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Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo Frankie,

abgesehen von den Ausführungen zum Konstruktivismus finde ich deinen Beitrag sehr gut.

Die Ordnung ist demnach nicht in der Welt, sondern in unserem Kopf.

Diese Ansicht teile ich nicht. Ordnung in unserem Kopf herrscht, weil die Welt geordnet ist, d. h. objektiven Gesetzen unterliegt. Wie sollte es denn überhaupt Wissenschaft geben können, wenn jeder seine eigene Ordnung im Kopf hat!

Ich gebe zu, dass mein Beitrag hier eigentlich fehl am Platze ist, gehört er doch eher ins Philosophie-Forum.

Gruss
Hartmut
 
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AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Diese Ansicht teile ich nicht. Ordnung in unserem Kopf herrscht, weil die Welt geordnet ist, d. h. objektiven Gesetzen unterliegt.

Dass wir das Chaos der Welt in unserem Kopf nach unserem Gutdünken ordnen, ist die Kernaussage des Konstruktivismus.

Bist du nicht der Ansicht, dass das die Kernaussage des Konstruktivismus ist, oder teilst du nicht die Ansichten des Konstruktivismus?

Im ersten Fall müsstest du die Kernaussage des Konstruktuvismus besser beschreiben, im anderen Fall müsstest du den Konstruktivismus widerlegen.

(Ich gebe dir weder im einen noch im anderen Fall eine reelle Chance.)

lg Frankie
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Dass wir das Chaos der Welt in unserem Kopf nach unserem Gutdünken ordnen, ist die Kernaussage des Konstruktivismus.

Es gibt m. E. kein Chaos in unseren Köpfen, allenfalls in denen der Konstruktivisten! Damit weisst du auch, was ich vom Konstruktivismus halte.

Gruss
Hartmut
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Es gibt m. E. kein Chaos in unseren Köpfen, allenfalls in denen der Konstruktivisten! Damit weisst du auch, was ich vom Konstruktivismus halte.

Wieso "Chaos in unseren Köpfen"? Konstruktivismus sagt, dass wir das Chaos der Welt, also die unüberblickbare Vielfalt und Unvorhersagbarkeit der realen Welt, mithilfe unseres Verstandes in unserem Kopf nach unserem Vermögen ordnen. Die Welt ist also in Wirklichkeit unüberblickbar und unverhersagbar, aber uns erscheint sie geordnet, weil wir uns Ordnung konstruieren und so die Welt erfassen können.

Ob du davon "etwas hältst" oder nicht, ist ja kompletter Blödsinn. Du müsstest es mit irgendeinem sinnvollen Argument widerlegen, oder du kannst auch zugeben, dass du den Konstruktivismus gar nicht kapierst.

Aber Goethe hat ihn offenbar schon kapiert, mehr als 200 Jahre vor dir. Und lange, bevor diese ganze Idee überhaupt als Konstruktivismus formuliert wurde.

Davon war ja hier die Rede.

lg Frankie
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Wieso "Chaos in unseren Köpfen"? Konstruktivismus sagt, dass wir das Chaos der Welt, also die unüberblickbare Vielfalt und Unvorhersagbarkeit der realen Welt, mithilfe unseres Verstandes in unserem Kopf nach unserem Vermögen ordnen. Die Welt ist also in Wirklichkeit unüberblickbar und unverhersagbar, aber uns erscheint sie geordnet, weil wir uns Ordnung konstruieren und so die Welt erfassen können.

Ob du davon "etwas hältst" oder nicht, ist ja kompletter Blödsinn. Du müsstest es mit irgendeinem sinnvollen Argument widerlegen, oder du kannst auch zugeben, dass du den Konstruktivismus gar nicht kapierst.

Aber Goethe hat ihn offenbar schon kapiert, mehr als 200 Jahre vor dir. Und lange, bevor diese ganze Idee überhaupt als Konstruktivismus formuliert wurde.

Davon war ja hier die Rede.
Recht schlüssig, Deine Argumentation, frankie, impliziert aber nicht, dass irgendwer zwingend ein Anhänger des Konstruktivismus sein muss (mir gefällt er schon vom Wort her; alles was wir brauchen, aber nicht haben, muss kreiert und konstruiert werden).

