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mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

Marianne

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9. September 2007
Beiträge
790
sorrry - an sich sind meine Gedanken auch aus der Beschäftigung mit dem Thread Die Gewissheit als Religion entstanden.
Nur: meine Diskussionserfahrung in Foren sagt mir, es ist von Zeit zu Zeit ersprießlicher, ein Thema unter einem neuen Aspekt zu installieren.




Folgende Frage eines Bekannten war der Grund, mein "Glaubensbekenntnis" zu formulieren.
Warum wird Gott eigentlich ausschliesslich männlich dargestellt,wenn die Geschlechtlichkeit doch ein ausschliesslich irdisches Kriterium ist ?



Zunächst: Da Gott/Göttin als konkretes Wesen mit den derzeitigen wissenschaftlichen Mitteln nicht nachgewiesen werden kann, ist alles, was die Menschheit über IHN/ SIE wissen, als Vorannahmen zu sehen. Da wir aber den Menschen als Wesen ziemlich gut kennen, sind folgende Überlegungen zulässig, zumal sie in der Faktenlage aus vielen Wissenschaften beweisbar sind.


Da wir fasst mit den ersten Menschenfunden ( homo sapiens) Grabbeigaben besitzen, die auf ideelle Vorstellungenen an ein Leben nach dem Tode oder auch auf kultische Handlungen schließen lassen, ist es zulässig, so zu argumentieren:

In die - für ihn fast undurchschaubare - Natur gestellt, überall ihren Gefahren ausgesetzt, wäre der Mensch vor ANGST vergangen, denn das Sicherheitsbedürfnis ist ein menschliches Grundbedürfnis.Also MUSSTE er von Anfang an - vom Verstand geleitet - seine Angst "WEGREDEN", Ursachen und Bedingungen für Unerklärliches " ERFINDEN":
Ebenso ist Staunen und Ehrfurcht wohl tief in der Mentalität der Gattung Mensch verankert: Staunen und Furcht..
Und wenn beide Bedürfnisse gestillt sind, kommt ein drittes psychisches Bedürfnis zum Tragen: die Dankbarkeit.
Mir scheint, diese drei Tatsachen zusammen können als religiöses Grundbedürfnis bezeichnet werden.

GOTT/GÖTTIN war geboren.

Und, komplexes Denken =- im Religiösen sehe ich das als MONOTHEISMUS ( alles auf eine Ursache zurückzuführen) besaß der stets nur dem augenblicklichen konkret Erlebten gegenüberstehende Mensch noch nicht.

In dieses ( sicher sehr vereinfachte Schema) passt sehr gut die Entwicklung der Göttervorstellungen:
1. Stufe: beseelte Natur -- Animismus - der Mensch war ein Teil davon, jeder Ort, jedes Wesen konnte "Sicherheit geben, Angst erzeugen, zur Dankbarkeit "zwingen".

2. Stufe: Herausbildung von abstrakten Vorstellungen --- vor allen Tieren wurden menschliche Eigenschaften zugeschrieben, die dann für das eigene Tun verantwortlich gemacht werden konnten - und die, wenn man gegen - z: B. von ihnen jeweils verkörperte Handlungsweise/ Tugend verstieß, auch strafen durften, man konnte sie durch Opfergaben wieder beruhigen und so weiter und so fort ... DER MACHTGEDANKE verknüpfte sich sehr früh mit dem Göttlichen --- und da es auch weibliche " Göttinnen gab ( in der Mythologie und den Grabbeigaben - Venus von Willendorf)leicht überprüfbar,) darf ich zum Ende kommen:

LANGE VOR einem als Mann vorgestellten Gott gab es Gottesvorstellungen, die geschlechtsneutral waren, denen aber vom Menschen alle göttlichen Attribute zugesprochen wurden.
Es gab halt nicht nur einen - Monotheismus, sondern viele - Polytheismus - Götter/Göttinnnen: man/frau musste es allen Recht machen, denn das Recht der Liebe und Sicherheit bei Befolgung und das zur Bestrafung bei Zuwiderhandlung durften sie ALLE für sich in Anspruch nehmen.

