Robin schrieb:
Sicher, sie wollen Teilhabe. Aber wollen sie auch Integration? Dass ein Teilhabenwollen am Wohlstand und eine gleichzeitige Ablehnung der Werte kein Widerspruch sind, ist doch nun wirklich oft genug bewiesen worden.
Einge wollen nur den Wohlstand, das ist sicher, die meisten haben aber die Parallelkultur entwickelt, bzw. leben sie mit, nachdem ihnen der Zutritt zu der vorherrschenden Kultur der Franzosen verwehrt wurde.
Das sich Islam und Christentum verinbaren lassen dürfte auch in dieser Weltgeschichte schon bewiesen sein, das sich innerhalb der einzelnen Religionen sogar schon gegeneinander verfeindete Abspaltungen gebildet haben, könnte dies sogar noch bestärken.
Ob sie heute Integration wollen ist fraglich, sie haben eines gelernt: die Franzosen wollen uns nicht.
Das sie zu dieser Gesellschaft, mi ihrem Wohlstand, gehören wollten, das kann man aber nur den wenigsten absprechen.
Jugendliche die unbedingt in eine Clique wollen kaufen sich auch die entsprechenden Kleidungsstücke oder tuen entsprechende Dinge "um dazu zu gehören".
In dem Problem wird von einer falschen Hierarchie ausgegangen: Nämlich auf der einen Seite sei die große Gesellschaft Frankreich, die allein über Inklusion/Exklusion zu entscheiden habe. Und darunter die kleine Gesellschaft der EInwanderer, die sich der Entscheidung, ob sie ausgegrenzt wird oder nicht, ausgeliefert sieht.
Dem ist so.
Integration ist niemals einseitig.
Aber wenn eine Seite nicht hundertprozentig will, dann ist sie auch schon gescheitert.
Du sprichst völlig korrekt von Anerkennung. Ich will noch einmal das Beispiel Asiaten/USA anbringen, nicht wegen einer historischen Vergleichbarkeit, sondern weil man dort sieht, dass Anerkennung und Integration nichts miteinander zu tun haben müssen. Die Asiaten dort haben sich auf ihre ureigensten Stärken besonnen. Sie finden Anerkennung dadurch, dass sie sich selbst helfen, keine Belastung darstellen und werden geschätzt für bestimmte Dienstleistungen und Produkte. Nur ein recht geringer Prozentsatz geht wirklich im american way of life auf.
Für mich bedeutet Integration nicht dass man sich dann so verhält wie es das Gros der Gesellschaft in die man Integriert wurde tut (hier ist übrigens wieder der Punkt auf "Individualisierung"...)
Integration, besonders in einer Gesellschaft die Individualisiert sein will, bedeutet Hauptsächlich anerkannt zu werden, als Teil der Gesellschaft akzeptiert zu werden, nicht als Teil der Gesellschaft der Bankiers oder Handwerker, sondern einer alle Menschengruppen übergreifenden Gesellschaft, deren gemeinsame Punkte nicht überwiegen in der Quantität, aber in der Qualität, eine Gesellschaft in der die Menschen akzeptiert werden wie sie sind, als Person, als Individuum.
In den USA werden die Asiaten aufgrund der Leistungen die sie für die US-Gesellschaft bringen anerkannt und akzeptiert.
Auch in Frankreich werden solche Menschen akzeptiert, man schaue sich die Fußballstars an.
Und dann den Blick bitte auf die Franzosen werfen, auch in ihren Reihen finden wir dann Menschen die nicht voll und ganz akzeptiert werden, z.b. Arbeitslose (das Phänomen können wir bei uns auch erkennen, sie werden aber zumindest derzeit noch nicht so ausgeschlossen wie die Einwanderer)
Vielen der Einwanderer hat man nie die Chance gegeben sich so zu Positionieren, dass sie aus der Masse wieder herausstechen und als Nicht-Franzosen trotzdem anerkannt werden.
Und daher ist man dann als Einwanderer im fremden Land noch konservativer als im Herkunftsland
Ja, die eigene Kultur will um jeden Preis geschützt werden, ist das nicht bei allen so?
Aber es bleibt eine These: Man kann Selbstbewusstsein nur von innen her aufbauen.
Man kann aber von außen her nachhelfen.
Eine Person die ganze Zeit klein zu halten, zu demütigen, ihr zu zeigen, sie ist nichts im Gegensatz zu einem selbst, ein nicht vorhandenes Selbsbewusstsein wird dann erst recht nicht gebildet.
