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Der Welthunger und der erforderliche Aufstand des weltweiten Gewissens

schöner thread,
hatte ich übersehen

hm
patenschaft
jedes industrieland übernimmt die patenschaft für ein hungerndes land
und sorgt dafür,
daß dort eine ausreichende versorgung (MEDIZIN; SCHULE; ESSEN; KULTUR) besteht
und daß es zu keinem bürgerkrieg kommt

es fehlt auf unserem zeitweise schönen Planeten

nicht an Bodenschätzen und fruchtbarem Boden,

nicht an technischem know-how zu dessen Nutzung,

nicht an wirtschaftlichem know-how,
es fehlt an der richtigen Politik, die wiederum auf der richtigen Moral basiert.

und diese politik kostet keineswegs sowiel geld
wie louiz30 befürchtet

Doch „Verteilung“ nützt dann nichts, wenn am Schluss manche arbeiten und andere auf die Verteilung angewiesen sind. Die Lösung kann nur darin liegen, dass alle Länder einen vergleichbaren Beitrag zur Weltgemeinschaft liefern und sich da als vollwertiges Mitglied etablieren. Damit werden sie auch die nötigen Mittel bekommen.

und unterordnen (NEOLIBERALISMUS) muss sich auch niemand
 
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Lieber Zeili!
Es fehlt auf unserem zeitweise schönen Planeten …
Wenn nicht switch und scilla diesen thread wieder hochgezogen hätten, hätte ich diesen Deinen Beitrag glatt übersehen, wäre absolut schade gewesen, zumindest für mich!.

Dein Beitrag erinnert mich an die alttestamentarische (auch rabbinische) Lehre von den 10 Stufen des „Gerechten“ Menschen:
Auf der ersten, der obersten Stufe ist jener Mensch, der einem Bedürftigen, ohne dass er letzteren kennt und ohne dass der Bedürftige ihn kennt, Arbeit gibt, damit er sein Leben in Würde durch seine Arbeit gestalten kann. Das ist die höchste Stufe des Gerechten, weil einzig diese die volle menschliche Würde des Bedürftigen in ihrem ganzen Umfang achtet.

Auf der untersten Stufe der Gerechten vor Gott ist jener Mensch, der den knienden Dank des Bedürftigen für ein Almosen entgegen nimmt. Er missachtet die menschliche Würde des Bedürftigen nahm „seinen Lohn“ bereits entgegen und hinterlässt nichts Gutes mehr.

Auch Jehoshua (Jesus) spricht das in ähnlicher Form an: „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert“, oder auch das Gleichnis mit der Witwe, die ihr Letztes in den Opferstock (anonym) gibt oder die frühen „Säulenheiligen“, die ihrem „Almosengeber“ nicht dankten sondern sie beschimpften, mit dem Argument, dass sie mit ihrem Dank auch bereits ihren Lohn erhalten hätten und somit ihres „Verdienstes“ verlustig gegangen wären.

Zum Unterschied vom christlich katholischen Arbeitgeber meines Großvaters (Zwischenkriegszeit), der sich mit Handkuss (echt!!!) für jeden Lohn, den er ihm auszahlte, auch noch bedanken ließ.

So mancher Arbeitnehmer, besonders so manche Arbeitnehmerin in den Entwicklungsländern wäre bereits selig, dürften sie ihren Lohn mit nur einem zusätzlichen Handkuss bedankend entgegennehmen!