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo !

Weiter geht's. Letzter Original-Text war Beitrag Nr. 45.
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Lustige Person:
So braucht sie denn die schönen Kräfte
Und treibt die dicht'rischen Geschäfte,
Wie man ein Liebesabenteuer treibt.
Zufällig naht man sich, man fühlt, man bleibt
Und nach und nach wid man verflochten;
Es wächst das Glück, dann wird es angefochten,
man ist entzückt, nun kommt der Schmerz heran,
Und eh man sich's versieht, ist's eben ein Roman.
Lasst uns auch so ein Schauspiel geben !
Greift nur hinein ins volle Menschenleben !
Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt,
Und wo ihr's packt, da ist's interessant.
In bunten Bildern wenig Klarheit,
Viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit,
So wird der beste Trank gebraut,
Der alle Welt erquickt und auferbaut.
Dann sammelt sich der Jugend schönste Blüte
Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,
Dann sauget jedes zärtliche Gemüte
Aus eurem Werk sich melanchol'sche Nahrung,
Dann wird bald dies bald jenes aufgeregt,
Ein jeder sieht was er im Herzen trägt.
Noch sind sie gleich bereit zu weinen und zu lachen,
Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;
Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen;
Ein Werdender wird immer dankbar sein.
Dichter:
So gib mir auch die Zeiten wieder,
Da ich noch selbst im Werden war,
Da sich ein Quell gedrängter Lieder
Ununterbrochen neu gebar,
Da Nebel mir die Welt verhüllten,
Die Knospe Wunder noch versprach,
Da ich die tausend Blumen brach,
Die alle Täler reichlich füllten.
Ich hatte nichts und doch genug,
Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.
Gib ungebändigt jene Triebe,
Das tiefe schmerzenvolle Glück,
Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
Gib meine Jugend mir zurück !
------------------------------------------------------
Mit dieser Rede der lustigen Person beweist Goethe m.E. recht eindrucksvoll, dass eine lustige Person nicht unbedingt ein dumme Person sein muss.

Greift nur hinein ins volle Menschenleben !
Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt,
Und wo ihr's packt, da ist's interessant.
Besonders die zweite Zeile ist m.M.n. noch immer aktuell.

(Dichter): So gib mir auch die Zeiten wieder,
Da ich noch selbst im Werden war,
Kann ich nicht (mehr) nachvollziehen; ich möchte mich - wenn auch langsam - immer weiterentwickeln; wiewohl ich natürlich die Kraft und die Unbekümmertheit der Jugend noch haben will.

Ich hatte nichts und doch genug,
Diese Zeile, die er hier dem Dichter - also quasi sich selber - sagen lässt, könnten sich ohne weitere auch heute noch ein paar Turbokapitalisten zu Herzen nehmen, die bereits Millionen besitzen und trotzdem noch mit einem Federstrich tausende, vielleicht auch noch verschuldete, Arbeitnehmer in die Wüste schicken.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo !

Weiter geht's. Letzter Original-Text war Beitrag Nr. 56.
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Lustige Person:
Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls,
Wenn dich in Schlachten Feinde drängen,
Wenn mit Gewalt an deinen Hals
Sich allerliebste Mädchen hängen,
Wenn fern des schnellen Laufes Kranz
Vom schwer erreichten Ziele winket,
Wenn nach dem heft'gen Wirbeltanz
Die Nächte schmausend man vertrinket.
Doch ins bekannte Saitenspiel
Mit Mut und Anmut einzugreifen,
Nach einem selbgesteckten Ziel
Mit holdem Irren hinzuschweifen,
Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,
Und wir verehren euch darum nicht minder.
Das Alter macht nicht kindisch, wie man spricht,
Es findet uns nur noch als wahre Kinder.
Direktor:
Der Worte sind genug gewechselt,
Lasst mich auch endlich Taten sehn;
Indes ihr Komplimente drechselt,
Kann etwas Nützliches geschehn.
Was hilft es viel von Stimmung reden?
Dem Zaudernden erscheint sie nie.
Gebt ihr euch einmal für Poeten,
So kommandiert die Poesie.
Euch ist bekannt, was wir bedürfen,
Wir wollen stark Getränke schlürfen,
Nun braut mir unverzüglich dran !
Was heute nicht geschieht, ist morgen nicht getan,
Und keinen Tag soll man verpassen,
Das Mögliche soll der Entschluss
Beherzt sogleich beim Schopfe fassen,
Er will es dann nicht fahren lassen,
Und wirket weiter, weil er muss.

