Bei uns haben die Protagonisten etwas mehr Sensibilität. Dass es auf der niedrigen Ebene auch hier läuft, sah ich einst bei einem befreundetem Pizza-Betreiber. War ihm tatsächlich beim Streichen einer Hauswand die Leiter weggerutscht, beide Unterarme gebrochen. Hat sich meine Frau damals totgelacht, als ich ihr das so erzählte ... , immerhin kümmerte sich die Berufsgenossenschaft für die Wiederherstellung. Später waren es wohl die Hells Angels, da war ich aber schon kein Kunde mehr dort. Freue mich aber, dass unsere Organe das Treiben solcher Organisationen zu verhindern versuchen, wir zahlen schon genug offizielle Abgaben. In geschäftlichen Strukturen wie der Prostitution, dem Drogenhandel und gewissen Ebenen der Gastronomie läuft es beobachtbar nach wie vor. Bei uns sind "nützliche Aufwendungen" mittlerweile strafwürdig, ein Fehler meines Erachtens, schließlich waren sie nach allgemeinem Verständnis nicht kriminell. Weil der "gerechte Anteil" einen gewissen evolutionären Effekt hat. Nur die Zukurzgekommenen, die Neider und Verlierer des Systems opponierten dagegen, tumb in Kauf nehmend, dass unser Land bei vielen großen außenwirtschaftlichen Geschäften den kürzeren zogen (Trotz des anerkannt besseren Produkts, wurde in Kanada seinerzeit der TGV statt des ICE´s eingeführt) Blöd wie wir sind, prangern wir bei der einen oder anderen Aufdeckung solcher nützlicher Entscheidungshilfen, uns selbst an. Allerdings nicht mit mafiösem Handeln vergleichbar. Hier dient es der Volkswirtschaft, dort nur einer machtvollen Subkultur. Zeigt uns, dass unser Demokratieverständnis nicht überall in Europa goutiert wird. Bei uns wird Steueraufkommen verschwendet ohne das verantwortliche Entscheider, z. B. im Beamtentum, zur Verantwortung gezogen werden. Dort (den geduldeten Betrug (Entzug) von EU-Geldern durch dreiste Angehörige osteuropäischer Nomenklatura ihren Familienunternehmen lassen werden wir mal außen vor) werden öffentliche Gelder und Subventionen im Schulterschluss bedürftiger Provinzpolitiker mit befreundeten Mafiosi (allgemein) vorwiegend in Scheingeschäften privatisiert und in kriminellen Unternehmungen reinvestiert. Hier sagten früher auch Wirtschaftswissenschaftler, dass schwarz verdientes Geld den Wirtschaftskreislauf ankurble. Ob die Gewinne der `Ndrangheta dem italienischen Bruttosozialprodukt zugute kommen, wage ich zu bezweifeln. Doch ob ein Kampf gegen "die Mafia" sinnhaft ist bezweifle ich. Ketzerische Frage: Ist dieser Kampf um zweckentfremdetes Geld es wert, das dafür Menschen ihr Leben opfern? Ist es nicht so, dass bei uns verschwendetes Geld, ebenso wenig im jährlichen Haushalt fehlend wie in Italien oder sonst wo, niemandem fehlt? Die eine oder andere Ruine wird vielleicht etwas später restauriert, doch auch bei uns würden noch vorhandene 500 Mio Euro, von Scheuer verschwendet, keine marode Autobahnbrücke früher fertig renoviert werden lassen. Welchem Ideal unterwerfen sich also jene bewundernswerten Kämpfer gegen die Mafia? Sollten diese Fahnder nicht lieber solche jagen, die legal den Tod vieler in Kauf nehmen. Unternehmen wie Benetton sollten im Fadenkreuz der Fahnder stehen, die aus Gier 43 Menschen in Genua, beim Einsturz einer schlecht gewarteten Autobahnbrücke, von selbiger stürzen ließen? Gerechtigkeit ist nun mal ambivalent. Das Böse misst sich am Guten, und schafften wir es alles Böse zu beseitigen, woran wollten wir dann unser Gut sein messen? Spätestens dann nämlich, wäre das Stehlen eines Apfels ein todeswürdiges Verbrechen. Wie verschoben und tendenziell unser Rechtssystem manchmal handelt, sehen wir daran, dass noch immer Menschen für das "Schwarzfahren" in´s Gefängnis müssen.