad vorhin, als ich den Satz laut vor mir aussprach)
Ich bin stolz auf dieses Universum. (auf das können wir aber jetzt wirklich stolz sein, schauen wir uns doch mal die anderen Universen an, von denen hört man ja praktisch gar nichts, die haben’s halt nicht so drauf wie wir).
Ich erwähnte bereits, dass, wenn es unbedingt sein muss, auf eine Leistung stolz sein kann. Wenn ich jetzt behaupte, dass ich stolz auf Tirol bin, dann setze ich automatisch voraus, dass ich der Schöpfer dieses Landes sei. Dass ich es vielleicht gar in sechs Tagen erschaffen habe und am siebten Tag musste ich mich einfach ausrasten, so ein Land zu erzeugen, ist immerhin doch sehr anstrengend und mein Rücken tut mir auch schon sehr weh.
DAS IST BLASPHEMIE!!
Jawohl, Blasphemie meine Damen und Herren Politiker und Schützenhäuptlinge. Und wenn ich jemals wieder einen von Euch Hohlköpfen hören muss, dass Ihr stolz seid auf Tirol, brüll’ ich Euch das entgegen:
BLASPHEMIE, BLASPHEMIE!!!
OH IHR ELENDIGEN KETZER!!!
MAN MÖGE TROCKNES HOLZ HERBEIHOLEN.
DAMIT DIESE SÜNDER, ELENDIGE UNGLÄUBIGE AUF DEM SCHEITERHAUFEN GAR FEIN DAHINSCHMOREN.
Nein, natürlich werde ich das nicht tun, leider bin ich humanistisch erzogen worden, aber ein bisserl träumen wird man ja wohl noch dürfen.