Ihr wisst, auf unsern deutschen Bühnen
Probiert ein jeder was er mag;
Drum schonet mir an diesem Tag
Prospekte nicht und nicht Maschinen.
Gebraucht das groß' und kleine Himmelslicht,
Die Sterne dürfet Ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenwänden,
An Tier und Vögeln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Bretterhaus
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt mit bedächt'ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.
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Und wandelt mit bedächt'ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.
Es geht mMn auch von der Erde, durch die Hölle in den Himmel.

Sonst finde ich alles recht wunder- und nachvollziehbar.

Liebe Leser, das Vorspiel auf dem Theater ist jetzt beendet.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Greift nur hinein ins volle Menschenleben !
Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt,
Und wo ihr's packt, da ist's interessant.
In bunten Bildern wenig Klarheit,
Viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit,
So wird der beste Trank gebraut,
Der alle Welt erquickt und auferbaut.
Dann sammelt sich der Jugend schönste Blüte
Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,
Dann sauget jedes zärtliche Gemüte
Aus eurem Werk sich melanchol'sche Nahrung,
Dann wird bald dies bald jenes aufgeregt,
Ein jeder sieht was er im Herzen trägt.
Noch sind sie gleich bereit zu weinen und zu lachen,
Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;
Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen;
Ein Werdender wird immer dankbar sein. [/B][/INDENT]

Ich verstehe das als Anleitung, wie man nach Goethes Auffassung ein gutes Drama schreibt: es soll aus dem Leben gegriffen sein, bunt, verwirrend und mit einem Funken Wahrheit ausgestattet.

Das wird jeden verschieden berühren, und dabei wird sich der Zuseher/Leser selbst erkennen.

Außer, er entwickelt sich sowieso nicht mehr: dann wird man es ihm mit aller Kunst niemals recht machen können. Wer also Goethes Werk nicht dankbar und offen aufnimmt, in dem ist schon alles erstorben.

lg Frankie
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Ich verstehe das als Anleitung, wie man nach Goethes Auffassung ein gutes Drama schreibt: es soll aus dem Leben gegriffen sein, bunt, verwirrend und mit einem Funken Wahrheit ausgestattet.

Das wird jeden verschieden berühren, und dabei wird sich der Zuseher/Leser selbst erkennen.

Außer, er entwickelt sich sowieso nicht mehr: dann wird man es ihm mit aller Kunst niemals recht machen können. Wer also Goethes Werk nicht dankbar und offen aufnimmt, in dem ist schon alles erstorben.

lg Frankie
Stimme ich Dir zu.

Liebe Grüße

Zeili
 
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AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo !

Weiter geht's. Letzter Original-Text war Beitrag Nr. 56.
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Das Mögliche soll der Entschluss
Beherzt sogleich beim Schopfe fassen,
Er will es dann nicht fahren lassen,
Und wirket weiter, weil er muss.


Lieber Zeili,

hier habe ich eine Stelle heraus gegriffen, die ich mir bereits als Jugendlicher angeeignet hatte. Habe dann oft erlebt, daß "das Mögliche", wenn erst einmal angefangen, sich geradezu verselbständigt. - Oder ungefähr so, daß ein erkanntes und gewolltes Ziel auch im Unbewußten weiter wirkt und Handlungen steuert.

Dann habe ich später bemerkt, daß man den Alten aus Weimar keinesfalls zu den "Philosophen" zählt (dem lag ja auch nichts daran), daß aber mit Bezug auf "das Möglichsein" der JWG sich im Aristoteles und bei Nikolaus von Kues und bei Leibniz hinreichend kundig gemacht hat.

Und mir als rundum Unstudiertem sind solche kurze Merkverse nützlich wie anderen (vielleicht) lange Abhandlungen.

Mit Dank für Deine Beiträge und in (wieder mal) Übereinstimmung mit Frankie
guten Morgen!
 
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