Liebe Grüße, diethelm
 
Zeilinger schrieb:
Hallo louiz30 !
Deswegen schrieb ich: "Güter und Arbeit soll (weltweit) richtig aufgeteilt werden. Gesunde Menschen, die keine Arbeit bekommen, sind genauso frustriert wie kranke, denen man nichts zu essen geben will. Wir haben - auch in den Industrieländern - noch die Situation, dass manche (meist hochqualifizierte) Menschen 70 Stunden und mehr pro Woche arbeiten, während andere zu Hause Daumen drehen. Manche dieser Vielarbeiter sind dann im Alter von 45, 50 Jahren ausgebrannt und brauchen pro Jahr 3 Monate Kuraufenthalt - und das bei leeren Pensionskassen. Mir ist es auch unverständlich, dass Menschen (auch Kinder) verhungern, während 5 % Superreiche darüber nachdenken, ob sie mit dem einmotorigen oder zweimotorigen Flugzeug nach Nizza einen Kaffee trinken fliegen.
Du hast absolut Recht!

Das Verteilungsverhältnis ergibt sich leider nicht durch ein „Leistungsverhältnis“ sondern durch ein „Machtverhältnis“, und zwar in jedem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis, nicht nur über supernationale Wirtschaftsgrenzen hinweg.

Die Frage ist, wie wir, Christen, Nichtchristen, Atheisten oder Agnostiker, diese Machtverhältnisse lösen könnten, oder vielmehr, - es auch wollten.

Liebe Grüße, diethelm
 
Toll, dass du dieses wichtige Thema anschneidest, Miriam, danke!

Ich denke, es wäre viel gewonnen, wenn fair und vernünftig gewirtschaftet würde und wenn der Profit nicht das Maß aller Dinge wäre.

Wenn wir aber darauf warten, bis die Reichen und Mächtigen etwas ändern, können wir lange warten, denn die haben tatsächlich kein Interesse daran etwas zu verändern.

Wenn Veränderungen also nicht von oben kommen werden, müssen sie eben von unten kommen.

Was fürchten die Reichen und Mächtigen am meisten? Dass sie ihre Macht und ihren Reichtum verlieren.
Wer ermöglicht es ihnen, reich und mächtig zu sein? Wir, in unserer Rolle als Konsumenten und Wähler.
In der Rolle des Konsumenten haben wir sehr viel Macht, was uns leider oft nicht bewusst ist. Unsere Kaufentscheidung beeinflusst, was wo wie produziert wird und beeinflusst, wie krank oder gesund wir sind, und wie lebenswert unsere Umwelt ist. Das setzt aber den informierten, mündigen Konsumenten voraus, für den nicht der niedrigste Preis das einzige Entscheidungskriterium ist.
In der Rolle des Wählers können wir Weichenstellungen ermöglichen und so manches von der Politik einfordern. Das setzt aber den informierten, mündigen Bürger voraus.

Wenn wir uns abspeisen lassen mit den Almosen des Überflusses (der einen Mangel in sich birgt), der Beschönigung und der Ablenkung, haben die Reichen und Mächtigen ein leichtes Spiel.

Ich denke, der erste Schritt in die richtige Richtung ist, Informationen weiterzugeben, Zusammenhänge aufzuzeigen und ein Problembewusstsein zu schaffen. Und: Mit der Veränderung bei sich selbst anzufangen.

Liebe Grüße
Jane
 
Liebe Jane,

schön dich hier zu lesen - und auch herzlichen Dank all denen, die dieses wichtige Thema wieder aufgegriffen haben.

Nach den schönen Beitrag von Diethelm über die 10 Stufen des „Gerechten“ Menschen, nach deinen Beitrag Jane, der auch den Glauben an die Vernunft und an das Gute im Menschen noch beinhaltet, fällt es mir etwas schwer zu schreiben. Denn wir brauchen sie ja, die schönen Gleichnisse oder Parabelln, und auch einen gewissen Glauben an einem Menschen der auch ausserhalb des Eigennutzes denkt oder handelt.

