Und hier noch ein seltsames Erlebnis auf dem Weg nach Notre Dame:
Als ich den breiten Boulevard in Richtung Seine-Ufer ging, hörte ich schon von weitem ein wahnsinnig lautes aggressives Brüllen und Schreien. Aus der Ferne konnte ich sehen, wie da jemand wie verrückt herumsprang.
Beim Näherkommen sah ich diese Szene: Auf einer kleinen Verkehrsinsel in der Mitte des breiten Boulevard tobe ein Afrikaner - jedenfalls ein Schwarzer - wild herum. Wie wahnsinnig schrie er in die Gegend und drohte mit seinen geballten Fäusten in alle Richtungen.
Dabei blieb er aber immer auf dieser kleinen Verkehrs-Insel, so als könnte er sie nicht verlassen und sei dort quasi eingesperrt. Wie der Panther im Gedicht von Rainer Maria Rilke.
Was das Ganze noch besonders unheimlich machte: Der Mann war offenbar kein heruntergekommener Stadtstreicher. Er trug einen makellosen Anzug mit Krawatte. Er sah aus wie ein wohlhabender Firmen-Chef oder Politiker.
Unheimlich war auch das: Keiner der Passanten nahm Notiz von dieser Szene. Niemand kümmerte sich um ihn. Als ich dort vorbeikam und auch nur aus den Augenwinkeln so verstohlen genauer hinschauen wollte, fing ich seinen Blick ein - einen wut-entbrannten Blick. Schnell schaute ich weg. Es war ein großer kräftiger Mann und offenbar wahnsinnig vor Wut.
Hätte er die Verkehr-Insel verlassen und wäre auch mich losgestürmt, hätte das bööööse enden können.
Ich ging weiter, in der Hoffnung, dass sich Polizei oder Ärzte um ihn kümmern würden.
Nie werde ich wohl erfahren, was da denn los war.
Es war eine rätselhafte Szene, wie aus einem Drama von Harold Pinter.