AW: japanische Katastrophen
Folgenden Beitrag aus "Welt Online" möchte ich den Usern zur Lektüre und Kommentierung empfehlen:
Apokalypse jetzt! Wir Deutschen sollten uns schaemen
Der Artikel stammt von Reinhard Zöllner, Professor für Japanologie in Bonn. Er studierte in Kiel, Hamburg und Tokio, schrieb eine Habilitation über die Meiji-Restauration und war Gastprofessor in Michigan.
Hallo Hartmut!
Ist unter "schämen" nicht v.a. die Regierung gemeint, die vor kurzem ja erst die Laufzeitverlängerung beschlossen hat?
Der Regierung ist nicht zu trauen, den Medien nicht, den Experten nicht, die Alternativmöglichkeiten und Lösungen anbieten, den Grünen sowieso nicht, naja, da bleiben ja fast nur mehr die AKW-Betreiber und deren Lobby übrig, denen man vertrauen soll.
Zöllner differenziert und verdient es, von AKW-Gegnern wie auch –Befürwortern beachtet zu werden. Das entnehme ich einem Interview von ihm (es geht hier um Japan, nicht um D):
Zur Hysterie/Apokalypse:
"Die Verunsicherung ist deutlich gestiegen in der (japanischen, Anm.!) Bevölkerung, das kann man sagen. […] Inzwischen wird immer mehr bekannt, wie stark doch die politische Elite vor dieser Regierung verwickelt war in fahrlässige und durchaus auch falsche Einschätzungen der atomaren Sicherheit. Und das ist natürlich erschütternd, dass das jetzt Stück für Stück rauskommt."
Zu den Entscheidungsträgern:
"Das riesige politische Problem in Japan ist, dass wir keine Parteien im Sinne von Programmparteien wie in Europa haben, sondern im Wesentlichen Wahlbündnisse, die die Interessen einzelner Politiker vertreten sollen. […] Das hat dazu geführt, dass die Bürokratie ein sehr starkes Eigenleben führt, das eben in der Lage ist, die Politik sozusagen durch die Hintertür zu prägen."
Die wirtschaftliche Komponente:
"
Und dann haben sie schlicht und einfach noch das riesige Problem der Staatsverschuldung, die in Japan extrem hoch ist und die einfach die Spielräume auch für aktive Politik eben doch sehr, sehr gering sein lässt."
Eine extrem hohe Staatsverschuldung etwa als schlechte Beraterin bei div. wichtigen politischen Entscheidungen?
Eine realistische Schlußfolgerung:
"Meyer: Und noch einmal zurück zur Energiepolitik, zur Atompolitik: Glauben Sie, dass Japan da einen Wandel hinbekommt in Richtung regenerativer Energien?
Zöllner: Langfristig wird das so sein müssen, kurzfristig ist es nicht möglich, weil 40 Prozent des japanischen Stroms durch Atomstrom gedeckt werden. Und dann gibt es schließlich ja auch noch die Angst vor der Klimaerwärmung durch den Verbrauch von fossilen Brennstoffen. Regenerative Energie - man hat angefangen mit Windenergie, das ist aber bei der Geografie Japans eine sehr, sehr schwierige Geschichte. Es gibt Ansätze, Thermalenergie zu nutzen, auch das ist nicht technisch unkompliziert. Also wir werden uns drauf einstellen müssen, dass wir in den nächsten vielleicht zehn Jahren doch erheblich mehr mit Stromsparmaßnahmen rechnen müssen als mit alternativen Energiegewinnungsmethoden."
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1423929/
Also kurzfristige
Stromsparmaßnahmen sind unvermeidlich und in ihrer Wirksamkeit durchaus realistisch (der von mir bereits zitierte Physiker E. U. von Weizsäcker nannte es "Effizienz") UND
Alternativenergien können den lokalen Möglichkeiten angepasst werden, längerfristig auch in Japan (Nutzung des Meeres etwa, neue Technologien entwickeln). Davon sprechen auch viele Physiker und andere Forscher und es ist daher unnötig und irreführend, es nur auf "grüne Spinnereien" zu reduzieren.
Effektive Sparmaßnahmen (im Sinne von Weizsäcker z.B.) ergeben sich nicht bloß aus simplen Strompreiserhöhungen und weniger Fernsehen, sondern erfordern gründliche Planung, Forschung, Abstimmung und Erfahrung – besser heute als morgen.
lg
Hannes