Roberto
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Eine eindeutige Definition des Würdebegriffes erscheint selbst heute, in Zeiten verbürgter - aber nicht immer eingehaltener – Menschenrechte, nicht machbar. Der erste Artikel des deutschen Grundgesetzes winkt uns in schwammiger Form entgegen. Die Würde sei unantastbar. Damit wissen wir, was sie ist, aber nicht wer. Viele Denkschulen, viele Gerichtsurteile, viele Glaubenslehren aber haben Darlegungen geliefert. Dennoch zeigt sich ein Bild großer Individualität, wenn man einzelne Zeitgenossen danach fragt, was denn nun menschliche Würde sei.
Grob läßt sich in verschiedene Auffassungen einteilen. Einerseits wird Würde als Gestaltungsauftrag gesehen, andererseits als Wesensmerkmal. Der ersteren Ansicht reicht das Menschsein alleine nicht aus, während Zweiteres genau dies zum Maßstab erhebt. Dennoch fließen beide Auffassungen in vielen Einzelfällen ineinander, so daß das Wesensmerkmal einen Gestaltungsauftrag zur Folge hat. Jener also, der sich Mensch nennen darf, hat sich in ebendieser Form – menschlich, human also – in der Welt zu bewegen.
Wollen wir uns denen zuwenden, die das Wesensmerkmal als Imperativ leugnen. Derlei Zeitgenossen finden sich nicht alleine unter den extremistisch Gesinnten, sondern quer durch alle Gesellschaftsschichten. Es sei eben nicht ausreichend Mensch zu sein, urteilen sie und spalten damit direkt die Gesamtheit aller Menschen und kategorisieren diese. Die mangelnde Vorab-Würde ist Wurzel der Ressentiments, mit denen Menschen sich begegnen.
„Das Bewußtsein meiner im Bewußtsein des Anderen, und umgekehrt, ist das Bewußtsein der Gattung. Der Andere macht mir erst mein eigenes Wesen gegenständlich. Er ist mir daher kein gleichgültig Anderer, er ist mein Du, wie umgekehrt ich sein Du bin." – Die Gleichheit von Mensch zu Mensch, das Ichwerden am Du, ist es, was uns in diesem Feuerbach-Zitat entgegenschlägt. Verweigere ich dem Menschen an meiner Seite die Vorab-Würde, so weigere ich mich selbst, dem Menschengeschlecht zugehörig zu sein. Apriorisch haben wir dem Nächsten Würde anzurechnen, nicht erst, nachdem wir ihn bewertet und geprüft haben...
Freilich, soviel muß zugestanden werden: Es fällt zuweilen schwer, jedem Narren mit Respekt und Vernunft entgegenzutreten. Man stelle sich jene vor, die wir in diesen Zeiten oft als wertlos erachten. Jene, die an Produktivität mangeln und denen wir Ballastexistenz nachsagen. Greifen wir uns einen misanthropischen Alkoholiker heraus, der seine Mitmenschen kujoniert, sich selbst weniger Leiden kann, als die Schmeißfliegen in seiner verwahrlosten Küche. Einer Gestalt also, bei der man den Weltgeist anfleht, er möge ihm nie Fortpflanzung gewähren, einen Sohn, der mit seinem Irrsinn infiziert zu sein droht. Wie schwer fällt es dem Menschen da, sich mit diesem Schattenwesen der Menschheit zu vergleichen?
“Homo sum, humani nihil a me alienum puto.” – Daran kann keine Ethik vorbeigehen. Es ist Teil der conditio humana, einen solchen Mitmenschen zu verachten. Hier hat der Würdebegriff verloren, reichert man ihn nicht um den Gestaltungsauftrag an. Zwar verleihen wir jedem menschlichen Wesen vorab Würde - selbst wenn sein Auftreten dem eines Schweines gleicht -, doch der wahre ethische Mensch verbindet damit einen Auftrag, welcher ihm auch solche Subjekte zu respektieren erlaubt. Eine Maßregelung des Gefühls, damit Hinwendung zur Vernunft.
Man respektiere den alkoholisierten Menschenverächter, ja, man ignoriere ihn. Doch eines nie: Man spreche ihm die Menschenwürde ab, selbst wenn er in menschlicher Gesellschaft zu grunzen beginnt. Mit den Worten Hegels: „Selbst der verbrecherische Gedanke eines Bösewichts ist großartiger und erhabener als die Wunder des Himmels.“ – Die Wunderbarkeit menschlichen Lebens geht auch am misanthropischen Säufer nicht verloren. Und erhaben jene, die sich solch verlorener Menschenwesen annehmen. Es mag durchaus etwas Kynisches in solchem wohltätigen Handeln liegen; der Wohltäter mag sich denken: „Du verachtest mich, Säufer, Du belächelst mich, nennst mich einen bornierten Moralisten, doch ich zeige es Dir: Ich begegne Dir mit Achtung und Respekt.“
Die Würde des Menschen ist mit diesen wenigen Zeilen nicht abgehandelt, vielmehr die Würde, die man dem welken Geist in Menschengestalt entgegenzubringen hat. Dem Paria also, der so gerne wäre und nicht ist, der aber Anrecht auf sein Dasein besitzt. Der zwischen Leben und Tod wandelt und sein Ableben noch nicht bemerkt hat. Leicht ist es, seinem Mitmenschen Respekt zu zollen, wenn er in Art und Weise dem eigenen Leben gleicht. Interessant wird der Würdebegriff erst, wenn er am lebenden Mißstand erprobt werden soll; interessant wird es also, wenn man im Alltag mit Jenem konfroniert wird.
