Giacomo_S
Well-Known Member
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Leute die nicht eindeutig deutsch rüberkommen, sind und bleiben wohl "die Ausländer" .
Wie seht ihr das?
Nicht wenige Migranten machen sich selbst aber auch dazu. Und nicht nur die.
Ein Vergleich:
Meine Großeltern und Eltern kamen 1945 als Flüchtlinge aus Schlesien in den Westen. Zwar auch Deutsche, bildeten "die Vertriebenen" allerdings eine "eigene Identität" aus.
Meine Verwandten haben das nie so mitgemacht, andere aber bildeten plötzlich Verbände und Organisationen. In Schlesien selbst haben sie in den 20ern (den südamerikanischen) Tango getanzt, im Westen aber gründen sie dann eine schlesische Volkstanzgruppe und laufen auf Treffen in Trachten herum.
Oder anders: Im Exil waren die dann auf einmal schlesischer, als sie das in Schlesien je waren.
Ähnliches vermute ich bei vielen der neuen Migranten hier. So mancher war in seinem Land gar nicht so heimatverbunden, religiös und kulturtreu - hier ist er's dann aber zu 110%. Das scheint so ein menschlicher Reflex zu sein, der dann auftritt (und von dem mir auch andere berichteten). Und den zu überwinden, das kann schon mal eine oder zwei Generationen dauern.
Selbst, familiär und schon immer Deutscher, habe ich aber auch "Ausgrenzung" erlebt. Ich selbst bin im Westen (OWL) geboren und aufgewachsen, aber auch mir haben "Einheimische" zu verstehen gegeben: Du gehörst nicht zu uns. Das war zwar einerseits tiefste Provinz und andererseits in den allermeisten Fällen so eine Art Lokalkolorit - was aber nicht bedeutet, es wäre auf beiden Seiten nichts dran.
Später zog ich in andere Städte um, Köln, Berlin, München - aber immer begegnete ich Menschen, die solche und ähnliche Äußerungen tätigten. Mal mehr, mal weniger, in Bayern im Grunde am stärksten (sinngemäß: "mir san mir - und du a Saupreiß").
Noch nach mehr als 22 Jahren in Bayern begegne ich auch immer wieder mal Menschen, die ein solches Gestammel und Genuschel als "Dialekt" sprechen, dass ich Untertitel bräuchte. Das geht anderen allerdings auch so, vor allem da sich jene auch nicht einen Deut darum scheren, ob man sie nun versteht oder nicht und sich auch kein Stück um ein saubereres Deutsch bemühen.
Die Konsequenz, die man am Ende daraus zieht: Sich mit solchen Dumpfbacken nicht mehr abzugeben, sondern die Nähe derjenigen zu wählen, die anders denken. Und das sind dann eher mal keine "Einheimischen".
Ein weiteres Resultat ist, dass einem der Begriff "Heimat" nichts bedeutet, ja sinnlos ist. Weder war ich je Schlesier, noch Lipper, aber auch Kölner, Berliner oder Münchner bin ich nie geworden. Und wenn man etwas mehr darüber nachdenkt, dann ist es ja auch kein wirkliches Husarenstück, mit stolzgeschwellter Brust an der Scholle zu kleben. Nur weil nie einer seiner Familie es gewagt hat, über den Horizont zu blicken und er selbst auch nicht.
Es wird immer viel über den "Verlust der Identität" geredet und geschrieben oder auch erhaltenswerte "Traditionen". Was hat's denn aber mit der "Identität" auf sich, was soll sie denn sein? Menschen, Kulturen und Völker verändern sich, nicht erst seit heute. Veränderungen gab's schon immer, anderenfalls hockten wir noch heute in den Höhlen am Lagerfeuer.
Und "Tradition" ist dann die Begründung, die einem immer erst dann einfällt, wenn einem sonst kein sinnvoller Grund mehr einfällt.