?Theoretische Frage: Kann jemand innerhalb der Regierungsperiode Kanzler werden, der/die nie auf der Bundeswahlliste für die geltende Wahlperiode für die Partei kandidiert hat? Wird in der BRD nur die Partei gewählt??
Der deutsche Bundeskanzler muss nicht zwingend Abgeordneter des Bundestags sein. Insofern kann man während der aktuellen
Legislaturperiode auch Friedrich Merz zum Kanzler machen, wenn er eine Mehrheit der Abgeordnetenstimmen bekäme. Im deutschen Wahlsystem hat man
zwei Stimmen. Mit der einen Stimme wird der einzelne Abgeordnete des
Wahlkreises direkt gewählt. Das ergibt grob die Hälfte der
Abgeordnetensitze. Außerdem hat man noch eine Zweitstimme, mit der man eine Partei wählt. Mit letzterer Stimme wird die prozentuale
Zusammensetzung des Bundestags ermittelt. Hier werden über Landeslisten
der Parteien in Abhängigkeit zu deren Landesergebnissen Abgeordnete in den Bundestag gewählt. Dann gibt es noch zusätzliche Abgeordnetensitze,
die dadurch entstehen, dass die prozentualen Unterschiede zwischen Erst- und Zweitstimme geglättet werden (Überhangmandate usw.). Derzeit sind im aktuellen Deutschen Bundestag nur Mehrheiten mit SPD und Union (Große Koalition) oder mit Union, Grünen und FDP (Jamaika-Koalition)möglich.
Käme es zu einem Bruch der Großen Koalition, dann wäre eine Neuwahl nur zu verhindern, wenn sich die nach der Wahl bereits verhandelte
Jamaika-Koalition noch bilden könnte. Damals scheiterte das offiziell an
der FDP, deren Vorsitzender Lindner aber bereits andeutete, dass er zu neuen Verhandlungen bereit sei, wenn der Kanzler nicht Angela Merkel hieße. Bei Neuwahlen könnte es nach aktuellem Umfragetrend allerdings durchaus auch zur Situation kommen, dass die Grünen die stärkste Partei würden und somit den Kanzler stellen würden. Unter anderem könnte es zu
einer schwarzgrünen Mehrheit kommen, auch mit Unionskanzler. Aber dafür müssten entweder SPD oder Union aus der GroKo ausscheren und eine der beiden Fraktionen mehrheitlich für die Neuwahlen stimmen. Es sei denn, die Kanzlerin tritt zurück und schafft selbst die rechtliche Situation für eine Neuwahl. Die SPD dürfte am wenigsten für eine Neuwahl motiviert
sein, denn sie wäre dann vermutlich der größte Verlierer, weil sie aktuell noch einmal ein Drittel Ihrer Wähler verloren hat.