Salut!
Wäre man guten Willens, könnte man
Kaltblütigkeit auch als 'ruhig Blut bewahren' interpretieren.
Es würde der
... noch immer festgefügten Klassengesellschaft... aber nur sehr schlecht stehen
, wer aber den 'Zustand' der CRS (Bereitschaftspolizei) vor allem seit 2002 kennt, würde es leider zu Recht nicht glauben.
Tosto, dass Schauprozesse nicht stattfinden, beweisen wenigstens im Moment die Aburteilungen im Schnellverfahren, die wohl eine bessere Wirkung versprechen, aber auch das sind in ihrer Art Schauprozesse, wenn man so will.
Dein Beitrag liest sich schön, doch kurzfristig bringen die Massnahmen 'am Herzen' die gewünschte Wirkung nicht. (Nicht böse sein, aber ich weiss es -grins, mir wird oft genug zu viel Pathos und zu grosser Hang zu Sozial-Romantik nachgesagt.) Das alles sind sehr langwierige und oft scheiternde Prozesse wie man doch aktuell sieht.
Eine Umsiedlung ganzer Quartiere oder gar der Trabantenstädte ist m.M.n. auf die Schnelle undurchführbar. Wohin? Der Wohnraum in allen Grossstädten, hauptsächlich aber in Paris ist extrem beschränkt und enorm teuer. Gerade die HARTZ IV geplagten Deutschen werden nachvollziehen können, wie schwierig so was wäre, weil das Geld dafür fehlt. Dazu kommt, dass eine Zwangsumsiedlung gar nicht möglich wäre. Es würde schon ein Umdenken genügen, dass nicht eine gute Adresse auch einen guten Arbeiter garantiert! Da müsste der Staat als Vorbild-Arbeitgeber fungieren, tut er aber nicht oder nur unwesentlich. Schon das allein wäre auch im Sinne vieler Banlieues-Bewohner, die gar nicht raus wollen -oder mir der Zeit in der Lage wären, selbst rauszukommen- wie auch die Rückkehr der Polizeibeamten, die sich dort auskennen und weniger nervös, weniger kaltblütig reagieren. Sinnvolle Hilfe zur Selbsthilfe.
Das Wesentliche an Deiner Aussage ist m.E.
...die Kinder der Ausschliessenden dürfen nicht das machen, was ihre Eltern...tun: ausschliessen'. Es ist im Prinzip exakt dasselbe, was auch Céline -mit anderen Stilmitteln- Baerliner deutlich machen wollte. Es heisst, nochmals anders gesagt:
Die Generation, die zwischen dem 09.11.1989 und 11.09.2001 erwachsen wurde, bemüht sich um ein anderes 'Sehen' und 'Denken', um ein Aufweichen und Aufbrechen der z.T. immer noch bestehenden Strukturen; mit welchem Erfolg das bei manchem Vertreter der älteren Generationen ankommt, kann man auch hier nachlesen, brauche ich gar nicht zu illustrieren.
Als ich schrieb 'wir alle haben Schuld', meinte ich alle lebenden Generationen und das nicht nur in Frankreich, wie man sich vielleicht denken kann. Bevor man uns Franzosen/
"La Grande Nation", die Au-pairs
wie den letzten Dreck behandelt und
Mitgliedern tieferer Gesellschaftsschichten keine Chance zum Aufstieg bietet 'hängt', sollte sich evtl. jeder fragen, wieviele Freunde türkischer, afrikanischer, albanischer etc. Herkunft er hat, die bei ihm ein- und ausgehen dürfen, wievielen Rechtsradikalen er schon die Hand bot, ins Herz geschlossen, nicht ausgeschlossen...
Und so gesehen, beleidigt es mich, kränkt es mich, muss ich bekennen, wenn hier so beinahe selbstgefällig eine Schicht der franz. Gesellschaft abgeurteilt wird, die es in jedem Land gibt, und die in ihren Teilen und den entsprechenden Altersklassen ähnlich oder gleich denkt wie diejenige des Nachbarlandes. Eindeutige Aussagen kann jeder auch hier im Forum nachlesen.