Die Würde des Menschen ist antastbar. Wäre sie es nicht, bedürfe es keiner Gesetzgebung diesbezüglich.
Grob läßt sich in verschiedene Auffassungen einteilen. Einerseits wird Würde als Gestaltungsauftrag gesehen, andererseits als Wesensmerkmal. Der ersteren Ansicht reicht das Menschsein alleine nicht aus, während Zweiteres genau dies zum Maßstab erhebt. Dennoch fließen beide Auffassungen in vielen Einzelfällen ineinander, so daß das Wesensmerkmal einen Gestaltungsauftrag zur Folge hat. Jener also, der sich Mensch nennen darf, hat sich in ebendieser Form – menschlich, human also – in der Welt zu bewegen.
Wollen wir uns denen zuwenden, die das Wesensmerkmal als Imperativ leugnen. Derlei Zeitgenossen finden sich nicht alleine unter den extremistisch Gesinnten, sondern quer durch alle Gesellschaftsschichten. Es sei eben nicht ausreichend Mensch zu sein, urteilen sie und spalten damit direkt die Gesamtheit aller Menschen und kategorisieren diese. Die mangelnde Vorab-Würde ist Wurzel der Ressentiments, mit denen Menschen sich begegnen.
„Das Bewußtsein meiner im Bewußtsein des Anderen, und umgekehrt, ist das Bewußtsein der Gattung. Der Andere macht mir erst mein eigenes Wesen gegenständlich. Er ist mir daher kein gleichgültig Anderer, er ist mein Du, wie umgekehrt ich sein Du bin." – Die Gleichheit von Mensch zu Mensch, das Ichwerden am Du, ist es, was uns in diesem Feuerbach-Zitat entgegenschlägt. Verweigere ich dem Menschen an meiner Seite die Vorab-Würde, so weigere ich mich selbst, dem Menschengeschlecht zugehörig zu sein. Apriorisch haben wir dem Nächsten Würde anzurechnen, nicht erst, nachdem wir ihn bewertet und geprüft haben...
Freilich, soviel muß zugestanden werden: Es fällt zuweilen schwer, jedem Narren mit Respekt und Vernunft entgegenzutreten. Man stelle sich jene vor, die wir in diesen Zeiten oft als wertlos erachten. Jene, die an Produktivität mangeln und denen wir Ballastexistenz nachsagen. Greifen wir uns einen misanthropischen Alkoholiker heraus, der seine Mitmenschen kujoniert, sich selbst weniger Leiden kann, als die Schmeißfliegen in seiner verwahrlosten Küche. Einer Gestalt also, bei der man den Weltgeist anfleht, er möge ihm nie Fortpflanzung gewähren, einen Sohn, der mit seinem Irrsinn infiziert zu sein droht. Wie schwer fällt es dem Menschen da, sich mit diesem Schattenwesen der Menschheit zu vergleichen?
“Homo sum, humani nihil a me alienum puto.” – Daran kann keine Ethik vorbeigehen. Es ist Teil der conditio humana, einen solchen Mitmenschen zu verachten. Hier hat der Würdebegriff verloren, reichert man ihn nicht um den Gestaltungsauftrag an. Zwar verleihen wir jedem menschlichen Wesen vorab Würde - selbst wenn sein Auftreten dem eines Schweines gleicht -, doch der wahre ethische Mensch verbindet damit einen Auftrag, welcher ihm auch solche Subjekte zu respektieren erlaubt. Eine Maßregelung des Gefühls, damit Hinwendung zur Vernunft.
Man respektiere den alkoholisierten Menschenverächter, ja, man ignoriere ihn. Doch eines nie: Man spreche ihm die Menschenwürde ab, selbst wenn er in menschlicher Gesellschaft zu grunzen beginnt. Mit den Worten Hegels: „Selbst der verbrecherische Gedanke eines Bösewichts ist großartiger und erhabener als die Wunder des Himmels.“ – Die Wunderbarkeit menschlichen Lebens geht auch am misanthropischen Säufer nicht verloren. Und erhaben jene, die sich solch verlorener Menschenwesen annehmen. Es mag durchaus etwas Kynisches in solchem wohltätigen Handeln liegen; der Wohltäter mag sich denken: „Du verachtest mich, Säufer, Du belächelst mich, nennst mich einen bornierten Moralisten, doch ich zeige es Dir: Ich begegne Dir mit Achtung und Respekt.“
Die Würde des Menschen ist mit diesen wenigen Zeilen nicht abgehandelt, vielmehr die Würde, die man dem welken Geist in Menschengestalt entgegenzubringen hat. Dem Paria also, der so gerne wäre und nicht ist, der aber Anrecht auf sein Dasein besitzt. Der zwischen Leben und Tod wandelt und sein Ableben noch nicht bemerkt hat. Leicht ist es, seinem Mitmenschen Respekt zu zollen, wenn er in Art und Weise dem eigenen Leben gleicht. Interessant wird der Würdebegriff erst, wenn er am lebenden Mißstand erprobt werden soll; interessant wird es also, wenn man im Alltag mit Jenem konfroniert wird.
Die Würde des Menschen ist antastbar. Wäre sie es nicht, bedürfe es keiner Gesetzgebung diesbezüglich.