ach ja: nur der Vollständigkeit halber:
die 3. Stufe zeigt das Selbstbewusstsein des Menschen- Gott/ Göttin werden konkret als Menschen dargestellt ..aber auch noch sehr lange als MANN und FRAU







 
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AW: mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

Hi Marianne,

Warum wird Gott eigentlich ausschliesslich männlich dargestellt,wenn die Geschlechtlichkeit doch ein ausschliesslich irdisches Kriterium ist ?
Nur zur Info. Es gibt die Bibel in gerechter Sprache (BigS).

wiki schrieb:
Ferner soll dem Glauben, dass Gott menschliche Erkenntnis- und Benennungsmöglichkeiten übersteigt, dadurch Rechnung getragen werden, dass der – nach jüdischer Tradition unaussprechliche – Eigenname Gottes (JHWH) nicht in sogenannter „patriarchaler Herrschaftssprache“ als „Herr“ übersetzt wird. Stattdessen bietet die BigS dort, wo im Grundtext der Eigenname Gottes steht oder gemeint ist, unterschiedliche Lesemöglichkeiten an: Der Lebendige, die Lebendige, ErSie, der Ewige, die Ewige, Schechina, Gott, Ich-bin-da (Ex 3,14 EU) u. a.

fussel
 
AW: mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

Hi Marianne,


Nur zur Info. Es gibt die Bibel in gerechter Sprache (BigS).

Zitat von wiki
Ferner soll dem Glauben, dass Gott menschliche Erkenntnis- und Benennungsmöglichkeiten übersteigt, dadurch Rechnung getragen werden, dass der – nach jüdischer Tradition unaussprechliche – Eigenname Gottes (JHWH) nicht in sogenannter „patriarchaler Herrschaftssprache“ als „Herr“ übersetzt wird. Stattdessen bietet die BigS dort, wo im Grundtext der Eigenname Gottes steht oder gemeint ist, unterschiedliche Lesemöglichkeiten an: Der Lebendige, die Lebendige, ErSie, der Ewige, die Ewige, Schechina, Gott, Ich-bin-da (Ex 3,14 EU) u. a.


fussel

Die von mir eingestellte fFage war die Frage eines Freundes, die mich veranlasste, diesen Thread einzustellen.

Deine Info war mir bekannt, ebenso im Wesentlichen die von Dir zitierten Wikiworte-.

Mir ging es um meine eigenen, ganz persönlichen Gründe, überIHN, dessen Namen man nicht aussprechen darf" nachzudenken.
 
AW: mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

Hi Marianne,

der Titel deines Thread heisst: " ... ich glaube an den Menschen".

Was heisst das für dich?

lg,
Fussel
 
AW: mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

Also es ist nicht nur Gutes zu erwarten, wenn ich auch mal über ihn, dessen Namen man nicht aussprechen darf, nachdenke.
Es ist nahe liegend, dass ich auch bei ihm den Unaussprechlichen, das Prinzip anwende: nach ihren Taten sollt ihr sie beurteilen. Und da gehe ich ganz pragmatisch vor, schaue mir sein Hauptwerk an, den Menschen. Angeblich soll er diesen nach seinem Ebenbild geschaffen haben – fast scheint mir das schon eine hinterlistige Schuldzuweisung, wenn man sich in der Geschichte oder aber auch im heutigen Geschehen so weltweit umschaut.

Da kommt mir immer wieder der wunderbare Satz des polnischen Philosophen Leszek Kolakowski in den Sinn:


Nachdem Gott mehrmals seine besondere Liebe zum Volk Israel bekundet hatte, erklärte er zu einem gewissen Zeitpunkt ungefähr folgendes:

Ich habe mich nicht deswegen gerade mit euch verbunden und nicht mit jemand anderem, weil ihr zahlreicher seid als die übrigen Völker – im Gegenteil, ihr seid, wie allgemein bekannt, zahlenmäßig am schwächsten. Ich habe mich mit euch verbunden, weil ihr mir gefällt.


Nun, denke ich mir dabei: manchmal ist es gar nicht von Vorteil jemandem besonders gut zu gefallen…
Man kann andererseits dabei auch über die Existenz uneigennütziger Liebe nachdenken, das führt aber zu weit weg vom Thema.

