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Freier Wille oder nicht?

AW: Freier Wille oder nicht?

Ich habe zwar darauf hingewiesen, dass wir ähnliche Themen schon hatten, aber ich finde durchaus, dass man so ein wichtiges Thema nochmals besprechen kann - zumal nun auch neue User mitdikutieren.

Irritiert war ich gegen mich, weil mich dieses Thema immer wieder lockt und ich dann doch nochmals dazu etwas schreibe.
Habe mir inzwischen, durch meinem freien Willen, verziehen...

Nun warte ich auf die Erleuchtung von Pisipezi. Deswegen diese Fackel...

Liebe Grüße

Miriam
 
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AW: Freier Wille oder nicht?

1) Wenn ich vor einer komplizierten Entscheidung stehe, z.B. wenn ich im Kopf eine schwierige Sache plane (Konstruktion, Projekt, Flirtangriff :D...), dann gehe ich im Geist Varianten durch. Objektiv gibt es dann evtl. mehrere gleichwertige Varianten, die ich im Kopf mit meinem Bewusstsein hin- und herwende.
Die Entscheidung, die dann fällt, ist nach meiner Auffassung nie und nimmer schon vor ihrer Bewusstwerdung gefallen - ausgeschlossen!

S.g. Pispezi.

Und du bist dir 100% sicher dass deine Entscheidungen von frei von jeglichen Einflüssen z.b. frühere Erfahrungen oder zufälligen physischen Eingriffen von Aussen, wie elektromagnetische Felder oder einschlagende Teilchen, die das Verhalten deiner Gehirnfunktion (Quantenvorgänge) beeinflussen ?


2) Wie die konsequente Analyse der Quantenphysik nahelegt, ist unsere materielle Hardware, die (z.B.) von den reduktionistischen Hirnforschern als fundamental betrachtet wird, eben nicht fundamental. Sondern eine Art Bewusstsein ist fundamental. Damit ist der nichtdeterministische Ablauf der Quantenvorgänge (also auch des Denkens) fundamental.
Somit ist die Zukunft offen - auch meine eigene Denkzukunft, und meine Gedanken sind folglich keine durch meinen gegenwärtigen physikalischen Hirnzustand total determinierten Vorgänge. Sie sind nur in einem Wahrscheinlichkeitssinn determiniert.
Tür und Tor weit offen für den wirklich freien Willen!

Und das Gegenteil von deterministisch ist nicht Freiheit sondern Zufall ( nicht vorbestimmt ). Und da der Zufall, wie du richtig sagst, nur nach Wahrscheinlichkeitsregeln bestimmt wird ist die Zukunft offen, aber sicher nicht wegen irgend einem freien Willen.

Wir glauben einfach wir haben einen freien Willen weil die Einflüsse die unsere Entscheidungen beeinflussen so komplex und vielfältig sind dass wir sie niemals als Einflüsse wahrnehmen können.
Meiner Meinung nach ist der freie Wille nur ein menschliches Gedankenkonstrukt.

L.G. Belair57
 
AW: Freier Wille oder nicht?

Belair57 schrieb:
Und du bist dir 100% sicher dass deine Entscheidungen von frei von jeglichen Einflüssen z.b. frühere Erfahrungen oder zufälligen physischen Eingriffen von Aussen, wie elektromagnetische Felder oder einschlagende Teilchen, die das Verhalten deiner Gehirnfunktion (Quantenvorgänge) beeinflussen ?

Tschuldigung Pispezi, dass ich dir hier vorgreife.

Belair, nicht diese Enflüße sind gemeint wenn man von einen nicht bestehenden freien Willen des Menschens spricht, sondern von Gehirnstrukturen und Funktionen, die alles determinieren.

Dies ist ein häufig auftretendes Missverständnis.

Frei von äußeren Einflüßen, so wie du sie nennst, ist keiner von uns. Aber das hat nichts mit dem Thema des freien Willens.

Gruß

M.
 
AW: Freier Wille oder nicht?

S.g. Pispezi.

Und du bist dir 100% sicher dass deine Entscheidungen von frei von jeglichen Einflüssen z.b. frühere Erfahrungen oder zufälligen physischen Eingriffen von Aussen, wie elektromagnetische Felder oder einschlagende Teilchen, die das Verhalten deiner Gehirnfunktion (Quantenvorgänge) beeinflussen ?