Doch wir brauchen auch ernüchternde Tatsachen - und eben Jean Ziegler hält uns diese vor den Augen.
Auch ich werde in diesem Beitrag eher versuchen Misstände aufzuzeigen, Missstände die, so denke ich, mit dem Überschreiten von Grenzen (im weitestem Sinne) zu tun haben - und leider auch die Habgier in den Vordergrund rücken, anders ausgedrückt, das westlich- oder eurozentristisch orientierte ökonomische Denken unserer Zeit.
Ich befürchte, dass Gewinnmaximierung und Eigennutzt da kein Raum für eine gewisse kulturelle Ethik übrig lassen, trotz so vieler warnender Stimmen, dass dies nur zu einem Kollaps führen kann. Alles deutet darauf hin, dass sich ökonomische Interessen an ein ethisches Handeln trotzdem stören würden.

Eines der Güter dieser Welt die für alle verfügbar sein muss, vergleichbar mit der Nahrung, ist der Sauerstoff den wir zum Leben benötigen. Und dieser Sauerstoff wird zum großen Teil durch den Regenwald produziert, wir wissen ja, dass dieser eine Art grüne Lunge des Planeten ist. Und auch eine große Vielfalt der Fauna und der Flora sind da vorhanden - uns ist ebenfalls bekannt, dass die Störung dieses ökologische Systems, bzw. sein Kippen, eigentlich eine Bedrohung für uns alle bedeutet.

Trotzdem findet nirgends auf der Welt eine solche Plünderung statt wie im Regenwald - und hier hilft die Vernunft oder die Einsicht, dass die Zerstörung letztendlich auch die Plünderer betreffen könnte, anscheinend nicht. Ganz zu schweigen von der Ethik, die hier ganz sicher keine Rolle mehr spielt.

Dabei ist die Kommunikation und die Information in diesem Zeitalter so gut und so verbreitet wie nie zuvor. Doch es erweist sich, dass die moderne Wirtschaftpolitik und Ökonomie, die eigentlich auch eine ethische und kulturelle Herausforderung kennen sollten, weit davon entfernt sind.
Zwischen den Interessen der Politik und die der globalisierte Wirtschaft, scheint sich niemand als zuständig zu erachten für die Ressourchen dieses Planeten, die ein Allgemeingut sind, ob es nun die Nahrung, das Wasser oder auch der Sauerstoff ist.
Ihre Verfügbarkeit, eben als Allgemeingut, müssten garantiert sein, denn sie entsprechen unseren Grundbedürfnissen.

Liebe Grüße

Miriam
 
Miriam schrieb:
Zwischen den Interessen der Politik und die der globalisierte Wirtschaft, scheint sich niemand als zuständig zu erachten für die Ressourchen dieses Planeten, die ein Allgemeingut sind, ob es nun die Nahrung, das Wasser oder auch der Sauerstoff ist.
Ihre Verfügbarkeit, eben als Allgemeingut, müssten garantiert sein, denn sie entsprechen unseren Grundbedürfnissen.

Natürlich fühlt sich niemand zuständig. Wer sollte denn Zuständigkeit erteilen?

In dem Interview wird gesagt, dass Moralisieren nichts nützt. Alle Ansätze, die dann kommen, laufen dann aber doch wieder auf moralische Appelle hinaus oder Forderungen, die Willen zur Moral implizieren.
Scheinbar sind die, die sich dafür zuständig erklären (nämlich die, die gute Seite der Moral für sich in Anspruch nehmen...!) unfähig, sich aus dem Moralkarussell auszuklinken; vielleicht haben sie keine Alternativen zu ihrem moralischen Code. Hilflosigkeit?
Dass sie auch ökonomisch sowohl von den Missständen als auch von ihren Moralprodukten (Bücher, Sendungen usw.) profitieren, würde ihnen ja niemand unterstellen, oder ...?
 
Robin schrieb:
.
Scheinbar sind die, die sich dafür zuständig erklären (nämlich die, die gute Seite der Moral für sich in Anspruch nehmen...!) unfähig, sich aus dem Moralkarussell auszuklinken; vielleicht haben sie keine Alternativen zu ihrem moralischen Code. Hilflosigkeit?

das ist eines der vielen dilemmas (nicht nur) unserer zeit.