Weiter sagt dann Kolakowski:


Seine Erklärung erfolgte zwar schon nach der Befreiung aus Ägypten, aber vor
Dem Römischen Reich,
Der Spanischen Inquisition,
dem Dreyfus-Tribunal
dem Dritten Reich


Vielleicht liegt es mir so sehr daran auf die wenn auch witzig verpackten, doch tiefsinnigen Worte von Kolakowski zurückzugreifen, weil ich gestern in einem anderen Thread gelesen habe:

Wieso sollte es besser sein die Juden zu idealisieren und die Nazis in Grund und Boden zu stampfen, so dass der Eindruck entstehen muss, kein normaler Mensch könnte heute noch auch nur den kleinsten Funken für gut halten, der einen auf einen solchen Weg führen könnte?

Na ja, das mit der Idealisierung rückt für mich in die Nähe der seltsamen Arten in der manchmal Wertschätzung oder sogar Liebe bekundet wird – denn es geht im zitierten Satz ja klar um das Dritte Reich.

Und trotzdem glaube ich an den Menschen, manchmal entdecke ich Leute die durch dieses Meer von Irrungen und Wirrungen gegangen sind und dabei doch trocken geblieben sind, die Fluten konnten ihnen nichts anhaben.
Sie haben sich für ihren Weg entschlossen, man sollte sie aber nicht für naive Wesen halten die nicht genau sehen was so in der Welt, in der Gesellschaft vor sich geht.

Was mich persönlich zurzeit erschreckt, ist das verhältnismäßig häufige Auftreten von neonazistischen Gruppierungen, was mich aber erfreut, ist dass breite Bevölkerungsschichten sich vehement dagegen wehren.

Liebe Marianne, für mich ist halt die Frage nach dem Glauben an den Menschen von politischen Aspekten nicht zu trennen.

Liebe Grüße

Miriam

 
AW: mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

eigentlich sollte ich jetzt meinem Sohn die Windeln wechseln ...

die Frage nach der Religion vor oder zu der Zeit der Menschwerdung finde ich spannend

ein Schlüßel zum Verständnis sind die damaligen Lebensumstände:
waren die Menschen Sammler, Jäger, Hirten, Gärtner oder irgendeine Kombination von dem?
gab es eine geschlechtsspezifische Aufgabenverteilung?

--- kurze Unterbrechung für Lennart ---

in einem Etnologiebuch steht bspw.,
daß es zwei Formen von Religion gibt
a) die Religion der Hirten:
besitze eine große Herde
klaue hierfür Deinem Nachbarn die Tiere
b) die Religion der Gärtner:
erschaffe einen Garten
und bedanke Dich für die Ernte

das hat jetzt zunächst wenig mit Mann und Frau zu tun

in den beiden Religionsformen liegen für mich aber der Kern für das Patriarchat und für das Matriarchat bergündet
zeitlich in der Jungsteinzeit einzuordnen:
Jungsteinzeit - Kupfer bzw. Bronzezeit (verschiedene Legierungen) - Eisenzeit (Kelten und Römer) - Mittelalter​
a) die Männer klauen
das Patriarchat himmelt einen gewalttätigen Gott an
(in unserem Falle sind das die Indogermanen aus der eurasischen Steppe)
b) die Frauen vermehren sich
das Matriarchat ist erdverbunden und dreht sich um einen Fruchtbarkeitskult
(in unserem Falle sind das die Bewohner des goldenen Halbmondes)

was war aber in der eigentlichen Steinzeit,
als es in Europa Neander
und in Afrika Vorläufer des Jetztmenschen gab?

die Menschen damals waren Jäger und Sammler
(also keine Hirten oder Gärtner)​

- Neander haben ihre Toten beerdigt
(und Gehirnoperationen durchgeführt, die der Patient überlebt hat)
vieleicht gab es ein Totemtier

- in Afrika menstruierten die Frauen GLEICHZEITIG
und schickten währenddessen (Mondperiode) die Männer auf die Jagd

FAZIT:

hat die Steinzeit eine religiöse Auswirkung auf heute?
eher nicht

hat die Jungsteinzeit eine religiöse Auswirkung auf heute?
ich denke schon
 
AW: mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

scilla schrieb:
die Frage nach der Religion vor oder zu der Zeit der Menschwerdung finde ich spannend
Glaubst du es gab eine Religion vor der Menschwerdung? Interessanter Gedanke.

fussel
 
AW: mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

Lieber Fussel!

