So mache ich das auch und Dienst nach Vorschrift ist der Tod für Unternehmen.
Auf der anderen Seite kann man auch als Schütze Arsch im letzten Glied mehr Einfluss ausüben, als man denkt, wenn man gut arbeitet und sich einbringt. Dann kann es zu einem für beide Seiten gewinnbringenden Verhältnis kommen, bei dem man auf einmal auch als Quereinsteiger Aufgaben übernehmen kann, die verantwortungsvoll sind.
Ich las einmal ein Buch über preussische Militärtradition (oder auch die Menschenführung der deutschen Wehrmacht, die letztlich auf dieser fußt).
Man sollte eigentlich annehmen - ich jedenfalls, denn ich war nie beim Militär und habe ich mich auch nie dafür interessiert - dass insbesondere das Militär von ganz oben nach ganz unten einen diktatorischen Führungsstil aufweist, "militärisch" eben, und zumal damals und "preussisch".
Während der Lektüre zeichnete sich mir aber ein anderes Bild ab.
Sicher, Militär bleibt Militär, dennoch war man in Preussen und später der Ansicht: Im Krieg ist alles möglich. Wichtig ist der Mann vor Ort, und der muss die Entscheidungen treffen. Er muss gut ausgebildet sein, um die Entscheidungen auch sinnvoll treffen zu können, und man muss ihm die Freiheiten lassen dies auch zu tun. Und ja: er kann auch mal falsch liegen.
Damals hatte ich meine erste Stelle als "Küchenchef", meine erste Position als Führungskraft. Ich hatte mir vorgenommen, die Position ernst zu nehmen, aber nicht, mir darauf etwas einzubilden. Zumal die Brigade (so nennt man Teams von Köchen traditionell tatsächlich) sehr klein war. Die Position eines "Chefs" unter gerade einmal 4 Mitarbeitern ist eben überschaubar.
Anfangs liefen ein paar Dinge unrund, auch ich musste meine Position erst erlernen. Ich machte zwar keine wirklichen Führungsfehler, es war aber auch nicht so einfach, wie ich es gedacht hatte.
In dem Militärbuch fand ich noch ein paar andere, nützliche Informationen. Ich begann, die dort gewonnenen Erkenntnisse in der einen oder anderen Form in der Küche umzusetzen; irgendwie auch logisch, zumal der Umgangston in einer Küche sowieso als "militärisch" gilt.
Es dauerte eine Weile, die Mitarbeiter mussten sich an den nunmehr anderen (freieren) Führungsstil erst gewöhnen.
Ich gab mir mehr Mühe, mich und Dinge zu erklären, warum ich etwas so und nicht anders haben wollte. Ich versuchte, bei Kleinigkeiten weniger pedantisch zu sein und wenn jemand einen Trick drauf hatte, der Sinn ergab, dann übernahm ich diesen.
Anfangs war das eine mühsame Ochsentour, aber mit der Zeit zeigten sich die positiven Aspekte. Ich verbesserte nicht nur die Qualität der Ergebnisse und die Hygiene, wir wurden mit der Zeit auch effizienter und immer öfter wurden wir eher fertig und konnten auch eher nach Haus gehen - was durchaus gewünscht war. Schließlich war auch die Stimmung besser, die Mitarbeiter waren einfach besser drauf.
Am Ende kamen, einer nach dem anderen, alle auch mit ihren Ideen zu mir: Du, ich habe mir gedacht, wir könnten dies oder jenes tun ... Bingo!