"manchmal muß man zum feind werden um ein freund zu bleiben" - weiß leider nicht mehr von wem dieser satz stammt -

muß nicht manchmal eine facette der "moral" (was auch immer das ist) beiseite gelegt werden um einer "höheren moral" zu dienen ( im sinne eines präzisionsschützen der polizei bei einer geiselnahme, oder der arzt der eine triage durchzuführen hat)? auf demokratischem weg wird sich wohl keine lösung finden da niemand bereit ist sich von seinen pfründen zu trennen.
der daraus folgende schluß gefällt mir nicht wirklich ...


nichtgutesahnenderweise
dex
 
Robin schrieb:
Dass sie auch ökonomisch sowohl von den Missständen als auch von ihren Moralprodukten (Bücher, Sendungen usw.) profitieren, würde ihnen ja niemand unterstellen, oder ...?

Entschuldige Robin, dass ich erst mit dem Ende deines Beitrages anfange. Aber ich denke nicht, dass diejenigen die uns Bücher, Filme, Interviews, etc... liefern um uns über den Zustand dieser Welt zu informieren, auf ihr Honorar verzichten müssten um glaubhaft zu werden. Und eines ist sicher: um Bücher wie die von Jean Ziegler zu schreiben, um Filme wie "We Feed The World" von Erwin Wagenhofer zu drehen (Diethelm hatte dankenswerter Weise auf diesen Film hingewiesen) - muss man enorme Mühen im Kauf nehmen - es gibt sicherlich bequemere Jobs.

Robin schrieb:
In dem Interview wird gesagt, dass Moralisieren nichts nützt.

Den Satz:
Zitat: Wenn die Moral offensichtlich nicht hilft, denn wir alle wissen wie es ist, Sie haben es erklärt und auch andere haben es getan, wenn moralische Appelle nicht helfen, was hilft denn dann? Sind es am Ende nur die Bilanzen, also das man sagt: „Leute, wenn Ihr so weitermacht, dann wird es sehr teuer für Euch". Ist das das einzige was noch hilft?

Diesen Satz sagt Gert Scobel, der Interviewer - aber ich denke, das tut nicht zur Sache. Ich verstehe alle durch Jean Ziegler genannten Zahlen, alle Bilder (zum Teil fürchterliche!) mit denen uns Erwin Wagenhofer konfrontiert, auch als einen Appell an unsere Moral. Dass diejenigen die die Missstände eigentlich verursachen nicht von solchen Argumenten erschüttert werden, das kann ich mir gut vorstellen.

Und nun an dich die Frage? Wie würde eine Lösung nach dir aussehen?
Ich kann dir nämlich keine nennen, aber möchte diese Wahrheiten kennen - und sie auch, im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten, weitergeben.

So verwundert es nicht, dass auch du dextra hier eher zögerlich bleibst.
Nichtmehr mit dir einverstanden bin ich bei Sätze wie:

dextra schrieb:
muß nicht manchmal eine facette der "moral" (was auch immer das ist) beiseite gelegt werden um einer "höheren moral" zu dienen ( im sinne eines präzisionsschützen der polizei bei einer geiselnahme, oder der arzt der eine triage durchzuführen hat)? auf demokratischem weg wird sich wohl keine lösung finden

Na, der Präzisionsschütze als Garant der Moral? Oder die Triage eines Arztes? Was hat das mit dem großen Problem des Welthungers zu tun?
Ich hoffe doch: nichts!

Grüße von Miriam
 
Miriam schrieb:
Und nun an dich die Frage? Wie würde eine Lösung nach dir aussehen?
Ich kann dir nämlich keine nennen, aber möchte diese Wahrheiten kennen - und sie auch, im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten, weitergeben.