Und das Gegenteil von deterministisch ist nicht Freiheit sondern Zufall ( nicht vorbestimmt ). Und da der Zufall, wie du richtig sagst, nur nach Wahrscheinlichkeitsregeln bestimmt wird ist die Zukunft offen, aber sicher nicht wegen irgend einem freien Willen.

Wir glauben einfach wir haben einen freien Willen weil die Einflüsse die unsere Entscheidungen beeinflussen so komplex und vielfältig sind dass wir sie niemals als Einflüsse wahrnehmen können.
Meiner Meinung nach ist der freie Wille nur ein menschliches Gedankenkonstrukt.

L.G. Belair57

Hallo Belair,

Also dass ich meine Entscheidungen frei von Einflüssen und Erfahrungen treffe, ist natürlich unzutreffend. Das war auch nicht gemeint, Miriam hat es schon kurz und richtig erklärt in ihrem Vorgriff. :)

Sagen wir mal so: Dass der real vorhandene Zufall die Zukunft grundsätzlich offen, also indeterministsich macht, ist eine notwendige Voraussetzung für freien Willen. Es wird nämlich die Behauptung vieler Hirnforscher entkräftet, dass mein aktueller Gehirnzustand meine späteren Entscheidungen determiniert.

Die Entscheidungen, die ich von Fall zu Fall treffe, sind also nicht vollständig aus der Vergangenheit ableitbar.
Daraus ergibt sich, dass eine Instanz möglich wird, die aus Alternativen wählt.
Wie diese Instanz exakt funktioniert, warum ich also nicht völlig stochastisch mal so, mal so entscheide - sondern da eine gewisse Stringenz habe - ist mir natürlich auch unbekannt.

Von der Physik her bin ich aber berechtigt, eine solche Instanz zu vermuten, da meine Erfahrungen mir das nahelegen.

Die ganze Diskussion ist, wie mir scheint, ein Nebenzweig des Leib-Seele-Problems. Da bis heute niemand weiß, was Geist ist und wie das Ich in unserem Hirn entseht, ist es auch unmöglich, etwas über die Entscheidungsinstanz im Geist auszusagen.
Sie muss ja funktionieren wie ein Bewertungsfilter, das an gewissen biografisch erzeugten Maßstäben "geeicht" wird. So meine Vermutung.

Um abschließend nochmal auf einen Deiner Sätze einzugehen:
Die Zukunft ist nicht offen wegen des freien Willens, sondern der freie Wille wird möglich, weil die Zukunft offen ist.


LG, pispezi :zauberer2
 
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AW: Freier Wille oder nicht?

@pispezi: ich denke man muss das Konzept der Idee von dem der Entscheidung getrennt betrachten, da ist imho ein Unterschied. Zumal eh nie etwas komplett neues erfunden wird, sondern man re-kombiniert immer bereits bekanntes. Also ich kann da aus meiner Erfahrung berichten: ich programmiere ja, manche betrachten Programmierung als Kunst (also ich ja nicht). Auf jeden Fall ist es ein oft hochkreativer Vorgang. Trotzdem muss ich erst eine Menge Knowhow anhäufen über ein Thema bevor mir da die zündende Idee kommt. Als Beispiel: wenn Du mir sagst "Schreib mir doch mal ne AI", dann werd ich alle viere von mir strecken und ganz geschmeidig coredumpen. Wenn ich mich aber in das Thema AI eingelesen habe, mir anderer Leute AI Code angesehen habe und ich das auch verstanden habe (wichtigste Vorraussetzung!), DANN kommt mir eventuell auch eine gescheite Idee. Wie neu die dann aber ist, steht auf einem anderem Blatt.

lg, xcrypto

Hallo xcrypto, die Entstehung von gänzlich Neuem ("Emergenz") ist ja ein allgemeines Thema. Manche streiten ab, dass es "Neues" wirklich gibt. Kann man tun.

Dann muss man aber auch sagen und dazu stehen, dass z.B. ein Hund nichts Neues gegenüber der Materiesuppe nach dem Urknall ist.
Denn er ist nur die Kombination von bereits vorhandenem, nämlich den Elementarteilchen, aus denen seine Atome bestehen.

Ich finde diesen Standpunkt ziemlich unfruchtbar.
Wie stehst Du zu meinem Beispiel? Ist ein Hund etwas Neues gegenüber einem Elementarteilchenbrei?