Dein Glaubensbekenntnis behandelt, wenn ich das zusammenfassen darf, deine persönlichen Überlegungen dazu, wieso Menschen sich Gott wann ausgedacht haben und wieso sie mit dieser Einbildung (oft messbar und nachweislich!) besser leben als ohne.

So wie mancher Sportler messbar und nachweislich bessere Leistungen bringt, wenn er ein Maskottchen mit auf den Sportplatz nimmt.

Und außerdem beschäftigt sich dein Glaubensbekenntnis noch mit dem Thema, dass das Maskottchen (also der Glücksbringer) zum Bsp. ein Amethyst, ein Stein sein könnte, dem man schwerlich Mann oder Frau zuschreiben kann, weil der ja gar nicht vorhat, sich zu vermehren. So wie auch Gott nicht.

Und zusätzlich kommt dann noch die These ins Spiel, dass sich doch alle auf einen Stein konzentrieren könnten, anstatt dass jeder viele verschiedene Glücksbringer mit sich herumschleppt.

Das war's.

Aber dass irgendeiner dieser Glücksbringer für sich allein irgendeine Macht hat, die nicht aus der Einbildung der Abergläubigen hervorgeht, das glaubst du nicht. (Oder doch?)

Und daher glaubst du an den Menschen: daran, dass seine Einbildung Berge versetzt.

Habe ich das alles richtig verstanden?

lg Frankie
 
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AW: mein Glaubensbekenntnis - ich glaube an den Menschen

Hallo !
. . . . . Staunen und Furcht..
Und wenn beide Bedürfnisse gestillt sind, . . .
Kann ich nicht nachvollziehen, Marianne, dass dies menschliche Bedürfnisse sind. Gefühle, ja. Ein nützliches, das Staunen (weil man mit Staunen zu lernen beginnt) und ein negatives, dass man so schnell wie möglich wieder loswerden will.

. . . kommt ein drittes psychisches Bedürfnis zum Tragen: die Dankbarkeit.
Man hat ein Bedürfnis nach Dankbarkeit, wenn man sich überwinden musste, zu geben.

Mir scheint, diese drei Tatsachen zusammen können als religiöses Grundbedürfnis bezeichnet werden.
Man sehnt sich nach einem (liebenden) Gott, um die Furcht vor dem Ungewissen zu besiegen. Diese Sehnsucht verdichtet sich zum Glauben.

GOTT/GÖTTIN war geboren.
Wenn Du menschliches Denken und Verstand separiert siehst, hast Du wohl recht. Zweifelst Du aber nur ein bisschen daran, dass sich die Natur selbst schuf, wird und ist Gott (als Wesen, dass beide Geschlechter vereint) logisch und zwar auch seine Ewigkeit. Ein Bild, eine Skulptur, ein Schriftstück, eine Komposition oder eine andere Erfindung kann auch zeitlich nicht vor dem Maler, Bildhauer, Schriftsteller, Komponisten oder sonstigem Erfinder auf der Welt sein. Und betrachtest Du die Natur in all ihren Schönheiten und konsequenten Gesetzen und Abfolgen, wird es wahrscheinlich, dass dieser Schöpfer ewig hier war und auch ewig hier sein wird (mit hier meine ich in diesem Fall das Diesseits und das Jenseits).

Jedenfalls, Marianne, ist das eine sehr schöne Aussage, an "den Menschen zu glauben". Eine - für mich klassische - Definition vom Menschen ist: Er ist nicht Tier und nicht Engel. Leicht abgeändert könnte man auch sagen: Er ist Tier und Engel, das heißt, in ihm steckt etwas Tierisches und etwas Engelhaftes. Es liegt dann wohl größtenteils an uns, was von beiden wir wirken lassen; in manchen Situationen werden wir wohl nicht umhin können, auch das Tier in uns zu zeigen.

Liebe Grüße

Zeili
 
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