'Themawechsel' -grins
Gangsta's Paradise mit Coolio ist ein netter Song, aber Sozial-Romantik funktioniert so schnell und zuverlässig nur in Filmen wie
Dangerous Mindsoder auch
The Principal. Dort läuft die 'Story mit der Belohnung', wäre jedoch reichlich naiv zu glauben, in Grossem und Realem geht's genauso einfach. Es ist ein harter Stück Arbeit, den Jugendlichen beizubringen, dass die Zukunft nur über Bildung/Ausbildung funktioniert, behaupte ich vom Hörensagen, scheitert leider öfters als dass gelingt.
Als ich schrieb, 'wir alle haben Schuld', war das unüberlegt. Mitverantwortung heisst das Wort, das ich hätte verwenden müssen. Die Frage der Schuld wird niemals gelöst werden. Die Spannungsfelder zwischen Familien, Jugendlichen, Eltern, Grosseltern, Institutionen...Gesellschaft interagieren. Man kann immer nur von Teilschuld der einzelnen Spannungsfelder reden und muss auch die Mit-Selbstverschuldung ansprechen dürfen.
Selbst die Gefahren der Sozial-Romantik müssen wir antizipieren und versuchen einen Mittelweg finden. Dieser Balanceakt zwischen Nähe und Distanz, z.B.
Wissensvermittlung - Distanz
Arbeitsverhältnis - Distanz
Behörden - Distanz
Achtung/Anerkennung - Nähe
Bewunderung/Freundschaft/Liebe - Nähe
ist m.E. das Schwierigste an der Sache, birgt ebenfalls Konfliktpotenzial und Problemkonstellationen, weil eine objektive Beurteilungsposition erschwert wird. Bei Erziehung zur Selbstverwirklichung - Pardon! ein ungeliebtes Wort-, Konfliktfähigkeit etc. muss man das Scheitern immer mit-einplanen. Je extremer die Methoden und Mittel der Erziehung, desto mehr gleichen sie wieder der Manipulation und Indoktrination. Die Dichotomie an sich ist unsinnig, lässt sich nicht durch Entweder-Oder auflösen, deshalb rede ich von einem Balanceakt... zu
Sowohl-Als-Auch, falls mir jemand folgen kann/will, in dem, was ich hier ungelenkt zu formulieren versuche.
Wenn wir hier wirklich über die Integration generell, qualifiziert reden wollen, muss ich eingestehen, dass ich überfordert bin. Das Thema ist so vielschichtig, da braucht es Experten aus den verschiedensten Fachrichtungen.
Auf der einen Seite steht das Individuum, dem wir evtl. mit dem 'Herzen' begegnen, auf der anderen Seite steht die Familie und die Gruppe/Clique/Bande mit denen das Individuum interagiert, dazu kommen (wahllos, wie es mir eben in den Sinn kommt): Institutionen, Normen und Ziele - in der pluralistischen Gesellschaft auch ihr Verlust, Verantwortung, soziale Verantwortung, Autorität, Manipulation, Praktiken und auch ihre Legitimation, Lernprozesse, Möglichkeiten und Grenzen, Aspekte der Sozialisation, schichtenspezifische Sozialisationsproblematik, Identitätsfindung und Identitätskrisen, Situation in der Familie und diejenige der Wirtschaft, der Gesellschaft sowie die Situation der Familie in dieser Gesellschaft, Traditionalismus, anti-/autoritäre Erziehung, Reflexion, Selbstreflexion, Betroffenheit, Tradition, Religion, Respektpersonen, Vertrauenspersonen, Disziplin, Leistung, Ehre, Reife, Persönlichkeit, individuelle Fähigkeiten, Lebensphilosophie... Schuldfrage.
Pardon!, das Resümee nahm ich vorweg: mein Wissen und Können ist durch die Gesamtproblematik überfordert, ich muss mich auf die kleine gelebte Realität beschränken.