LG, pispezi :zauberer2
 
Damit ist der nichtdeterministische Ablauf der Quantenvorgänge (also auch des Denkens) fundamental.

Dass die Quantenphysik zu dem Schluss käme, die Naturvorgänge könnten nicht determiniert seien, ist ein weit verbreitetes Vorurteil, und wird leider auch immer wieder von Physikern geschürt. Aber ganz so stimmt es nicht. Die Quantenphysik stellt heute ganz sicher keinen Beweis dafür dar, dass die Welt nicht deterministisch ist.

Ben
 
AW: Freier Wille oder nicht?

Dass die Quantenphysik zu dem Schluss käme, die Naturvorgänge könnten nicht determiniert seien, ist ein weit verbreitetes Vorurteil, und wird leider auch immer wieder von Physikern geschürt. Aber ganz so stimmt es nicht. Die Quantenphysik stellt heute ganz sicher keinen Beweis dafür dar, dass die Welt nicht deterministisch ist.

Ben

Also endgültig beweisen kann man ja gar nichts (Popper).
Dass aber die Messungen der Quantenphysik es sehr plausibel machen, dass das Bewusstsein (des Messenden) am Ergebnis mitwirkt, oder es sogar bestimmt, kannst Du nicht abstreiten.
Das heißt doch aber: Quantenereignisse sind prinzipiell nicht determiniert.

Was daraus so alles folgt, hat Amit Goswami ("Das bewusste Universum", Lüchow, 2007) auch für Quanten-Laien wie mich dargestellt. Er ist selbst Quantenphysiker, also muss ich seine Aussagen schon ernstnehmen.

Ich kann also im Augenblick nicht anders, als die Zukunft für offen zu halten.
Wenn wir auf absolute Beweise warten wollten, könnten wir jede Diskussion einstellen...

LG, pispezi :zauberer2
 
AW: Freier Wille oder nicht?

Zum Thema freier Wille:

"Klar, glaube ich, dass ich machen kann, was ich will. Aber ich kann eben nicht wollen, was ich will." (A. Einstein, frei zitiert)

Ich denke, die Welt ist determiniert. Wenn es einen freien Willen geben sollte, dann nur innerhalb des Determinismus. Das klingt sehr paradox, ich weiß. Das ist es wahrscheinlich auch.

Ich sehe, dass es offensichtlich so etwas wie einen subjektiven freien Willen gibt. Das heißt, ich glaube mich entscheiden zu können, was ich gerade schreibe. Doch sehe ich auch ein, dass das noch lange kein objektiver freier Wille ist.
Mein Grund, warum ich an den Determinismus glaube, ist der: Ich finde keine alternative. Würde es einen freien Willen geben, dann muss es Handlungen geben, die keinen Grund haben. Denn sobald eine Handlung einen Grund hat, dann unterliegt sie offenbar einem Prinzip. Unterliegt sie aber einem Prinzip, kann die Handlung nicht frei entschieden worden sein, sondern nur dem Prinzip gefolgt haben.
Ist die Handlung wirklich frei entschieden worden, dann kann es keinen auffindbaren Grund geben, weil sie schlicht und ergreifend frei gewählt wurde. Frei wählen, heißt in meinen Augen also: Wählen ohne Grund. Denn habe ich einen Grund, warum ich mich für etwas entscheide, ist die Entscheidung ja nicht mehr frei.

Wählen ohne Grund gibt es meines Erachtens jedoch nicht. Die ganze Psychologie beschäftigt sich doch mit den Gründen unseres Handelns. Und immer wieder sind Muster zu erkennen. Weil Menschen eben Gründe haben, warum sie sich entscheiden.
Und das zeigt, dass sie sich nicht frei entscheiden. ... auch wenn wir das nur ungern glauben.

Ben
 
Zuletzt bearbeitet:
pispezi schrieb:
Dass aber die Messungen der Quantenphysik es sehr plausibel machen, dass das Bewusstsein (des Messenden) am Ergebnis mitwirkt, oder es sogar bestimmt, kannst Du nicht abstreiten.
Das heißt doch aber: Quantenereignisse sind prinzipiell nicht determiniert.

