Spinnwebwald schrieb:
Kannst Du vielleicht eine "erleuchtete" Person praktisch darstellen, damit ich mir vorstellen kann, worauf Deine Kritik zielt?
Ich finde, am ehesten wird klar, was "Erleuchtung" ist, wenn anhand eines konkreten Beispieles dargelegt wird, wie bzw. woran sich "Erleuchtung" zeigt.
Du hast mMn ganz richtig mögliche Wege dorthin beschrieben. Weiters hast Du aufgezeigt, dass eine sog. "Erleuchtung" nicht unbedingt potzplötzlich erfolgen muss, sondern auch allmählich möglich ist.
Doch, was zeichnet eine "erleuchtete" Person nun aus, da sie "erleuchtet" ist? Inwiefern waren nun die 4 von Dir beschriebenen Persönlichkeiten tatsächlich "erleuchtet"?
Mir haben dabei Biographien von sog. "erleuchteten" Personen geholfen.
(namentlich: "Von der Zwiebel zur Perle" von Satyam Nadeen, "Wen kümmert´s" von Ramesh S. Balsekar, "Das Buch Karl" von Karl Renz aber auch "Diamanten auf dem Weg" von Ma Prem Shunyo, eine Biographie über Osho)
Daraus ging für mich hervor, dass
mit "erleuchtet sein" gemeint ist,
sich selbst als voll und ganz anzunehmen, so wie man/frau gerade eben ist.
Sich selbst und das "System", das einen umgibt, nicht als getrennt - sondern als zusammengehörig - zu erleben. Sich selbst also als Teil des Systems und das System als Teil von einem selbst zu sehen (= Einheit) und dies auch so zu fühlen.
Sich selbst als "Einzelindividuum" wahrnehmen und GLEICHZEITIG das "Ganze" wahrnehmen können.
Sich selbst einerseits als "Werkzeug" für das Ganze zu erfahren, und andererseits die Einwirkungen von außen auf sich selbst annehmen und sich davon treiben lassen.
...und schließlich erkennen, dass es "Erleuchtung", wie es sich die "Unerleuchteten" vorstellen, NICHT gibt.
Denn: das "Sich-selbst-erkennen" ist zwar eine "einschneidende" Erkenntnis für einen selber - jedoch von außen besehen möglicherweise völlig unspektakulär. Man/frau ist gewissermaßen der "gleiche" Mensch wie vorher.
Nur "gelassener" und "annehmender" - "nicht ausschließlich" und daher in diesem Sinne nicht mehr nur "menschlich" - aber doch eindeutig "Mensch".
Das Bewußtsein, dass es "das Unbekannte"(= Gott/es) gibt, dass dies dazugehört und immer dazugehören soll/muss, beendet gewissermaßen die "Suche" (nach Gott oder nach Erleuchtung). Da die Suche beendet ist, wird ES (Gott/die universelle Kraft) immer mehr wahrgenommen.
Das Bewußtsein, dass das Leben ewiger Wandel ist, beendet das Festhaltenwollen und er-öffnet neue Perspektiven und Möglichkeiten.
Man/frau gibt sich mehr und mehr dem Leben hin und findet dabei mehr und mehr zu sich selbst.
Dies ist meine persönliche Sicht dazu, was "Erleuchtung" ist. Aus Deiner Diplomarbeit habe ich entnommen, dass auch du darauf abgezielt hast, wenn Du Zarathustras Metapher "vom Kamel, Löwen und dem Kinde" hernimmst.
In diesem Sinne betrachte ich mich selbst bereits als Kind, das den Löwen zurückgelassen hat. Wenngleich ich mich vor der Vokabel "erleuchtet-sein" scheue und viel lieber das Wort "aufgewacht-sein" verwende.
wir können uns nicht ohne entsprechende Reize von außen selbst transzendieren, wir müssen zumindest über eine Idee davon verfügen, dass ein Transzendieren auf diesem oder jenem Weg möglich ist.
Ob dies immer so ist/sein muss, wage ich zu bezweifeln. Jedoch habe ich selbst sehr wohl Anregungen und Ideen von außen erlebt. Der "Antrieb" zur Suche allerdings kommt von "innen" und stellt doch gewissermaßen die Wurzel zur Suche dar.
Überdies läßt sich aus einem gewissen Wahrnehmungsspektrum heraus das "Innen" nicht vom "Außen" trennen (das erscheint mir wie die "Henne und das Ei") und ist daher mMn nicht weiter erörterungswürdig.
So, jetzt wird´s Zeit zum rausgehen (Rasen mähen und meinem Kind beim Baden im Pool zusehen).
Wünsch noch einen schönen Tag
Kathi