Einer Person aber zu zeigen was in ihr steckt, sie dazu zu bringen selbst zu erkennen wer sie ist, das stärkt das Selbstbewusstsein. Natürlich kommt die Stärkung weiterhin von innen, sie kann aber auch von außen her beeinflusst werden, Positiv wie Negativ.
dextra schrieb:
bei den ausländischen - hier speziell moslemischen, männlichen - jugendlichen sehe ich das genaue gegenteil. diese erfahren in der familie eine erziehung zu stolz und selbstbewusstsein (stolz auf die islamische religion, ihre familie, ihre herkunft, ihre männlichkeit). entsprechend treten sie auch in unserer gesellschaft auf, müssen aber bald erkennen daß diese werte bein uns nichts zählen. daß sie mit diesen werten und grundlagen ihres stolzes in unserer gesellschaft nichts sind. hier zählt: "mein auto, mein haus, mein boot (,meine bildung?)". daß durch diese erfahrungen und die (meist) mißerfolge auf den siegeszug aufzuspringen eine schnell zerstörung des früh erworbenen selbstbewusstseins erfolgt, das ist offensichtlich. wenn hier kein ventil vorhanden ist, dann ist gewalt die folge.
Und daran wird sich diese Gesellschaft aufhängen, ganz ohne das wirkliche zutun z.B. der Muslime.
Die Arbeitslosen, welches Auto können sie vorweisen, welches Haus, welches Geld, welche Statussymbole, welche Erkennungsmerkmale ihrer Selbst in dieser Gesellschaft?
Sie können demnächst immer mehr Bildung und ehemaliges vorweisen, einige können sicher auch eine Menge an Statussymbolen vorweisen, sie bilden aber eine klare Minderheit.
Diese Gesellschaft mit ihrem Materialismus achtet nicht auf die so groß geschriebende Individualisierung die genau solche Prozesse verhindern könnten, in dieser Gesellschaft zählt nur "Mein Haus, mein Auto, mein Boot".
Deinem letzten Satz kann ich nur zögernd zustimmen: gerade das Selbstbewusstsein, gerade der Stolz verhindern doch das man in Gewalt die Lösung sucht: aus Stolz sich damit ein ein materielles Niveau der jenigen gegen die sich der Hass richtet zu lassen, also durch das Hengen des Mörders selbst zum Mörder wird.
Dazu gehört natürlich eine gewisse Ideologie, diese würde ich aber bei entsprechendem Stolz und Selbstbewusstsein als vorhanden ansehen; die Familienfehden mit Ehrverletzungen usw. zeigen für mich einen nicht voll und ganz ausgebildeten Stolz: durch den Stolz sollte man über den dingen stehen, auch weil man sich besser sieht als andere.
Ich glaube ich setze da zusehr eine pazifistische Ideologie vorraus...
Miriam schrieb:
Wir können ja nicht von einer allgemein gültigen Werteskala sprechen. Wenn es eine solche gäbe, dann könnte man auch die These einer westlichen Gesellschaft aufstellen die überlegen der islamischen Welt wäre. Aber es geht doch hier um die Art wie sich diese Kulturen selbst wahrnehmen - und ich wüsste nicht welche Werte, aus der islamischen Perspektive gesehn, (gefällt mir nicht der Ausdruck!), den Westen als überlegen erscheinen liessen. Ich denke eher, dass es diese enorme Diskrepanz ist (ohne einer Wertung), nur als unterschiedlich zu verstehn, die eigentlich ein Miteinander so schwierig macht.
Meines erachtens nach hat die westliche Kultur nur einen entscheidenen Schritt zuerst getan: den weg Richtung Materilaismus als Maß für die Menschen und das was sie sind.
Gewisse Abhängigkeiten, z.B. erstellt durch Kriege und Sklaverei, oder auch nur dem Handel den es immer schon gab, auch zum überleben wichtig war und ist, diese Dinge haben dann dazu geführt das auch die anderen Gesellschaften nachziehen mussten, das materialistische Denken sich durchsetzte, die Kulturen verschommen und wir nun da stehen wo wir heute sind: eine Gesellschaft gespalten zwischen mehreren Lagern, deren Vereinigung der Materialismus ist, in Ablehnung wie auch Anerkennung, die aber zum überleben dringend auch auf die gegnerische Partei angewiesen sind.
Deswegen mag der Westen überlegen scheinen, gemessen an den Gütern die er hat und die Vergangenheit auf die man mit gemischten Gefühlen blicken kann.
Ob er überlegen ist lässt sich nur anhand der von dir angesprochenen Werteskala festlegen: was ist für wen wichtiger?
In einem Artikel über Atolle stand das Zitat eines Königs über eine Vielzahl solcher Inseln:
"Gott schuf die Welt in sechs Tagen und gab all den Völkern was sie brauchten, am siebten Tag aber war er so müde, dass er den Amerikanern nur noch das Materielle geben konnte"
(so oder so ähnlich)
ciao