Ich weiß, auch renommierte Physiker vertreten immer wieder die Meinung, es gäbe objektiven Zufall. Aber das ist meines Erachtens ein Trugschluss. Es gibt Quantentheorien, die sind sehr wohl deterministisch, zB die De-Broglie-Bohm-Theorie.

Es ist sehr öffentlichkeitswirksam, wenn man groß erzählt, es gäbe Zufall oder unsere Art des Hinschauens bestimmt, was geschieht. Das verkauft sich. Aber es ist wissenschaftlich einseitig. Fakten werden so gedeutet, dass sie möglichst spektakuläre Schlüsse ergeben, obwohl es eigentlich keine wirklichen wissenschaftlichen Schlüsse sind.

lg
Ben
 
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AW: Freier Wille oder nicht?

Zum Thema freier Wille:

"Klar, glaube ich, dass ich machen kann, was ich will. Aber ich kann eben nicht wollen, was ich will." (A. Einstein, frei zitiert)

Ich denke, die Welt ist determiniert. Wenn es einen freien Willen geben sollte, dann nur innerhalb des Determinismus. Das klingt sehr paradox, ich weiß. Das ist es wahrscheinlich auch.

Ich sehe, dass es offensichtlich so etwas wie einen subjektiven freien Willen gibt. Das heißt, ich glaube mich entscheiden zu können, was ich gerade schreibe. Doch sehe ich auch ein, dass das noch lange kein objektiver freier Wille ist.
Mein Grund, warum ich an den Determinismus glaube, ist der: Ich finde keine alternative. Würde es einen freien Willen geben, dann muss es Handlungen geben, die keinen Grund haben. Denn sobald eine Handlung einen Grund hat, dann unterliegt sie offenbar einem Prinzip. Unterliegt sie aber einem Prinzip, kann die Handlung nicht frei entschieden worden sein, sondern nur dem Prinzip gefolgt haben.
Ist die Handlung wirklich frei entschieden worden, dann kann es keinen auffindbaren Grund geben, weil sie schlicht und ergreifend frei gewählt wurde. Frei wählen, heißt in meinen Augen also: Wählen ohne Grund. Denn habe ich einen Grund, warum ich mich für etwas entscheide, ist die Entscheidung ja nicht mehr frei.

Wählen ohne Grund gibt es meines Erachtens jedoch nicht. Die ganze Psychologie beschäftigt sich doch mit den Gründen unseres Handelns. Und immer wieder sind Muster zu erkennen. Weil Menschen eben Gründe haben, warum sie sich entscheiden.
Und das zeigt, dass sie sich nicht frei entscheiden. ... auch wenn wir das nur ungern glauben.

Ben

Ben, mir scheint, Du machst zwei Fehler bei Deiner Argumentation:

1) Entscheidungen, die ich treffe, ähneln doch der folgenden Situation:
Ich lege eine Kugel auf eine Messerschneide, halte sie möglichst genau mittig auf der Schenide fest und lasse sie nun los. Sie fällt hierhin oder dorthin - unvorhersehbar, aber nicht grundlos. Denn sie "will" per Naturgesetz nach unten.
Die klassische Physik sagt nun, es gibt eigentlich eine genau definierte Ursache für die Richtungswahl der Kugel.
Jetzt haben doch aber Experimente mit einzelnen Elementarteilchen (sehr feine "Messerschneiden") gezeigt, dass es da sehr wohl "Ereignisse ohne Grund" gibt. Dieses "ohne Grund" muss man aber genau definieren:
Es gibt natürlich einen energetisch, statistisch festgelegten allgemeinen Grund für die Gesamtheit der beobachteten Ereignisse.
Aber das einzelne Ereignis ist unvorhersehbar und damit ohne ersichtlichen Grund. So ist das doch bei diesen Messungen.

2) Die Diskussion eines "Grundes für Entscheidungen" ähnelt der vorigen komplett:
Meine Hirndisposition vor einer Entscheidung stellt den Vorrat an möglichen (d.h. mit dieser Disposition vereinbaren) Entscheidungen bereit - der allgemeine Grund, dem meine spätere Entscheidung auf jeden Fall gehorchen wird.
Das sind die "Muster" der Psychologie, die Du zitierst.
Aber die konkrete Wahl, die ich dann treffe, ist u.U. genauso wenig vorhersehbar wie der Gesundheitszustand von Schrödingers Katze :)

LG, pispezi :zauberer2
 
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