Hallo Miriam,

ich kann natürlich keine Lösung anbieten und Wahrheiten schon gar nicht.
Ich wollte vielleicht ein wenig provozieren, weil ich mich ein paar Dinge an dem thread störten.
Aber wäre ein solches Gestörtsein nicht schon wieder unmoralisch angesichts des Ausmaßes an Tod und Elend?

Was mich stört, ist eine Formulierung wie:

Das heißt, dass ein Kind welches vor Hunger stirbt, heute, jetzt, in diesem Moment wo wir reden. ermordet wird.

Solche Formulierungen finde ich fragwürdig. Sie ist nicht nur unhaltbar, ich finde sie auch moralisch fragwürdig. Man darf nicht alles über dieselbe moralische Empörtheitsschiene fahren und komplexe Probleme, auch wenn sie massenhaften Tod bedeuten, mit Mord gleichsetzen. Die Formulierung suggeriert eine bewusste, verabscheuungswürdige tat aus niederen Motiven. Diese gibt es aber nicht, weil es nicht "den Täter" oder "die Motive" gibt.

Das zweite, was mich störte, war das angesprochene weltweite Gewissen im Threadtitel.
Der Appell geht ans Moralische, kein Zweifel. Was aber ist ein weltweites Gewissen?
Man muss sich klar sein, wie unwahrscheinlich es für ein Individuum ist, Geschehnisse als belastend für sein Gewissen zu betrachten, die tausende von Kilometern vonstatten gehen und von denen er lediglich über die Massenmedien in deutlich selektierten Bildern und Informationen erfährt. Das Gewissen belastet einen, wenn er Unrecht begangen hat - aber was habe ich denn gemacht?
Ich sage das nicht aus Haarspalterei, oder um mich zu mokieren, sondern weil ich auf etwas hinaus will:
Wie kann man um Himmels Willen überrascht oder gar empört darüber sein, dass moralische Appelle nichts nützen? Wie kann man denn, wenn man ein bisschen etwas über Psychologie weiß, annehmen wollen, das schlechte Gewissen müsse stärker sein und würde zu entscheidenden Handlungen motivieren?
Gewissen ist etwas perönliches. Da es kein allgemeines Gewissen geben kann, muss dies organisiert werden. Man muss sozusagen Gewissensorganisationen gründen.
Man könnte sie auch sarkastisch "Organisationen zum Melken von massenmedial erzeugtem schlechtem Gewissen nennen".
Und können diese Organisationen moralischer sein als andere Organisationen? Können sie das Gute allein für sich pachten und den schwarzen Peter weiterhin den Mächtigen und Manipulatoren überlassen?
Nach dem Einblick, den ich in solche Organisationen habe, scheint mir das nicht so zu sein. Diese Organisationen müssen erfolgreich mit dem Gut "Moral" handeln. Und um das zu tun - müssen sie auch unmoralisches Handeln in ihren Reihen in Kauf nehmen. Sie müssen Korruption, Eigeninteresse, Manipulation mehr oder weniger bewusst hinnehmen- und können doch mehr oder weniger darauf vertrauen, dass dies vom guten Zweck, den sie verfolgen überdeckt wird, sich Kritik also in Grenzen hält.

Was mich auch noch gestört hat, war der Ausdruck "Mission" ganz am Ende des Interviews. Das erinnert doch allzu sehr daran, wie alles anfing und wie es weiterging. Erst kamen die Missionare, sie hatte die göttliche Moral auf ihrer Seite. Dann kamen die Entwicklungshelfer, auch sie mit der Moral auf ihrer Seite. Als die Entwicklungshilfe zum Großteil scheiterte, benannte man sie um - in Entwicklungszusammenarbeit. Es blieben die moralischen Appelle und das schlechte Gewissen - der anderen, wohlgemerkt.

