AW: Gibt es objektive Realität?
Hallo Neugier,
wichtig ist doch vor allem, dass die objektive Realität von Menschen prinzipiell erkannt werden kann.
Ob sie vollständig und korrekt erkannt werden kann, ist eher sekundär, weil das eine Frage der Zeit ist. Der Mensch nähert sich der absoluten Wahrheit allmählich. Dazu trägt sicherlich auch die Vervollkommnung unseres bisher mangelhaften Wahrnehmungssystems bei.
Das was Du schreibst hat mit Philosophie gar nichts zu tun. " Ob sie vollständig und korrekt erkannt werden kann" ist keine philosophische Aussage!
Die Bewustseinsunabhängige Realität, also objektive Realität ist ein Glaube an eine plausible Idee, die keiner beweisen kann. Die hat mit dieser Wirklichkeit nichts zu tun. Darum hat die Naturwissenschaft nichts mit Wahrheit und der objektiven Realität zu tun.
Die Annahme einer objektiven Realität ist allerdings eine notwendige Annahme. Ich glaube an ihre Existenz, und das ist kein "Ding an sich". Sie ist den Menschen nicht zugänglich und von daher können sie die Menschen weder ganzheitlich erkennen, noch definieren, weil der Mensch nur das beweisen kann, über das er erhaben ist.
Wir alle wissen, dass sich jeder Organismus an die Umwelt anpassen und sich in ihr orientieren muss, da es ansonsten seine eigene Existenz verlieren kann, wenn ihm das nicht gelingt...
Laut Biologie und Neurobiologie geschieht diese Orientierung bei Tieren und Menschen dadurch, dass das Gehirn mithilfe der Sinnesorgane Informationen über die Umwelt aufnimmt, diese zentral auswertet und in Programme zur Verhaltenssteuerung umsetzt. Das Gehirn ist ist laut dieser Auffassung ein offenes, informationsverarbeitendes System. Die mechanisch erzeugte Signale sind als solche bedeutungsfrei. Wenn der Mensch eine Auskunft über die Umwelt erfahren möchte, muss das Gehirn anhand interner Kriterien herausbekommen, welcher Zusammenhang zwischen Umwelterreignissen und Sinnesorganen besteht, und ob das Signal mit Sehen, Hören oder Tasten zu tun hat, mit Farbe, Form oder Bewegung.
Das bedeutet, dass das Gehirn informationell oder semantisch gegenüber der Umwelt abgeschlossen ist, und zwar in der Form, das keine vom Gehirn unabhängige Bedeutung vom Umweltereignissen erlangt werden kann. Die Bedeutung und Wirkung der Umweltereignisse kann sich immer nur innerhalb des Gehirns konstituieren, und zwar ausnahmslos nach inneren Kriterien.
Sinnesorgane sind die Vermittler zwischen Umwelt und Gehirn. Sie sind aber sehr selektiv. Darum erlangt kein Mensch über seine Sinnesorgane eine Widerspiegelung der Umwelt. Ergo, wir sehen nicht mit dem Auge, sondern mit dem Gehirn. Daraus resultieren auch die Fehlleistungen des Gehirns, weil sich etwas unmittelbar als plausibel Beurteiltes in einem späteren Kontext als falsch erweist.
Ich kann meinen eigenen Schädel öffnen und mein Gehirn sehen. Von diesem Gehirn nehme ich an, dass es meine Erlebniswelt hervorbringt, und damit gerate ich in ein tiefes Paradox, dass das Gehirn, dass mich erst hervorbringt, ein Teil der Welt ist, die es hervorgebracht hat. Und das kann doch nicht wahr sein!
Also, mein Gehirn ist Teil meiner Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist für sich abgeschlossen, es gibt wirklich nichts mehr dahinter. Dennoch, glaube ich, es muss jemanden geben, der diese Welt hervorbringt, denn ich persönlich habe sie nicht geschaffen. Und dieses nenne ich objektive Realität.
Diese objektive Realität, ist mir mit meinen Sinnen völlig unzugänglich, weil meine Sinneswahrnehmungen vollständig in meiner Erlebniswelt sind. Darum gilt: wenn ich über die relative Realität nachdenke, also über mein Gehirn, dass mich faktisch hervorbringt, dann denke ich wahrlich über die relative Realität nach, aber in meiner Wirklichkeit. Wenn ich als Naturwissenschaftler, konkret als Neurologe Gehirne erforsche, tue ich das immer in meiner Wirklichkeit, und das hat wahrlich gar nichts mit der objektiven Realität zu tun.
Ergo: es muss jemanden geben, der mich geschaffen hat, der aber in meiner Wirklichkeit nicht vorkommt. Darum muss es eine objektive Realität geben, da es ansonsten gar nichts gäbe! Kant´sche "Das Ding an sich", der relativen Welt, können wir Menschen auch nur teilweise erkennen. Darum sind die naiven Realisten Irrläufer!
Die ontologische Schlussfolgerung eines wahren Philosophen muss lauten: Wissenschaft hat gar nichts mit der objektiven Realität zu tun, und mit absoluter Wahrheit noch weniger. Die Wissenschaft lehrt Plausibilitäten und Aproximationen, sonst gar nichts. Wenn eine wissenschaftliche Theorie 70% richtig ist, ist sie noch immer falsch.
Definitionen der Wahrheit gibt es viele. Keine taugt was, da man sie nicht überprüfen kann, und wenn schon, dann nur und ausnahmslos im Sinne der Selbstreferentialität.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wahrheit