Ich verstehe, dass es Dir gut geht in einem Staat, der vernünftig und kompetent aufgebaut wurde und von fleißigen und pflichtbewussten Menschen betrieben wurde, so dass wir auch heute noch davon zehren können. Du möchtest, dass Wohlstand und Sicherheit, die Du erreicht hast, für immer bleiben. Nun gibt es aber zahlreiche, sich verschärfende Schwierigkeiten, die dem entgegen arbeiten, wir sehen sie beide, nur die Ursache dieser Probleme sehen wir unterschiedlich.
Schließt du mich etwa aus von denen, die fleißig und pflichtbewusst dieses Land mitaufgebaut haben? Das ist ein fortlaufender Prozess und ich war auch daran beteiligt.
Ich schrieb, dass ich mit dafür sorgen will, dass meine Kinder - und damit meinte ich die mir folgenden Generationen - die gleichen Chancen bekommen, die ich auch hatte und das ist nur möglich, wenn unsere Demokratie fortbesteht und sich weiterentwickelt, anstatt von irgendwelchen ideologischen Strömungen zerfressen zu werden. Es geht mir also nicht um mich persönlich. Ich bin schon jetzt zufrieden mit dem, was ich erreicht habe und ich sehe es nicht gefährdet.
Für Dich scheint die Wurzel allen Übels in den "politischen Rändern" zu liegen, die Du oft nennst, die an Lautstärke und Gewicht zulegen und schon die eine oder andere Regierung übernommen haben und für die auch ich keinerlei Sympathien hege. Allerdings sind sie für mich weniger Ursache, als Symptom, auch wenn diese Ränder noch zusätzliche Schwierigkeiten machen, und deswegen wird ihre Bekämpfung keine Verbesserung bringen. Es sind nur die Prügelknaben, um vom Kern abzulenken. Bizarr wird es, wenn Du Dir stellvertretend für die Höckes, draussen in der Welt, hier im Forum User erwählst und als rechtsradikal schubladisierst. Mir liegt nichts daran, diese Albernheit zu "bekämpfen" aber manchmal erwähne ich es halt.
Was unsere Demokratie angeht, dann liegt für mich die Wurzel allen Übels in den politischen Rändern, denn genau diese Ränder gefährden sie. Du scheinst nicht viel von unserer Demokratie zu halten und siehst es selbstverständlich anders. Ich weigere mich jedoch unsere Demokratie den Unzufriedenen zu überlassen, solange sie sich in der heutigen Minderheit befinden. Sollten sie mehr werden, dann heißt es, dass unsere Demokratie versagt hat und dann wird es an der Zeit sein, grundlegend etwas an ihr zu ändern. Bis dahin werden diese Unzufriedenen sich damit zufriedengeben müssen, Parteien wie die AfD, NPD oder MLP zu wählen oder gleich der Wahl fernbleiben.
Und mach dir keine Hoffnungen, der Verfassungsschutz und das Bundesverfassungsgericht werden nicht aufgelöst, weil sie viel Geld kosten. Sie sorgen dafür, dass diejenigen, die du zu Prügelknaben reduzierst und somit ihre Existenz indirekt rechtfertigst, sich zahlenmäßig in Grenzen halten und wenn sie sich gegen unsere Verfassung und unsere Demokratie richten, in ihre Schranken gewiesen werden.
Ich stecke im Übrigen niemanden in eine Schublade, die er nicht selbst zuvor gebastelt hat.
Ich meine, es sind nicht die Ränder, es ist die immer fetter, korrupter und inkompetenter werdende Mitte ist, die versagt. Es fehlt an Kompetenz, an Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein und die Strukturen stammen aus einer Zeit, als all das noch selbstverständlich war, als die Erfahrung von Armut und Krieg noch frisch waren und alle sich zusammengerissen und die Ärmel hochgekrempelt haben. Jetzt dient die Machtfülle nicht integren Figuren zur Selbstverwirklichung, weswegen ich gerne mehr Demokratie sehen würde, nicht Autokratie und nicht Kungelei.
Es ist viel einfacher für einen Staat, die Bürger zufriedenzustellen, wenn sie zuvor Erfahrungen mit Krieg und Armut gemacht haben. Viel schwieriger wird es, wenn sie einen gewissen Wohlstand erreicht haben, denn dann gesellen sich Ängste dazu, das Erreichte zu verlieren.
Auch damals gab es Unzufriedene und zwar viel mehr als heute, denn es gab viel mehr solche, die enttäuscht waren, weil das System, für das sie zuvor mit Herz und Seele gekämpft haben, zerstört wurde. Es gab viele die sich in diesem System gut eingerichtet hatten und von ihm profitiert hatten und dann mussten sie fürchten, dass das zum Vorschein kommt und dafür belangt werden. Für alle anderen, die wieder von Null an anfangen mussten, hat die Hoffnung auf eine bessere Zukunft überwogen und diese Perspektive hat für Zufriedenheit gesorgt.
Wie dem auch sei, wenn Deutschland so wäre, wie du es hier beschreibst, dann würde es nicht zu den erfolgreichsten Ländern der Welt zählen; dann hätte es nicht eins der besten Sozialsysteme der Welt und eine Demokratie, sie sich weltweit sehen lassen kann.
Ich komme wieder zu unserer jahrelangen Diskussion zurück: es ist nicht zu übersehen, dass dir etwas ganz anderes vorschwebt als das, was in Deutschland Realität ist. Ich warte seit Jahren darauf, dass du mir wenigstens ansatzweise deine Vorstellungen anreißt. Dann könnten wir endlich deine Vorstellungen mit der Realität in Deutschland vergleichen. Das wäre nur fair, findest du nicht?