Das ganze läuft darauf hinaus, dass in der Diskussion von sehr eigenartigen Prämissen ausgegangen wird:
Die "Bosheit", die schlechte Seite der Moral, liegt selbstverständlich bei den 500 übernationalen Konzernen, die das Bruttoweltprodukt "kontrollieren".
Das Gute liegt bei den selbstlosen Helfern - die leider gerne übersehen, dass ihre Methoden über Jahrzehnte untauglich waren, aber dazu dienten, eine gute eingespielte Gewissensindustrie aufzubauen, die zwar nicht große Profite ablieferte, aber selbstlosen wohlhabenden Nachwuchs als Selbstfindungsspielwiese diente.
Und die historische Bringschuld liegt selbstverständlich nur im reichen Norden - denn es gab wohl einen historischen Sündenfall, und man ist selbstverständlich auch für all die korrupten afrikanischen Herrscher verantwortlich, und auch dafür, dass die sozialen Strukturen auf dem schwarzen Kontinent ein wenig anders sind, als im Norden.

Ich überspitze jetzt ein wenig, aber irgendwie sieht das Ganze mehr nach einer Religion aus, statt nach eine Methode der Weltrettung, viele Aktivisten ähneln mehr Priestern, sie predigen Wasser, trinken Wein und schicken weiter Praktikanten für wenig Geld nach Afrika...

Freien Markt muss es natürlich geben, Banken braucht es, denn das sind wirtschaftliche Instrumente, aber die müssen einer demokratisch formulierten Normativität unterworfen werden, den Menschenrechtsgedanken, dem Solidaritätsgedanken, dem Gedanken der sozialen Gerechtigkeit innerhalb der Länder und zwischen den Völkern.
Das fehlt heute, es herrscht der Djungelkapitalismus, der Raubtierkapitalismus, die reine Willkür der Kosmokraten, der Konzernherren. Hier braucht es einen Aufstand des Gewissens.

Da kann ich nur staunen. Das autonome Wirtschaftssystem soll sich einer demokratisch formulierten Normativität unterwerfen? Wie soll das gehen? Jürgen Habermas entwirft eine Normativität, wir stimmen darüber ab, die Wirtschaftsbosse sagen: "Ja o.k." ? Werden das diese Raubtiere denn mit sich tun lassen?

Ich will mir nicht den Preis für den Oberzyniker abholen, daher:
Es kann sein, dass manche der vorgeschlagenen Maßnahmen richtig sind, was denn Abbau von Wirtschaftsschranken und die Streichung von Schulden.
Aber dann?
Ich glaube, der Weg kann nur durch eine Stärkung der betroffenen Länder von innen kommen. Ich glaube mittlerweile, dass wir es ihnen selbst überlassen müssen; nur gesellschaftsstrukturelle Veränderungen, die von innen kommen, haben Aussicht auf Stabilität.
Vielleicht nur ein Weg, mein Gewissen "zu beruhigen"?

Ich glaube nicht, dass wir weiterkommen, wenn wir Moral und Gewissen so einseitig zuweisen. Ein Konzernchef ist kein Raubtier, viele dieser Menschen tun Gutes. Und die Aktivisten sollten sich nicht so schamlos als die Auserwählten der Moral gerieren.
Das Problem liegt in der Komplexität der Probleme an sich. Es gibt schädliche Strukturen, doch kein Mensch kann "guten Gewissens" behaupten, wenn man dies oder jenes verändere, käme am Ende mit Sicherheit eine Verbesserung zustande. Ist sein Wissen sicher genug, um sein Gewissen zu stärken? Hat man nicht schon so viele Beispiel misslungener Steuerung von außen gesehen?
 
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Na wunderbar, Robin, es ist 23:22 - und ich wollte gerade schlafen gehn!
Ich werde trotzdem versuchen über manches was du hier schreibst laut nachzudenken, denn die ganze komplexe Thematik würde mich sowiese nicht schlafen lassen.

Nein, du provozierst nicht, mich nicht, denn ich bin schon dafür, dass man alles hinterfragen soll, überhaupt bei einem solchen Thema. Und was du hier Provokation nennst, ist eigentlich nur das Aufzeigen der Schwere des Themas Hunger, nein eher die Schwierigkeit darauf die Antwort zu geben.

Du störst dich an der Aussage von Jean Ziegler

Das heißt, dass ein Kind welches vor Hunger stirbt, heute, jetzt, in diesem Moment wo wir reden. ermordet wird.

Erstens finde ich, dass das der Wahrheit entspricht, in Anbetracht der Zahlen die wir kennen:
...dass die Weltlandwirtschaft so wie sie heute ist, ohne Probleme 12 Milliarden Menschen, das bedeutet praktisch das Doppelte der heutigen Weltbevölkerung, ernähren könnte.

Aber vergiss auch dabei ein Detail nicht, da wir sowieso in der letzten Zeit so viel über Sprache, über Worte diskutieren: Jean Ziegler, auch wenn er so gut deutsch spricht, kommt aus dem französischen Raum - und ich kann mich gut identifizieren mit dieser etwas gefühlsbetonten Ausdrucksweise.

Wie kann man denn ein massenhaftes Sterben nennen, welches verursacht wird durch die verkehrte Verteilung die in der Welt herrscht und doch nicht einfach als Fatalität betrachtet werden kann? Mehr oder weniger bewusst ist dies den meissten von uns und auch vielen derer die an der Spitze der 500 weltweit mächtigsten Konzernen sitzen. Es ist ein Morden, in dem der Mörder anonymisiert ist, es kann sicher keine Anklage gegen Herrn sowieso erhoben werden, doch auch ohne der Möglichkeit den Mörder zu personifizieren, bleibt es für mich Mord. (Ich denke, dass ich sogar sagen darf: "Herr Ziegler ist auch meiner Meinung").

Robin schrieb:
Das zweite, was mich störte, war das angesprochene weltweite Gewissen im Threadtitel.

Wenn ich mich richtig entsinne, kommt dieser Ausdruck von mir - also lass da Jean Ziegler aus dem Spiel.
Ja, ist das Fehlen eines solchen Gewissens nicht zu beklagen? Weit von mir der Versuch behaupten zu wollen, dass ich so etwas wie ein Fünkchen davon besitzen würde. Aber als ich das Interview vom Videostream Stück für Stück ins Schriftliche übertragen habe, fand ich eben, dass wir so etwas wie ein Gewissen die die Welt betrifft überhaupt nicht besitzen.
Und sehr einleuchtend schienen mir die Worte Kants, dass "die Unmenschlichkeit die einem anderen angetan wird, die Menschlichkeit in mir zerstört." (Das wäre schon ein Thema für sich, scheint mir!)

Robin schrieb:
Die "Bosheit", die schlechte Seite der Moral, liegt selbstverständlich bei den 500 übernationalen Konzernen, die das Bruttoweltprodukt "kontrollieren".

Nein, um Bosheit, um die Macht des Bösen, geht es hier doch nicht. Sondern um Interessen die verfolgt und durchgesetzt werden - und leider trifft hier der Ausdruck zu: auch wenn man über Leichen gehen muss.

Du sagst, und nennst deine Bezeichnung etwas überspitzt, dass das ganze eher nach einer Religion aussehen würde auf der Seite derer die versuchen die Missstände wenn nicht zu beheben, doch etwas auszugleichen. Ich denke nicht, dass das so zutreffend ist. Eher scheint es mir, dass sich da die Schwierigkeiten wiederspiegeln aus diesem komplexen Geschehen einen Ausweg zu finden, einfacher ausgedrückt. eine gerechtere Verteilung der Lebensnotwendigen Güter dieser Welt.

Meine Denke funktioniert nichtmehr gut - sag bloss nicht, dass sich der Unterschied nicht bemerkbar machen würde!

Also bis morgen - ich komme im Laufe des Tages auf das Thema zurück.

Gute Nacht - oder auch guten Morgen

Miriam
 
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